Kret­sch­manns Alter­na­tiv­lo­sigkeit: Scheitert Jamaika, dann scheitert Europa

Dass Baden-Würt­tem­bergs grüner Minis­ter­prä­sident Win­fried Kret­schmann Angela Merkel näher steht als seiner eigenen Partei, ist kein Geheimnis. Nun über­nimmt er auch Merkels Stra­tegie. Wie lange hatte uns die Kanz­lerin Angst gemacht und uns ein­ge­schworen auf die angeblich alter­na­tivlose „Rettung“ der euro­päi­schen Kunst­währung. Doch längst weiß auch Lieschen Müller: Was Merkel damals ver­breitete, waren wasch­echte Fake News. Nun ver­sucht sich Kret­schmann an der mer­kel­schen Alter­na­tiv­lo­sigkeit: Sollte es nicht zur schwarz-gelb-grünen Regie­rungs­ko­alition kommen, hätte dies „wahr­scheinlich ganz negative Folgen“, warnt er. Die not­wen­digen Neu­wahlen würden „unglaub­liche Insta­bi­lität nach Europa bringen“. Kret­schmann weiß genau, was er da sagt, und er weiß, warum er es sagt. Einem der wenigen „Ver­nunft­grünen“ reißt der Gedulds­faden. Er will seine Partei wieder an den Schalt­hebeln der Macht sehen, weil er spürt, dass die Grünen des Jahres 2017 ein welkes Pflänzchen sind, das nur über­leben kann, wenn es von Merkel auch wei­terhin gedüngt und gegossen wird. Und so sehr sich der 69-Jährige bemüht, sein Angst­sze­nario in mit­füh­lende Worte zu packen, ist die Bot­schaft doch ebenso dras­tisch wie mer­kelesk: „Scheitert Jamaika, dann scheitert Europa“, soll dem Publikum ein­bläuen, dass alles andere als das kari­bische Drei­er­bündnis den sicheren Untergang bedeutet. „Jeder Preis, den wir zahlen, ist geringer, als wenn es Neu­wahlen gibt“, droht er aber auch allen Stur­köpfen in den eigenen Reihen.

Es gilt als sicher, dass die ange­schlagene geschäfts­füh­rende Kanz­lerin ein Scheitern der Son­die­rungen poli­tisch nicht über­leben wird

Kret­sch­manns Taktik ist jedoch plump. Zwar ist Deutschland in der Tat der poli­tische und wirt­schaft­liche Anker Europas, doch kommen die anderen Länder durchaus damit klar, wenn es hier­zu­lande einmal etwas länger dauern sollte, bis eine neue Bun­des­re­gierung über­nimmt. Ganze 86 Tage brauchte man etwa 2013, bis die „Große Koalition“ stand, zu einer Zeit, als die Schock­wellen der Finanz­krise noch nicht recht verdaut waren und das Euro-Debakel einem neuen Höhe­punkt zustrebte. Aktuell sind sieben Wochen seit der Wahl ver­gangen, da ist also noch etwas Luft. Und sollte Jamaika tat­sächlich scheitern, dann wird es Europa auch im nächsten Jahr noch geben. Es ist zudem kei­neswegs aus­ge­macht, dass Neu­wahlen unaus­weichlich sind. Denn die Ex-Koali­tionäre der ver­gan­genen Legis­la­tur­pe­riode haben bereits einen „Plan B“ in der Schublade: Nach einem ergeb­nis­losen Ende der der­zei­tigen Son­die­rungen, könnte es zur Neu­auflage der „Großen Koalition“ kommen – selbst­ver­ständlich ohne Angela Merkel. Dies erscheint allemal wahr­schein­licher als Neu­wahlen, da es als sicher gilt, dass die ange­schlagene geschäfts­füh­rende Kanz­lerin ein Scheitern von Jamaika poli­tisch nicht über­leben wird. Wohl deshalb arti­ku­liert sich die Wahl­ver­lie­rerin plötzlich mit Nach­druck zu den Son­die­rungs­be­mü­hungen. „Ich will das“, insis­tiert sie trotzig und sendet eine ein­dring­liche Mahnung aus, mit dem Gerede über Neu­wahlen auf­zu­hören. So spricht eine Frau, die merkt, dass ihre Zukunft auf dem Spiel steht.

Zu seinem 70. Geburtstag wird Kret­schmann festellen können, dass Europa einen even­tu­ellen Jamaika-Aus­stieg blendend weg­ge­steckt hat

Dass Merkel sich noch lange im Amt halten kann, wird aber auch im Falle des Son­die­rungs­er­folgs immer unwahr­schein­licher. Schlei­chend ero­diert ihre inner­par­tei­liche Macht. Die geschei­terte Inthro­ni­sierung der ihr nahe­ste­henden Ex-Bil­dungs­mi­nis­terin Schavan als künftige Vor­sit­zende der Ade­nauer-Stiftung und die inzwi­schen nicht mehr nur hinter vor­ge­hal­tener Hand for­mu­lierten Rück­tritts­for­de­rungen an die Adresse ihres Gene­ral­se­kretärs Tauber sind deut­liche Anzeichen dafür, dass das Lager der Gegner innerhalb der CDU schlag­kräf­tiger geworden ist. Das gilt auch für die CSU, die genau genommen schon nicht mehr von Horst See­hofer geführt wird, obwohl er noch im Amt ist. Selbst wenn also am Ende die Machtgier über die Ver­nunft siegt, selbst wenn Merkel noch einmal den Kanz­lereid sprechen darf, ist sie im Grunde bereits Geschichte. Eine ihrer unrühm­lichen Hin­ter­las­sen­schaften ist das Mantra von der Alter­na­tiv­lo­sigkeit, mit dem alle Dis­kus­sionen erstickt und sämt­liche Kri­tiker mundtot gemacht wurden. Ob Win­fried Kret­schmann mit der Kanz­ler­in­nen­masche ähn­lichen Erfolg haben wird, bleibt abzu­warten. Falls nicht, wird auch er zu seinem 70. Geburtstag im Mai nächsten Jahres festellen können, dass Europa den Jamaika-Aus­stieg blendend weg­ge­steckt hat. Weitere Aus­stiege blieben den gebeu­telten Opfern der grünen Verbots- und Angst­po­litik auf diese Weise wohl für einige Zeit erspart. Deutschland und Europa könnte dies nur guttun.

 

 

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