sara - toddler prime time - https://www.flickr.com/photos/40044045@N00/103466903 - CC BY 2.0

Tele­tubbies in Berlin: Die ARD trimmt ihre Zuschauer auf Vorschulniveau

Im öffentlich-recht­lichen Fern­sehen ist der frühe Sonn­tag­abend für die Politik reser­viert. Nicht, dass es an allen anderen Wochen­tagen anders wäre. Die Politik hat im Grunde immer den ersten Zugriff auf das Pro­gramm. Doch am Sonntag zur Abend­brotzeit wird ihr die ganz große Bühne auf­ge­stellt. Dann drängt die ARD mit dem alt­ehr­wür­digen “Bericht aus Berlin” in die Wohn­zimmer, dessen Titel daran erinnert, dass hier früher Jour­na­lis­ti­sches geboten wurde, als der Bericht noch aus Bonn kam. Beim ZDF, das einstmals mit “Bonner Per­spek­tiven” auf­zu­warten wusste, heißt der zwan­zig­mi­nütige Wer­be­block der Politik längst ganz profan “Berlin direkt”. Die beiden Formate unter­scheiden sich nur wenig. Stets geht es darum, links-grüne Par­tei­en­ver­treter hoch­leben zu lassen und deren kon­ser­vative Gegenüber in die Pfanne zu hauen. Das immer gleiche Drehbuch sieht außerdem kurze Ein­spiel­filme vor, in denen dem Zuschauer gesagt wird, was er gut zu finden und welche Politik er zu unter­stützen hat. Seit einiger Zeit haben die beiden Magazine das Internet ent­deckt. Und so gehört inzwi­schen auch ein Facebook-Auf­tritt dazu. Der “Bericht aus Berlin” hat es bis heute aller­dings gerade einmal auf rund 25.000 Abon­nenten geschafft – nicht besonders viel für eine Sendung, bei der regel­mäßig mehr als eine Million Zuschauer ein­schalten. Offenbar hat die “Gene­ration Tages­schau” mit dem Internet  nicht viel am Hut. Sie meidet Facebook & Co. – und erhält sich so ihren Glauben an die öffentlich-recht­lichen Wahrheiten.

Selbst­ge­schriebene Stich­wort­tä­felchen – weil man den Zuschauer offenbar für zu doof hält, den Beitrag ohne optische Hilfen zu begreifen

Die Nach­rich­ten­kon­su­menten der ARD sind offenbar nicht nur besonders leicht­gläubig, sondern auch aus­ge­sprochen infantil. Das jeden­falls scheinen die Sen­der­ver­ant­wort­lichen zu denken. Wie sonst wäre es zu erklären, dass sich der “Bericht aus Berlin” für seine Facebook-Seite ein Filmchen aus­ge­dacht hat, in dem die Mode­ra­torin ihren Zuschauern in Tele­tubby-Manier erzählt, warum man Gefährder nicht abschiebt. Irgendwo zwi­schen Wal­dorf­schule und Kin­der­kanal ange­siedelt, stimmt sich eine der Welt ent­rückt wir­kende Frau mit albernem Grinsen und ange­deu­tetem Klat­schen, das an die Bespaßung von Säug­lingen erinnert, auf ihren denk­wür­digen Auf­tritt ein. Sie hat selbst­ge­schriebene Stich­wort­tä­felchen mit­ge­bracht, weil sie die Zuschauer offenbar für zu doof hält, den ein­mi­nü­tigen Beitrag ohne optische Hilfen zu begreifen. Es ist weniger der Inhalt des Vor­trags, der den Betrachter fas­sungslos zurück­lässt, als vielmehr seine Form. Was geht in den Köpfen von Jour­na­listen vor, die der Über­zeugung sind, ihr Publikum nur noch als Kin­der­pro­gramm zu erreichen? Schließt man da viel­leicht von sich selbst allzu schnell auf andere? Und was hat es mit der Unsitte auf sich, die wich­tigsten Stich­worte in Erklär­stücken immer auch noch einmal geschrieben mit­zu­liefern? Ist die Angst, der Unter­richt könnte seine Wirkung ver­fehlen, wirklich so groß? Ganz nebenbei und vom Sender wohl eher nicht beab­sichtigt, kommt der Zuschauer aber doch zu einer Erkenntnis. Abschie­bungen sind bei uns im Grunde gar nicht vor­ge­sehen – bei Gefährdern sowieso nicht, und bei Straf­tätern nur ab und zu.

Die Deut­schen gestehen ihren Staats­be­diens­teten eine Unver­fro­renheit und Selbst­herr­lichkeit zu, die sie keinem anderen durch­gehen lassen

Doch zurück zum Tele­tubby-Auf­tritt. Warum akzep­tieren wir ohne mit der Wimper zu zucken, dass eine bestimmte Berufs­gruppe uns beharrlich das Gefühl ver­mitteln will, wir seien Idioten? Nur, weil jemand als Jour­nalist beim Staatsfunk arbeitet, hat er noch lange nicht das Recht, uns Mit­bürger wie unmündige Klein­kinder zu behandeln. Würden Sie an der Super­markt­kasse so mit sich umspringen lassen? Oder beim Friseur? Oder gar an der Rezeption Ihres Urlaubs­hotels, wo man Ihnen klar­machte, dass man Sie lediglich für ein zah­lendes Dum­merle hät? Natürlich nicht. Doch aus irgend­einem uner­find­lichen Grund gestehen Deutsch­lands Bürger ihren Staats­be­diens­teten eine Unver­fro­renheit und Selbst­herr­lichkeit zu, die sie im Alltag nie­mandem sonst durch­gehen lassen würden. Tun Sie dies nicht länger! Akzep­tieren Sie nicht mehr, dass Sie vom Staat und seinen Ange­stellten unver­schämt und her­ab­lassend behandelt werden. Wählen Sie die Unver­schämtheit kon­se­quent ab, bei jeder Wahl – von der Kommune bis zum Bun­destag. Schalten Sie um, wenn der öffentlich-recht­liche Zei­ge­finger Sie wieder einmal gängeln will. Ver­schaffen Sie sich in Leser­briefen an die Redak­tionen und in Pro­test­schreiben an die Abge­ord­neten Gehör, wenn sich selbst­ge­rechte Medien–  und Poli­tik­ver­treter über Sie erheben wollen. Denken Sie immer daran, dass die meisten dieser Son­der­linge Ihnen ver­mutlich das Wasser nicht reichen können und außerhalb ihrer Staats­blase scheitern würden. Sie wären sonst nicht dort, wo sie sind. Viel­leicht macht dieser Gedanke das Ganze ein wenig erträglicher.
 

Mein aktu­elles Buch Hexenjagd – Der mündige Bürger als Feindbild von Politik und Medien ist im Handel erschienen. Ebenso ist Das Grauen – Deutsch­lands gefähr­liche Par­al­lel­ge­sell­schaft im Handel erhältlich.