Eine ver­zagte Frage — Wie unwahr­scheinlich es ist, dass wir alleine sind

Raum­for­scher haben 3.623 fremde Welten nach­ge­wiesen. Mehr als fünfzig der so genannten Exo­pla­neten ähneln der Erde. Diese Wan­del­sterne außerhalb des Sonnen-Systems haben etwa die­selbe Größe und halten so viel Abstand von ihrer Sonne, dass Wasser flüssig bleibt. Dort kann also Leben gedeihen, wie wir es kennen.

Das ist der Stand vom August 2017. Fast wöchentlich werden neue Funde gemeldet. Zudem warten tau­sende erkannter Anwärter darauf bestätigt zu werden. Dabei wurde bislang nur einen win­ziger Aus­schnitt der Milch­straße nach mög­lichen Wohn­orten durch­sucht. Hoch gerechnet auf die ganze Galaxis müssten sich Mil­lionen lebens­freund­liche Welten drehen.

Trotz der beein­dru­ckenden Ergeb­nisse ist über außer­ir­dische Geschöpfe kaum mehr zu hören als die ver­zagte Frage: Sind wir allein im All? Wis­sen­schaftler und beflissene Jour­na­listen wie­der­holen nim­mermüde, es gäbe aber keine Beweise, dass es auch anderswo kreucht und fleucht.

Deshalb darf als kleine Sen­sation gelten, was die ame­ri­ka­nische Raum­fahrt­be­hörde unlängst bekundete. NASA-Wis­sen­schaftler Mario Perez stellte zehn Ent­de­ckungen auf einmal vor, die mit Hilfe der Raum­sonde „Kepler“ gelungen waren, so benannt nach dem deut­schen Astro­nomen Johannes Kepler aus Weil der Stadt (1571 — 1630). Dabei erklärte Perez: „Viel­leicht hat uns ‚Kepler‘ schon mit­telbar gesagt, dass wir nicht allein sind.“

Der wis­sen­schaft­licher Direktor, Thomas Zur­buchen, hat gar „eine tief grei­fende, bei­spiellose Ent­de­ckung“ ange­kündigt. Die ver­spricht er sich offenbar von dem Super­te­leskop E‑ELT, dem „European Extremely Large Telescope“, der Euro­päi­schen Süd­stern­warte in den chi­le­ni­schen Anden. Es soll mit einen vierzig Meter mes­senden Para­bol­spiegel Sau­er­stoff oder Methan in der Luft­hülle von Exo­pla­neten auf­spüren. Solche Gase würden auf Leben hin deuten.

Vor­aus­sicht­licher Aufbau des geplanten Groß­te­le­skops E‑ELT (Abbildung ESA)

Dabei denken die Wis­sen­schaftler zunächst an Mikroben. Deren Existenz scheint jedoch „über jeden Zweifel hinaus all­gemein ver­breitet“ zu sein. So schreibt jeden­falls der bri­tische Astro­biologe David Darling in seinem Buch „Überall ist Leben“.

Tat­sächlich können gewisse Kleinst­le­be­wesen wid­rigsten Umständen trotzen. So hat man an unter­see­ischen Vul­kanen son­derbare Daseins­formen ent­deckt, die in kochendem Wasser siedeln und sich von Schwe­fel­säure ernähren. Man nennt sie Archäen. Sie bilden einen vormals undenk­baren Spross am Stammbaum der Natur.

Derart uriges Getier legt nahe, dass ander­wärts noch Leben ganz anderer Art wimmeln dürfte. Was daraus werden kann, bezeugen mehr als 1,4 Mil­lionen bekannte Gat­tungen von Pflanzen und Tieren auf dem blauen Pla­neten. Deshalb gehen Astro­bio­logen wie Darling von einem all­gemein belebten Uni­versum aus.

