Inflation: Warum das Leben immer teurer wird

Ende März 2022 ist das Buch Inflation: Warum das Leben immer teurer wird erschienen. Der Prä­sident des Ludwig von Mises Instituts Deutschland Thorsten Polleit führte ein Interview mit dem Autor Andreas Tögel, der bereits zahl­reiche Bei­träge zur Öster­rei­chi­schen Schule publi­zierte, wovon viele auch auf Misesde.org erschienen sind.

(von Andreas Tögel)

Thorsten Polleit (TP): Herr Tögel, Sie haben vor wenigen Wochen Ihr neues Buch “Inflation: Warum das Leben immer teurer wird” ver­öf­fent­licht. Auf knapp 100 Seiten legen Sie dar, was Inflation ist, wie sie ent­steht, was sie anrichtet. Es ist eine Auf­klä­rungs- und auch Streit­schrift, mit der Sie sich ganz bewusst an alle richten, Laien und Experten. Eine für alle wichtige Frage scheint mir gleich zu Beginn zu sein: Was ist eigentlich Inflation?

Andreas Tögel (AT): Im all­ge­meinen Sprach­ge­brauch steht der Begriff Inflation stets für Teuerung. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, weil damit nämlich die Ursache der Teuerung aus­ge­blendet wird. All­ge­meine Preis­stei­ge­rungen, oder – anders aus­ge­drückt – Kauf­kraft­ver­luste je Geld­einheit, sind (unter sonst gleichen Bedin­gungen) immer einer Aus­weitung des Geld­an­gebots durch den oder die Geld­pro­du­zenten geschuldet.

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TP: Wenn ich das recht über­blicke, sehen aber viele Men­schen – Laien wie auch “Experten” – das anders. Sie denken, dass die aktuelle Inflation ver­ur­sacht ist durch die Folgen des Ukraine-Kriegs, stei­gende Öl- und Nah­rungs­mit­tel­preise, Pro­bleme bei den Lie­fer­ketten etc. Eine Sicht­weise, die sich kate­gorial unter­scheidet von Ihrer Infla­ti­ons­er­klärung. Wie erklären Sie sich das?

AT: Selbst­ver­ständlich haben Ereig­nisse wie die Covid-19-Pan­demie und der Krieg in der Ukraine ver­hee­rende Wir­kungen auf Pro­duktion und Handel. Und selbst­ver­ständlich gehen davon auch preis­trei­bende Effekte aus. Die derzeit besonders stark anzie­hende Teuerung ist dennoch kein Phä­nomen der jüngsten Zeit. Denken Sie 20 Jahre zurück, als der Euro ein­ge­führt wurde, erinnern Sie sich an die Preise, die damals etwa für Lebens­mittel oder die Miete bezahlt werden mussten und ver­gleichen Sie sie mit dem Preis­niveau vor dem Aus­bruch der Pan­demie. Dann wird rasch klar, dass eben nicht Pan­demie und Krieg für den Kauf­kraft­verlust ver­ant­wortlich sind.

TP: Aber offen­sichtlich dringt diese Erkenntnis nicht durch. Woran kann das liegen, dass nicht primär die Zen­tral­banken als Ver­ant­wort­liche für die Inflation gesehen werden, sondern viele andere Dinge. Wird viel­leicht auch eine falsche Lehre verbreitet?

AT: Weil genau das ein­tritt, was Ludwig Erhard schon vor Jahr­zehnten gebrand­markt hat: der Irrtum nämlich, dass die Inflation quasi wie ein Fluch oder ein tra­gi­sches Geschick über uns kommt. Dem ist aber eben nicht so. Inflation wird ganz bewusst her­bei­ge­führt. Die EZB erklärt ganz offen, ein “Infla­ti­onsziel” von zwei Prozent anzu­streben. Nur dass sie dieses Ziel um bald das Vier­fache über­trifft – und da sind die Preis­explo­sionen bei Immo­bilien, Aktien und Edel­me­tallen noch gar nicht berück­sichtigt. Trotzdem halten viele die Inflation für ein unaus­weichlich ein­tre­tendes Natur­er­eignis, oder – schlimmer noch – für eine zwin­gende Begleit­erscheinung des markt­wirt­schaft­lichen Systems. Die für die Inflation Ver­ant­wort­lichen haben natürlich nicht das geringste Interesse daran, als Schuldige erkannt zu werden. Sie nutzen nach dem Motto “haltet den Dieb” jede Chance, etwa Pan­demien, Lie­fer­eng­pässe oder einen Krieg als Ursache der Inflation zu erklären.

