Mit einem Volksbegehren sollen in Berlin private Immobilienunternehmen enteignet werden. Die Initiative sieht „hinreichende fiskalische Spielräume, deutlich unter dem Verkehrswert zu entschädigen“, so der Berliner „Tagesspiegel“. Das Eigenkapital der Immobilieneigentümer wäre damit komplett vernichtet.
(Von Dr. Rainer Zitelmann)
Im Ergebnis, so berichtet der Berliner „Tagesspiegel“, sollen also nur zehn bis 15 Milliarden Euro statt vielleicht 40 oder 50 Milliarden für die Immobilienbestände gezahlt werden. Damit wäre das Eigenkapital der Immobilieneigentümer für die Berliner Bestände komplett vernichtet, da das Fremdkapital höher ist als die Summe, die man zahlen will.
Zum Hintergrund: Eine linke Initiative in Berlin plant ein Volksbegehren zur Enteignung privater Wohnungsunternehmen. Es soll nach letzten Angaben des Bündnisses im April starten und hat das Ziel, Unternehmen zu „vergesellschaften“, die mehr als 3.000 Wohnungen in der Hauptstadt besitzen. Der rot-rot-grüne Senat soll aufgefordert werden, ein Gesetz zu erarbeiten. Der Vorstoß zielt vor allem auf das börsennotierte Unternehmen “Deutsche Wohnen”, dem in Berlin und seinem Umland 115.000 Wohnungen gehören. Die Mehrheit der Berliner unterstützt laut Umfragen die Enteignungsinitiative.
Linke und Grüne werben für Enteignung
Die Linke, die in Berlin mitregiert und die mit Katrin Lompscher die für den Bereich zuständige Senatorin stellt, hat die Initiative von Anfang an unterstützt. Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek kann sich ebenfalls eine Enteignung von Berliner Wohnungseigentümern vorstellen, um bezahlbaren Wohnraum zu sichern. „Im Grundgesetz steht: Eigentum verpflichtet“, sagte die grüne Politikerin. „Hauptproblem ist, dass etwa der Konzern ‘Deutsche Wohnen’ dieser Verpflichtung nach unserer Interpretation nicht nachkommt. Deshalb sollte auch der Senat aus meiner Sicht überlegen, ob man in besonders krassen Fällen nicht auch diesen letzten Schritt einmal geht.“ Offen hat sich schon länger der in Berlin einflussreiche Kreuzberger Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) für die Enteignung ausgesprochen. In seinem Bezirk werden Investoren besonders drastisch schikaniert.
Die Strategie der SPD: Schikane, bis „freiwillig“ verkauft wird
Der regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) will das gleiche Ziel mit etwas anderen Methoden erreichen: Er möchte die Wohnungsbestände der früheren GSW von der Deutschen Wohnen „zurückkaufen“. Das kündigte Müller am Freitag bei seiner Pressekonferenz zum Jahresauftakt an. Das Land Berlin hatte die Wohnungsgesellschaft GSW mit 65.000 kommunalen Wohnungen 2004 für seinerzeit 405 Millionen Euro an private Investoren verkauft. Das sei ein Fehler gewesen, sagte Müller, der damals als Fraktions- und Landeschef der SPD den Verkauf unterstützt hatte. Damals waren die Immobilienpreise in Berlin auf einem Tiefpunkt, heute sind sie mindestens sieben Mal höher. Die Kosten für einen Rückkauf wären daher um ein Vielfaches höher – unter dem Strich eine gigantische Verschwendung von Steuermitteln.
Müller sprach sich ebenfalls nicht grundsätzlich gegen eine Enteignung aus. „Das ist der dritte, vierte oder fünfte Schritt“, sagte Müller. Er erwarte von der Stadtentwicklungssenatorin Lompscher, dass sie jetzt darstellt, wie eine Enteignung konkret angegangen werden solle. Müller setzt derzeit noch auf „Gespräche“ mit der “Deutsche Wohnen”, der das Land gerade mittels eines komplizierten Vorkaufsrechtes zahlreiche Wohnungen in zwei Blocks an der Karl-Marx-Allee weggekauft hat. Die Situation um die “Deutsche Wohnen” werde „immer unerfreulicher“, sagte Müller. Als Begründung gab er an, dass das Unternehmen von dem ihm gesetzlich zustehenden Klagerecht gegen den Mietspiegel Gebrauch gemacht hatte. „Das gibt kein gutes Bild ab“, findet Müller. Deshalb wolle er ein konkretes Übernahmeangebot für die früheren Bestände der GSW formulieren. Die Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek sagte, das Land solle gleich die kompletten Bestände des Konzerns in Berlin erwerben. Müller hofft also, in einer konzertierten Aktion mit linksextremen Aktivisten, Linken und Grünen, die Immobilienunternehmen weichzuklopfen und so lange zu drangsalieren und zu schikanieren, bis diese unter Verkehrswert „freiwillig“ verkaufen.
