Initiator und Unter­stützer der Petition gegen den Migra­ti­onspakt appel­lieren an Union und SPD

In einem offenen Brief an die Frak­ti­ons­vor­sit­zenden von Union und SPD fordern Dr. Ludwig Eng­l­meier als Initiator der vom Bun­destag zuge­las­senen Petition 85565, sowie Alex­ander Mitsch als Bun­des­vor­sit­zender der Wer­te­Union und Vera Lengsfeld, als Mit­in­itia­torin der „Gemein­samen Erklärung 2018“, gemeinsam eine Son­der­sitzung des Peti­ti­ons­aus­schusses und ein Mora­torium für die Annahme des Migra­ti­ons­paktes. Als Mini­malziel wollen sie einen Beschluss des Deut­schen Bun­destags an, in dem recht­liche Ver­pflich­tungen für Deutschland durch einen Pro­to­koll­zusatz zum Pakt defi­nitiv aus­ge­schlossen werden.

Der Brief hat fol­genden Wortlaut:

Sehr geehrte Frau Nahles,
sehr geehrter Herr Brinkhaus,
sehr geehrter Herr Dob­rindt,

nach wochen­langem Streit im Peti­ti­ons­aus­schuss wurde am Mittwoch Mittag eine von 21 ein­ge­reichten Peti­tionen offi­ziell vom Bun­destag ver­öf­fent­licht. Seitdem haben trotz erheb­licher tech­ni­scher Schwie­rig­keiten mit dem Server des Bun­destags bereits deutlich mehr als die für eine öffent­liche Anhörung erfor­der­lichen 50.000 Unter­stützer die Petition “Ver­einte Nationen (UNO) – Global Compact for Migration” mit der Nummer 85565 unter­zeichnet, in der die Bun­des­re­gierung auf­ge­fordert wird, den „Glo­balen Pakt für sichere, reguläre und geordnete Migration“ nicht zu unter­schreiben.

Nie zuvor wurde das soge­nannte Quorum so schnell erreicht, was deutlich macht, wie sehr das Thema Migration und Zuwan­derung die Bun­des­bürger bewegt. Umfragen belegen, dass die Bevöl­kerung eine Kehrt­wende in der Ein­wan­de­rungs­po­litik befür­wortet.

Die Regie­rungen von immer mehr euro­päi­schen Part­ner­länder lehnen diesen Pakt ab. Die öster­rei­chische Regierung erklärt dazu, dass sie 17 der 23 Kapitel des Papiers nicht mit­tragen könne und steht auf dem Stand­punkt, dass kein Men­schen­recht auf Migration bestehe und auch nicht ent­stehen könne, sei es durch Völ­ker­ge­wohn­heits­recht, Soft Law oder Recht­spre­chung. Öster­reich wird dem Pakt daher nicht bei­treten, sich in der UN-Gene­ral­ver­sammlung der Stimme ent­halten und eine Erklärung bei den Ver­einten Nationen abgeben und regis­trieren lassen, in der die Position der öster­rei­chi­schen Bun­des­re­gierung deutlich gemacht wird. In der Petition 85565 wird das­selbe Vor­gehen auch für Deutschland gefordert.

Die Bun­des­re­gierung sieht das aller­dings bisher anders als ihre euro­päi­schen Nachbarn und ver­kündet, der Pakt sei “im natio­nalen Interesse”. Sie meint, es würde sich in Deutschland durch den Pakt nichts ändern. Das steht aller­dings ganz im Gegensatz zur Ein­schätzung der Grü­nen­po­li­ti­kerin Filiz Polat, die bereits ein­fordert: “Die Bun­des­re­gierung muss anschließend sofort mit der Umsetzung beginnen, da nur so die Rechte von Migran­tinnen und Migranten sicher­ge­stellt werden können. Die Staaten Europas und hier ins­be­sondere Deutschland sind in der Pflicht mit gutem Bei­spiel vor­an­zu­gehen, denn Men­schen­rechte müssen für alle Men­schen gelten – egal wo, egal wann und egal für wen, auch im Transit, auch in Bewegung.”

