Anne Wills Satiresendung - Bild: Screenshot

Anne Wills Satiresendung

Man konnte letzten Sonntag seinen Augen nicht trauen, Anne Will hat das Genre gewechselt. Jetzt ist sie unter die Kaba­ret­tisten gegangen. Opfer ihrer Häme? Gauland, der gelassen Wills vor­aus­zu­se­henden Gag, wie man 600.000 aus­rei­se­pflichtige Besucher in einem fil­mi­schen Slap­stick auf läp­pische 60 Tausend her­un­ter­rechnet, über sich ergehen ließ. Über­haupt strotzte die Sendung vor gewöh­nungs­be­dürf­tigen Kalauern.
Einer der Brüller war die Frage, ob es sich bei dem ban­den­mä­ßigen Betrug beim BAMF viel­leicht doch um Ein­zel­täter handelt. Ein rhe­to­ri­scher Scherz, dachte ich sofort, zumal der Begriff „Ein­zel­täter“ in der heu­tigen Sprach­de­fi­nition längst die Bedeutung von Ter­ror­zelle hat. Ich vermute, dass die ille­galen Auf­ent­halts­ge­neh­mi­gungen von einer kri­mi­nellen Dru­ckerei in Oer-Erken­schwick vor­be­reitet waren und von einer besto­chenen Putzfrau heimlich zwi­schen die Akten geschmuggelt wurden.
Beamte waren an der Sauerei selbst­redend nicht beteiligt. Trotzdem wird nun ohne Ansehen der Person auf­ge­klärt. Noch so ein Schmunzler, da man ja schon weiß, dass dieser hin­ter­fotzige Sys­tem­fehler schuld an dem Dilemma ist. Aber der Staat will nun beweisen, dass sich etwas tut, sich etwas bewegt, dass es nach vorne geht. Einzig die Schuld­frage sollte nach Mög­lichkeit nicht so hoch auf­ge­hängt werden, schließlich sind unsere ver­ant­wort­lichen Beamten fleißige und unbe­scholtene Mitarbeiter.
Die ehe­malige Kir­chen­be­set­zerin Göring-Eckardt sorgte für weitere Hei­terkeit, als Gauland seine blas­phe­mische Kon­tra­hentin an ihre alberne Behauptung erin­nerte, dass uns Afrika all die Men­schen geschenkt hätte. „Das ist ja billig“, entfuhr es ihr genervt und kon­terte stu­ten­bissig, dass die AfD nur einen kleinen, ver­sprengten Haufen nach Berlin geschickt hätte. Immerhin ent­fleuchte Göring-Eckardt im letzten Augen­blick noch die humor­volle Bemerkung, dass fünf Mal so viel Gegen­de­mons­tranten der AfD gezeigt hätten, wo der Hammer hängt. Der evo­lu­tionäre Unfall in roter Leder­jacke und necki­schem Tattoo im Aus­schnitt lief dann zur Hochform auf, indem sie unsere Geschenke allesamt als Kriegs­opfer bezeichnete. Anne Wills schel­mische Sendung strebte dem Höhe­punkt ent­gegen, als die bezahlten Cla­queure fre­ne­ti­schen Beifall spendeten.
Der Auf­tritt des neuen SPD-Komikers Pis­torius war auch nicht von schlechten Eltern. Ohne eine Miene zu ver­ziehen erklärte er, weshalb er ent­schieden gegen Anker­zentren sei, deren Ein­richtung er aber qua eigener Unter­schrift befür­wortet hat. Nun ja, ein relativ flacher Witz, wie ich meine, aber von der SPD kann man heut­zutage auch nicht mehr erwarten. Ich vermute, dass er immer noch durch die Tat­sache gehan­dicapt ist, dass seine Doris ihn damals mit flie­genden Fahnen hat sitzen lassen und den Gerhard Schröder hei­ratete. Das ist natürlich Schnee von gestern und bringt uns jedoch in der Causa Schwei­ne­stall in Bremen nicht weiter.
