Wenn die DHL mit ihren kanariengelben Fahrzeugen und rotem Schriftzug vor dem Haus auftaucht, kommt ein Päckchen oder Paket. Meistens ein Grund zur Freude, denn entweder hat man’s bestellt und wartet drauf oder es ist ein Geschenk, was noch schöner ist. Manchem ist schon aufgefallen, dass relativ oft ein offensichtlich nicht Biodeutscher der Auslieferer ist.
Nun, es ist ja erfreulich, dass man dann meistens mit sehr freundlichen und diensteifrigen jungen Herren zu tun bekommt, adrett in der DHL-Uniform gekleidet.Gegen jemanden, der anständig ist und arbeitet, hat ja keiner etwas. Eine prima Sache also. Willkommen, neuer Mitbürger.
Die DHL hat sich auch lobenswerterweise viel Mühe dabei gegeben, die eingewanderten Arbeitskräfte zu integrieren. Das war nicht immer einfach, wie jeder weiß, sind bei sowas viele behördliche Hindernisse zu überwinden. Außerdem bringen auch die Einwanderer bisweilen einiges an Schwierigkeiten mit sich:
„In der Rekrutierungsphase zeigte sich, dass standardisierte Einstellungsverfahren, die auf Effizienz ausgelegt sind, für diese Zielgruppe nur sehr eingeschränkt funktionieren. Stattdessen muss beachtet werden, dass nur wenig einschlägige Berufserfahrung oder Nachweise vorhanden sind und dass zudem jeder Bewerber in seiner Lebenssituation individuell betrachtet werden muss, um ihn bestmöglich unterstützen zu können. Das gilt für administrative Abstimmungen mit Behörden wie für zusätzliche Sprachförderungsmaßnahmen. Die Wohnsitzauflage hat sich im Einstellungsverfahren als Hürde erwiesen, da es sich um ein bundesweites Programm handelt und die Bewerber nicht immer den Standorten zugewiesen wurden, an denen die Stellen angeboten werden konnten.“
Es scheint, wenn den Beschreibungen aus der Pressemeldung zu trauen ist, dass hier ein guter und erfolgreicher Weg für integrationswillige Einwanderer eröffnet worden ist.
Das, was aber an der ganzen Sache befremdet ist, dass die Art und Weise der „Rekrutierung“ gegen das Gesetz verstoßen könnte. Die Stellenanzeige von der Bundesagentur für Arbeit für Fachkräfte in Kurier‑, Express- und Postdienstleistungen ist nämlich so abgefasst, dass sie gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verstoßen könnte:
Das im Jahr 2006 wirksam gewordene „Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz“ (AGG) soll nach §1 AGG dazu dienen, Benachteiligungen im Berufsleben zu vermeiden. Gründe einer solchen Benachteiligung können laut AGG in der ethnischen Herkunft (z.B. Hautfarbe oder nationaler Ursprung), des Geschlechts, der Religion, des Alters, einer Behinderung oder der sexuellen Identität einer Person liegen. Solch eine Benachteiligung ist nach §7 AGG verboten.
Dies könnte durch die Formulierung
„Nur für ANERKANNTE FLÜCHTLINGE; keine EU-Bürger oder Drittstaatler oder Deutsche“
gegeben sein.
Bewerber auf eine Stellenanzeige sollen durch die Vorschrift des §6 AGG vor Benachteiligungen aller Art geschützt werden. Die Chancengleichheit ALLER Bewerber muss gegeben sein. Niemand darf grundsätzlich durch die Stellenausschreibung von vorneherein ausgeschlossen werden.
Hier wird nicht nur eine ganz bestimmte Gruppe ausschließlich und mit Großbuchstaben gedruckt überhaupt nur zugelassen, sondern sogar die Gruppen genannt, die ausdrücklich keine Chance haben. Das ist unmissverständlich.
Es gibt im AGG allerdings Ausnahmen. Hat ein Arbeitgeber von den beruflichen Aufgaben her ein bestimmtes Anforderungsprofil, müssen diese den Ausnahmeregelungen der §§8–10 AGG entsprechen. Durch diese Regelung werden an sich unzulässige Benachteiligungen rechtlich zulässig, wenn die zu besetzende Stelle unbedingt und unvermeidbar ganz bestimmte Voraussetzungen erfordert.
