Digi­ta­li­sierung: Mal was Anderes ver­suchen? Wie wärs mit Markt­wirt­schaft & Kapitalismus!

Von Roger Letsch
Bun­des­for­schungs­mi­nis­terin Kar­liczek, die bei Amts­an­tritt noch ver­kündet hatte, sie wolle erst mal zuhören und lernen, bremst bereits vor dem Start des Netz­ausbaus des 5G-Mobil­funk­netzes den Schaum der Erwar­tungen. Es mache keinen Sinn, jede „Milch­kanne“ (also den „länd­lichen Raum“) an dieses Netz anzu­schließen, was in etwa so logisch ist, als fordere sie den flä­chen­de­ckenden Einsatz von 5 ¼ Zoll Dis­ketten, weil nicht jeder die Geschwin­digkeit von Flash-Spei­chern bräuchte. Nun, durch diese seltsame Aussage bringt sich die Minis­terin zumindest in die Erin­nerung der Wähler, denen sie bislang in der Regierung kaum auf­ge­fallen sein wird. Und diese Regierung hat in Sachen Digi­ta­li­sierung Großes vor im Lande, das kann ich ihnen sagen! Zunächst mal will sie dafür Geld ein­treiben. Dem­nächst steht die Ver­stei­gerung der 5G-Mobil­funk­li­zenzen an und der Minister mit unseren Brief­ta­schen auf Kurz­wahl­taste, Herr Scholz freut sich schon auf fette Ein­nahmen, während unsere Digi­tal­mi­nis­terin Dorothee Bär sicher schon von staatlich sub­ven­tio­nierten Flug­ta­xi­ständen träumt. Ob die dann auch noch die letzte Milch­kanne hinter Bamberg anfliegen werden, ist fraglich, denn Minis­terin Kar­liczek hält das nicht für nötig.
Die Bun­des­re­gierung möchte die Ein­nahmen aus der Fre­quenz­ver­stei­gerung zusammen mit Mil­li­arden Steu­er­geldern in einen „Digi­talfond“ stecken, also in eine staat­liche Ein­richtung, aus der u.a. der 5G-Netz­ausbau mit­fi­nan­ziert werden soll. Also schon wieder eine inter­ven­tio­nis­tische Aktion des Staates, die tief in einen pri­vaten Markt ein­greifen wird. Eigentlich ein Unding, gerade ange­sichts des schwin­denden öko­no­mi­schen Sach­ver­standes beim inkom­pe­tenter wer­denden Minis­ter­ma­terial unserer GroKo.
Ange­sichts der bevor­ste­henden Plün­derung der Kassen der Mobil­funk­an­bieter für die Erlangung der Erlaubnis, wichtige Infra­struktur errichten zu dürfen, denen das Geld dann zur Errichtung der Anlagen fehlt, was durch staat­liche Zuschüsse und Sub­ven­tionen wieder aus­ge­glichen würde, hätte ich einen anderen Vor­schlag. Er ist nicht ganz aus­ge­reift, aber ich möchte diese Idee hier mal in die Runde werfen und das Urteil des Publikums ein­holen. Machen wir es also mal richtig mit einem Infra­struk­tur­projekt, nachdem ähn­liche Pro­jekte (Strom­netze, Tele­fon­netze, Schie­nen­netze, Straßen) mit Inter­ven­tio­nismus immer und immer wieder versaut wurden und werden und lassen das Netz gleich von seinen künf­tigen Nutzern finan­zieren und daran auch noch ver­dienen. Und wir sollten schnell beginnen. Auch etwas, dass niemals geschieht, wenn staat­liche Behörden und die Politik ihre kleb­richten Finger in der Schüssel haben. Stimmts, Ber­liner Flug­hafen? In anderen Ländern hat der 5G-Netz­ausbau nämlich längst begonnen!

Machen wir mal etwas ganz Ver­rücktes: Kapitalismus!

