Der Wirtschafts- und Finanzausschuss des EU-Parlamentes forderte am 4. September, dass so genannte „Whistleblower“ eines besonderen, gesetzlichen Schutzes bedürfen. Solche Leute handelten im öffentlichen Interesse, seien aber hoch gefährdet, weil diejenigen, deren Machenschaften sie aufdecken, ihrerseits naturgemäß größtes Interesse daran haben, die Aufdeckung zu verhindern.
Die Affäre um die Panama-Papiere, die sogenannten Lux-Leaks, die Offenlegungen der Praktiken unter dem Schutz des Schweizer Bankgeheimnisses, die erschütternden Aufdeckungen durch Chelsea Manning und Edward Snowden zeigen, wie wichtig es ist, der „Wahrheit eine Gasse“ zu schlagen.
Das Leben von Julian Assange, Edward Snowden und Rudolf Elmer zeigt allerdings, dass die Mutigen, die solche, meist professionell vertuschten ruchlosen Praktiken aufdecken, sehr oft ihr altes Leben verlieren. Entweder physisch durch Mord oder psychisch durch lebenslange Flucht und Verstecken vor Verfolgung. Edward Snowden wird sehr wahrscheinlich nie wieder aus Russland herauskommen, wenn er nicht lebensmüde ist. Julian Assange wird auf lange Zeit nicht mehr die Botschaft Ecuadors in London verlassen können. Auch Rudolf Elmer musste für seine Enthüllungen teuer bezahlen, seine Familie litt und er und hat sein Leben, das er führte für immer verloren.
Der EU-Parlamentsausschuss sieht deswegen die Notwendigkeit, solche Leute besser zu schützen. Beim Thema Geldwäsche gibt es solche Möglichkeiten schon länger, um die Informanten zu schützen. Der Ausschuss möchte bei den dafür notwendigen Regelungen auf Vorschläge aus Whistleblower-Netzwerken zurückgreifen. Man möchte allerdings diese Regelungen nicht nur auf rechtswidrige Handlungen, sondern auf „Fehlverhalten“ ausdehnen. Hier gilt es, wachsam zu sein und Sorge zu tragen, dass die Unterstützung für Mutige Aufdecker, die großes Unheil verhindern wollen nicht pervertiert zum Heranzüchten einer Blockwartsmentalität, wo der Kollege, über den man sich vielleicht ärgert, zum Opfer einer Aufdeckungsmanie und Denunziationswelle wird.
Es sollte nach Ansicht des Ausschusses auch in der Entscheidung des Whistleblowers liegen, ob er seine Erkenntnisse nur intern, gegenüber den zuständigen Stellen seines Arbeitgebers offenbaren will, oder damit gleich extern zu Behörden oder Kontaktstellen gehen möchte. Es gibt bisher Regelungen in Europa, die einem Mitarbeiter straflos nur die interne Meldung ermöglichen. Der Vorteil davon ist, dass die Firma oder eine andere betroffene Entität die Möglichkeit hat, ohne großen Schaden für das Gesamtgebilde das Problem auch intern zu lösen. Der Nachteil: Meist sind die führenden Etagen sehr wohl in das Geschehen selbst eingebettet und verfolgen auf eine Meldung hin nicht den kritisierten Sachverhalt, sondern den, der ihn meldet.
Um Denunziation aus rein persönlichen Gründen zu verhindern, muss nach Auffassung des Ausschusses die Offenlegung der fraglichen Informationen im öffentlichen Interesse geschehen. Eine Beweispflicht, dass er im guten Glauben gehandelt habe, trifft den Hinweisgeber dagegen nicht.
Das Schicksal mutiger Whistleblower hat den EU-Parlaments-Ausschuss dazu bewogen, die Nachteile, Verfolgungen, Schädigungen oder auch den Verlust der Existenzgrundlage, den die Betroffenen durch ihre Aufdeckungen erleiden, zu entschädigen. Diese massiven Nachteile erleiden meist auch die Familienmitglieder, Freunde oder unterstützenden Kollegen im Umfeld des Hinweisgebers. Daher soll EU-seits ein Fonds zur Entschädigung der Whistleblower eingerichtet werden.
Das US-Amerikanische Parlament hatte letztes Jahr einen Gesetzesantrag eingebracht, Whistleblower besser zu schützen. Auch Präsident Obama hatte einst bei seinem Amtsantritt verkündet, Whistleblower tatkräftig zu schützen und verkündet, solche Hinweisgeber seien enorm wertvoll. Tatsächlich aber tat Präsident Obama genau das Gegenteil, siehe Edward Snowden.