Nur der arme Stephan Mayer von der CSU kam ins Schwitzen. Im wollte partout kein pas­sender Witz ein­fallen, wohl auch deshalb, weil Anne, das Luder, mit sadis­ti­schem Ver­gnügen den gestan­denen Bayer grillen wollte. Während sich Mayers Nasen­spitze und Ober­lippe Schweiß­tropfen bil­deten, musste er sich vor­halten lassen, dass er seit 4. April 2018 als ver­ant­wort­licher Innen­mi­nister über die skan­da­lösen Umtriebe im BAMF Bescheid wusste. Es liegt der Ver­dacht nahe, dass er die näm­liche Putzfrau und die Dru­ckerei im Ruhr­gebiet kannte. Alles andere müsse er erst noch genau eru­ieren. Das Motiv des ban­den­mä­ßigen Sys­tem­ver­sagens dürfte aller­dings den Schwer­punkt seiner Ermitt­lungen ausmachen.
Aber warum hat er, wie Nie­der­sachsens Innen­mi­nister Boris Pis­torius sofort insis­tierte, Innen­mi­nister Horst See­hofer das Bun­desamt kurz darauf medi­en­wirksam besuchen lassen, ohne ihn zumindest über die Ver­dachts­mo­mente zu infor­mieren – ihn also wie einen Depp dastehen lassen? Naja, unter Kol­legen foppt man sich eben zuweilen. Immerhin hatte See­hofer auch seine Gaudi, als er im Anschluss dem Bremer BAMF alle Ent­schei­dungen ver­boten und die Whist­le­b­lo­werin Schmid aus Jux nach Deg­gendorf hat ver­setzen lassen. Fehlte nur noch die Blasmusik.
Dann läutete das Mode­ra­ti­ons­luder Anne den Höhe­punkt mit der scherz­haften Frage nach den Gründen der Ein­zel­taten ein. Was läuft schief? Es folgte eine geradezu atem­be­rau­bende Auf­zählung sati­ri­scher High­lights. Ein Drittel der Fälle von Bremen fanden ohne irgendeine Iden­ti­täts­prüfung statt. Fin­ger­ab­drücke können nur an einigen Stellen abge­nommen werden, weil die Geräte fehlen. Software seien nicht kom­pa­tibel. Lange Rede, kurzer Sinn: die Com­pu­ter­aus­stattung deut­scher Behörden ist auf dem Stand eines afri­ka­ni­schen Busch­landes. Da freut sich der schwarze Mit­bürger, weil er ja seinen Pass nicht mehr benötigt. Deshalb hätten auch 80% aller Bun­des­bürger kein Ver­trauen mehr in weiße, deutsche Beamte. Eine bahn­bre­chende Schluss­fol­gerung, wie ich meine. Wahr­scheinlich will man deshalb die Bürger auch nicht mit irgend­welchen Unter­su­chungs­aus­schüssen behelligen.
Dann der ulti­mative Sketch: Man wolle statt­dessen die Ver­fahren beschleu­nigen und schnellstens das Ver­trauen wie­der­her­stellen. Ja, das klingt logisch, denke ich. Dann wird das wohl nix mit der lücken­losen Auf­klärung oder habe ich da etwas falsch ver­standen? Ich wills mal so sagen: Ich bin erst von der Unschuld unserer ver­ant­wort­lichen Minister über­zeugt, wenn die Putzfrau ver­haftet worden ist. Sollte sich im Rahmen der Ermitt­lungen her­aus­stellen, dass der Besitzer der Dru­ckerei in Oer-Erken­schwick mit Vor­namen Thomas heißt, könnte es für die CDU doch noch unge­mütlich werden. Der abschlie­ßende Scherz aller­dings kaum von Spiegel Online aus dem Hause Aug­stein. Anne Will glückte zu diesem Thema eine ebenso harte wie nüch­terne Dis­kussion. Witzig! Was die so alles auf der Pfanne haben.
 


Quelle der Erst­ver­öf­fent­lichtung: der geniale Blog bayernistfrei.com