Die “taz” zum Mes­ser­an­griff im Intercity: die Opfer als Täter und der Täter als Opfer

Nachdem sich der ver­worrene Tat­ablauf der Mes­ser­at­tacke im Intercity bei Flensburg erst zwei Tage später kon­krete Gestalt annahm, stellte sich heraus, dass die Mes­ser­at­tacke, in deren Verlauf der angrei­fende, 24jährige Eri­treer von der jungen Poli­zistin erschossen wurde, von Anfang an der Poli­zistin galt.
Am ersten Tag wurde lediglich berichtet, dass „zwei Männer“ im Intercity 2406 von Köln nach Flensburg „in Streit geraten“ seien und eine Poli­zistin, die auf den Hil­feruf eines Zug­be­gleiters über die Laut­spre­cher­anlage zur Hilfe eilte, auf den Mann mit dem Messer geschossen habe. Dieser sei an den Ver­let­zungen ver­storben. Der 35jährige Mann, der vom Mes­ser­stecher schwer ver­letzt worden war, sowie die 22jährige Poli­zistin, die mit dem Messer im Gesicht ange­griffen worden war und schwere Schnitt­wunden erlitten haben muss, sind außer Lebensgefahr.
Niemand wusste, was eigentlich Ursache des ganzen Dramas war, aber es war von vor­ne­herein klar, dass der Vorfall keinen ter­ro­ris­ti­schen Hin­ter­grund habe. Erst nach und nach und weil es irgendwo durch­ge­si­ckert war, berich­teten die Medien auch, dass der Mes­ser­stecher ein Flüchtling aus Eritrea sei. Und: Der Mann war war poli­zei­be­kannt. Er soll in seiner Unter­kunft bereits seinen Nachbarn sowohl mit einer Eisen­stange als auch einem Messer bedroht haben.
Unver­drossen belehrt die „taz“ jedoch mit erho­benem Zei­ge­finger, der Angreifer habe zwar einen Migra­ti­ons­hin­ter­grund, halte sich aber legal in Deutschland auf, sei also „selbst nach Christian Lindnerschen Regeln ein Mensch, der in der War­te­schlange beim Bäcker nicht böse ange­schaut werden sollte.“
Nun wissen selbst wir dummen Dumpf­kö­ter­bürger ja seit einiger Zeit defi­nitiv und nicht als Unter­stellung und Ver­schwö­rungs­theorie, dass die Vergabe von posi­tiven Asyl­be­scheiden seitens des BAMF nicht unbe­dingt ein ver­trau­ens­wür­diges Leu­munds­zeugnis dar­stellt. Dass dem auch in diesem Fall offenbar so ist, und wir hier einen von mög­li­cher­weise Hun­dert­tau­senden voll­kommen unge­prüften Ein­wan­derern haben zeigt auch der Polizeibericht:
Die genaue Iden­tität kann erst im Laufe der am Don­nerstag statt­fin­denden Obduktion geklärt werden.“
Mit anderen Worten, das BAMF hatte auch in diesem Fall jemandem, dessen Iden­tität kei­neswegs geklärt ist, einen Instant-Asyl­be­scheid gegeben. Woher die taz-Moral­apostel streng ermahnend den Anspruch ableiten wollen, den jungen Mann, der ohne Iden­ti­täts­nachweis und ohne Papiere in Deutschland (Nord­rhein-West­falen) lebt und seinen Nachbarn mit Messer und Eisen­stange bedroht, dürfe man in der Bäckerei nicht böse anschauen, bleibt das Geheimnis der taz.
Mitt­ler­weile ist das Bild des Tat­her­gangs im Intercity klarer geworden. Noch sucht die Polizei weitere Zeugen, doch aus den bis­he­rigen Zeu­gen­aus­sagen ergibt sich, dass die junge Poli­zistin dienstfrei hatte und noch (oder schon) in Uniform und mit Dienst­waffe in dem Zug reiste. Sie ist zur Tür des Zuges gegangen, um in Flensburg aus­zu­steigen. In diesem Moment soll der Täter ohne dass vorher irgend­etwas Auf­fäl­liges geschehen war, sich auf die junge Poli­zistin gestürzt haben, und sie mit dem Messer im Gesicht ver­letzt haben. Sie schrie um Hilfe, ein 35jähriger Mit­rei­sender eitle hinzu. Es gelang ihm, den Täter von der jungen Frau weg­zu­zerren, wobei er hinfiel, sich bei einer gewalt­tä­tigen Aus­ein­an­der­setzung mit Mes­ser­stecher den Arm brach und eine schwere Stich­ver­letzung vom Täter bei­gebracht bekam. Die Poli­zistin zog ihre Dienst­waffe und schoss auf Angreifer. Die Schuss­ver­letzung erwies sich als tödlich.