Eine solche, an sich verbotene, Benachteiligung wird also nach §8 AGG zulässig, wenn ansonsten das Anforderungsprofil dieser Stelle nicht ausgefüllt werden kann. Wenn also beispielsweise eine Werbeagentur, die Modeaufnahmen für einen Bekleidungskatalog für Damen machen möchte, weibliche Models im Alter von 16 bis 30 Jahren mit bestimmten Maßen sucht, darf das in der Stellenausschreibung stehen. Die Werbeagentur muss keine Bewerbung eines sechzigjährigen Mannes mit Kleidergröße XXXL berücksichtigen. Wird ein Arbeiter für eine Betätigung gesucht, die große Körperkraft und Ausdauer für enorm kraftaufwändige Tätigkeiten erfordert , darf in der Stellenbeschreibung auch stehen, dass diese Arbeit nur für Männer mit besonderer physischer Kraft geeignet ist. Eine zart gebaute Sechzigjährige ist für diese Arbeit nicht geeignet.
Eine andere Möglichkeit der zulässigen Bewerbungsbenachteiligung ist bei Religionsgemeinschaften oder weltanschaulich gebundenen Tätigkeiten nach §9 AGG gegeben. Voraussetzung ist, dass die im Anforderungsprofil geforderte Religion/Weltanschauung für die Ausübung der beruflichen Stellung relevant ist. So muss zum Beispiel eine Reinigungskraft für den Kölner Dom nicht unbedingt katholisch sein, ein Religionslehrer für katholische Religion hingegen schon. Ein Muslim oder Buddhist wäre da die falsche Besetzung.
Das Alter darf eigentlich auch kein Ausschlusskriterium für eine Bewerbung sein. Ist ein bestimmtes Alter (Model, Schauspieler, körperliche Belastbarkeit) jedoch unabdingbar zu Ausübung der ausgeschriebenen Stelle, so ist auch hier nach §10 AGG ein Ausschluss nicht passender Bewerber gerechtfertigt.
Eingedenk dieser sehr genau definierten Ausnahmeregelungen ist allerdings aus der DHL-Stellenbeschreibung für eine Fachkraft in Kurier‑, Express- und Postdienstleistungen nicht ersichtlich, warum sich kein Deutscher, Drittstaatler oder EU-Bürger – männlich oder weiblich — dafür bewerben darf. Welches Kriterium in der Ausübung dieser Arbeit den Ausschluss von Deutschen, Drittstaatlern und EU-Bürgern zwingend erforderlich macht, wäre erklärungsbedürftig.
Die Rechtsfolgen einer unbegründeten Benachteiligung, die nicht von den Paragraphen 8–10 des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes erlaubt ist, sind keine Bagatelle. Da kann der von der Benachteiligung Betroffene einen Schadensersatz nach §15 AGG geltend machen, wobei hier das AGG zwischen einem materiellen und einem immateriellen Schaden unterscheidet.
Eine Nichtanstellung aufgrund eines Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichstellungsgesetz ist grundsätzlich ein immaterieller Schaden. Der Bewerber kann das entgangene Gehalt bis zu drei Monatsgehältern einklagen. Das Arbeitsgericht befindet in der Regel im Einzelfall über die exakte Summe. Zwar führt die Klage nicht zu einer Verpflichtung des Arbeitgebers, den ausgeschlossenen Bewerber nachträglich doch noch einzustellen, der zu zahlende Schadensersatz soll jedoch nach dem Willen des Gesetzgebers eine für die Zukunft abschreckende Lektion für den Arbeitgeber darstellen.
Die DHL-Stellenanzeige hätte wahrscheinlich die Ausschlusskriterien nicht nennen dürfen, aber dennoch ausdrücklich AUCH anerkannte Flüchtlinge ermutigen dürfen, sich zu melden. Diese hätten dann in einer Art Vorausbildungskurs alles das absolvieren können, was in dem offenbar gut funktionierenden Programm an Maßnahmen vorgesehen ist.
Das Fazit der Sache: So lobenswert die Kampagne der DHL ist und so sehr man den integrationswilligen Einwanderern auch die berufliche Einstiegschance gönnt: Es stößt sauer auf, dass einmal mehr ein (möglicher) Gesetzesbruch mit dem doch so wohlmeinenden, guten Willen gerechtfertigt und Kritik sofort als rassistisch oder rechte Hetze verunglimpft wird. Das selbstbeweihräuchernde „Gutmeinen“ als sakrosankte Generalerlaubnis, Gesetze mal eben ganz lässig aus moralischen Gründen willkürlich auszuhebeln unterhöhlt den Rechtsstaat. Das beobachten die Bürger mit wachsender Unzufriedenheit.
Die hier behandelte Stellenausschreibung ist übrigens auf der Webseite der Bundesagentur für Arbeit nicht mehr zu finden. Bedeutet das, dass die Juristen auf den roten Alarmknopf gedrückt haben? Oder haben schon benachteiligte Bewerber geklagt?
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