USA vs. den Rest der Welt? stei­gende Kriegs­gefahr — aber auch Chancen für Europa

Am gest­rigen Mittwoch teilte das weiße Haus mit, dass Prä­sident Trump die Sank­tionen gegen Russland unter­zeichnet habe. Damit liegt der Feh­de­hand­schuh vor den Füßen des rus­si­schen Bären.

Donald Trump hatte sich lange gesträubt und er unter­schrieb, weil er es mußte, der Kon­gress zwang ihn dazu. In seinem Statement betonte er, das Gesetz habe „Schwere Mängel“ und gefährde die Inter­essen von US-Unter­nehmen, aber auch die Euro­päi­schen Inter­essen. Besonders inter­essant an Trumps Statement: Er stellt darin noch einmal klar, dass die Kom­petenz der Aus­sen­po­litik, der US-Ver­fassung nach, beim Prä­si­denten liege. Und er sieht sogar darin die Mög­lichkeit, die Bezie­hungen zu Russland sogar zu ver­bessern. Illusionen?
Der Kon­gress stellte sicher, dass der Prä­sident die Sank­tionen gegen Russland nicht ohne die Zustimmung des Kon­gresses auf­heben kann. Eine schal­lende Ohr­feige für Trump.

Sein Statement lässt ganz klar erkennen, wie wider­willig er seine Unter­schrift dar­unter gesetzt hat:

„Trotz aller Pro­bleme und um der natio­nalen Einheit willen, unter­zeichne ich dieses Gesetz. Es ist der Wille des ame­ri­ka­ni­schen Volkes, es will, dass Russland Maß­nahmen trifft, die Bezie­hungen mit den Ver­ei­nigten Staaten zu ver­bessern. Wir hoffen darauf, dass es eine Zusam­men­arbeit in wich­tigen, glo­balen Fragen zwi­schen unseren Ländern gibt, so dass die Sank­tionen nicht nötig werden.“

So unge­wohnt weich und diplo­ma­tisch die For­mu­lie­rungen Trumps sind, so klar und kühl reagiert der rus­sische Minis­ter­prä­sident Dmitri Med­wedew. Er zählt auf der auf der Face­book­seite die Kon­se­quenzen des Sank­ti­ons­ge­setzes auf:

  • Jede Hoffnung, die Bezie­hungen zur neuen US-Regierung zu ver­bessern seien zunichte gemacht worden,
  • Die USA haben Russland gerade einen voll­um­fäng­lichen Han­dels­krieg (full scale trade war) erklärt,
  • Die Trump-Regierung ist voll­kommen machtlos und musste in demü­ti­gender Weise die Regie­rungs­macht an den Kon­gress abtreten. Dieses ver­ändere das Macht­gefüge in der US-Politik.

Med­wedew ana­ly­siert im Fol­genden diese „Unter­schrifts­nie­derlage“ Trumps als Beweis, dass man ihn damit vorerst dis­zi­pli­nieren, und sich dann seiner ent­le­digen wolle. „Ein inkom­pe­tenter Spieler muss beseitigt werden“ schluss­folgert Med­wedew kühl.

Die in dem Gesetz vor­ge­se­henen Sank­tionen, so Med­wedew, würden Jahr­zehnte dauern, wenn nicht ein Wunder geschehe, und die Bezie­hungen zwi­schen Russland und den USA „äus­serst ange­spannt“ werden. Das werde auch die inter­na­tio­nalen Span­nungen inten­si­vieren und die Lösung der inter­na­tio­nalen, großen Pro­bleme verhindern.

Was Dmitri Med­wedew mit „demü­tigend“ meinte, aber nicht aus­sprach, ist die Tat­sache, dass der Grund für die anti­rus­si­schen Sank­tionen nicht nur aus wirt­schaft­lichen Gründen beschlossen wurden, sondern sich eigentlich auch ganz per­sönlich gegen Trump rich­teten. Immer noch wird das Nar­rativ der rus­si­schen Wahl­ma­ni­pu­latio und der Ver­dacht, Trump habe geheime Absprachen mit den Russen, kol­por­tiert. Obwohl, trotz aller Bemü­hungen des FBIs, bisher kein Beweis für diese Behauptung vor­liegt, wird weiter ermittelt. Man kon­zen­triert sich jetzt in wei­teren Ermitt­lungen auf das Treffen des Trump-Sohnes mit der rus­si­schen Anwältin Natalja Wes­sel­nizkaja im Juni 2016, um eine anrü­chige Kol­la­bo­ration zwi­schen Trump und den Russen zu belegen.

Der zweite Grund für die Sank­tions-Falle, in die Trump getrieben wurde ist, dass der neue Prä­sident mit seiner Zusam­men­arbeit mit den Russen in Syrien die ganze, teure, mühsam hoch­ge­züchtete Planung, Syrien zu einem „failed state“ zu machen, Assad zu ver­jagen und Syrien in Inter­es­sens­zonen des „Westens“ auf­zu­teilen, zunichte macht. Die Rebel­len­truppen-Söldner-ISIS- Zir­kus­truppe hat viel Geld gekostet, wird gerade kurz und klein gehauen, Russland hat seine Stellung im Nahen Osten nicht nur halten können, sondern sich sogar als ehr­liche Schutz­macht, Terror-Aus­merzer und Ver­mittler pro­fi­liert und das Ver­trauen der Men­schen und Regie­rungen dort gewonnen.

