Pollen sorgen für neues Chaos bei Luftmessstellen

Kleinere Pollen als gedacht ent­puppen sich als Fein­staub­ver­ur­sacher. Nanu? Die Natur hat dieses Jahr gewagt, mit ihrer uner­meß­lichen Fein­staub­pro­duktion von Pollen die men­schen­ge­machte weit in den Schatten zu stellen. Eine Gefahr für die Gesundheit stellt laut Aus­sagen von Wis­sen­schaftlern beides nicht dar.
(Von Holger Douglas)

Was wird hier eigentlich gemessen? Wie richtig ist das? Und wie kann dieser dubiose Mess­werte-Wirrwarr tat­sächlich als Fun­dament von Fahr­ver­boten herhalten?
So weiß man in Stuttgart nicht, was die Fein­staub­mess­geräte tat­sächlich gemessen haben. An Deutsch­lands »töd­lichster« Stra­ßenecke wurden bis Ende März an 16 Tagen mehr als 50 Mikro­gramm Fein­staub je Kubik­meter Luft gemessen. Im gesamten Jahr darf an maximal 35 Tagen der Wert über­schritten werden.
Jetzt stellt sich heraus, was jeder Asth­ma­tiker in der schwä­bi­schen Metropole um diese Zeit am eigenen Leib gespürt hat: Es waren die Pollen. Dieses Jahr war ein unge­wöhnlich hohes Auf­kommen an Blü­ten­pollen, das schlug sich in den Mes­sungen nieder. Nor­ma­ler­weise sind Pollen ein wenig größer und werden von der zweiten, fei­neren Stufe der Mess­systeme nicht erfasst. Aber in diesem Jahr scheinen sich die Pollen nicht an die Vor­schriften gehalten zu haben und flogen auch in geringen Größen durch die Gegend und ver­wirrten die Mess­geräte. Die Natur hat es gewagt, mit ihrer uner­meß­lichen Fein­staub­pro­duktion die men­schen­ge­machte weit in den Schatten zu stellen. Eine Gefahr für die Gesundheit stellt laut Aus­sagen von Wis­sen­schaftlern beides nicht dar.
Nun spielen die Fein­staub­werte an dieser Mess­station keine größere Rolle mehr. Sie sind niedrig, steigen nur in der Heiz­saison an, wenn auf Halb­hö­henlage die Holz­kamine ange­worfen werden, oder wenn die Bäume Frühling feiern.
Erhöht sind die Stickoxid-Werte direkt an dieser Station, über deren unkor­rekte Lage wir hier schon häufig berichtet haben. Misst man ein paar Meter weiter, sinken die Werte dras­tisch ab. Wie seriös also die Mes­sungen sind, ist mehr als zwei­felhaft, wie das unsere Mess­stellen-Aktion ergeben hat. Genau die Station am Neckartor in Stuttgart steht konträr zu den EU-Vor­schriften. Ihre Ergeb­nisse dürften also nicht als Recht­fer­tigung für Fahr­verbote dienen.
Die aber hat gerade die grün-schwarze Lan­des­re­gierung unter Minis­ter­prä­sident Kret­schmann in dieser Woche grund­sätzlich beschlossen. Auch die CDU Land­tags­fraktion im Stutt­garter Landtag hat für Fahr­verbote ab 1. Januar 2019 gestimmt. Die Details müssten aller­dings noch geklärt werden, sagte Grünen-Frak­ti­onschef Andreas Schwarz.So ganz wohl ist selbst den Grünen im Herzen des deut­schen Auto­mo­bil­baues offenbar nicht. Schwarz brachte ein »Bündnis für Luft­rein­haltung« mit Ausbau des Per­so­nen­nah­ver­kehrs, Elek­tro­mo­bi­lität, flüs­si­gerer und intel­li­gen­terer Ver­kehrs­führung sowie Hardware-Nach­rüstung in das öffent­liche Gerede.
Ob aber nach mög­lichen demons­tra­tiven Fahr­ver­boten die rest­grünen Lehrer und Beamten in Stutt­garter Halb­hö­henlage für einen Wahl­erfolg Kret­sch­manns aus­reichen werden, dürfte sehr die Frage sein. Die mehr­heitlich in der Auto- und Zulie­fer­industrie Arbei­tenden dürften das ange­sichts der Gefahren für die Arbeits­plätze anders sehen.
Regulär finden vor­aus­sichtlich im März 2021 die nächsten Land­tags­wahlen statt.
