Soldaten der britischen Armee bei einer "Riot control" Übung (Aufstandsbekämpfung): Bildquelle: Britisches Verteidigungesminsiterium, Bildlizenz: CC BY-NC 2.0

Druck der EU wächst: Briten treffen bereits Vor­be­rei­tungen für Bür­ger­krieg nach dem Brexit!

Ein­einhalb Jahre hat die EU mit Groß­bri­tannien über dessen EU-Aus­tritt ver­handelt. Nun heißt es hopp oder top und keine der sich abzeich­nenden Mög­lich­keiten ist wirklich gut. Eigentlich zittern alle vor einem harten Brexit, doch die Schüt­zen­gräben sind zu tief und zu befestigt. Keiner kann seine Stellung verlassen.
Bis zum 21. Januar hat Theresa May Zeit, eine Alter­native zu ihrem ursprüng­lichen Plan vor­zu­legen, der darin besteht, dass bis zum 31. Dezember 2020 alles so bleibt, wie es jetzt ist, Groß­bri­tannien alle seine Ver­pflich­tungen weiter erfüllt und bezahlt, alle Gesetze der EU befolgt, aber selber keine Rechte mehr hat und nicht mehr in Brüssel mit­be­stimmen darf. Wenig ver­lo­ckend, möchte man da sagen. Doch was wäre die Alter­native, und wie wäre das in drei Tagen zuwege zu bringen?
Klappt das alles nicht, bestünde die sehr kleine Chance, dass Brüssel Groß­bri­tannien ent­ge­gen­kommt. Aber Brüssel hat sich jetzt seit ein­einhalb Jahren keinen Mil­li­meter bewegt. Der Schaden wäre dann zwar für beide Seiten groß, aber Groß­bri­tannien würde am meisten bluten und genau das will die EU für alle als mah­nendes Exempel sta­tu­ieren. Ließe Brüssel das Ver­einte König­reich ein­mütig, groß­zügig und schadlos ziehen, würde das sehr bald Nach­ahmer finden bei all den Pro­blemen, die eine EU-Mit­glied­schaft so mit sich bringt.
Gleich­zeitig demons­triert die EU, dass ein vom Volk beschlos­sener Aus­tritt nicht akzep­tiert wird. Deut­licher kann man es nicht vor­führen: Die EU ist zutiefst unde­mo­kra­tisch und bereit, ein so großes und wich­tiges euro­päi­sches Volk wie die Briten in den Abgrund zu treten, weil es ihr nicht gehorcht.
Der Karren steckt also tief im Dreck und niemand reicht dem anderen die Hand. Was eine wun­der­volle Demons­tration des Frie­dens­pro­jektes EU.
In Groß­bri­tannien wird unter dem Druck der kom­menden Ver­wer­fungen schon darüber nach­ge­dacht, ob man nicht ein neues Refe­rendum abhalten solle. Das Kalkül: Die Briten bekommen langsam Angst und mancher würde sein Brexit-Votum viel­leicht gern rück­gängig machen. Zum inneren Frieden im König­reich würde es aber wahr­scheinlich nicht bei­tragen. Die Lager stehen sich ziemlich feindlich gegenüber.
Uns Deut­schen kann das alles auch nicht egal sein. Denn fallen die Mit­glieds­zah­lungen Groß­bri­tan­niens an die EU weg, muss auch Deutschland mehr Lasten schultern. Das Brüs­seler Bruegel-For­schungs­in­stitut hat aus­ge­rechnet, dass Deutschland 4,2 Mil­li­arden Euro pro Jahr mehr nach Brüssel über­weisen muss. Ischi­as­me­di­ka­mente sind teuer. Ins­gesamt reißt der kom­mende Aus­tritt Groß­bri­tan­niens ein Loch von 16,5 Mil­li­arden Euro in den Haushalt der EU. Groß­bri­tannien war der zweit­größte Net­to­ein­zahler in die Brüs­seler Kassen — nach Deutschland auf Platz eins.
Die deutsche Wirt­schaft rechnet überdies bei einem „harten Brexit“ mit hohen Ver­lusten durch Zölle. Der Deutsche Industrie- und Han­dels­kam­mertag rechnete eine Gesamt­summe von etwa drei Mil­li­arden Euro aus, die die deut­schen Unter­nehmen bei Ein­fuhren in das Ver­einte König­reich ent­richten müssten. Dazu kämen dann noch etwa 200 Mil­lionen Euro an Kosten für Zoll­do­ku­mente und Büro­kratie. Dem­ge­genüber würde der deutsche Bun­des­haushalt nur Zoll­ein­nahmen von ca. 200 Mil­lionen Euro erwarten können.
In Groß­bri­tannien hat man bei dem aus­bre­chenden Chaos eines harten Brexits noch ganz andere Pro­bleme zu bewäl­tigen. Da 40 Prozent des bri­ti­schen Außen­handels von einem „No-Deal-Brexit“ bedroht wären, könnten sich sehr bald Mas­sen­ent­las­sungen und Insol­venzen nicht ver­meiden lassen. Da in Groß­bri­tannien die Schere zwi­schen reich und arm auch immer weiter auf­ge­gangen ist, gibt es auch hier eine kleine, sehr reiche Ober­schicht und ein großes, immer weiter ver­ar­mendes Pro­le­tariat und eine schwin­dende Mit­tel­schicht. Das ist in einem solchen Fall eine hoch­ge­fähr­liche Mischung.
Der bri­tische Express berichtet, dass etwa reguläre 30.000 Sol­daten und 20.000 Reser­visten bereit­stehen, um im Falle eines harten Brexits die Flug­häfen, Tank­stellen und Regie­rungs­in­sti­tu­tionen von bewaff­neten Kräften zu sichern. Wahr­scheinlich werden auch Sol­daten ein­ge­setzt, um Plün­de­rungen zu ver­hindern und Unruhen in den Städten niederzuschlagen.
Die von Tobias Ellwood, Staats­se­kretär im bri­ti­schen Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terium, genannten Trup­pen­zahlen sind bemer­kenswert. 50.000 Mann ent­spricht der Hälfte der gesamten British Army von 81.000 Sol­daten unter Waffen und mehr als 27.000 Reser­visten. Nicht einmal beim Ein­marsch in den Irak hat Groß­bri­tannien ein solches Auf­gebot mobilisiert.
Mister Ellwood ver­sucht gar nicht erst, die Befürch­tungen der Briten zu zer­streuen, im Gegenteil. Er ließ keinen Zweifel daran, dass die Truppen wahr­scheinlich in erster Linie gegen die bri­tische Arbei­ter­klasse ein­ge­setzt werden würden. Er erin­nerte an die Ben­zin­blo­ckade 2000, als die British Army die Ben­zin­lie­fe­rungen gegen Über­fälle und Plün­de­rungen schützen musste. Man solle sich dieses Sze­nario nur in wesentlich schlimmer und größer vor­stellen. Seine Ankün­di­gungen und War­nungen sind kei­neswegs Panik­mache eines Ein­zelnen im Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terium, auch von anderer Seite wurden solche Ein­schät­zungen in Groß­bri­tannien publik. Aus Poli­zei­kreisen heißt es, auch die bri­tische Polizei arbeite an ver­schie­denen Sze­narien und Situa­ti­ons­mo­dellen, die sich wahr­scheinlich nach dem Aus­tritt Groß­bri­tan­niens am 29. März ent­wi­ckeln könnten. Das reicht von Ter­ror­an­schlägen und Mas­sen­de­mons­tra­tionen bis zu Medi­ka­men­ten­mangel und Aus­fällen in den Versorgungsketten.