Birgit Kelle: Facebook-Sperre für Kom­mentar zur Hid­schab-Barbie — “Frau­en­un­ter­drü­ckung ist kein Spielplatz” -

Bis vor einigen Jahren war Barbie, Quen­gelware Nummer 1 unter den Mädchen ab Grund­schul­alter, das Parade-All-Ame­rican-Girl. Lange, gold­blonde Haare, große, blaue Augen, zart­ge­tönter Teint eines weißen, leis­tungs­be­reiten High­school-Girls, Cheer­leader-Figur. Inter­essen: Sport, Ten­nis­spielen, schicke Kleider, aus­gehen, Fri­suren, hei­raten, manchmal auch mit Ken was unter­nehmen. No Sex. Das per­fekte Vor­zei­gegirl aus dem geho­benen, ame­ri­ka­ni­schen, weißen Mittelstand.

Vor einigen Jahren gab es dann schon Barbie-Mär­chen­fi­guren aus den Disney-Ani­ma­ti­ons­filmen, wie Poca­hontas, Cin­de­rella, Mulan, Arielle, Belle, Yasmin und einige andere mehr. Das etwas fremd­län­dische Aus­sehen ver­spielte sich irgendwie, weil die Puppen ja auch Trick­film­pro­por­tionen bekamen. Dann begann Mattel, sich nicht mehr den kleinen Kun­dinnen, sondern dem Zeit­geist an den Hals zu werfen. Vielfalt war nun gefragt und das ständige Genörgel von Eltern, Femi­nisten und Ernäh­rungs­spe­zia­listen an der mager­süch­tigen Wes­pen­taille Barbies trug Früchte: Es gab eine Plus-Size Barbie. Barbie sollte auf Wunsch der Poli­tisch Kor­rekten besser wider­spiegeln, was „die Mädchen in der wirk­lichen Welt um sich herum wahrnehmen“.

Das allein nötigt erfah­renen Eltern schon ein Kopf­schütteln ab. Wenn kleine Mädchen mit Puppen spielen, dann sind das keine wirk­lichen Mädchen wie nebenan, sondern in der Vor­stel­lungswelt wun­der­schöne, elfen­hafte Geschöpfe, perfekt und lieblich. Sie sind Avatare des kleinen Mäd­chens selbst, ganz egal, ob es eine alte, zer­liebte, zer­fetzte Puppe ist oder ein Figürchen, das aus Zweigen , Schnürchen und einem Taschentuch zusam­men­ge­pfriemelt, die schönste Prin­zessin aus Nim­merland dar­stellt. Das spie­lende Mädchen sieht sich selbst in der Puppe. Natürlich sollte die Puppe diesem Bild, das das Kind von sich selbst und für sich selbst agieren lässt, so nahe wie möglich kommen. Genau das macht den Erfolg Barbies aus und ver­schafft dieser Puppe einen immensen Vorteil vor der Stöckchenpuppe.

Es war also von vor­ne­herein klar, dass eine „dicke Barbie“ mit Dop­pelkinn, Plautze und Braue­rei­pferd-Hintern bei der kleinen Kund­schaft nicht ankommt. So sehr Akti­vis­tinnen gegen den Magerwahn auch pre­digten, niemand kaufte die dicke Barbie, auch nicht in der tol­re­anten Multi-Kulti-Diversity-Ausgabe in allen Haut- und Haarfarben.

Die neueste Kol­lektion der Bar­bie­puppe läuft unter der Bezeichnung „Sheroes“ einer Kom­bi­nation von „she“ und „Heroes“ (also „Sie-Helden“) und ori­en­tiert sich an weib­lichen Stars auf ver­schie­denen Gebieten. Die neueste Kreation ist eine Hommage an die mus­li­mische Säbel­fech­terin Ibtihadj Muhammad. Dem­entspre­chend ist die Puppe mit einem Hid­schab bekleidet, dem tra­di­tio­nellen Kopftuch der Musliminnen.

