Lasst Euch nicht einschüchtern!

Seit dem Beginn der euro­päi­schen Migra­ti­ons­krise gehen die Wogen in der öffent­lichen Debatte regel­mäßig hoch. Sach­liche und juris­tische Argu­mente für oder gegen die Migration aus dem Orient und aus Afrika wurden und werden nur allzu oft durch ideo­lo­gische State­ments, mora­li­sie­rende Urteile und res­sen­ti­ment­ge­ladene Äuße­rungen ersetzt.
Die Haltung war “menschlich
Als 2015 die Krise begann, hat sich in der ver­öf­fent­lichten Meinung von Anfang an eine Haltung eta­bliert, die sich deutlich und zunächst völlig unkri­tisch für die Migration, für offene Grenzen, für eine hohe, ja unbe­grenzte Auf­nah­me­be­reit­schaft und für wei­test­ge­hende Toleranz den ori­en­ta­li­schen und afri­ka­ni­schen Fremden gegenüber stark machte.
Rechts­brüche werden ignoriert
Diese Sicht­weise schloss auch eine Akzeptanz der viel­fachen Rechts­ver­let­zungen, die durch die unzäh­ligen ille­galen Grenz­über­tritte ent­standen sind, mit ein. Ebenso bestand eine überaus naive Haltung gegenüber signi­fi­kanten kul­turell und religiös bedingten Unter­schieden zwi­schen der euro­päi­schen und der her­bei­strö­menden ori­en­ta­lisch-nord­afri­ka­ni­schen Bevölkerung.
Zweifler werden attackiert
Die Kri­tiker der Mas­sen­mi­gration und ihrer bere­chen­baren Folgen waren am Anfang noch in der Min­derzahl — zumindest jene, die sich öffentlich äußerten. Jedem, der mit der Völ­ker­wan­derung nicht bedin­gungslos ein­ver­standen war und viel­leicht sogar nach­fragte, was denn da eigentlich läuft, wurde das offi­zielle Etikett Unmensch, Rechts­extremer oder Rassist ver­passt. Wer dann nach diversen Ver­bal­in­jurien der sich in huma­ni­tärer und mora­li­scher Über­le­genheit wäh­nenden Opinion-Leader noch immer nicht parierte und nicht schwieg, der wurde der Bestrafung mit der Nazi-Keule unterzogen.
Am Anfang stand Desinformation
Freilich: Viele Bürger waren auf­grund einer oft frag­wür­digen Bericht­erstattung damals auch nicht ideal infor­miert und viele wollten ihrer Hilfs­be­reit­schaft Aus­druck ver­leihen. So schien das offi­zielle Klima von Mensch­lichkeit und Barm­her­zigkeit geprägt, Kritik war nicht opportun. Ver­ein­facht gesagt galt vom Sep­tember 2015 bis tief in das Jahr 2016: Der Migra­ti­ons­kri­tiker war böse, der Mensch am Bahnhof war gut.
Warum das damals so war, ist heute klar. In den ersten Monaten der Krise ist es den Pro­po­nenten der Migration mit den Bildern und Berichten aus den ori­en­ta­li­schen Kriegs­ge­bieten und mittels der offi­zi­ellen poli­ti­schen Position der meisten EU-Regie­rungen zwei­fellos gelungen, den Ein­druck zu ver­mitteln, alle Migranten seien Flücht­linge. (Ehr­li­cher­weise muss man aber auch zugeben, dass unser aller Wissen zum dama­ligen Zeit­punkt noch nicht so umfassend war wie heute.)
Wir sind besser informiert
Mitt­ler­weile wissen wir es längst besser. Die inter­na­tio­nalen Asyl­sta­tis­tiken belegen, dass nur höchstens die Hälfte aller Ankömm­linge Chance auf Asyl hat. Wenn man die Genfer Kon­vention ganz genau nähme, würde sich der Anteil der in der Kon­vention defi­nierten Flücht­linge noch einmal dra­ma­tisch redu­zieren.  Die­je­nigen, die kein Blei­be­recht haben und auch keines bekommen werden, sind aber noch immer bei uns und natürlich kommen wei­terhin welche dazu. Allein in Deutschland zählt man über 500.000 Leute ohne Blei­be­recht. Diese Zahlen und die dazu­ge­hö­rigen Fakten sind in der Öffent­lichkeit nun aber bekannt und die Mehrheit ist längst gegen weitere Zuwanderung.