So besehen ist der Homo sapiens von Haus aus nicht allein. Auch wäre er nicht einmal das schönste aller Wesen. Das wird jeder zuge­stehen, der ara­bische Voll­blüter im Galopp gesehen hat. Aller­dings zielt die zage Frage vor allem auf so genanntes intel­li­gentes Leben, denn „sapiens“ heißt schließlich klug. Gemeint ist: Erfor­schen auch andere Zivi­li­sa­tionen den Himmel?

Die Wahr­schein­lichkeit ist über­wäl­tigend. Men­schen gibt es allen­falls ein paar Mil­lionen Jahre. Die Erde besteht indessen über vier Mil­li­arden Jahre. Würde man diese Spanne auf zwölf Monate zusammen drücken, fiele unsere Geschichte in die letzten Sekunden vor dem Gong­schlag zu Sil­vester. Tau­sende Zivi­li­sa­tionen hätten zuvor kommen und gehen können.

Auf etlichen Exo­pla­neten wäre noch mehr Zeit dazu gewesen. Die häu­figsten Sterne der Milch­straße sind Rote Zwerge. So bezeichnen Astro­nomen kleinere Sonnen als die, die uns bescheint. Wegen des gerin­geren Drucks ver­brennen sie ihren Vorrat an Was­ser­stoff lang­samer und leuchten folglich länger. Ihre Pla­neten haben ent­spre­chend mehr Zeit sich zu entwickeln.

 

Grö­ßen­ver­gleich eines roten Zwerg­sterns mit der Sonne, (Abbildung wikimedia.org)

Nach Ansicht der kana­di­schen Astro­bio­logen René Heller von der McMaster-Uni­ver­sität in Ontario und John Arm­strong an der Weber-Uni­ver­sität Odgen ist die Erde ohnehin nicht die beste aller Welten. Größere Pla­neten im Umkreis Roter Zwerge wären deutlich frucht­barer. So betonten sie in der Zeit­schrift „Astro­biology“. Breitere Ober­flächen böten der Natur weitere Räume zu mehr Entfaltung.

Ferner habe der blaue Planet seine besten Jahre hinter sich. So lag der Gehalt an Sau­er­stoff in der Atmo­sphäre ehedem erheblich höher. Ent­spre­chend anre­gender war die Atemluft. Einstmals flogen Libellen mit einer Spann­weite von fast einem Meter durch die Urwälder. Damals kreiste die Erde inmitten der bewohn­baren Zone. Inzwi­schen nähert sie sich dem inneren Rand.

Die Ursachen dafür liegen im Werden und Ver­gehen der Sterne. Wie unsere Sonne ver­schmelzen sie Was­ser­stoff zu Helium und das wie­derum zu schwe­reren Ele­menten wie Eisen. Daraus gewinnen sie Wärme und Leucht­kraft. Gleich­zeitig dehnen sie sich und schieben die bewohnbare Zone nach außen. Deshalb wird es auf der Erde in einigen hundert Mil­lionen Jahren zu heiß.

Einen Vor­ge­schmack bietet der innere Nach­bar­planet Venus. Dort herrscht eine Höl­len­hitze von mehr als vier­hundert Grad Celsius. Auf den kühlen Mars würden indessen bessere Zeiten zu kommen. Je mehr die Sonne sich dehnt, desto weiter müsste das Leben zu den äußeren Pla­neten oder deren Monden wandern.

Der Homo sapiens ist derzeit auf dem Sprung zum Mars. Das wird nicht sein letztes Ziel bleiben, wenn er sich nicht selber zu Grunde richtet. Er könnte der Abdrift folgen, weil sie in astro­no­misch großen Spannen vor sich geht.

Spä­testens wenn die Sonne den Rand des Systems auf­heizen sollte, müssten Raum­fahrer einer fernen Zukunft ins inter­stellare All aus­weichen. Reichen die sen­genden Strahlen nicht so weit, bleibt dennoch keine andere Wahl. Hat ein Stern seinen Höhe­punkt über­schritten, explo­diert er oder erkaltet.

