By Dietmar Rabich - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=49626570

Diesel-Hys­terie: Cui bono? – wir haben kein Problem!

Hamburg ist die erste Stadt, die sich rüstet und brüstet, um Die­sel­fahr­zeugen die Innen­stadt zu ver­sperren. Dabei kommt gerade dort der meiste Ausstoß an Stick­oxiden nicht von den Autos, sondern von den dicken Pötten, die im Hafen anlanden, also von den rie­sigen Per­sonen- und Con­tai­ner­schiffen, die Schweröl ver­brennen und ihre Maschinen auch im Hafen durch­laufen lassen.
(Von Florian Hoffmann)
Wieviel CO2 ein nobler Pas­sa­gier­dampfer aus­stößt, ist offi­ziell nicht zu ermitteln – das Geschäft mit Pas­sagen und Pas­sa­gieren ist einfach zu gut. Wieviel CO2 die im Ham­burger Hafen lie­genden, unter obskurer Flagge fah­renden, con­tai­ner­tra­genden See­len­ver­käufer aus­stoßen, das möchte anscheinend erst recht niemand wissen. Von anderen, höchst schäd­lichen Gasen und Fein­stäuben, die aus dem Hafen her­über­wehen, mal ganz zu schweigen. Also kümmern sich die Ham­burger Stadt­väter um kleinere Fahr­zeuge, denen eher bei­zu­kommen ist – um Autos. Und da hat man es auch nicht mit mäch­tigen Reedern, sondern eher mit Hand­werkern und Rentnern zu tun, die sich zweimal über­legen müssen, ob sie sich über­haupt einen Anwalt leisten können.
Sinn­voller wird’s des­wegen nicht. Dass Stickoxid im Verkehr für irgend­welche Todes­fälle ver­ant­wortlich sein soll, ist schon rein medi­zi­nisch quasi unmöglich: Stick­oxide beginnen – so wird ver­mutet – bei einer Kon­zen­tration von 3.000 Mikro­gramm je Kubik­meter schäd­liche Aus­wir­kungen auf Men­schen zu haben. In umfang­reichen Labor­ver­suchen mit Ratten wurde ein mess­barer Reizwert bei 8.000 ermittelt, weshalb der Gesetz­geber sich auf einen Wert von 940 Mikro­gramm als Grenzwert am belas­teten Arbeits­platz fest­gelegt hat, um auf der absolut sicheren Seite zu sein. Vor diesem Hin­ter­grund sind die für den Stra­ßen­verkehr fest­ge­setzten Grenz­werte von 40 Mikro­gramm gewiss wohl­meinend, aber so weit an der Rea­lität vorbei, dass ein medi­zi­ni­sches Risiko irreal ist. Wobei es bestimmt irgend­einen Medi­ziner gibt, der hier ein Risiko sieht. Es gibt schließlich auch Men­schen, die glauben, dass Tumor­er­kran­kungen durch Hand­auf­legen heilen sind.
Lächer­liche, unbe­gründete Hysterie
Bleiben wir also bei den Fakten. Bis zu 940 Mik­or­gramm Stickoxyd am Arbeits­platz sind unkri­tisch, also erlaubt. Woher kommen aber nun die von der EU vor­ge­ge­benen Grenz­werte von 40 Mikro­gramm – in Worten: vierzig – an stark­be­fah­renen Straßen? Die beruhen auf Mes­sungen bei Stra­ßen­an­wohnern von vor 15 Jahren irgendwo auf der Welt, bei denen die Belas­tungen durch ver­schiedene Gase und Par­tikel nicht getrennt, sondern gemischt durch­ge­führt wurden und die Zahl der ver­meint­lichen Todes­opfer danach geschätzt wurden. Alle Schät­zungen von ver­meint­lichen Todes­opfern beruhen damit, genau betrachet, auf unse­riösen Annahmen und nicht auf gezählten oder gemes­senen Werten. Es handelt sich also schlichtweg um eine völlig lächer­liche, unbe­gründete Hys­terie – die aller­dings ihren Weg in die Gesetz­ge­bungs­ma­schi­nerie gefunden hat.