Zunächst mal ver­steigern wir die 5G-Lizenzen nicht! Statt den Umweg über staat­liche Kassen zu nehmen, soll das Geld lieber direkt in den Netz­ausbau fließen. Statt­dessen legen wir z.B. durch die KfW eine Anleihe auf, mit dem Zweck, eine Betrei­ber­ge­sell­schaft (AG) zum Betrieb der Netz­in­fra­struktur für 5G bun­desweit (also WIRKLICH bun­desweit) mit Kapital aus­zu­statten. Jeder kann zeichnen. Inland, Ausland, Bürger, Insti­tu­tionen, Mars und Venus. In der aktu­ellen (künst­lichen) Null­zins­phase und schwin­denden Anla­ge­mög­lich­keiten käme das Geld für diesen Zweck geradezu geflogen, wetten? Statt ihr Geld in Ber­liner Miets­ka­sernen zu ver­senken und damit die Immo­bi­li­en­preise weiter durch die Decke zu treiben, können unsere euro­päi­schen Nachbarn aus Italien, Grie­chenland oder Spanien ihr Geld auch auf diese Weise nach Deutschland und in Sicherheit bringen.
Um Monopole zu ver­meiden wird in der Satzung des Unter­nehmens, nennen wir es „5G-NetzAg“, eine Beherr­schung z.B. durch künftige Kunden rechtlich aus­ge­schlossen, die sich aus der ver­ti­kalen Ver­flechtung ergeben würden. Die Telekom oder Vodafone können sich also nicht einfach die Mehrheit an unserem neuen Netz sichern, mit­in­ves­tieren dürfen sie natürlich schon, wenn man auch am Netz­be­trieb ver­dienen möchte, nicht nur am Verkauf der Dienste. Die Bun­des­re­gierung könnte mit einem ent­spre­chenden Gesetz Rechts­si­cherheit schaffen und das wäre, neben der Betriebs­ge­neh­migung für die Funk­fre­quenzen, auch schon alles, was der Staat mit der Sache zu tun hätte. Er kann später die Gewinne besteuern – mit Augenmaß, ver­steht sich!
Mit dem ein­ge­sam­melten Kapital kann die 5G-NetzAg nach und nach die Infra­struktur errichten, wozu sie als rechen­schafts­pflichtige AG örtlich die güns­tigsten Anbieter zur Errichtung der Anlagen her­an­ziehen würde. Die Eigen­tümer dulden keine büro­kra­tische Inef­fi­zienz oder Ver­schwendung! Der Netz­ausbau ginge deutlich schneller, als wenn drei oder mehr par­allele Netze von den Dienst­an­bietern errichtet würden, das ein­ge­sam­melte Kapital wäre optimal ein­ge­setzt. Zumal im 5G-Netz zahl­reiche neue Anbieter hin­zu­kommen würden, die bei der Ver­stei­gerung der Fre­quenzen unwei­gerlich leer aus­gehen müssten. Es gibt zahl­reiche Dienste im Bereich Logistik, auto­nomes Fahren usw., deren Anbieter, auch wenn sie klein sind, sich eben­falls am Netz­ausbau betei­ligen können. Die Ein­satz­be­reiche sind viel­fäl­tiger, als sich das der deutsche Smart­phone-User vor­stellen kann. Auch Insel­lö­sungen kämen dem Gesamt­system zu Gute. Wenn bei­spiels­weise der Betreiber des Ham­burger Hafens das Netz der Han­se­stadt errichten wollte, um logis­tisch auf dem neu­esten Stand zu bleiben, kann mit dessen Inves­tition der Netz­ausbau dort vor­an­ge­trieben werden.
Der Bau der Hardware-Infra­struktur hilft gleich mal durch einen Auf­tragsboom in der Fläche. Die Funk­zellen werden so schnell wie möglich an die bestehenden Netze ange­schlossen, um unserer 5G-NetzAg schnell Ein­nahmen zu ermög­lichen. Die Anbieter von Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­diensten können nach Fer­tig­stellung jedes Abschnittes Leis­tungen im Netz von der 5G-NetzAg mieten. Alle Teil­nehmer. Zu Markt-Kon­di­tionen. Sub­ven­tionen gibt es nicht. Die Hardware gehört den pri­vaten Inves­toren – nicht dem Staat – und diese sind an den Gewinnen über Divi­denden beteiligt und besitzen han­delbare Aktien.
Es gäbe einen Kos­ten­wett­bewerb bei Bau, Betrieb und Ausbau des Netzes, während das Netz selbst als Asset eine han­delbare und bere­chenbare Größe wäre und gleich­zeitig nationale Infra­struktur dar­stellt. Unter­neh­mensziel wäre, lang­fristig tat­sächlich auch die „letzte Milch­kanne” anzu­schließen (Stichwort „Auto­nomes Fahren”), was einen erheb­lichen inter­na­tio­nalen Stand­ort­vorteil für Deutschland bedeuten würde. Das Ziel ist ver­pflichtend, gesetzlich ver­ankert und Bedingung für die staat­liche Initia­li­sierung des Pro­jekts. Laufen muss es dann allein. Das Rating der Firma hin­gegen wäre Aufgabe des Marktes, nicht des Staates.