Somit üben Aber­mil­li­arden Sterne der Milch­straße einen uner­bitt­lichen Druck auf die belebte Natur aus, sich nach jün­geren oder klei­neren Sternen um zu tun. Das wäre die astro­phy­si­ka­lische Begründung für die Pan­spermie, der Annahme von der all­ge­meinen Ver­breitung des Lebens im Weltraum. Bereits um 1900 hatte der schwe­dische Uni­ver­sal­ge­lehrte Svante Arrhenius (1859 — 1927) diese Theorie dargelegt.

Uni­versal-Gelehrter Svante Arrhenius (Foto Wikipedia)

Mehr als hundert Jahre später wirkt es rück­ständig so verzagt zu fragen, ob wir allein wären. Den für uns wahr­nehm­baren Teil des Alls gibt es ver­mutlich schon vierzehn Mil­li­arden Jahre. Unendlich viele Zivi­li­sa­tionen hatten fast unendlich viel Zeit weiter ins All vor zu stoßen als die menschliche.

Viele von ihnen müssten auch die Erde erreicht haben. Das ist zumindest die Kern­these der Prä­as­tro­nautik, der Kunde von der Raum­fahrt in der Vor- und Früh­ge­schichte, der Prä­his­torie. Sie gilt zwar manchen als Schein­wis­sen­schaft. Aber so ist es Neuerern oft ergangen.

Ufo­logen sind über­zeugt, dass fremde Wesen mit Unbe­kannten Flie­genden Objekten die Erde bis heute ansteuern. Viele Wis­sen­schaftler meiden die Ufos aller­dings wie der Teufel das Weih­wasser. Sie halten inter­stellare Reisen für unmöglich. Die Geschwin­digkeit des Lichts wäre unüber­windlich, so heißt es. Darum blieben ferne Welten angeblich unerreichbar.

Kol­legen in den USA wie Ken Olum sehen das anders. Sie warnen davor, die Mög­lich­keiten der Raum­fahrt am Stand von irdi­scher For­schung und Technik fest zu machen. Mit dieser Ein­stellung gegenüber den Vor­reitern der Luft­fahrt gäbe es noch keine Fluglinien.

Für zahl­reiche Astro­nauten der Erde gilt die Anwe­senheit fremden Lebens­formen schon als aus­ge­macht. So hat Apollo-Astronaut Edgar Mit­chell immer wieder öffentlich behauptet, dass Ufos Boten fremder Welten sind. Ins­be­sondere hat er gesagt:

„Vor 500 Jahren wurde der Astronom Koper­nikus als Ketzer ver­ur­teilt, weil er behauptete, dass die Erde nicht das Zentrum des Uni­versums sei. Heut­zutage glaubt die Mehrheit von uns immer noch, dass die Menschheit das bio­lo­gische Zentrum des Uni­versums wäre. Wir werden so lange nicht zugeben, dass intel­li­gentes Leben außerhalb der Erde exis­tiert, bis wir beim Ein­kaufen mit einem Alien zusammenstoßen.“

Mond­fahrer Mit­chell war mit seiner Ansicht bei­leibe nicht allein. Auch sein rus­si­scher Kollege Kos­monaut Alex­ander Michai­lo­witsch Samo­kut­jajew scheint davon über­zeugt zu sein. „Ich denke, wir stammen nicht von dem Pla­neten Erde, sondern aus dem All“, sagte der Kos­monaut in einem Gespräch mit einer Mit­ar­bei­terin der NASA. „Ich meine damit, das gilt für die Ganze Menschheit.“

Kos­monaut Alex­ander Michai­lo­witsch Samo­kut­jajew (Foto Wikipedia)

Samo­kut­jajew ist einer der erfah­rensten unter den Kosmo- und Astro- und Taikonauten. Er ver­brachte zwei Langzeit-Mis­sionen zu je einem halben Jahr auf der Inter­na­tio­nalen Raum­station: von April bis Sep­tember 2011 und von Sep­tember 2014 bis März 2015. Bald soll die nächste zusammen mit seinem deut­schen Kol­legen Alex­ander Gerst folgen. Geplanter Abflug ist im Mai 2018.