Die am Don­nerstag durch­ge­führte Obduktion ergab zwei­felsfrei, dass es sich bei dem Messer-Angreifer um einen eri­tre­ischen Staats­bürger handelt. Er war im Sep­tember 2015 nach Deutschland ein­ge­reist und hatte eine befristete Auf­ent­halts­er­laubnis für Deutschland.
Die Con­clusio, die der/die/das nicht namentlich genannte taz-Redakteur*In am Ende des Artikels dem Leser auf den Weg gibt, sollte so nicht unhin­ter­fragt stehen bleiben:
Klar: Wer mit einem Messer ange­griffen wird, darf sich wehren. Aber was löste den Angriff aus? Litt der Mann viel­leicht unter einer psy­chi­schen Störung, hat der Anblick der Uniform eine Panik­re­aktion aus­gelöst? Wenn ja, war richtig Pech im Spiel: Die Beamtin aus Bremen hatte eigentlich dienstfrei, hätte also kei­neswegs in Uniform reisen müssen. In Schleswig-Hol­stein, so sagte der Leiter der Poli­zei­schule in Plön in einem Interview, ist es eigentlich nicht vor­ge­sehen, dass Beamte in der Freizeit mit Uniform und Waffe unterwegs sind.
Diese Ein­lassung der taz, die im Subtext ver­mittelt, dass die Poli­zistin ja irgendwie doch mit schuld an der ganzen Sache war, so á la „was muss die auch in Poli­zei­uniform im Zug arme Flücht­linge pro­vo­zieren?“ wirft ein Schlag­licht auf die Denk- und Sicht­weise des/der taz-Redak­teur­s/­Re­dak­teurin. Das ver­mittelt den Ein­druck, als sei:

  1. eine Poli­zei­uniform per se eine Pro­vo­kation und könne schon allein dadurch einen Angriff ver­ur­sachen und das sei im Prinzip ganz normal. Nein, das ist es nicht und lässt mög­li­cher­weise auf eine gewalt­a­ffine oder zumindest Gewalt gegen Poli­zisten bil­li­gende Grund­ein­stellung des Autors/der Autorin schließen.
  2. Es klingt so etwas wie Ver­ständnis für den Mes­ser­an­griff auf das Gesicht der jungen Frau durch, weil sie ja als Poli­zistin erkennbar, ganz selbst­ver­ständlich eine Ziel­scheibe für Hass und Gewalt dar­stellt. Und zur Frage, was diesen Angriff aus­löste: Mes­ser­an­griffe wie auch Säu­re­an­griffe auf das Gesicht von Frauen werden meistens in patri­ar­cha­li­schen Gesell­schaften von Männern begangen, die von der Frau abge­wiesen wurden. Sie wollen die Frau ent­stellen, ihre Attrak­ti­vität zer­stören, niemand soll sie mehr ansehen wollen und ihr Leben soll ver­nichtet werden. Sie ist nichts wert und es steht ihr nicht zu, einem Mann nicht zu Willen zu sein. Die 15jährige Mia in Kandel wurde durch ihren Mörder eben­falls im Gesicht fürch­terlich zer­schnitten, weil sie die Beziehung beendet hatte. Könnte es sein, dass der Eri­treer der jungen Poli­zistin Avancen gemacht hatte, auf die sie nicht einging, und dass er das nicht ertragen konnte? Das ist natürlich Spe­ku­lation, aber einiges spricht dafür, dass dies der Aus­löser für den Mes­ser­an­griff auf das Gesicht der jungen Poli­zistin gewesen sein könnte.
  3. Min­destens ebenso spe­ku­lativ ist aber die Ver­mutung der taz, der Eri­treer könne psy­chische Stö­rungen und beim Anblick einer Uniform in Panik gehandelt haben. Wie kommt der/das Verfasser/die Ver­fas­serin denn zu dieser Annahme? Geht man denn bei der taz davon aus, das ganz Afrika ein ein­ziges, unzi­vi­li­siertes, mör­de­ri­sches Chaos ist? So, dass man eigentlich schon davon aus­gehen kann, dass man von Zuwan­derern von dort keine zivi­li­sierten Ver­hal­tens­weisen vor­aus­setzen kann? Das wäre schon starker Tobak.
