Es ist jedoch ausgerechnet der Kapitalismus, der die weltweite Armut wirksam bekämpft und mit dessen Ressourcen zum Beispiel eben jene Konferenzen ausgerichtet werden, auf denen man ihm Geld für den Klimaschutz aus der Tasche ziehen kann. Greta Thunberg ist randvoll mit dieser Ideologie und hat deren Ziele völlig verinnerlicht. An dieser Stelle ist sie so ehrlich und hellsichtig wie Jeanne d’Arc und genau so kompromisslos. Sie glaubt an die Heiligen der Klimakirche und kennt den prophezeiten Beelzebub, das CO2. Mit diesem Wissen ausgestattet und in der festen Überzeugung, Schweden sei „ein reiches Land“, fällt der Ruf nach der „Notbremse“ leicht. Das fossile Teufelszeug soll im Boden bleiben und alle Menschen Elektroautos fahren. Um das „wie“ muss sie sich nicht kümmern, ähnlich wie Jeanne d’Arc, die zwar ein Banner in die Schlacht tragen konnte, aber kein Land zu führen hatte.
Die Kopfwäsche durch Greta Thunberg hatten sich die COP24-Teilnehmer redlich verdient, denn ich bin fest davon überzeugt, dass unter diesen kaum jemand sein kann, der sich über die Vergeblichkeit seiner Bemühungen nicht völlig im Klaren ist. Die Weltgemeinschaft bekommt ihre ideologischen Auseinandersetzungen und Kriege nicht in den Griff, will aber das Klima davon abhalten, sich mehr als 1,5°C zu erwärmen. Jedem ist bewusst, dass wenn die Industrie erst zwangsdekarbonisiert und abgeschaltet sein würde, sie auch keine goldenen Eier mehr legen kann, über deren Verteilung auf COP-Konferenzen debattiert werden kann. Der immer schriller werdende Alarmismus der Klimatologen und deren düstere Zukunfts-Szenarien bewirken immer häufiger regelrechte Kurzschlüsse in den Köpfen, besonders in denen junger Menschen. Man ruft nach Buße, Verzicht und Katharsis und beginnt konsequent beim eigenen Verhalten, dass man mit symbolischen Handlungen auflädt. Zogen im 13. Jahrhundert die Flagellanten durch die Städte Oberitaliens und Deutschlands, um sich die eigene Sündhaftigkeit selbst aus den Körpern zu peitschen, bestraft sich Greta mit dem Totalverzicht auf Flüge und dadurch, dass sie per Elektro-Auto von Schweden nach Kattowice reiste. Wie vorbildlich! Ich vermute, dass auch eine Autofähre benutzt wurde, wenn man aufgrund der geografischen Lage Schwedens und der nötigen Ladezeiten für die Akkus eines E‑Autos nicht eine Woche oder länger unterwegs sein wollte. Womit die Schiffe der Stena-Line angetrieben werden, sagen wir Greta lieber nicht.
Freitags ist sie nie da
Doch was – außer der Fähigkeit, flammende Reden zu halten – qualifizierte Greta Thunberg dafür, auf der Konferenz zu sprechen? Sie ist Klima-Aktivistin und Initiatorin weltweiter Schulstreiks! Immer Freitag geht’s nicht zur Schule, sondern vor das schwedische Parlament, um dort für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. Schuleschwänzen für den guten Zweck. Die Begründung ist bestechend simpel, um nicht zu sagen schreiend naiv: Wenn das mit dem Klimawandel so weiter gehe, hätte sie ja ohnehin keine Zukunft, für die es zu lernen lohne. Für die Bewohnerin eines Landes, dass nur aufgrund der Klimaerwärmung nach der letzten Eiszeit überhaupt bewohnbar ist und welches sich bis heute Jahr für Jahr noch um 10mm hebt, ist das der maximal leistbare Verzicht. Gewissermaßen Selbstmord aus Angst vor dem Tod anderer.
