Während bei uns werbewirksam Klimagesetze in Bund und Ländern gefordert werden, ist wohl weniger bekannt, dass die EU in Brüssel mit Unterstützung von Deutschland begonnen hat, nationale Gesetze auszuhebeln und ihren Ländern vorzuschreiben, wie sie ihre Energieerzeugung klimagerecht auszuführen haben. Wie immer: Verbunden mit Sanktionen bei Abweichungen.
(Von Helmut Kuntz)
Der EU-Kommission werden direkte Eingriffsrechte in nationale Energie- und Klimastrategien gewährt
Die den Länderparlamenten entzogenen Brüsseler Autokraten sind (mit Unterstützung durch Deutschland) konsequent weiter dabei, Länderhoheiten auszuhebeln. Und so ist es bald nicht mehr eine nationale, sondern EU-Vorschrift, die Welt vor dem Klima zu retten.
Und wer es dann nicht EU-vorschriftsgemäß durchführt, bekommt Sanktionen. Es wird mindestens ein Land in der EU geben, welches auch diese Vorgaben der EU akribisch umsetzt und einhält. Damit die Statisten von Abgeordneten im Parlament nicht noch dagegen „Mauern“, wurde im Koalitionsvertrag wurde extra bekräftigt, dass die GroKo EU-Vorgaben 1:1 umsetzt und das nationale Parlament dann nichts mehr zu sagen hat.
Und es wird Länder geben, welche dadurch (ihre geforderten) Vorteile bekommen: Frankreich kann seine Atomkraft behalten, doch Deutschland muss auf Vorgabe der EU alle Kohlekraftwerke abschalten.
BMWi, Staatssekretär Rainer Baake: [1] … „Das vom Energierat beschlossene Paket „Saubere Energie für alle Europäer“ ist ein Meilenstein. Es gestaltet fast den gesamten europäischen Energierahmen neu … Neue Kohlekraftwerke dürfen an diesen Kapazitätsmärkten ab Ende 2025 und Bestandsanlagen ab Ende 2030 nicht mehr teilnehmen …
Kernelement sind integrierte nationale Energie- und Klimapläne aller 28 Mitgliedstaaten und darüber hinaus ein Mechanismus für den Fall, dass die freiwilligen Beiträge der Mitgliedstaaten nicht ausreichen, um die EU-Ziele zu erreichen …
Staatssekretär Baake: „Ich freue mich, dass wir jetzt klare Spielregeln verabredet haben, wie wir gemeinsam die beschlossenen EU-Ziele auch tatsächlich erreichen. Die Bedeutung der neuen Governance für die Energieunion geht aber über die Erfüllung der 2030-Energie-und Klimaziele hinaus. Erstmals gibt sich hier einer der größten Wirtschaftsräume der Welt einen gemeinsamen Plan, wie die Mitgliedstaaten zur langfristigen Dekarbonisierung und Versorgungssicherheit Europas beitragen wollen.
Ob das (bei dann weiter steigenden Preisen) und bis tief in persönliche Bereiche hinein greifenden Restriktionen dem Volk wirklich gefallen wird, weiß man noch nicht, doch unsere Umweltverbände werden jubeln.
EU Vorgabe: Die Zahl der von Energiearmut betroffenen Menschen ist zu erheben, deren Unterstützung hat aber in fünf Jahren auszulaufen
Dem Gewerkschaftsbund ist dabei etwas mulmig zumute. Aber Opposition traut er sich nicht, nach dem Motto: Am Besten hat es ein Märtyrer, der seine Taten überlebt und sich später in deren Glanz sonnen kann.
Dabei hat er Schwachstellen gut erkannt:
– Deutschland wird immer mehr von der EU am Parlament vorbei zwangsgesteuert,
– der Haushaltsstrom wird durch die neuen Tarifgestaltungen vor allem noch teurer,
– Deutschland muss künftig von seinem Geld Projekte im Ausland (zwangs-)finanzieren,
– national darf keine „Wettbewerbsverzerrung“ erfolgen, indem zum Beispiel Strom für ärmere Haushalte subventioniert wird,
– Frankreich profitiert mit seinen Kernkraftwerken überproportional.
DGB, 25.09.2017: [2] Europa Saubere Energie für alle Europäer-Innen Das Energiepaket der Europäischen Kommission
In beiden Fällen hatte sich die Mehrheit der Mitgliedstaaten gegen nationale verbindliche Ziele ausgesprochen. Stattdessen soll die Erreichung des EU-weiten Zieles durch eine „Governance-Verordnung“ abgesichert werden. Danach werden der EU-Kommission direkte Eingriffsrechte in nationale Energie- und Klimastrategien gewährt, ergänzt durch „delegierte Rechtsakte“, die keine Mitbestimmung des EU-Parlamentes vorsehen. Eine deutliche Stärkung der EU-Exekutive also.
