Europas fauler Asyl­kom­promiss und seine Folgen

Der Berg kreißte – und gebar eine Maus. Selten hat die kri­selnde Euro­päische Union ihre man­gelnde Hand­lungs­fä­higkeit deut­licher unter Beweis gestellt als mit den Beschlüssen zur künf­tigen Asyl­po­litik. Heraus kam eine Absichts­er­klärung, bald mit­ein­ander darüber zu sprechen, wie man eine geordnete Zuwan­derung orga­ni­sieren könnte. Alles völlig frei­willig natürlich. Für Deutsch­lands Jour­na­listen reichte dies, um zu ver­künden, Europa habe sich auf eine Ver­schärfung seiner Asyl­po­litik ver­ständigt. Und die Kanz­lerin phan­ta­sierte von mehr als einem Dutzend Zusagen anderer euro­päi­scher Länder, bila­terale “Rück­füh­rungs­ab­kommen” für jene Asyl­be­werber zu schließen, die ihren Asyl­antrag nach gel­tendem Recht gar nicht in Deutschland stellen dürfen. Angeblich hätten vierzehn Staaten ihre Bereit­schaft zu der­ar­tigen Abkommen erklärt, teilte Merkel den Koali­ti­ons­partnern stolz mit, obwohl dies offen­sichtlich nicht der Wahrheit ent­sprach. Ungarn, Polen und Tsche­chien ließen den per­fiden Taschen­spie­ler­trick umgehend auf­fliegen. Im Laufe des Sonntags über­schlugen sich dann die Ereig­nisse: Horst See­hofer will nicht mehr. Der bis­herige Innen­mi­nister und CSU-Chef, der unlängst pol­terte, “mit der Frau nicht mehr arbeiten” zu können, weil sie unzu­ver­lässig sei und die Unwahrheit sage, gibt auf. Damit hat Merkel freie Bahn für ihre Migra­ti­ons­agenda. Ob ihr dies am Ende tat­sächlich nutzt, bleibt abzu­warten. Immer mehr Wähler und selbst ein Teil der Jour­na­listen ver­weigern ihr inzwi­schen die Gefolg­schaft. Europa sowieso.

Wo immer Zuwan­derer das euro­päische Festland erreichen, haben sie nur im Sinn, so schnell wie möglich in Deutschland anzukommen

Der Asyl­kom­promiss ist nichts als heiße Luft. Kaum ein euro­päi­scher Staat dürfte bereit sein, eines der ange­dachten geschlos­senen Auf­nah­me­zentren auf seinem Gebiet zu errichten und sich auf diese Weise Migra­ti­ons­pro­bleme ins Land zu holen, die man künftig noch viel ein­facher als bisher auf Deutschland abwälzen kann. Ohnehin ist die Dublin-Ver­ordnung schon heute Maku­latur, nach der ein Asyl­antrag in der Euro­päi­schen Union nur in jenem Land gestellt werden kann, in das ein Antrag­steller ein­ge­reist ist. Mit der seit drei Jahren geübten Praxis, jedem Migra­ti­ons­wil­ligen die Tür auf­zu­halten, hat Deutschland längst eine Sog­wirkung ent­faltet. Dabei führt die feh­lende Kon­trolle an den Grenzen zu einer belie­bigen Ein­wan­derung. Wo immer Zuwan­derer das euro­päische Festland erreichen, hat die weit über­wie­gende Mehrheit von ihnen nur eines im Sinn: So schnell wie möglich in Deutschland ankommen, wo der am üppigsten aus­ge­staltete Sozi­al­staat wartet und Abschie­bungen auch im Falle der Ablehnung kaum zu befürchten sind. Der künftig wieder erlaubte Fami­li­en­nachzug tut sein Übriges. Und auch wei­terhin wird es trotz aller Absichts­er­klä­rungen keine wirk­samen Maß­nahmen gegen illegale Ein­wan­derer geben. Da nutzt es wenig, dass die Euro­päische Agentur für die Grenz- und Küs­ten­wache Frontex mit wei­teren Steu­er­mil­li­arden gestärkt werden soll. Die Gip­fel­be­schlüsse sind eine Luft­nummer. Dass die Kanz­lerin zur Lüge greifen muss, um sie als Erfolg zu ver­kaufen, zeigt ihre ganze Verzweiflung.

Lachend halten die Staats- und Regie­rungs­chefs der EU die Hand dafür auf, einer ver­zwei­felten Angela Merkel den Stuhl zu retten

Nach dem Vorbild der Rück­füh­rungs­prämien, die seit langem hier­zu­lande an abge­lehnte Asyl­be­werber gezahlt werden, wenn diese in ihr Hei­matland zurück­kehren, erhält Grie­chenland dem­nächst übrigens Geld aus Deutschland dafür, dass es Asyl­be­werber zurück­nimmt, die dort nach Recht und Gesetz ihren Antrag stellen müssen. Dies ist Teil des jüngsten Abkommens, auf das Angela Merkel so stolz ist. Zudem dürfen die Griechen nun ganz offi­ziell Zuwan­derer nach Deutschland wei­ter­schicken, die sich auf hier bereits gelandete Fami­li­en­an­ge­hörige berufen. Gleiches gilt für Spanien, das eben­falls schon zugesagt hat, das lukrative Abkommen mit Deutschland zu schließen. Unter dem Strich sorgt dies für nicht einen Migranten weniger, den Deutschland auf­nimmt. Die wei­teren geplanten Über­ein­künfte dürften sich an diesen Rah­men­daten ori­en­tieren. Merkel wurde beim Gipfel vor­ge­führt. Lachend halten die Staats- und Regie­rungs­chefs der EU die Hand dafür auf, ihr den Stuhl zu retten. Ihren läs­tigen Innen­mi­nister und Dau­er­ri­valen See­hofer ist sie nun los. Doch viel­leicht hat sich die Kanz­lerin diesmal ver­rechnet. Denn mit seinem Amts­ver­zicht setzt der bald 69-Jährige Merkel unter Druck. Zwar könnte sie im Falle des Aus­scheidens der CSU-Fraktion aus der Regie­rungs­ko­alition mit Duldung der Grünen auch ohne ihre Schwes­ter­partei wei­ter­re­gieren, doch würde ihr neben der AfD dann ein poli­ti­scher Gegner erwachsen, den ihre Hof­be­richt­erstatter nicht ins Reich der Nazis ver­bannen könnten. Sollte die CSU weg­brechen, könnte sich Merkels EU-Finte zur Ent­sorgung ihres Innen­mi­nisters bald als Pyr­rhussieg herausstellen.
 

 
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