Nachdem wir am Wochenende viel über die Berichterstattung der westlichen Medien über Venezuela gelesen haben, wollen wir nun einen Blick auf die russischen Medien werfen. Die russische Fernsehsendung „Nachrichten der Woche“ hat sich ebenfalls mit Venezuela befasst. Wenig überraschend kommt sie zu anderen Ergebnissen als die deutschen Medien. Das russische Fernsehen fand wieder einmal sehr deutliche Worte. Ich habe den Beitrag übersetzt.
Beginn der Übersetzung:
Venezuela. Der Schicksalstag war der 23. Februar, für den der Putschist Guaido Massenkundgebungen angekündigt hatte. Alles wartete mit angehaltenem Atem. Schließlich konnte alles passieren, zum Beispiel hätten auch wieder vermeintlich „unbekannte Scharfschützen“ auftauchen können, wie auf dem Maidan.
Aber es entwickelte sich in eine unerwartete Richtung. Das Versprochene ist nicht eingetreten, und Guaido selbst ist aus dem Land geflohen. Zuerst nach Kolumbien, wo er mit Unterstützung Amerikas plante, die Grenze Venezuelas zu „durchbrechen“ und unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe LKW mit unbekannter Fracht einzuführen. Es hat nicht geklappt. Das ist nicht geschehen, weil der legitime Präsident des Landes zu Recht befürchtet, dass unter den Planen der LKW „humanitären Hilfe“ in Form von Waffen für die Anhänger Guaido sein könnten und der Aufstand dann zu einem bewaffneten Konflikt werden könnte.
Und wirklich, was ist das für eine Hartnäckigkeit derer, die Bankkonten des größten Ölkonzern Venezuelas in den USA gesperrt haben? Und Goldbarren nicht herausgeben, die die finanzielle Reserve des Staates darstellen. und das in einer so schwierigen Zeit für die Wirtschaft des Landes! Und gleichzeitig heucheln sie Hilfsbereitschaft und bestehen darauf, dass vier LKW mit Mehl oder was auch immer aus Kolumbien ins Land fahren müssen. Welcher Dummkopf würde an die Aufrichtigkeit dieser Absichten glauben?
Wie auch immer, Guaido ist nun im Ausland und plant, sich mit ausländischen Diplomaten zu treffen und auch nach Washington zu fliegen, um Anweisungen zu erhalten. Es heißt, ein Treffen mit US-Vizepräsident Pence wäre geplant.
Unterdessen behält in Venezuela selbst der rechtmäßige Präsident Nicolas Maduro die Hebel der Macht unter Kontrolle. Die Armee bleibt ihm treu.
Der erste Lastwagen, Teil der Karawane auf der Brücke zwischen Venezuela und Kolumbien, kam nicht mal 200 Meter weit, der Weg wurde von der Nationalgarde der Bolivarischen Republik blockiert. Die Kämpfer stehen hinter den Schilden. Sie nahmen Positionen an ihrer Seite des Ufers des Grenzflusses Tachir ein. Es fielen Schüsse.
Es gibt erste Verwundete auf der Simon-Bolivar-Brücke. Dieser Mann bekam ein Gummigeschosse in die Beine. Man riecht Tränengas. Manche Leute schützen schon ihre Gesichter. Das meiste bekamen jene ab, die Teil des „lebenden Rammbocks“ waren. Es war den in Kolumbien lebenden Venezolanern nicht gelungen, auf Aufruf von Guaido den Weg freizumachen.
„Sie werfen Steine auf uns, schießen auch mit Gummigeschossen. Aber wir werden weiter kämpfen“, sagte einer der Demonstranten.
Die venezolanische Opposition bewaffnete sich mit Steinen aus dem Kopfsteinpflaster. Sie sammelten sie direkt am Ufer und bildeten eine Kette — zur Weitergabe der Steine an die Frontlinie.
Die Simon-Bolivar-Brücke ist zum Zentrum der Konfrontation geworden. Einige versuchen, den Fluss zu durchwaten. Steine fliegen auf die venezolanischen Grenzschützer. Sie antworten mit Tränengas.
Ein weiterer Teil der Karavane wurde von dort nach Urjena verlegt. Und auch erfolglos. Drei Lastwagen, die versuchten, nach Venezuela zu gelangen, gerieten in Brand. Wer sie Brand gesteckt hat, ist noch unklar. Die venezolanische Nationalgarde setzt keine Schusswaffen ein. Es wurde versucht, die Säcke und Kisten aus den Lastern zu bergen, wobei sich einige Verbrennungen zuzogen. 30 Verletzte wurden gemeldet. Als sie das Lager der humanitären Hilfe verließen, waren sie noch in besserer Stimmung gewesen.
Die politischen Spezialisten aus den Reihen der amerikanischen Kuratoren entwarfen offensichtlich das Bild: Die, die auf den LKW saßen, hatten weiße Rosen in den Händen. Sie verteilten Blumensträuße. Ein alter Trick, der auf vielen ähnlichen Farbrevolutionen gesehen wurde. Auch die Parolen sind ähnlich.
„Wir haben keine Angst um Venezuela und seine Freiheit. Gott ist auf unserer Seite“, sagen die Leute.
Doch die Fahrer waren besorgt. Auffällige LKW aus amerikanischer Produktion sind ein fragwürdiges Werkzeug für einen Angriff. Nicht alle glaubten an den Erfolg der Provokation.
„Es ist gefährlich. Die andere Seite ist völlig militarisiert, es gibt sehr nervöse Militärs. Und wir wissen nicht, was passieren kann. Trotzdem gehen wir dorthin“, sagte einer der Bewaffneten.
