PayPal schließt Kunden-Accounts ohne Erklärung

Es gibt eine Debatte unter Liber­tären über die Geschäfts­prak­tiken von großen Tech-Unter­nehmen wie PayPal, Google, Facebook und Twitter. Ist es legitim, dass diese Unter­nehmen Benut­zer­profile sperren, aus poli­ti­schen, ideo­lo­gi­schen, per­sön­lichen oder anderen Gründen?
Die Antwort des liber­tären Puristen lautet: „Ja, diese Unter­nehmen können auch ganz ohne Erklärung der­artige Maß­nahmen ergreifen! Das ist ihr gutes Recht.“ Die Begründung ist relativ einfach: In einer liber­tären Pri­vat­rechts­ge­sell­schaft sollte kein Unter­nehmen dazu gezwungen werden, Kunden zu bedienen, die es nicht bedienen möchte. Sowohl der Kauf als auch der Verkauf von Gütern und Dienst­leis­tungen unter­liegen der Frei­wil­ligkeit. Dem­entspre­chend ist vom liber­tären Stand­punkt nichts dagegen ein­zu­wenden, dass die Nut­zer­profile von Milo Yiann­o­poulos, Alex Jones, Rihanna oder Clint Eastwood tem­porär oder gar lang­fristig gesperrt werden.
Aller­dings sollte die Dis­kussion an dieser Stelle nicht enden. Nur weil jemand das Recht hat, etwas zu tun, muss man es nicht gut­heißen. Man kann die Geschäfts­prak­tiken von Unter­nehmen, auch wenn sie keine Rechte ver­letzen, durchaus auf anderer Ebene kri­ti­sieren. Diese Kritik ist sogar von äußerster Wichtigkeit.
Genauso wie etwa Twitter einen Account sperren kann, können Twitter-Kunden von sich aus beschließen, den Service nicht weiter zu nutzen, wenn ihnen die Geschäfts­prak­tiken nicht gefallen. Die öffent­liche Kritik an diesen Unter­nehmen hat also zwei wichtige Effekte. Zum einen infor­mieren sie Nutzer darüber, wie diese Unter­nehmen wirklich ope­rieren, denn kaum jemand liest ja tat­sächlich die all­ge­meinen Geschäfts­be­din­gungen. Zum anderen geben sie den Unter­nehmen einen Hinweis darauf, was die tat­säch­lichen und poten­ti­ellen Kunden von deren Prak­tiken halten. Steht eine große Gruppe diesen Prak­tiken kri­tisch gegenüber, werden sich diese Unter­nehmen gezwungen sehen, etwas an ihrer Geschäfts­po­litik zu ver­ändern, wenn sie ihren Markt­anteil halten oder ver­größern wollen. Genau so funk­tio­niert eine Marktwirtschaft.
Es ist also wichtig, Kritik zu äußern. Sie weißt Nutzer auf gewisse Gefahren hin, und kann letztere im opti­malen Fall aus dem Weg räumen, wenn die Unter­nehmen adäquat und kun­den­ori­en­tiert reagieren. Und das müssen sie, wenn sie Platz­hirsche bleiben oder werden wollen.
Im Falle des Online-Bezahl­dienstes PayPal bin ich selbst Opfer einer, aus meiner Sicht, frag­wür­digen Geschäfts­praxis geworden. Nach nur wenigen Trans­ak­tionen, allesamt von sehr kleinem Umfang, wurde mein Konto limi­tiert, sodass weitere Zah­lungen weder ein- noch aus­gehen konnten. Wenig später hat man die Geschäfts­be­ziehung ein­seitig beendet. Von meinem Konto ginge ein untrag­bares Risiko aus, und es seien Akti­vi­täten bemerkt worden, die gegen die Nut­zungs­be­din­gungen ver­stoßen. Mein Gut­haben wird 180 Tage ein­be­halten, ehe ich es, unter Ein­rei­chung von Iden­ti­fi­ka­ti­ons­do­ku­menten, zurück­er­halten kann.
Der Mit­ar­beiter im Kun­den­service ver­si­cherte mir, dass man sich bei PayPal dazu ent­schlossen habe, nicht mehr mit mir zusam­men­zu­ar­beiten. Auf die Frage, was ich mir denn genau zu Schulden habe kommen lassen, sagte er mir, dass er darüber keine Aus­kunft geben könne. Auch nach meh­reren schrift­lichen Anfragen bin ich nicht schlauer aus der Sache geworden.

Auf mein PayPal-Konto ist Geld von drei ver­schie­denen Quellen geflossen und wurde dort in Euro und US Dollar gehalten. Ich habe einen Teil des Gut­habens, soweit ich mich erinnern kann, für die Buchung eines Hotel­zimmers und eines Zug­ti­ckets genutzt. Dann wurde das Konto gesperrt.
Aus meiner Sicht wäre es wichtig, dass PayPal kom­mu­ni­ziert, welche der Akti­vi­täten genau gegen die Nut­zungs­be­din­gungen ver­stoßen haben, damit ich und andere Nutzer zukünftig wissen, wie man sich zu ver­halten hat. Das Ganze ist nämlich kein Ein­zelfall. Die Sperrung der Nut­zer­konten basiert auf auto­ma­ti­sierten Algo­rithmen, die kein Mit­ar­beiter im Kun­den­service durch­schaut. Der ein­zelne Mit­ar­beiter weiß also gar nicht. woran es lag, und kann, selbst wenn er wollte, keine Lösung anbieten.
Die Ver­ant­wort­lichen bei PayPal sollten sich die Frage stellen, ob ein solches Geschäfts­ge­bahren nach­haltig ist. Durch moderne Kryp­to­wäh­rungen ist in den letzten Jahren, gerade für den inter­na­tio­nalen Zah­lungs­verkehr, starke Kon­kurrenz gewachsen. Wenn Nut­zer­konten bei PayPal einfach so, ohne sicht­baren Grund und ohne Erklärung, gesperrt werden können, sollte man sich gut über­legen, ob man PayPal ins­be­sondere für geschäft­liche Zwecke nutzen möchte. Ich kann davon nur abraten.
An diesem Bei­spiel erkennt man auch, wie wichtig es ist, eine Mono­po­li­sierung des Marktes zu ver­hindern. Damit ist nicht gemeint, dass Unter­nehmen daran gehindert werden sollten, über ein bestimmtes Maß hin­aus­zu­wachsen. Bietet man ein gutes Produkt an, so soll man auch die Früchte ernten. Vielmehr geht es darum, den auf­stre­benden Kon­kur­renten, die alter­native Angebote bereit­stellen, keine Steine durch staat­liche Inter­ven­tionen in den Weg zu legen. Die auf­stre­benden Kon­kur­renten in diesem Fall sind die Anbieter von Kryptowährungen.
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Dr. Karl-Friedrich Israel hat Volks­wirt­schafts­lehre, Ange­wandte Mathe­matik und Sta­tistik an der Hum­boldt-Uni­ver­sität zu Berlin, der ENSAE ParisTech und der Uni­ver­sität Oxford stu­diert. Er wurde 2017 an der Uni­ver­sität Angers in Frank­reich bei Pro­fessor Dr. Jörg Guido Hülsmann promoviert.