Brexit – ein Alb­traum für Nordeuropa

Nicht nur für die etwa 3,6 Mil­lionen EU-Bürger in Groß­bri­tannien und die knapp 1,2 Mil­lionen Briten in der EU wird die Lage immer ernster. Im Falle eines No-Deal-Sze­narios würden die Men­schen dann wohl ihr Auf­ent­halts­recht verlieren.
Dennoch sprinten Groß­bri­tannien, die Euro­päische Union (EU) und ins­be­sondere Deutschland mit großen Schritten auf ein äußerst kost­spie­liges Desaster für uns Steu­er­zahler und die Wirt­schaft zu. Im bri­ti­schen Par­lament regiert das Chaos. Erwar­tungs­gemäß haben die Par­la­men­tarier des tief gespal­tenen Groß­bri­tan­niens den von Theresa May aus­ge­han­delten Deal mit der EU mit großer Mehrheit abge­schmettert. Jetzt ist Not am Mann. Der Aus­tritt Groß­bri­tan­niens aus der EU ist für den 29. März 2019 im EU-Aus­tritts­gesetz fest­ge­schrieben. Gibt es bis dahin weder einen Deal noch eine Ver­schiebung der Brexit-Frist, kommt es zu einem unge­re­gelten Brexit ohne Vertrag. Dies gilt es unter allen Umständen zu verhindern!
Die EU und Groß­bri­tannien müssen auf­ein­ander zugehen und einen Konsens finden, so hart es auch für manch einen Prot­ago­nisten sein mag. Es muss weiter und in diesem Falle nach­ver­handelt werden, denn ein unge­ord­neter Brexit wird nur Ver­lierer her­vor­bringen. Noch sind Nach­ver­hand­lungen möglich, denn weder Groß­bri­tannien hat den Aus­tritts­vertrag rati­fi­ziert noch hat das Euro­pa­par­lament dem zuge­stimmt. Leider steigt unserer Ansicht nach die Wahr­schein­lichkeit für einen harten und schmut­zigen Brexit mit dras­ti­schen Kon­se­quenzen für Groß­bri­tannien, die EU, aber auch für Deutschland täglich, da die EU sich stur stellt und Nach­ver­hand­lungen kate­go­risch ausschließt.
Folgen eines harten Brexits für die Wirt­schaft Großbritanniens? 
Groß­bri­tannien ist nicht mehr Mit­glied des Euro­päi­schen Bin­nen­markts und das Ende des freien Waren­ver­kehrs zwi­schen Groß­bri­tannien und dem euro­päi­schen Festland ist besiegelt. Viele tausend Rege­lungen für Handel und Verkehr zwi­schen Groß­bri­tannien und der EU sind ungültig und werden durch die Regeln der Welt­han­dels­or­ga­ni­sation (WTO) abgelöst.
Die Wirt­schaft des Landes wird erstmal in eine Rezession rutschen.
Ins­be­sondere eine der bri­ti­schen Schlüs­sel­in­dus­trien — die Finanz­in­dustrie — wird sich warm anziehen müssen. Arbeits­plätze im Finanz­zentrum London werden ver­loren gehen. Bri­tische Banken benö­tigen zukünftig für ihre Dienst­leis­tungen, wie bei­spiels­weise Ein­lagen- und Kre­dit­ge­schäft, rechtlich selbst­ständige Ein­heiten in einem EU-Staat. Ob, und wenn ja, wie leicht jedoch Banker aus London die not­wendige Arbeits­er­laubnis innerhalb der EU-Länder erhalten, ist noch voll­kommen offen.
