Waldsterben war gestern, Polarschmelze auch, steigende Meeresspiegel – auch ein Alarm von gestern. Nun also Fachkräftemangel. Und jeder glaubt, mitreden zu können.
Verwundert reibe ich mir beim Hören und Lesen der Tagesmedien die Wahrnehmungsorgane, wie viele „Fachleute für Fachkräftemangel“ das Land zählt. Keine Zeitung verzichtet auf eine „Analyse“ des Fachkräftemangelmarktes, man will ja mit den Herausforderungen der Zeit gehen.
Der Mut zur Wahrheit bleibt da weitgehend auf der Strecke, nämlich zuzugeben: Wir wissen es nicht, wir wissen zu wenig von der Zukunft!
Stattdessen wird spekuliert, räsoniert, indoktriniert, was die Feder oder das Mikrophon hergeben, und selbstverständlich bemüht ein Jeder eine eigene Expertise oder den Hinweis auf „neueste Erkenntnisse“.So meldete das Prognose-Institut „Prognos AG“ gestern, es würden „3,3 Millionen Fachkräfte bis zum Jahr 2040 fehlen“ (dpa/Stephanie Pilick). Wer könnte da widersprechen, aber auch: Wer könnte das bestätigen? Die Zahl klingt bedrohlich und erweckt den Anschein, als habe da jemand ganz genau gerechnet. Tatsächlich fußt sie jedoch lediglich auf Annahmen.
Das Hauptproblem des Arbeitsmarkts der Zukunft liegt aber darin, daß so unklar wie selten zuvor ist, in welchen Branchen und Tätigkeiten künftig mehr Beschäftigte gebraucht werden – und in welchen weniger. Der Saldo läßt sich seriös nicht berechnen.
So bleibt (vorerst) auch unklar, wie viele Jobs durch Roboter und künstliche Intelligenz überflüssig werden, wie viele Beschäftigte sich durch Weiterbildung für neue Aufgaben qualifizieren und wie viele Menschen nach Deutschland einwandern werden.
Ein gewisses „G´schmäckle“ hat die Sache noch dazu: Es liegt auf der Hand, daß Wirtschaft und Politik solche Prognosen heranziehen, um noch mehr Zuwanderung zu fordern. Und das hat einen simplen Hintergrund: Je mehr Arbeitskräfte auf dem Markt zur Verfügung stehen, desto geringer müssen die Löhne steigen.
Keule Digitalisierung
Also Schlagzeile abgehakt, ich bin nicht schlauer geworden.
Einiges allerdings an den Diskussionen darf der gesunde Menschenverstand bestätigen: Wegen des schnellen Takts der Digitalisierung müssten Betriebe wesentlich mehr Zeit und Geld in die Weiterbildung bzw. Umschulung ihres Personals stecken und viel stärker als bisher die Aufgabe der Vorbereitung auf die Zukunft selbst in die Hand nehmen.
Und klar ist auch: Ein Mangel an Fachkräften könnte dazu führen, die (noch sprudelnden) Aufträge nicht mehr zügig abarbeiten zu können – eine wirtschaftliche Katastrophe für jedes Unternehmen.
Klar ist auch: Mit der Keule „Digitalisierung“ kann man drohen (viele tun das), man kann sie (die Dig.) aber auch als Chance begreifen. Das tut im Einzelnen weh, bietet aber auch neue Entwicklungsmöglichkeiten: So werden wohl Berufe wie z. B. Lastwagenfahrer, Lackierer, Buchhalter oder Packer weitestgehend überflüssig werden. IT-Fachleute, die die Automatisierung im Anlagen- und Maschinenbau, bei der Automobil- oder Chemieproduktion steuern, werden aber händeringend gesucht (werden).
Das heißt aber auch: Die Arbeitsmentalität der Deutschen wird sich ändern müssen. Vorbei die Zeiten, in denen man mit Stolz auf (z.B.) vierzig, fünfzig Jahre in ein und demselben Beruf verwies. Lange Jahre der Berufsvorbereitung und ‑praxis werden schnell veraltet sein. In Zukunft ist bedeutend mehr Flexibilität verlangt – von Arbeitnehmern UND Unternehmen.
Soziale Maßnahmen anpassen
Gerade unsere linksdriftigen Politiker seien vor dem Irrglauben gewarnt, der Fachkräftebedarf sei etwa durch Einwanderung zu lindern. Die Politik sollte sich auf die Aufgaben „zuhause“ konzentrieren: Vor allem eine Familienförderung, die den Namen verdient – flankiert durch flexiblere Arbeitszeiten, auch im Alter (über den Renteneintritt hinaus).
Dringend nötig ist des Weiteren (auch schon heute) eine radikale Verbesserung der Infrastruktur vor allem bei den Schulen, den Universitäten, den Verkehrswegen usw. Daß Berufstätigen ohne bisherige Eingangshürden (z. B. Abitur) auch Universitäten offenstehen sollten, um die Weiterqualifizierung von Berufstätigen zu ermöglichen, ist eine Forderung, die nicht mehr von der Hand zu weisen ist.
Komme mir niemand mit dem Argument, das koste zuviel. Wir schwimmen (noch) im Geld und schmeißen es aus dem Land hinaus – statt es sinnvoll in die Zukunft unseres Vaterlandes zu stecken. Aber Vernunft und Sozialschwärmerei („Willkommenskultur für jeden“) passen nicht zu einander.
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Dierser Beitrag erschien zuerst auf conservo.wordpress.com