Wieder gefakte Zahlen auf­ge­flogen: Flücht­lings-Erfolg auf dem Arbeits­markt stark geschönt

Man kann sich schon drauf ver­lassen: Ob es um Kri­mi­nal­sta­tistik oder Bericht­erstattung von Gewalt­taten oder die Job­bilanz von Flücht­lingen geht, es wird immer wieder massiv geschönt, ver­tuscht, ver­harmlost, passend gerechnet, um dem dummen deut­schen Michel die Welt ein bisschen schöner zu malen.
Diesmal erwischt: Die Wirt­schafts­mi­nis­terin Nicole Hoff­meister-Kraut (CDU), die als ver­ant­wort­licher Fachmann zum Thema „Inte­gration von Flücht­lingen in das Erwerbs­leben“ auf einem Fach­kon­gress des Sozial- Wirt­schafts- und Innen­mi­nis­te­riums gesprochen hat.
Man war beein­druckt. Die Inte­gration auf dem Arbeits­markt laufe gut in Baden-Würt­temberg, konsta­tierten die Stutt­garter Nach­richten voller Respekt.
Frau Hoff­meister-Kraut gab eine Pres­se­er­klärung heraus, im Dezember 2017 seien „rund 28 000 Geflüchtete in Baden-Würt­temberg“ sozi­al­ver­si­che­rungs­pflichtig beschäftigt gewesen. „Im Ver­gleich zum Vor­jah­res­monat ent­spricht das einem Plus von fast 60 Prozent“, froh­lockte Frau Wirtschaftsministerin.
Doch drei Wochen später die Blamage für die Wirt­schafts­mi­nis­terin: Der schöne Schein trog und die Erfolgs­mel­dungen waren falsch. Die Zahlen stimmten bei Weitem nicht.
Gepetzt hat die Regio­nal­di­rektion der Bun­des­agentur für Arbeit (BA). Die Stutt­garter Nach­richten erfuhren dort auf Anfrage, dass Frau Minis­terin Hoff­meister-Kraut recht groß­zügig Schon-länger-hier-lebende-Zuwan­derer einfach mit dazu­ge­nommen hat. 28.000 Men­schen aus Afgha­nistan, Eritrea, Iran, Irak, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien seien mitt­ler­weile auf dem Arbeits­markt inte­griert und tragen mit ihrer sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­tigen Arbeit zum sozialen Netz Deutsch­lands bei. Ren­ten­kassen, Kran­ken­kassen, Arbeits­lo­sen­veri­cherung, alle sind ganz glücklich, wie wun­derbar die Flücht­linge perfekt inte­griert werden konnten.
Leider schüttete die Bun­des­agentur für Arbeit etwas Essig in den Wein. Von den 28.000 inte­grierten Flücht­lingen sind 9.664 Per­sonen gar keine Flücht­linge und waren schon 2014 – also vor der großen Flücht­lings­welle – in sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­tigen Anstel­lungen beschäftigt. Das ist mehr als ein Drittel der schönen Erfolgszahl, die Frau Minis­terin prä­sen­tierte. Die 9.664 genannten Per­sonen sind zum Teil mit offi­zi­ellen Arbeitsvisa oder einer soge­nannten Blue Card hier beschäftigt, aber auch viele, die bereits seit Jahr­zehnten in Baden-Würt­temberg leben, sind in dieser Gruppe mit ent­halten. Von Flücht­lingen kann da keine Rede sein. Überdies arbeiten auch nicht alle, die eine Arbeits­er­laubnis haben. Es gibt aller­dings auch Asyl­be­werber, die Arbeit haben, aber nicht in der Zahl ent­halten sind, wenn sie aus einem anderen, als den genannten acht Ländern kommen.
Jetzt hieß es aber, hurtig den schwarzen Peter zurück­zu­schieben. Aus dem Wirt­schafts­mi­nis­terium kam sofort die Schuld­zu­weisung zur BA. Man habe doch nur deren ver­öf­fent­lichte Zahlen über­nommen. Sicher, nur hatte man geflis­sentlich überhört, dass dies die Gesamtzahl der Men­schen aus den acht Ländern sei, die sich in Baden-Würt­temberg auf­halten, man aber keine Angaben zu deren Auf­ent­halts­status machen könne. Egal, das waren schöne Zahlen, mit denen man punkten konnte und der Öffent­lichkeit weis­machen, dass die Flücht­linge sich wun­derbar in den Arbeits­markt inte­grieren. Und je nachdem, wie man „flüchten“ defi­niert, ist ein Flüchtling eben einfach jemand, der „von da“ her­kommt. Und so redete sich das Minis­terium heraus, in dem es Wort­klau­berei betrieb: Die Minis­terin habe ja „an keiner Stelle dezi­diert gesagt, die Zahl beziehe sich aus­schließlich auf Geflüchtete ab 2015.
In Wirk­lichkeit sieht es gar nicht so rosig aus mit der Inte­gration von Flücht­lingen auf dem Arbeits­markt. Von den nach Baden-Würt­temberg nach 2015 in der großen Mas­sen­zu­wan­derung Ange­kom­menen sind nur wenige tat­sächlich in den Arbeits­markt gekommen. Das Institut für Mit­tel­stands­for­schung (IfM) der Uni Mannheim führte 2018 etwa 1300 Gespräche mit erwach­senen Flücht­lingen, die Qua­lität der ent­stan­denen Arbeits­ver­hält­nisse wurde zusätzlich mit ein­be­zogen. Das Fazit: Die Beschäf­tigung von Flücht­lingen stehe „noch auf teils sehr schwachen Beinen“. Nicht ganz neun Prozent der Befragten geht einer Voll­zeit­arbeit nach und davon hat nicht einmal ein Drittel eine unbe­fristete Anstellung.
Nur wenn man alle Arten und Sorten von offi­zi­eller Beschäf­tigung mit ein­rechnet, also Teil­zeitjobs, Praktika, Ein-Euro-Jobs und Wei­ter­qua­li­fi­zie­rungen, kommt man auf eine Zahl von 26% der Flücht­linge, die auf irgendeine Weise in den Arbeits­markt inte­griert ist. Heißt: Mehr als 74% der Flücht­linge in Baden-Würt­temberg leben auf Steu­er­zahlers Kosten.