Der IWF geht für die bri­tische Wirt­schaft von Wachs­tums­ver­lusten von vier Pro­zent­punkten in fünf Jahren aus. Kurz­fristig wird der Außen­handel in die Bre­douille kommen. Das Pfund wird abermals deutlich abwerten und die Inflation steigen. Die Ren­diten bri­ti­scher Staats­an­leihen werden eben­falls steigen, mit Kon­se­quenzen für den Staats­haushalt. Die Akti­en­märkte werden deutlich nach unten kor­ri­gieren. Inwieweit das auf die Märkte innerhalb der EU über­schwappt, ist nicht klar zu pro­gnos­ti­zieren. Wir gehen jedoch von erheb­lichen Folgen aus. Von einem deut­lichen Anstieg der Arbeits­lo­sigkeit auf der Insel ist aus­zu­gehen. Diese wird weit­rei­chende Folgen auf den Immo­bi­li­en­markt, ins­be­sondere im unteren und mitt­leren Preis­segment, haben. Lang­fristig erwarten wir jedoch auf Grund der starken Abwertung der bri­ti­schen Währung und neu geschlos­sener Han­dels­deals mit ver­schie­denen Ländern eine Erholung der Kon­junktur. Ferner gehen wir im Falle eines harten Brexits davon aus, dass wir bald die größte Steu­eroase mitten in Europa haben werden – Groß­bri­tannien. Mit attrak­tiven Steu­er­sätzen wird man im Steu­er­op­ti­mie­rungs­wett­bewerb pri­vates und gewerb­liches Kapital aus der ganzen Welt anziehen und das Ver­ei­nigte König­reich wird prosperieren.
Welch mensch­liche Tra­gödie an der Grenze zwi­schen Nord­irland und der Republik Irland auf uns zukommen wird, möchten wir uns über­haupt nicht ausdenken.
Zumeist wird in den Medien nur über die gra­vie­renden Folgen für Groß­bri­tannien – zweit­größte Volks­wirt­schaft Europas – gesprochen, aber nicht über die Aus­wir­kungen für Europa und ins­be­sondere für Deutschland.
Chao­tische Zustände in der Luftfahrt
Im Bereich der Luft­fahrt werden chao­tische Zustände herr­schen, denn zahllose Ver­kehrs­rechte und Betriebs­ge­neh­mi­gungen werden ungültig. Inwieweit die EU Flüge mit Son­der­regeln auf­recht­erhalten kann, ist nicht klar. Der Airline-Verband IATA fordert bereits eine wech­sel­seitige Aner­kennung von Lizenzen, Sicher­heits- und Indus­trie­stan­dards. Ansonsten müssen alle Gepäck­stücke von Pas­sa­gieren, die über Groß­bri­tannien nach Europa reisen, abermals durch die Sicherheitskontrolle.
Der Brexit wird für die deutsche Wirt­schaft teuer
Mit einem bila­te­ralen Außen­han­dels­vo­lumen von rund 122 Mrd. Euro pro Jahr (Exporte plus Importe) ran­gieren die Briten auf Platz fünf der wich­tigsten Part­ner­länder. Der Han­dels­über­schuss Deutsch­lands gegenüber Groß­bri­tannien betrug 2017 knapp 47 Mil­li­arden Euro.
Allein in Deutschland hängen 750.000 Arbeits­plätze vom Handel mit Groß­bri­tannien (GB), einem der wich­tigsten Han­dels­partner Deutsch­lands, ab. GB ist ein extrem wich­tiger Export­markt für Autos aus Deutschland. Ferner pro­du­zieren deutsche Auto­mo­bil­her­steller, wie bei­spiels­weise BMW (Mini und Rolls-Royce) in GB. Groß­bri­tannien ist eben­falls ein wich­tiger Export­markt und Pro­duk­ti­ons­standort für die Chemie- und Phar­ma­in­dustrie. Knapp 17.000 Mit­ar­beiter deut­scher Firmen stellen in GB laut dem Bran­chen­verband der Che­mi­schen Industrie VCI Vor­pro­dukte her. Diese werden über­wiegend in Deutschland wei­ter­ver­ar­beitet. Die Branche geht von Pro­blemen bei Zulie­fe­rungen aus GB auf Grund feh­lender rele­vanter Zulas­sungen aus.