Das Paradoxe an dieser Aktion ist natürlich, dass sie erstens inkonsequent ist, denn ein echter Aktivist darf das Klima nicht nur am Freitag retten. Außerdem könnte man doch den Druck erhöhen, wenn man an die Wirksamkeit dieses Protestes glaubt, indem man einfach so lange die Luft anhält, bis das Klima gerettet ist. Da würden sich die schwedischen Politiker sicher erweichen lassen und das Klima mit einem Sofortprogramm aus der Krise ziehen. Zweitens erleben wir aktuell einen perversen Wettlauf um die Deutungshoheit in Sachen Zukunft zwischen „individualistischem Kapitalismus“ und „kollektivistischer Weltrettung“, bei dem Greta der Weltrettung die Daumen drückt, obwohl diese nur gelingen kann, wenn der Kapitalismus die Mittel dazu bereitstellt.
Wissenschaftlicher und technologischer Fortschritt gelingt dann am besten, wenn sich beides aus einem freien Wettstreit der Ideen und jenseits aller Denkverbote abspielt. Außerdem gibt es viele Faktoren, die entscheiden, welche Ideen sich durchsetzen und welche sich als Sackgasse erweisen werden. Dummerweise weiß man immer erst hinterher, welcher Weg die Sackgasse war, weshalb man alle Wege ausprobieren muss. Als Ergebnis von Versuch und Irrtum gibt es immer wieder technologische Sprünge, die niemand vorhergesehen hat, die sich dann jedoch mit rasender Geschwindigkeit und vor allem ohne jeden staatlichen Eingriff durchsetzen, wenn man sie nicht behindert. Willhelm II. hielt das Automobil für eine Modeerscheinung und setzte aufs Pferd. Nokia belächelte das iPhone und sah dafür keinen Markt. Bekanntlich lagen beide gründlich daneben. Wenn es nun opportun sein sollte, unsere Wirtschaft komplett zu decarbonisieren – die Diskussion darüber, ob dies wirklich sinnvoll oder auch nur machbar ist, hat man politisch leider komplett abgeschaltet – dann stellt sich die Frage nach dem technischen „wie“. Diese Frage hat die Politik jedoch eigenmächtig ebenfalls beantwortet, indem sie bestimmte Technologien präferiert und diese mit hohen Subventionen fördert. Im Energiesektor sind dies Sonne und Wind, die jedoch ohne Subventionen nicht profitabel sein können und den Bedarf nach heutigem technologischem Stand niemals decken werden. Ein qualitativer Sprung blieb aus und wurde, gerade in Deutschland, durch einen quantitativen Overkill ersetzt. Man stelle sich nur mal die langen Gesichter vor, wenn es irgendwann doch zu einem qualitativen Sprung in der Energieerzeugung kommt und sich in Deutschland dann zu zehntausenden ineffektive Windturbinen an unproduktiven Standorten drehen.
Gleichzeitig werden durch Gesetze andere, innovative und profitable Industriezweige vernichtet, um einen Technologiewechsel ins Nichts politisch zu erzwingen. Der Verbrennungsmotor beispielsweise sieht in Deutschland keiner guten Zukunft entgegen. Dass die Deutsche Umwelthilfe beim Diesel-Motor nicht Halt machen wird, ist bekannt und wird durch Dampf-Twitterer wie Karl Lauterbach medial befeuert. Die Frage ist nun, was zuerst eintritt: der benötigte Technologiesprung oder die Agonie der Märkte, die ihn hervorbringen sollten. Denn trotz aller Konferenzen und politischen Sonntagsreden steht eines felsenfest: Politiker mögen gedanklich und in ihren Reden weit springen können – Erfindungen haben sie jedoch noch nie zustande gebracht. Stattdessen drücken sie die Industrie gewissermaßen mit dem Kopf unter Wasser, hoffend, dass ihr Kiemen wachsen, bevor der Delinquent ersäuft. In der Zwischenzeit stellen wir die Landschaft mit den Auswüchsen einer technologischen Sackgasse zu, hoffend, dadurch das Klima zu kühlen. Man ist der festen Überzeugung, es sei besser irgendetwas zu tun, solange man nicht weiß, was das Richtige wäre.