    Da der junge Mann, wie ja in den Medien berichtet, aber bereits poli­zei­be­kannt war, hatte er offen­sichtlich schon den Anblick von Poli­zei­uni­formen mehrfach ertragen können, ohne voll­kommen aus­zu­rasten und den Beamten das Gesicht zu zer­schneiden.Und selbst, wenn es so wäre: Müssen wir nun alle voller Ver­ständnis hin­nehmen, dass irgendein Trau­ma­ti­sierter, egal welcher Her­kunft, weil er rote Haare nicht aus­stehen kann oder blaue Jacketts, irgend­welche Uni­formen oder weil jemand erkennbar homo­se­xuell oder les­bisch ist oder eine Haut­farbe hat, die eine Panik­re­aktion auslöst, uns abschlachtet und eigentlich nichts dafür kann und man darf ihn nicht böse ansehen, beim Bäcker in der Schlange?
    Würde der/die/das taz-Redakteur*In eine solche mes­ser­met­zelnde Panik­re­aktion auch einem deut­schen Vater ver­ständ­nisvoll zuge­stehen, der trau­ma­ti­siert einen voll­kommen unschul­digen Afri­kaner absticht, weil ein Dun­kel­häu­tiger seine Tochter ver­ge­waltigt hat?
    Natürlich nicht! Und mit Recht nicht!
  4. Zu guter Letzt führt der taz-Artikel noch an, dass der Leiter der Plöner Poli­zei­schule in einem Interview gesagt habe, es sei eigentlich nicht vor­ge­sehen, dass Beamte in der Freizit mit Uniform und Waffe unterwegs sind. Damit wird noch einmal insi­nuiert, dass die Situation nicht so schlimm ver­laufen wäre, hätte die junge Poli­zistin nicht als solche erkannt werden können – oder dass der Tod des jungen Eri­teers hätte ver­mieden werden können. Auch das ist voll­kommen spe­ku­lativ und wäre nur dann begründet, wenn zwei­fels­freie Erkennt­nisse vor­lägen, dass die junge Frau aus­schließlich wegen ihres Poli­zis­ten­status’ ange­griffen wurde.Was will man uns denn damit sagen? Dass die Polizei grund­sätzlich kapi­tu­lieren soll? Dass Poli­zisten heute in unserem doch angeblich demo­kra­ti­schenen Rechts­staat Ziel­scheibe von links­extremen Schlägern und Trau­ma­ti­sierten oder Radi­kal­is­la­misten aus aller Welt sind — und sich nur in Batail­lons­stäke und bis an die Zähne bewaffnet als Poli­zisten zu erkennen geben können, wenn sie nicht ermordet werden wollen? Wäre die junge Frau jedoch einfach, weil sie eine junge Frau ist, mit dem Messer ins Gesicht geschnitten worden und hätte um Hilfe gerufen und das Drama hätte seinen Lauf genommen, gäbe es zwei Ein­zel­fälle tot­ge­sto­chener Deut­scher mehr und der Täter wäre so unver­letzt wie unbe­ein­druckt und könnte wahr­scheinlich dennoch nicht abge­schoben werden. Hält die taz – bzw der/die/das Verfasser*In das tat­sächlich für die bessere Alternative?
    Das wollen wir nicht unter­stellen, klingt aber schon so.Im Übrigen: Ein Poli­zei­sprecher sagte der BILD-Zeitung, dass die Poli­zistin nicht im Dienst war, aber in Uniform in dem Zug reiste. “Das ist nichts Außer­ge­wöhn­liches, Poli­zisten dürfen in Uniform Zug fahren und sind dabei auch bewaffnet”.

Man kann sich des Ein­drucks nicht erwehren, dass die taz aus ras­sis­ti­schen Gründen bedauert, dass die Poli­zistin und der hel­fende Mit­rei­sende und nicht der Eri­treer den mör­de­ri­schen Mes­ser­an­griff überlebt haben und dass noch oben­drein ver­sucht wird, den Opfern eine Schuld zuzu­weisen. Unter dem schönen Schein des “in Schutz­nehmens” des Angreifers blitzt aber ein dop­pelter Ras­sismus auf. Die Bot­schaft lautet nicht nur, dass weiße Deutsche und besonders dar­unter Poli­zisten weniger wert­volle Men­schen sind, sondern auch, dass Afri­kaner irgendwie nun mal so sind und dass man doch wissen sollte, dass die gern mit Macheten und Messern han­tieren. Ist man der Meinung, Afri­kaner stehen auf einer “anderen Zivi­li­sa­ti­ons­stufe” und man darf ihnen Mes­ser­an­griffe nicht so übel nehmen, das sei da so üblich, weil da alle mehr oder weniger trau­ma­ti­siert sind?
Oder war der Absatz unglück­li­cher­weise ganz furchtbar miss­ver­ständlich formuliert?