In der Tat wirft der Wortlaut des Migra­ti­ons­paktes, und ins­be­sondere die For­derung nach Dis­kri­mi­nie­rungs­freiheit beim Zugang zu Sozi­al­leis­tungen, die Frage auf, inwieweit die Idee, Asyl­be­werbern vor­wiegend Sach­leis­tungen statt Geld zukommen zu lassen, dann auf­recht­erhalten werden kann. Die Pas­sagen gegen Frei­heits­ent­ziehung bei Migranten werfen die Frage auf, ob die Praxis von Anker­zentren auf­recht erhalten werden kann. Das sind nur zwei Bei­spiele, die zeigen, wie unklar die Aus­wir­kungen des Migra­ti­ons­paktes auf die deutsche Migra­ti­ons­po­litik sein werden, selbst wenn man in ihm lediglich eine Ver­pflichtung zur Selbst­ver­pflichtung sieht.

Wo sind die Gut­achten der Minis­terien, die die zu erwar­teten Aus­wir­kungen des Migra­ti­ons­paktes auf die deutsche Politik und Gesell­schaft beleuchten?
Auf welcher Daten und Fak­ten­basis soll der Bun­destag ent­scheiden, ob durch den Migra­ti­onspakt tat­sächlich positive und sicher keine nega­tiven Aus­wir­kungen auf Deutschland zu erwarten sind?
Ist die pau­schale und undif­fe­ren­zierte Aussage, “Migration war schon immer Teil der Mensch­heits­ge­schichte, und wir erkennen an, dass sie in unserer glo­ba­li­sierten Welt eine Quelle des Wohl­stands, der Inno­vation und der nach­hal­tigen Ent­wicklung dar­stellt” über­haupt realitätsnah?
Wo sind die Gut­achten aus dem Innen­mi­nis­terium, die bestä­tigen, dass Sach­leis­tungen und Anker­zentren wei­terhin möglich sind, wenn Deutschland daran geht, die Ver­pflich­tungen aus dem Migra­ti­onspakt in natio­nales Recht umzu­setzen?

Das Vor­sor­ge­prinzip gebietet, dass bei Maß­nahmen, die sich auf kom­plexe Systeme beziehen, und deren Fol­ge­wir­kungen noch nicht vor­aus­gesagt werden können, Skepsis geboten ist. Sprich: solange die Aus­wir­kungen von irrever­siblen Ände­rungen nicht aus­rei­chend durch­dacht und ana­ly­siert worden sind, darf man diese Ände­rungen auch nicht vor­nehmen.

Wir – Vera Lengsfeld, Dr. Ludwig Eng­l­meier und Alex­ander Mitsch – wenden uns in diesem offenen Brief an die Abge­ord­neten der Fraktion von CDU/CSU und SPD im Bun­destag und fordern Sie auf, keine Fakten zu schaffen, die dem Ausgang der Petition und der Dis­kussion im Peti­ti­ons­aus­schuss vor­greifen würden. Wenn Sie wirklich ein Interesse daran haben, die Meinung der Bürger ein­zu­be­ziehen, dann votieren Sie bitte für eine Ver­schiebung der Annahme und geben Sie dem Peti­ti­ons­aus­schuss die Mög­lichkeit, das Anliegen dieser Petition vor der geplanten Unter­zeichnung in Mar­rakesh oder einer Bun­des­tags­ent­scheidung über den Migra­ti­onspakt zu behandeln.

Wenn Sie unserem pri­mären Anliegen nicht nach­kommen wollen, so bitten wir Sie aber in jedem Falle, dafür zu sorgen, dass Deutschland aus dem Pakt keine Ver­pflich­tungen erwachsen. Wenn über­haupt, dann darf eine Annahme höchstens erfolgen, wenn dem Pro­tokoll ein ins eng­lische über­setztes Dokument bei­gefügt wird, in dem Ver­pflich­tungen abge­lehnt werden und klar­ge­stellt wird, dass Deutschland den Vertrag wieder kün­digen wird, wenn sich in der Zukunft her­aus­stellen sollte, dass doch Ver­pflich­tungen erwachsen sind.