TP: In Ihrem Buch findet sich das Kapitel “Der Wohl­fahrts­staat als Infla­ti­ons­motor”. Nachdem ich es gelesen habe, stellt sich mir die Frage: Haben die Men­schen nicht selbst die Schuld daran, dass sie Inflation ernten, weil sie Poli­tiker wählen, die den soge­nannten Wohl­fahrts­staat instal­lieren und aus­bauen? Sind folglich nicht nur die Zen­tral­banken „die Bösen“, sondern ist vor allem auch der gedan­kenlose, der unin­for­mierte Wähler die eigent­liche Ursache des Inflationsproblems?

AT: Selbst­ver­ständlich reprä­sen­tieren in unserem poli­ti­schen System die gewählten Poli­tiker den Mehr­heits­willen der Wahl­be­rech­tigten. Das gilt aller­dings nur bis zu einem gewissen Grad. Denn wenn nur noch – finanz­po­li­tisch betrachtet – „Pest und Cholera“ zur Wahl stehen, ist der Bürger nicht mehr länger Wähler, sondern Opfer. Unser System ist im Laufe der Zeit schlicht und ergreifend dys­funk­tional geworden. Nur noch eine „Nega­tiv­auslese“ von Men­schen geht in die Politik. Leute, die auf ehr­liche Weise ihr Geld ver­dienen wollen – und können – wird man im „Politzirkus“ unserer Tage weit­gehend ver­geblich suchen. Wie for­mu­lierte es Ludwig von Mises: “Wer seinen Mit­men­schen nicht zu dienen in der Lage ist, will sie beherrschen.”

TP: Sie werfen in Ihrem Buch auch einen Blick nach vorn. Plan­wirt­schaft, tota­litäre Struk­turen als Folge des unge­deckten Geldes, als Kon­se­quenz des Fest­haltens an ihm, sehen Sie her­auf­ziehen. Gibt es aus Ihrer Sicht viel­leicht doch noch eine Mög­lichkeit, dass es nicht ganz so schlimm kommt? Und wie könnte die aussehen?

An eine frei­willige Umkehr auf dem Weg in die Knecht­schaft glaube ich nicht. Zu schwach sind die Kräfte, die das Unheil kommen sehen und benennen. Zu groß das Behar­rungs­ver­mögen des Systems und das Wunsch­denken der meisten Men­schen. Die Warner werden das Schicksal der Cas­sandra teilen. Wenn irgend­etwas aber doch eine Wende bringen kann, dann nur die nor­mative Kraft des Fak­ti­schen. Wenn der Karren erst gegen die Wand gefahren ist (und das wird in nicht so ferner Zukunft der Fall sein), dann besteht – sofern die Insassen über­leben – zumindest eine Chance, es künftig besser zu machen und zu einer frei­heit­lichen Gesell­schaft zurück­zu­kehren. Aller­dings bin ich nicht über­zeugt davon, dass es nach einem Sys­tem­kollaps wirklich besser wird. Birgt ein Sys­tem­crash doch immerhin die Gefahr, dass poli­tische Brand­stifter das ent­standene Mas­sen­elend nutzen, um die Markt­wirt­schaft als Wurzel allen Übels zu ver­leumden und end­gültig eine tota­litäre Kom­man­do­wirt­schaft nach dem Vorbild Chinas zu etablieren.

TP: Herr Tögel, ich bedanke mich für das Interview! Und allen Lese­rinnen und Lesern lege ich Ihr neues Buch “Inflation: Warum das Leben immer teurer wird” wärmstens ans Herz. Wer es liest, der wird des Geld­problem unserer Tage und seine Folgen verstehen.

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Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist gelernter Maschi­nen­bauer, aus­übender kauf­män­ni­scher Unter­nehmer und über­zeugter “Aus­trian”.


Quelle: misesde.org