Zum Ver­gleich: Wenn man die Grenz­werte ernst nähme, müssten an Sil­vester und zwei Tage danach alle deut­schen Städte gesperrt werden – allein wegen der Sil­ves­ter­knal­lerei. Bis jetzt ist aller­dings hier­zu­lande kein ein­ziger Ohn­machtsfall bekannt, der auf die Gas­be­lastung der Luft zurück­zu­führen gewesen wäre. Da hatten andere Gifte, zum Bei­spiel Alkohol, sowie explo­sions- und flug­kör­per­liche Ein­wir­kungen ganz andere zähl- und messbare Folgen.
Stra­ßen­sper­rungen aus prin­zi­pi­eller Erwägung
Alle LKW, alle Trak­toren und alle Klein­trans­porter sind Die­sel­fahr­zeuge, weil sie robuster sind und weil sie zehn bis zwanzig Prozent weniger Kraft­stoff ver­brauchen, also auch dem­entspre­chend weniger CO2 erzeugen. Wenn in Zukunft viele Die­sel­fahrzeug durch Ben­ziner ersetzt werden, steigt der CO2-Ausstoß flä­chen­de­ckend – um in ein paar Innen­städten an ein paar Stellen, wo zu wenig Zugluft ist, minimal schad­stoff­ärmere Luft zu erhalten. Und da der Verkehr durch die Innen­stadt-Sper­rungen in äußere Bereiche ver­drängt wird, steigt dort die Belastung – mit der Folge, dass weitere Sper­rungen zu befürchten sind, bis mut­maßlich alles kom­plett gesperrt wird. Als ob wir in Europa und jen­seits des Atlantiks keine anderen Pro­bleme hätten!
Wenn Volks­wagen als ein­ziger Her­steller in der Ver­gan­genheit die Aus­stoß­werte mani­pu­liert hat, weil man sei­nerzeit die Grenz­werte nicht ein­halten konnte, so ist dieses Manko zwi­schen­zeitlich durch ein ganz nor­males Software-Update zu ein­hundert Prozent behoben. Die Wei­ter­ent­wicklung der Software hängt nicht mit der frü­heren Mani­pu­lation zusammen, sondern ist tech­ni­scher Fort­schritt, der ohnehin gekommen wäre – ver­gleichbar mit den bekannten Software-Updates von Microsoft, Apple oder einem sons­tigen Software-Anbieters, die ein jeder kennt. Hardware-Umbauten, wie von manchen Ministern oder Experten der Grünen gefordert, sind über­flüssig und unver­hält­nis­mäßig, weil mit Kosten ver­bunden, die manchen Gebraucht­wa­genwert über­steigen würden.
Tech­ni­scher Fort­schritt und Pharisäertum
Wer heute an der Straße steht und die Autos beob­achtet, kann an keinem Auspuff mehr eine „Fahne“ erkennen. Wer sich an die qual­menden Diesel frü­herer Zeiten erinnert – von den Ölschwaden in Trabbi-Land ganz zu schweigen –, muss sich heute wundern, welchen gigan­ti­schen Fort­schritt die Auto­mobil-Industrie voll­bracht hat. Der Die­sel­fein­staub ist ver­schwunden, weil er ver­brannt wird, indem man die Motor­tem­pe­ratur erhöht hat. Die Folge ist ein erhöhter Ausstoß von Stick­oxiden, der aller­dings niemand schadet, aus­ge­nommen dass er dem eigen­ar­tigen Verein „Deutsche Umwelt­hilfe e. V.“ zu Popu­la­rität und Ein­nahmen ver­hilft. Mit diesem Geld schützt die Umwelt­hilfe dann nur zu drei (!) Prozent die Umwelt, was sie ihrem Namen nach ja eigentlich tun sollte, sondern sie richtet unter Zuhil­fe­nahme welt­fremder Ver­wal­tungs­ge­richte einen gigan­ti­schen poli­ti­schen Schaden an. Cui bono?
 


Von Florian Hoffmann für TheEuropean.de