Ein ent­spre­chender Text könnte fol­genden Inhalt haben:

Die Bun­des­re­gierung gibt zu dem Pakt fol­gende Erklärung ab:
Die Bun­des­re­publik Deutschland ist völ­ker­rechtlich, auch völ­ker­ge­wohn­heit­rechtlich, nicht an den Pakt gebunden.
Die Bun­des­re­publik Deutschland schließt eine recht­liche Wirkung des Paktes auch nach natio­nalem Recht aus. Der Begriff der Migration wird nach der Gesetz­gebung der Bun­des­re­publik Deutschland bestimmt.
Dem gesamten Pakt kommt kei­nerlei recht­liche Wirkung in der Bun­des­re­publik Deutschland zu. Aus ihm lassen sich ins­be­sondere keine Rechts­po­si­tionen und recht­lichen Ansprüche, aus­drücklich auch nicht im Rahmen ver­wal­tungs­recht­licher Ermes­sens­ent­schei­dungen, ins­be­sondere des Ein­zelnen bezie­hungs­weise von Gruppen und Orga­ni­sa­tionen ableiten. Er hat auch keine sonstige, etwa auch recht­liche, Bin­dungs­wirkung für staat­licher Organe, ins­be­sondere nicht im Rahmen einer Selbst­bindung der Ver­waltung und Gerichte. Der Begriff der Ver­pflichtung hat kei­nerlei Rechtswirkung.
Die Bun­des­re­publik Deutschland schützt die Mei­nungs­freiheit und schließt eine Ein­fluss­nahme auf diese im Sinne des Paktes aus.
Die Bun­des­re­publik Deutschland behält sich die Ein­richtung von Sam­mel­un­ter­künften auch für den Begriff der Migration unter­fal­lende Per­sonen vor. Sie wird solchen Per­sonen grund­sätzlich auch keinen, ins­be­sondere gleich­be­rech­tigten, Zugang zu ihrem Sozi­al­system, ihren Aus­bil­dungs- und Wis­sen­schafts­ein­rich­tungen sowie zu dem Arbeits­markt gewähren.
Die Bun­des­re­publik Deutschland behält sich ins­be­sondere die Aus­weisung und Abschiebung auch von dem Begriff der Migration unter­fal­lenden Per­sonen vor.
Die Bun­des­re­publik Deutschland erklärt, dass sie den Pakt kün­digen wird, wenn ein deut­sches oder euro­päi­sches Gerichte eine recht­liche Wirkung des Paktes fest­stellt oder den Pakt in einer Ent­schei­dungs­be­gründung – aus­drücklich auch im Rahmen ver­wal­tungs­recht­licher Ermes­sens­ent­schei­dungen – als Grundlage der getrof­fenen gericht­lichen Ent­scheidung berücksichtigt.
Die Bun­des­re­publik Deutschland erklärt, dass sie den Pakt kün­digen wird, wenn sie sich durch Umfang und Kosten der Migration über­fordert sieht.

Wenn der Pakt, wie immer von den Befür­wortern betont wird, tat­sächlich keine recht­lichen Aus­wir­kungen hat, sollte eine solche Pro­to­kol­lerklärung unpro­ble­ma­tisch sein.

Sehr geehrte Herren, sehr geehrte Frau Nahles, bitte werden Sie Ihrer Ver­ant­wortung für die Zukunft dieses Landes gerecht und ver­hindern Sie, dass dieser Pakt in einem so sen­siblen Bereich wie der Migra­ti­ons­po­litik in die nationale Sou­ve­rä­nität Deutsch­lands ein­greift.

Mit freund­lichen Grüßen
Vera Lengsfeld, Dr. Ludwig Eng­l­meier und Alex­ander Mitsch