Damit wird den Falken und Neocons in den USA nicht nur alles zer­töppert, was man dor auf­gebaut hatte, die Luft­hoheit über die wich­tigen Erdöl- und Erd­gas­region genommen, sondern auch das nächste, große Ziel versaut, nämlich den Iran anzu­greifen und zu destabilisieren.

Die Rüs­tungs­kon­zerne der USA hatten sich auf einen Wahlsieg Hillary Clintons vor­be­reitet, und erwar­teten endlich einen grö­ßeren Krieg im Nahen Osten und der Ukraine, mit dem man Russland in die Enge treiben kann und zur Gegenwehr zwingen, um dann den dringend benö­tigten, richtig großen Krieg aus­brechen zu lassen.

Es ist aus all diesen Gründen nicht davon aus­zu­gehen, dass es Trump möglich sein wird, diese Sank­tionen auszumanövrieren.

Damit treibt der Kon­gress, der offen­sichtlich von Hillary Clintons Demo­kraten in sel­tener Einigkeit mit den ultra­kon­ser­va­tiven Neocons domi­niert wird, die USA deutlich in Richtung Krieg.

Die Situation wird dadurch noch ver­schärft, dass die Beziehung zwi­schen den USA und China sich an einem neuen Tief­punkt befinden. Aus Peking kam dieser Tage eine für Chi­nesen recht scharfe Ansage aus Peking. Auch hier droht der Han­dels­streit zu eskalieren.

Die USA denken auch China gegenüber über weit­rei­chende Sank­tionen nach. Trump beschwerte sich über unfaire Han­dels­be­din­gungen. Die Ver­sprechen seiner Wahl­kampfzeit beinhal­teten mit an vor­derster Stelle, die Pro­duk­ti­ons­bänke wieder aus China zurück nach Hause in die USA zu holen. Beson­derer Zank­apfel ist die Stahl­in­dustrie. Diese liegt in den USA ziemlich am Boden, und die Stahl­im­porte aus China allein bescherten den USA ein Han­dels­de­fizit von 309 Mil­li­arden Dollar. China warnt nun ein­dringlich davor, einen aus­ge­wach­senen Han­dels­krieg ent­stehen zu lassen, der zu bei­der­sei­tigem Nachteil gereichen werde.

Dabei sitzt China am län­geren Hebel.

Nicht nur, weil Die USA gegenüber Nord­korea keinen Mil­li­meter weiter kommen ohne China.

Auch nicht nur, weil China im Verbund mit Russland sich nicht scheuen wird, mit den USA die Schwerter zu kreuzen, wenn es denn sein muss. China bereitet sich schon lange darauf vor.

China ist die größte Volks­wirt­schaft der Welt und führt die BRICS-Staaten an. In Schanghai sprachen sich die Han­dels­mi­nister von Bra­silien, Russland, China, Süd­afrika und Indien gemeinsam dafür aus, das „inter­na­tionale Han­dels­system zu bewahren und weiter zu ent­wi­ckeln“. Man ver­sprach sich gegen­seitig, Pro­tek­tio­nismus im Handel und bei Inves­ti­tionen zu bekämpfen. Das ist eine höflich for­mu­lierte, indirekt aus­ge­drückte, aber knall­harte Kampf­ansage an die USA.

Sich mit all den genannten Ländern anzu­legen, dürfte die USA sowohl wirt­schaftlich als auch mili­tä­risch überfordern.
Auch Europa ist absolut nicht amü­siert über die Sank­tionen gegen Russland. Europa als Ganzes ist wirt­schaftlich in der Bre­douille und sieht gerade zu, wie die wichtige Auto-Industrie, ange­stoßen durch Klagen aus den USA, tiefer und tiefer in den Abwärts­strudel gerät. Die Hoff­nungen der Industrie, mit Russland wieder ins Geschäft zu kommen, zer­bröseln gerade. Die Ener­gie­pipeline Nord­stream 2 würde von den Russ­land­sank­tionen fast unmöglich gemacht werden und West­europa von der Ener­gie­zufuhr abschneiden. Damit hinge Europa wieder deutlich stärker am Ener­gie­tropf der USA. Zudem haben die Europäe kein allzu herz­liches Ver­hältnis zu Trump. Auch in Europa ver­derben es sich grade die Amerikaner

So alar­mierend die Zuspitzung zwi­schen den Macht­blöcken sein mag, sie könnte für Europa eine Art Katharsis und eine Chance zum Umdenken offe­rieren. Der Zusam­men­bruch des Euro steht an die Wand geschrieben. Die Wirt­schaften ächzen, die Sozi­al­kosten explo­dieren, die EU ‑Mit­glieds­länder zer­streiten sich – ins­be­sondere in der Flüchtlingsfrage.

Ein Kurs­wechsel zur Distanz gegenüber NATO/USA und eine Öffnung für die neue Sei­den­straße würde voll­kommen neue Chancen bieten, wirt­schaftlich wieder Boden unter den Füßen zu finden und Lösungen für die Pro­bleme mit hand­lungs­fä­higen Staaten zusammen zu finden.
Aller­dings ist das riskant. Das ange­zählte Groß­raubtier USA wird das durchaus nicht gern sehen. Eine saubere, unvor­ein­ge­nommene, kühle Analyse der Mög­lich­keiten und Risiken täte not. Ist so etwas dem Berlin unter Merkel zuzutrauen?