Folgen für die Aktionäre: Entschädigungslose Enteignung
Wenn die Pläne der Initiative Erfolg hätten, würde dies eine entschädigungslose Enteignung der Immobilieneigentümer bedeuten, da die Verbindlichkeiten für die Immobilienbestände über den Summen liegen, die nach Ansicht der Enteignungsinitiative gezahlt werden sollen. Die Folge der Diskussion wird sein, dass sich Investoren noch stärker von Berlin verabschieden als dies ohnehin schon derzeit geschieht. Da Investoren von der linken Bauverhinderungssenatorin Lompscher und von Grünen wie Florian Schmidt als Feinde behandelt werden, ziehen sie sich zunehmend zurück und gehen lieber in das Berliner Umland. Die Wohnungsknappheit in Berlin könnte nur durch massiven Neubau reduziert werden, aber genau den verhindern Linke und Grüne. Die durchschnittliche Zeit für die Aufstellung eines Bebauungsplanes in Berlin beträgt ohnehin schon 8 Jahre (in manchen Bezirken bis zu 12 Jahren), wobei die Zahl der neuen Bebauungspläne unter der linken Bauverhinderungssenatorin so niedrig ist wie seit langer Zeit nicht. Und obwohl es einen riesigen Bedarf an Wohnungen gibt, sind nun unter der Ägide von Lompscher bereits seit zwar Jahren die Baugenehmigungszahlen in Berlin rückläufig. Das muss man erst mal schaffen. Wenn weniger gebaut wird als Menschen neu nach Berlin ziehen, steigen logischerweise Mieten und Kaufpreise. Durch die investorenfeindliche Politik, die jetzt auch noch mit faktisch entschädigungsloser Enteignung droht, wird die Wohnraumknappheit noch verstärkt. Die Berater der Bausenatorin hatten noch vor wenigen Jahren Venezuela als ökonomisches Mustermodell dargestellt, speziell im Wohnungsbereich. Offenbar eifert man diesem Muster noch heute nach.
Sind Staatswohnungen bessere Wohnungen?
Erich Honecker hatte Recht: „Den Sozialismus in seinem Lauf, hält weder Ochs noch Esel auf.“ Die DDR ist erst vor drei Jahrzehnten zusammengebrochen, aber schon wieder wird in Berlin an einer DDR light gearbeitet. Kein Wunder, denn eine der heutigen Regierungsparteien hatte schon damals regiert, nur unter anderem Namen: Die Linke hieß damals SED, deren offizielle Rechtsnachfolgerin sie ist. Die Fakten: Obwohl der Wohnungsbau ein wesentlicher Schwerpunkt in der Honecker-Ära in der DDR war, zeigte sich hier am deutlichsten der Unterschied zwischen einem plan- und einem marktwirtschaftlichen System. Die Mieten in der DDR waren zwar sehr günstig, aber Bürger mussten viele Jahre warten, bis sie eine der begehrten Plattenbauwohnungen zugeteilt bekamen. Die Altbausubstanz in Mehrfamilienhäusern in Leipzig, Dresden, Ostberlin, Erfurt und anderen ostdeutschen Städten war so zerfallen, dass nach der Wiedervereinigung mit einem massiven Steuerprogramm – dem sogenannten Fördergebietsgesetz – viele Milliarden Euro in die Sanierung gesteckt werden mussten. Doch nicht nur alte Gebäude, sondern auch die DDR-Plattenbauten mussten im großen Stil saniert werden. Zusätzlich war ein erheblicher Neubau notwendig, um den Wohnungsmangel in Ostdeutschland zu beseitigen. Insgesamt wurden in den 90er-Jahren mithilfe steuerlicher Förderungen 838.638 Wohnungen in den neuen Bundesländern und Ost-Berlin fertiggestellt. Die Kosten beliefen sich auf 84 Milliarden Euro.
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