Auch für Greta Thunberg hat die Sache einen bösen Haken. Sie lernt pro Woche einen Tag weniger, weshalb die dringend nötigen technologischen Sprünge in Zukunft wohl eher in Shanghai als in Stockholm stattfinden werden. Ihr bleibt wohl nur, als Aktivistin den Grünen beizutreten, dafür braucht man ja höchstens ein abgebrochenes Studium der Theaterwissenschaften. Hauptsache die Gesinnung sitzt schön straff und das Auge ist auf eine Utopie hinter dem Horizont gerichtet. Sie kann dann in 20 Jahren vor dem schwedischen Reichstag protestieren, weil Schweden kein reiches Land mehr ist. Für diese Klage wäre die Politik dann mal wirklich der richtige Adressat.
Kinder (nicht) an die Macht
Skeptiker der Klima-Hysterie müssen sich immer wieder vorwerfen lassen, sie hätten doch im Grund keine Ahnung und sollten das Thema doch lieber den Experten überlassen. Das liegt auch daran, dass die Experten, die ebenfalls so ihre Zweifel an dem Zirkus haben, nicht zu Wort kommen und falls doch, wird ihnen ihre dabei mangelhafte Eloquenz zum Verhängnis. Denn der Disput geht schnell von der Sachebene weg auf die Ebene der Wünsche, Träume und Emotionen. Aber diese Skeptiker seien ja ohnehin nur noch wenige ewig gestrige und spätestens an dieser Stelle kommt die Sprache auf die ominösen 97% Zustimmung, die der anthropogene Klimawandel in der Fachwelt angeblich habe. Das klingt nach großer Übereinstimmung und soll nach dem demokratischen Mehrheitsprinzip belegen, dass 97% natürlich im Recht sein müssen. Diese sogenannte Cook-Studie ist allerdings ein ausgemachter Schwindel, für den man kurzerhand die Datenbasis der Meta-Studie frisierte. Für den richtigen (guten) Zweck ist sowas offenbar erlaubt. Es ist, als wolle man belegen, dass die Menschheit freiwillig auf den Verzehr von Fleisch verzichtet, aber nur Veganer nach ihren Essgewohnheiten fragt.
Während man Skeptiker also stets nach ihrer Qualifikation beurteilt, genügt bei den Jüngern der Klimawandelkirche die glitzernde Gesinnung völlig aus, um Glaubwürdigkeit zu erlangen. An der Cook-Studie, heute eines der Evangelien der Klimakirche, schrieb eine nach Selbstauskunft „beim NABU auf Klimaaktivismus umgeschulte“ Programmiererin mit (siehe Textende im Link) und eine 15 Jahre junge Teilzeitschulschwänzerin erhebt den moralischen Anspruch, die Welt zu retten. Aktivisten, NGO-Laienprediger und Teenager sind mittlerweile die Hauptdarsteller dieser moralischen Hybris und niemand kommt auf die Idee, auch mal dort nach der fachlichen Kompetenz zu fragen. Das ist auch ein Grund dafür, dass Skeptiker stets „ad hominem“ angegriffen werden. Wer den Klimawandel nicht aufhalten will, muss ja ein schlechter Mensch sein und Geld von den Ölscheichs annehmen – mit belastbaren Fakten können die Aktivisten nicht aufwarten, weshalb sie die Argumente der Skeptiker nicht zur Kenntnis nehmen wollen und für den guten Zweck sogar vor Betrug und Fälschung nicht zurückschrecken (siehe hier, hier und hier).
Es genügt, zu glauben und die Welt in Gläubige und Ketzer einzuteilen. Mit Greta Thunberg hat die Klimakirche jedenfalls ihre neue Jeanne d’Arc gefunden, die stolz das Banner der Klimagerechtigkeit schwenkt. Immer Freitag, wenn sie die Schule schwänzt und ihre persönliche Zukunft als Opfer auf den Altar der Klimagerechtigkeit legt.