Niemand kann heute die enorm hohen volks­wirt­schaft­lichen Kosten und Schäden auf Grund der immensen Kom­ple­xität bei einem Brexit ohne Vertrag seriös berechnen. Im Falle eines schmut­zigen Brexits werden ins­be­sondere die inten­siven Lie­fer­ketten zwi­schen Indus­trie­un­ter­nehmen in Deutschland und GB unter­brochen. Endlose Last­wa­gen­ko­lonnen an den Grenzen zu GB werden zum Alltag gehören. Pro­duk­ti­ons­aus­fälle auf Grund nicht recht­zeitig gelie­ferter Teile werden die Folge sein. Von der Pro­ble­matik auf­kom­mender Zölle und den damit ver­bun­denen Kosten ganz zu schweigen. Laut Berech­nungen des Industrie- und Han­dels­kam­mertags (DIHK) müssten deutsche Unter­nehmen jährlich allein drei Mil­li­arden Euro für den Zoll zahlen. Hinzu kommen knapp 200 Mil­lionen Euro für Zoll­for­ma­li­täten. Folglich wird es in Zukunft bestimmt nicht billiger.
EU – Groß­bri­tannien geht, Deutschland bezahlt!
Groß­bri­tannien ist nach Deutschland der größte Net­to­zahler in der EU. 16,5 Mil­li­arden Euro fehlen im EU-Haushalt allein von April 2019 bis Ende 2020 bei einem bri­ti­schen EU-Aus­tritt ohne Abkommen.
Die Gelder, welche durch den Brexit ent­fallen, müssen auf die übrigen Mit­glieds­staaten ver­teilt werden. Dem­gemäß werden Mehr­be­las­tungen auf den größten Net­to­zahler Deutschland zukommen. Die Rede ist von bis zu 4,2 Mil­li­arden Euro zusätzlich bis Ende kom­menden Jahres
Sperr­mi­no­ri­täts­regel – der Super-Gau für Deutschland
Wesentlich teurer zu stehen kommen wird uns die „Sperr­mi­no­ri­täts­regel“ im Minis­terrat. Mit dem Ver­lassen Groß­bri­tan­niens ist das Gleich­ge­wicht innerhalb der EU unwie­der­bringlich gestört und die Süd­eu­ropäer haben ab dann die Mehrheit im Euro­päi­schen Rat und können folglich die Nord­eu­ropäer über­stimmen. Ein jeder kann sich aus­malen was da auf uns zukommen wird und wer die Rechnung begleichen darf. Wir gehen von erheb­lichen Mehr­kosten für Deutschland in Zukunft aus.
Die Welt wird auch nach dem Brexit nicht unter­gehen und Deutschland und die rest­lichen EU-Länder werden auch in Zukunft mit den Briten Geschäfte betreiben. Fakt ist: Weder Deutsch­lands wich­tigster Han­dels­partner USA noch unser dritt­wich­tigster Han­dels­partner China sowie die meisten Länder der Erde sind nicht Mit­glied der EU und dennoch treiben wir als Export­welt­meister offen­sichtlich äußerst fleißig und erfolg­reich Handel mit ihnen. Dennoch könnten Deutschland und die EU am Ende als die großen Ver­lierer dastehen — durch einen finan­zi­ellen Schaden als auch im Ansehen. War der Brexit doch der Anfang vom Ende der EU? Die nächsten Jahre werden es zeigen.


Die beiden Best­sel­ler­au­toren, Öko­nomen, Quer­denker, Redner und Hono­rar­be­rater Mat­thias Weik und Marc Friedrich schrieben vier Bücher:
Der größte Raubzug der Geschichte – warum die Flei­ßigen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden“. Es war das erfolg­reichste Wirt­schaftsbuch 2013.
Der Crash ist die Lösung – Warum der finale Kollaps kommt und wie Sie Ihr Ver­mögen retten“.
Es war das erfolg­reichste Wirt­schaftsbuch 2014.
Kapi­tal­fehler — Wie unser Wohl­stand ver­nichtet wird und warum wir ein neues Wirt­schafts­denken brauchen“
Sonst knallt´s!: Warum wir Wirt­schaft und Politik radikal neu denken müssen“ das sie gemeinsam mit Götz Werner (Gründer des Unter­nehmens dm-dro­gerie markt) geschrieben haben, erschienen
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