… Die Vorstellung der EU-Kommission, wonach private Haushalte quasi zu „Strombörse-Händler-Innen“ werden und ihren Verbrauch in 15-Minuten-Intervallen flexibel an das schwankende Stromangebot anpassen, spiegelt aber nicht die Realität und den Alltag der Menschen wider. Die überwiegende Mehrheit der Haushaltskund-Innen kann die Vorteile zeitabhängiger, flexibler Strompreise nicht nützen und müssen künftig höhere Strompreise bezahlen, wenn sie in Zeiten hoher Stromnachfrage, wie am Morgen oder in den frühen Abendstunden, den meisten Strom benötigen.
Die EU-Kommission möchte die nationaleren Fördersysteme für den Ausbau von erneuerbaren Energie-Erzeugungsanlagen auch für grenzüberschreitende Projekte öffnen. Damit könnten Fördergelder, die von den Stromverbraucher-Innen in einem Mitgliedstaat aufgebracht werden, für den Bau von Photovoltaik- oder Windkraftanlagen in anderen EU-Ländern eingesetzt werden.
Positiv ist die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Zahl der von Energiearmut betroffenen Menschen zu erheben. Eine zentrale Voraussetzung, um zielgerichtet Maßnahmen ergreifen zu können. Bedauerlich ist allerdings, dass immer noch klarere Vorgaben zu effektiven Maßnahmen gegen Energiearmut fehlen, und dass der Einsatz von Instrumenten zu ihrer Bekämpfung, wie etwa regulierte Preise eingeschränkt wird. Für energiearme Haushalte müssen diese in fünf Jahren auslaufen.
Last but not least: Kritisch zu bewerten ist die Berücksichtigung von Atomenergie zur Erreichung der EU-Klima- und Energieziele.
Deutschlands Abgeordnete lassen sich widerspruchslos entmachten
Deutschland hat eine vergleichsweise überbordende „Abgeordnetendichte“:
China: 427.000 Einwohner/Volkskongressabgeornetem
USA: 610.000 Einwohner/Kongressabgeordneten, zzgl. Senatoren
Deutschland: 117.000 Einwohner/Bundestagsabgeordnetem
Trotzdem scheint es unseren Abgeordneten zu viel Arbeit geworden zu sein, das Volk zu vertreten. Und so wurde Entlastung ersonnen, indem man die Souveränität an Brüssel abgibt und sich von dort (ohne parlamentarische Einflussnahme) vorschreiben lässt, was Deutschland machen darf und zu machen hat. Damit nicht jemand anfängt, darüber Diskussionen anzuzetteln, haben die GroKo-Parteien es gleich vertraglich festgelegt:
[3] Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 19. Legislaturperiode:
Zeile 2549 … eine konsequente 1:1‑Umsetzung von EUVorgaben.
Zeile 2910 … EU-Regelungen werden wir 1:1 umsetzen
Zeile 6455 … EU-Recht setzen wir 1:1 um
Wie ist das mit dem Grundgesetz, Artikel 20 (2) vereinbar?
Nachtrag:
Soeben kam die Information einer Rede unseres neuen Wirtschaftsministers auf der internationalen Energiewende-Konferenz in Berlin:
WELT 17.04.2018: Altmaier akzeptiert den wahren Zustand der Energiewende
In dieser Rede soll die Nachsprechpuppe der Kanzlerin „Bewegendes“ über die Deutsche Energiewende gesagt haben, indem er so etwas wie einen Realitätssinn äußerte.
Was er aber auch gesagt hat:„Die Energiewende wird nur überleben, wenn sie global wird“ … Sie sei „keine Lösung für einzelne Länder.“
Überspitzt heißt das: Die Deutsche Energiewende ist so bescheuert, dass sie nur überlebt werden kann, wenn die Länder drum herum diese „Bescheuerung“ mitmachen. Nur unter gleich Blinden kann der Einäugige besser überleben.
Wie man sieht, hilf nun die EU aus diesem Desaster.
Eine Frage stellt sich dabei sofort: Was hat Deutschland „der EU“ dafür hintenrum wieder versprochen?
Quellen
[1] BMWi: Staatssekretär Baake zu den Ergebnissen des gestrigen Energierats in Brüssel – 28 EU-Energieminister stellen Weichen auf europäische Energiewende
[2] DGB, 25.09.2017: Europa Saubere Energie für alle Europäer-Innen Das Energiepaket der Europäischen Kommission
[3] Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 19. Legislaturperiode: Ein neuer Aufbruch für Europa Eine neue Dynamik für Deutschland Ein neuer Zusammenhalt für unser Land
Ein Beitrag von EIKE — Europäisches Institut für Klima & Energie