Die Stimmung änderte sich sukzessive
Auf­grund der nicht mehr zu ver­leug­nenden Fak­tenlage begann die oben beschriebene offi­zielle migra­ti­ons­freund­liche Haltung zu brö­ckeln und immer mehr ver­ant­wort­liche Poli­tiker schlossen sich der Kritik an der euro­päi­schen (vor allem von Kanz­lerin Merkel betrie­benen) Migra­ti­ons­po­litik an. Auch etliche Kom­men­ta­toren in den Medien revi­dierten ihre anfäng­liche Ref­guees-Welcome-Euphorie und fingen an, sich den Tat­sachen zu stellen und deutlich kri­ti­scher zu werden.
Das “Rechte” muss bekämpft werden
Gleich­zeitig wuchs aber in vielen Redak­tionen und Par­tei­zen­tralen die Angst, die “Rechten” könnten infolge des sich ändernden Mei­nungs­klimas zu stark werden. Und natürlich blieb der xeno­phile Kern der Migra­tions-Apo­lo­geten von den geschil­derten Fakten unbe­ein­druckt und begann aus tak­ti­schen Gründen, die jauch­zende Will­kom­mens­kultur in eine aggressive, nach innen gewandte Ableh­nungs­kultur zu ver­ändern: Ziel war es ab nun, nicht die Fremden zu offen­sichtlich will­kommen zu heißen, sondern die “Rechten” abzu­lehnen, zu ver­dammen und mit allen Mitteln zu bekämpfen.
Packen wir die Keule aus
Dafür liegen in den diversen mit öffent­lichen Mitteln geför­derten Redak­ti­ons­stuben natürlich keine validen und ratio­nalen Argu­mente bereit, sondern nur die letzten Waffen der Ver­zwei­felten: Die Rede ist von den oben schon erwähnten Nazi-Keulen. Diese sind zwar im wahrsten Sinne des Wortes schon ziemlich abge­dro­schen, aus­ge­franst und vielfach brüchig, aber immer noch einsatzfähig.
Ab jetzt wird‘s schmutzig
Mit dem Einsatz der ungus­tiösen Nazi­keule beginnt stets die dre­ckige Phase der öffent­lichen Debatte: Die medial und poli­tisch aktiven Keu­len­schwinger ver­suchen, mit unter­stel­lender “Argu­men­tation” aus dem natür­lichem Patrio­tismus ver­nünf­tiger Bürger einen bräun­lichen Natio­na­lismus zu kon­stru­ieren, sie münzen nahezu jede sach­liche Migra­ti­ons­kritik mit unlau­terer Rhe­torik in ras­sis­tisch moti­vierte Aus­län­der­feind­lichkeit um und sie denun­zieren vor­sätzlich die poli­ti­schen Gegner der Mas­sen­mi­gration als Nazi-Wie­der­gänger, wenn diese mit Pro­vo­ka­tionen und kan­tigen Sagern den Diskurs im Sinne der Wahr­heits­findung befeuern wollen. Das Ziel der Meute ist klar: Die Repu­tation der Kri­tiker soll mit allen Mitteln ange­patzt, noch besser aber zer­stört werden. Und am aller­besten wäre natürlich deren Existenzvernichtung.
Nazi? Anzeigen, keine Frage
Damit sind wir bei einem zen­tralen Punkt dieser immer wieder auf­kei­menden, öden und ekel­haften Nazi-Debatte: Wer einen anderen als Nazi bezeichnet (und sei es auch in ver­klau­su­lierter Form), der muss einen Beweis dafür haben, dass der so bezeichnete wirklich einer ist.
Der Ange­pran­gerte muss also in irgend­einer Weise als Nazi, also natio­nal­so­zia­lis­tisch, auf­ge­treten und sich der Wie­der­be­tä­tigung schuldig gemacht haben. Der Staats­anwalt muss in so einem Fall von sich aus aktiv werden, so will es das Gesetz. Und wer Kenntnis von nazis­ti­schen Tätig­keiten erlangt, muss diese anzeigen. Aber: Jemandem auch nur sublim und ohne vor­lie­gende Straftat und ohne Beweis vor­zu­werfen, ein Nazi zu sein, gehört zu den übelsten und wider­wär­tigsten Ver­leum­dungs­tech­niken in Öster­reich und auch in Deutschland.