Damit der Marsch mehr Spaß macht, fand am Tag zuvor auf der Bühne ein Benefizkonzerts statt. Der britische Milliardär Richard Branson brachte nach lokalen Maßstäben große Künstler in die kolumbianische Provinz von Cucuta. Der Bekannteste unter ihnen ist Luis Fonsey.
„Langsam“, so die Übersetzung des Titels des Welthits „Despocito“. Doch Guaido und die Amerikaner hatten es eilig. Und Branson, was auch immer ihn dazu bewegt haben mag, war in dieser privat-staatlichen Partnerschaft sehr hilfreich.
Der Milliardär Branson hat sich alles im Detail überlegt. Stars des lateinamerikanischen Pop wurden zu den Lagern mit humanitärer Hilfe aus den USA gebracht. Von hier gingen sie auf die Bühne. Von der Bühne dann auf die Couch. Damit sie nicht nur zur Unterstützung der Aktion sangen, sondern auch ein paar Worte gegen die venezolanische Regierung sagen konnten.
Für einen Tag ein Star, das scheint auch auf den Komponisten Pipe Bueno zuzutreffen. Bueno mimt den Veranstalter des Konzerts. Der Eigentümer des Unternehmens Virgin versprach, 10 Millionen Dollar zu sammeln, zusammen mit seinem Landsmann Roger Waters von Pink Floyd. Nachdem er die Couch verlassen hatte, kam er auch vor unser Mikrofon.
„Ich denke, dass sie morgen über die Brücke gehen werden, dem Militär weiße Rosen geben und das wird die Brücke öffnen. Wir müssen es versuchen. Ich bin ein Hippie aus den 60ern. Good music, love and you´re lucky“, sagte Branson.
Hippies in den 60er Jahren standen aber nie der Seite von Leuten, wie dem Trump-Sondergesandten für Venezuela. Der „Falke“ Eliot Abrams ist einst wegen seiner Unterstützung von Todesschwadronen und der Verwicklung in den Iran-Contra-Skandal aus dem Außenministerium verbannt worden. Am Vorabend des Durchbruchsversuchs flog er nach Cucuta. Auf dem Flugplatz wurde er vom kolumbianischen Präsidenten Ivan Duque empfangen. Sie haben sich sogar umarmt.
„Unterstützen Sie eine militärische Intervention?“
„Das ist eine humanitäre Aktion“, sagte Duque.
„Und wenn die Vereinigten Staaten sich entschließen, militärisch einzugreifen?“
„Es ist eine humanitäre Aktion, friedlich, es ist eine Demonstration dafür, dass die Diplomatie alle Formen von Gewalt überwinden kann.“
Die Wahrheit ist, dass es mit der Diplomatie gerade nicht gut läuft. Das offizielle Caracas hat den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Bogota angekündigt. Als nächstes sind offenbar zwei weitere Gäste von Präsidenten Duque dran, die Präsidenten von Paraguay und Chile. Sie alle kamen, um gemeinsam die Lastwagen zu inspizieren. Bei ihnen auch der Putschist Guaido. Er widersetzte sich einer einstweiligen Verfügung des Gerichts und flog per Hubschrauber nach Kolumbien.
Die Kolonne mit humanitärer Hilfe an dem Checkpoint besteht nur 10 aus Lastwagen. Guaido und seine Kumpane glauben wohl, dass das ausreicht, um Venezuela, wie sie sagen, vor dem Hungertod zu retten.
Der Putschist traf, während er vom Checkpoint zum Bürogebäude und dann zum Lagerhaus fuhr, eine Gruppe Journalisten. Auch wir sind schließlich zu ihm durchgekommen. Wir fragten, ob er verstanden hätte, zu was er seine Landsleute drängt.
„Wenn sie schießen, was werden Sie tun?“
„Niemand wird schießen. Alle Venezolaner wollen humanitäre Hilfe und Freiheit“, sagte Guaido.
„Und das Militär?“
„Das Militär gehorcht der venezolanischen Verfassung.“
Die Amerikaner tauchten nicht vor den TV-Kameras auf. Elliot Abrams inspizierte jedoch heimlich das Lager der von der United States Agency for International Development importierten Hilfsgüter. Die Show bekam der, der von Washington als Gesicht des Putsches ausgesucht worden ist. Guiado kletterte auf den LKW, als ob er persönlich die humanitäre Hilfe nach Venezuela fahren wollte.
Aber nach wenigen Metern hatte Guaido genug. Nachdem er von dem alten LKW abgestiegen war, verschwand er in einem modernen SUV. Die Gummigeschosse und das Tränengas an der kolumbisch-venezolanischen Grenze überließ er anderen.
Schon am gleichen Abend befahl der Staatschef von Kolumbien, die unbeschädigten Lastwagen von der Grenze wieder zurückzuholen. Fast dreihundert Verletzte, vier Dutzend Menschen in Krankenhäusern, das ist die Bilanz dieses Scheiterns. Als Kommandeur erwies sich Juan Guaido als genauso erfolglos, wie als Präsident.
Ende der Übersetzung
Wenn Sie sich für die russische Sicht auf die Weltpolitik interessieren, sollten Sie einmal die Beschreibung meines Buches lesen. Dort kommt Putin mit sehr ausführlichen Zitaten ungefiltert zu Wort und Sie können sich ein eigenes Bild über seine Ziele machen. Unter dem Artikel finden Sie den Link.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru