„Moralisch problematischer Reichtum sollte schlicht verboten werden“, so die These eines Buches, das im FAZ-Feuilleton lobend besprochen wird.
(Von Dr. Rainer Zitelmann)
Das FAZ-Feuilleton, das kürzlich auf einer ganzen Seite die Verstaatlichung von Grund und Boden gefordert hatte, bespricht in der Ausgabe vom 21. April nun lobend ein Buch („Reichtum als moralisches Problem“), dessen Autor fordert, Reichtum zu verbieten, wenn er „moralisch problematisch“ ist – und dies ist er eigentlich aus Sicht antikapitalistischer Intellektueller immer.
Reich sei nach der Definition des Dortmunder Philosophen Christian Neuhäuser, wer „über deutlich mehr Geld verfügt, als man üblicherweise benötigt, um auf angemessene Weise auf sich selbst achtgeben und sich selbst als gleichrangigen Menschen respektieren zu können“. Wie viel Geld andere Menschen brauchen, um „auf sich selbst achtzugeben“, entscheidet natürlich der weise Philosoph aus Dortmund. Als Richtschnur nennt er das Doppelte oder Dreifache des durchschnittlichen nationalen Nettoeinkommens, womit wohl gewährleistet wäre, dass der Hochschullehrer ungeschoren davon kommt. Denn wenn ein anderer nach seiner philosophischen Meinung zu viel hat, dann muss der Staat das natürlich verbieten – was denn sonst?! „Moralisch problematischer Reichtum sollte schlicht verboten werden“, fordere der Philosoph, so die FAZ. Moralisch problematisch sei der Reichtum auch dann, wenn sich das Geld dafür einsetzen ließe, anderen Menschen zu einem Leben in Selbstachtung zu verhelfen. Die FAZ erkennt: „In Anbetracht des Ausmaßes globaler Not wäre diese Bedingung aber praktisch immer erfüllt.“
Die Zeitung stört sich lediglich daran, dass die Grenze von 200 bis 300 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens für ihren Geschmack etwas zu niedrig gesetzt ist (könnte ja sein, man wäre dann selbst davon betroffen, statt nur die amoralischen Kapitalisten). Insgesamt findet das FAZ-Feuilleton jedoch sehr lobende Worte, denn der Autor greife mit seinem Buch „ein wichtiges Thema auf und verortet es kenntnisreich in der weiteren philosophischen Debatte. Die These, dass ein ökonomisches Auseinanderdriften einer Gesellschaft auch dann ein Problem ist, wenn niemand in existenzieller Weise arm ist, überzeugt.“
Das Buch habe ich mir sofort bestellt. Es scheint ein besonders schönes Beispiel für den – nicht nur im FAZ-Feuilleton – grassierenden intellektuellen Antikapitalismus zu sein, der sich weniger an der Armut als am Reichtum stößt.
„Warum Intellektuelle den Kapitalismus verachten“
Unter dieser Überschrift bringt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG ebenfalls am 21.4. einen großen Artikel von Reinhard Mohr, der sich wie eine Antwort auf solcherlei Fantasien und Ideologien liest. Dort heißt es:
„Vor allem in intellektuellen Kreisen, unter ‚Kulturschaffenden’ und in großen Teilen der Massenmedien ist klar: Ausbeutung und Unterdrückung, Kriege, Ungerechtigkeit und Umweltvergiftung, Klimakatastrophe, Armut, Krisen, Krankheiten, Elend, Entfremdung und Unglück – an allem ist der Kapitalismus schuld; wahlweise der Turbo- bzw. Finanzkapitalismus, der ‚Neokolonialismus’ und der ‚Neoliberalismus’, nicht zu vergessen: die Globalisierung.
Wer dazu noch die Attribute entfesselt, enthemmt, brutal und asozial ins Vokabular aufnimmt, braucht gar keine Argumente oder Zahlen mehr, allenfalls Bilder – ob von ertrinkenden Flüchtlingen oder Elendsregionen in der sogenannt Dritten Welt. In deutschen Fernsehsendungen für die angeblich denkende Klasse wie ‚Kulturzeit’ (3SAT), ‚Aspekte’ (ZDF) und ‚ttt’ (ARD) reichen solche Stichworte aus, um die immergleichen Assoziationen zu wecken. Der Kapitalismus ist moralisch a priori disqualifiziert, ein unheilvolles, letztlich dem Untergang geweihtes System, in dem Profit, Eigennutz und materielle Gier zur Antriebsfeder unmenschlichen Handelns degenerieren… Dazu kommt die rituelle Verdammung des ‚Profitdenkens’ und der ‚Ökonomisierung aller Lebensbereiche’. Sie entspringt einer quasireligiösen Verachtung des Gelderwerbs, des wirtschaftlichen Denkens überhaupt, in dem man nur Oberflächlichkeit, Materialismus, Vulgarität und potenzielle Barbarei erkennen kann. Letztlich geht es um die Lufthoheit der Metaphysik, den weltumspannenden Entwurf – wie bei Marx, der die Bewegungsgesetze des Kapitals entdeckt zu haben glaubte. Unweigerlich drängt es die Intellektuellen in die Rolle einer Avantgarde, die dem Volk, vom ‚Verblendungszusammenhang’ (Adorno) über seine ‚wahren Bedürfnisse’ getäuscht, den Weg weist.“
So weit Reinhard Mohr in seinem NZZ-Artikel
Dr. Reiner Zitelmann für TheEuropean.de