Niemand will den NS
Wir sind uns alle einig: Dass der Natio­nal­so­zia­lismus ver­ach­tenswert und jede Wie­der­be­tä­tigung straf­rechtlich zu ver­folgen ist, darüber herrscht  Konsens und man muss sich von der NS-Ideo­logie daher nicht dauernd betulich und mit künst­licher Ent­rüstung distan­zieren. Es ist selbst­ver­ständlich und in die welt­an­schau­liche DNA aller seriös poli­tisch aktiven Men­schen ein­ge­schrieben, dass man als öster­rei­chi­scher oder deut­scher Bürger den NS absolut und unwi­der­ruflich ablehnt.
Keine Anzeige? Keine Wiederbetätigung!
Wenn also jemand die Nazi­keule aus­packt, dann müsste er, wenn er seriös wäre, zuerst sein Keu­len­opfer wegen Wie­der­be­tä­tigung anzeigen. Das trauen sich aber dann die wenigsten und auch nur in den wenigsten Fällen. Warum das so ist, ist son­nenklar: Weil es übli­cher­weise eben kei­nerlei Nazismus bei den Ange­grif­fenen gibt und die Gegen­klage auf “Ver­leumdung” und “Üble Nachrede” mit Sicherheit durchginge.
Ver­leumdung als Mittel der Debatte
Wir stehen also vor einem grund­sätz­lichen, chro­nisch ver­leum­de­ri­schen, zumindest aber unter­stel­lenden Gestus, der leider vielen Per­sonen des öffent­lichen, medialen und poli­ti­schen Lebens zu eigen ist: Wenn einem sonst schon nichts ein­fällt und man mit seinen Argu­menten am Ende ist, dann nennt man den poli­ti­schen Gegner halt einfach einen Nazi oder man dreht zumindest die eigene Rhe­torik in diese Richtung.
Die Palette ist bunt
Abstu­fungen gibt es da viele: Vom Zweifel an der demo­kra­ti­schen, men­schen­freund­lichen Haltung des Gegen­übers bis hin zum Vorwurf des Faschismus und Ras­sismus, vom Ver­dacht des Rechts­extre­mismus bis hin zum Nazi-Etikett, die Palette ist breit gefächert.
Gerade in der soge­nannten Flücht­lings­de­batte sind durch diese infe­rioren rhe­to­ri­schen Tricks lange Zeit die Fakten über­deckt und zurück­ge­drängt worden.  Das hat der Migra­ti­ons­po­litik extrem geschadet und die Glaub­wür­digkeit vieler Poli­tiker und Medi­en­leute massiv reduziert.
Die kri­ti­schen Wis­senden wurden und werden pejorisiert
Man hat zuwenig auf die Experten gehört und man hat Staats­rechtler, Isla­mo­logen, Migra­ti­ons­for­scher und sonstige Wis­sen­schafter nur auf­treten lassen, wenn sie der ursprüng­lichen Politik der pro­ak­tiven Ein­wan­de­rungs­för­derung zuge­neigt waren oder man kurz mal eine Fei­gen­blatt benö­tigte, um die Masse zu beschwich­tigen. Die Kri­tiker wurden ansonsten in der hier beschrie­benen Manier abgefertigt.
In Öster­reich erleben wir trotz (oder besser: wegen) des nun schon 100 Tage zurück­lie­genden Regie­rungs­wechsels, den eine demo­kra­tische Mehrheit Mitte-Rechts per ganz nor­maler Wahlen her­bei­führte, ständig neue Höhe­punkte der Unse­rio­sität und der ten­den­ziösen Berichterstattung.
Wis­sen­schaft­liche und jour­na­lis­tische Kri­tiker der Migration werden in den sich als Qua­li­täts­medien dar­stel­lenden Zei­tungen und im öffent­lichen Rundfunk wei­terhin kaum publi­ziert. Dabei gäbe es zahl­reiche lesens­werte und augen­öff­nende Schriften, Inter­views und Bücher von bekannten Autoren: Bassam Tibi, Paul Wolfssohn, Michael Ley, Imad Karim, Henryk Broder, Ruud Koopmans, Paul Collier — um nur einige zu nennen. Meine Emp­fehlung: Nicht ein­schüchtern lassen und selber nach­lesen, was diese fun­diert argu­men­tie­renden Autoren in den letzten Jahren geschrieben haben.
 


Dr. Marcus Franz — thedailyfranz.at