Hier noch einige Vor­teile dieser Lösung in Stich­punkten: Das „Frei­willige Nationale Roaming“ wäre kein Thema mehr und würde selbst­ver­ständlich, weil alle Markt­teil­nehmer die­selbe Infra­struktur benutzen. Der Wett­bewerb wäre deutlich trans­pa­renter, die Bedin­gungen für alle Teil­nehmer gleich. Treiber des Tech­no­lo­gi­schen Fort­schritts sind die Kunden von 5G-NetzAg, also die Mobil­funk­an­bieter, sowie deren Kunden. Von deren Zufrie­denheit und Markt­erfolg hängt der Erfolg von 5G-NetzAg ab. Ver­sor­gungs­auf­lagen lassen sich aus dem­selben Grund eben­falls leichter erfüllen, weil nur die tech­nisch nötige Red­undanz gebaut würde, alle Markt­teil­nehmer aber die­selben „Straßen“ nutzen. Die Netze gehören nicht den Dienst­an­bietern, anders als es zum Bei­spiel bei der Bun­desbahn der Fall ist. Zugangs­be­schrän­kungen für weitere Anbieter oder Behin­derung durch die Wett­be­werber gibt es nicht, da unsere 5G-NetzAg so viele Teil­nehmer wie möglich im System haben will, um Ein­nahmen zu erzielen. Auch Netz­neu­tra­lität lässt sich auf diese Weise gewähr­leisten, ver­gleichbar mit unseren Straßen, auf denen Audis, Renaults und BMWs eben­falls gleich­be­rechtigt die­selben Ver­kehrswege nutzen – sofern es sich nicht um böse Diesel handelt, aber das ist eine andere Geschichte des Interventionismus.
Soweit im Groben ein alter­na­tiver „Plan” zur anste­henden 5G-Fre­quenz­ver­stei­gerung und dem undurch­sich­tigen „Digi­talfond“ der Bun­des­re­gierung, auch wenn es für die Umsetzung des Plans leider längst zu spät ist. Mir ist zudem durchaus bewusst, dass auch meine Idee Schwächen hat, aber die Richtung sollte klar sein: Weg von staat­lichem Inter­ven­tio­nismus und Schaffung echter Märkte mit echten, sub­ven­ti­ons­freien Regeln, wozu eine freie Preis­findung in allen Phasen gehört, von der Planung über den Bau bis zum Betrieb des Netzes.
Jetzt sind Sie dran, liebe Leser: Finden Sie Fehler! Was habe ich über­sehen? Was könnte man noch besser machen, ohne es auch kom­pli­zierter zu machen? Ich kann die Digi­ta­li­sierung schließlich nicht allein wuppen.
Es gibt keine per­fekten Pläne, nur per­fekte Absichten. („Robin Hood, König der Diebe”, Azeem Edin Bashir Al Bakir alias Morgan Freeman)
PS: Einen Einwand sehe ich schon kommen und der ist durchaus gewichtig. Unsere 5G-NetzAg wäre ja selbst Mono­polist und könne die Preise in den Himmel treiben. Doch da ein erheb­licher Teil seiner Aktionäre gleich­zeitig auch die eigenen Kunden sind, ist die Gefahr über­schaubar. Ein solcher Markt ist allemal trans­pa­renter und markt­ge­rechter, als aktuell der Pseu­do­wett­bewerb meh­rerer Über­tra­gungs­netz­be­treiber (Tennet, 50Herz, TransnetB…), die innerhalb ihrer Netz­be­reiche Gebiets­schutz haben und nur so tun, als wären sie Wett­be­werber. Und: Von mir aus kann es auch mehrere kon­kur­rie­rende Pro­jekte der Art „5G-NetzAg” geben. Ich fürchte nur, dann kommt das 5G-Netz nie, oder nur mit mas­siven staat­lichen Sub­ven­tionen und großer Ver­spätung. Und da ich beides nicht will, habe ich den ganzen Kram hier ja aufgeschrieben.
 


Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors Roger Letsch — www.unbesorgt.de