Die Reaktion des Publikums ist gespalten. Die Häu­figkeit solchen Auf­greifens und Über­nehmens mus­li­mi­scher Welt­sicht in die bist dato klas­sisch-west­liche Lebenswelt ist schon auf­fällig und fast immer eine Ein­bahn­straße. Dass diese fast täg­lichen, vielen, kleinen Dinge viele west­liche, nicht­mus­li­mische Men­schen langsam hyper­sen­sibel macht, ist kein Wunder. Wenn man auf der guten, alten Mar­melade oder der alt­be­kannten Geflü­gel­le­ber­wurst plötzlich das „Halal“-Zertifikat sieht, auf Packungen Kreuze plötzlich weg­re­tu­schiert werden, im Kin­der­garten kein Schwei­ne­fleisch­würstchen mehr auf den Tisch kommt, Sankt Martin plötzlich „Later­nenfest“ heißt u.v.a. mehr, dann kommt man schon ins Grübeln.

Das instinktive Gefühl, hier werde diese Avatar-Funktion einer Puppe für kleine Mädchen ganz gezielt ein­ge­setzt, beschleicht einen schon. Und nein! Das ist eben nicht über­in­ter­pre­tiert! Wenn es nämlich nicht so wäre, dass sich die Mädchen mit ihrer tollen, wun­der­schönen Puppe und deren Attri­buten iden­ti­fi­zieren, warum kreischten dann jah­relang die Ernäh­rungs­be­rater, Femi­nisten und Akti­vis­tinnen schrill Alarm, Barbie sei ein Fluch und würde die kleinen Evas zur Mager­sucht und zum Nach­eifern eines völlig fal­schen, sexis­ti­schen Frau­en­bildes abrichten? Bei einer Heroine mit Hidjab wird der­selbe Argu­men­ta­ti­ons­ansatz aber plötzlich zur hys­te­ri­schen Isla­mo­phobie Alu­hüt­chen­tra­gender Ras­sisten und Verschwörungstheoretiker.

“Man merkt die Absicht — und ist ver­stimmt”.  So auch Birgit Kelle, die einen neuen femi­ninen Femi­nismus will, der der Frau auch erlaubt, eine Mutter zu sein – und zwar haupt­be­ruflich, wenn sie das will. Sie findet, dass dieses Frau­enbild der selbst­be­wusst-ver­schlei­erten Heroine als leuch­tendes Bei­spiel weib­licher Selbst­be­hauptung und Sou­ve­rä­nität ein Nar­rativ ist, das mit dem mus­li­mi­schen Alltag nicht in Ein­klang zu bringen ist.

Mattel tut in seinem Begleittext zur „Kopftuch-Barbie“ seine Absicht kund, diese Puppe möge „unzäh­ligen, kleinen Mädchen, die sich nie in Sport und Kultur reprä­sen­tiert sahen, Inspi­ration geben“. Mattel hofft, diese Puppe mögen ihnen zeigen, dass sie alles sein können.

Birgit Kelle sieht das ein wenig anders und macht das, was man heute so gern „Fakten-Check“ nennt. Man muss nicht einmal all die Bei­träge aus den Medien, den WHO-Reports und „Terre des Femmes“ bemühen, um zu belegen, dass in fast allen mus­li­mi­schen Ländern die Rechte der Frauen und ihre Behandlung als bekla­genswert bezeichnet werden müssen.

Frau Kelle drückt es viel­leicht etwas dras­tisch aus. Dennoch muss eine solche Mei­nungs­äu­ßerung erlaubt sein, weil das, was sie da mit einem gewissen Sar­kasmus beschreibt, durchaus in diesem Kul­tur­kreis vor­kommt. In Rakka wurde ein junges Mädchen vor das Scharia-Gericht gestellt, weil sie einen Facebook-Account hatte. Das Gericht wertete dies als einen Ehe­bruch, da sie dadurch direkten Kontakt zu anderen Männern hatte. Sie wurde zu Tode gesteinigt.

Mei­nungs­freiheit ist zwar ein Men­schen­recht, aber nicht auf Facebook. Wie eine Mit­ar­bei­terin in einem Facebook-Lösch-Zentrum bei  den “Unbe­stech­lichen” aus­packte, werden die Bear­beiter dort wie Galee­ren­sträf­linge ange­trieben, alles zu löschen, was nur irgendwie kri­tisch gegen Gen­de­rismus, Islam, Links, Flücht­linge etc. aus­sehen könnte. Und so sah man auf Birgit Kelles Face­book­ac­count diesen Anblick.

Twitter scheint nicht ganz so zäh­ne­flet­schend mit der Zen­sur­schere über alles her­zu­fallen und ließ den­selben Tweet unbe­an­standet stehen.