Es wäre das erste flä­chen­de­ckende Fahr­verbot zu einem angeb­lichen »Gesund­heits­schutz« in der Republik. Mit dem Verbot reagiert das Land auf das Urteil des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts. Die Richter folgten den Argu­menten des Klägers Deutsche Umwelt­hilfe (DUH). Fahr­verbote seien zulässig und geboten, wenn es kein anderes Mittel gebe, um die Stick­stoff­di­oxid­werte schnell zu senken.
Kret­schmann voll­mundig: »Wir sind ein Rechts­staat, wir halten uns an das Urteil.« Doch die Stick­stoff­di­oxid­be­lastung am Neckartor lag Ende Mai bezogen auf das Jah­res­mittel bei 68,6 Mikro­gramm pro Kubik­meter Luft, zulässig sind 40 Mikro­gramm. Das Gericht hält Fahr­verbote auch für Diesel mit der Abgasnorm Euro 5 für möglich, aber frü­hestens zum 1. Sep­tember 2019. Ein Gut­achten für die Lan­des­re­gierung, das der StZ vor­liegt, nennt für das Fahr­verbot bis ein­schließlich Euro 4 einen Wert von 60 Mikro­gramm, ein­schließlich Euro 5 von 48 Mikrogramm.Die Richter haben die Mög­lichkeit eröffnet, von wei­teren Ver­boten abzu­sehen, wenn man sich dem Grenzwert stark annähert. Hier könnte sich wei­terer Streit mit der DUH anbahnen.
Gute Vor­aus­set­zungen für Klagen gegen Fahr­verbote. Unzu­ver­lässige oder falsche Mes­sungen können wohl kaum zur Recht­fer­tigung von Fahr­ver­boten dienen. Einmal ganz abge­sehen davon, dass die Grenz­werte voll­kommen will­kürlich gewählt wurden und nichts mit einer Gefährdung der Gesundheit zu tun haben.
Immerhin legt jetzt Daimler als erster Auto­her­steller Wider­spruch gegen den Zwangs­rückruf seines Trans­porters Vito ein. Das Kraft­fahrt­bun­desamt hält seit einer def­tigen Rüge des Bun­des­ver­kehrs­mi­nisters bestimmte Funk­tionen in der Motor­steuerung für unzu­lässig. Daimler soll deshalb 4.900 Vitos zurück­rufen, damit Software-Updates auf­ge­spielt werden können. Diese Motoren übrigens kommen von Renault-Nissan. Gegen die rest­lichen 774.000 Autos hat das Kraft­fahrt­bun­desamt es noch nicht geschafft, einen klaren offi­zi­ellen Bescheid mit Begründung vor­zu­legen. Auch diesem Bescheid will Daimler dann widersprechen.
Ver­mutlich sind alle Mit­ar­beiter des Kraft­fahrt­bun­des­amtes damit beschäftigt, vor der Zulassung jeden ein­zelnen neuen Wagen nach den neuen Richt­linien zu prüfen.
Immerhin sorgt die Diesel-Affäre für die ersten Ein­nahmen des Flug­hafens Berlin-Bran­denburg. VW nutzt einen Teil der leeren Flächen als Abstell­platz für hun­dert­tau­sende nagel­neuer Autos, die ihrer Geneh­migung harren. Derweil gammeln sie vor sich hin und werden von Vögeln eingekotet.Der ehe­malige Inter­es­sens­ver­tretung der Auto­fahrer, der ADAC, will jetzt am Die­sel­de­saster ver­dienen, indem er nach­weist, dass eine im Prinzip unsinnige Nach­rüstung von älteren Die­sel­fahr­zeugen min­destens 50.000 Kilo­meter funk­tio­niert. Was nicht besonders viel ist und kaum Aus­sa­ge­kraft hat, aber immerhin vom vom grünen Ver­kehrs­mi­nister Baden-Würt­tem­bergs, also den Steu­er­zahlern im Süd­westen, bezahlt wird.
Deutschland 2018: Ein heil­loses Auto­de­saster, gut ver­die­nende NGOs und Abmahn­vereine wie die Deutsche Umwelt­hilfe, die ersten Erträge eines Flug­hafens, den niemand fertig stellen kann, aus Abstell­ge­bühren für Autos, die zwei­fel­hafte Grenz­werte nicht ein­halten können.
Kann man das jetzt als neuen Wirt­schafts­kreislauf bezeichnen? Zumindest Grüne würden dem begeistert zustimmen.
 

Der Beitrag erschien zuerst bei TICHYS Ein­blick hier