Im Fall Skripal wird in den Medien immer mal wieder mit Artikeln ohne aktuellen Bezug das Wasser am Köcheln gehalten. Diesmal war es im Spiegel die Moskau-Korrespondentin, die in ihrem Artikel zur Abwechslung sogar ein vielsagendes Detail preisgab. Es geht um die Finanzierung sogenannter „unabhängiger Enthüllungsplattformen“ durch den Westen. Um dies zu erkennen, braucht man allerdings Vorkenntnisse und man muss sehr aufmerksam lesen, um es zu entdecken, denn das Detail ist in einem einzigen, kurzen Absatz versteckt.
(Von Thomas Röper)
Um dem Leser die entsprechenden Vorkenntnisse zu geben, muss ich ein wenig ausholen. Aber es lohnt sich, dies alles zu lesen, denn damit wird das kleine, aber entscheidende Detail im Spiegel-Artikel, auf das ich danach eingehe, ausgesprochen interessant.
Im Fall Skripal ist trotz allem Getöse in den Medien nichts bekannt. Die OPWC, also die UN-Organisation, die für Chemiewaffen zuständig ist, konnte keine Rückschlüsse auf die Schuldigen des Attentates auf die Skripals ausmachen. Nowitschok, das angeblich eingesetzte Gift, wurde zwar in der Sowjetunion entwickelt, aber seit ein daran beteiligter Chemiker 1992 in den Westen ging, ist die Formel auch dort bekannt. In der Folgezeit haben unbestritten mindestens die USA, Großbritannien, der BND und der tschechische Geheimdienst Nowitschok hergestellt oder zumindest mit ihm experimentiert. Das Gift kann also von überall her gekommen sein.
Auch passt das Bild der Symptome bei den Skripals nicht zu Nowitschok, denn es gab in der Sowjetunion einen Unfall, bei dem ein Labormitarbeiter mit Nowitschok kontaminiert wurde, und es gab in Russland in den 1990ern mindestens einen Mordanschlag mit Nowitschok. In beiden Fällen setzten die Symptome augenblicklich ein. Die Skripals sollen sich aber angeblich an ihrer Türklinke damit kontaminiert haben, danach noch in aller Ruhe in die Stadt gefahren sein und in einem Retsaurant gegessen haben, bevor sie dann auf einer Parkbank das Bewusstsein verloren haben.
Und da das OPWC erst zwei Wochen nach dem angeblichen Anschlag überhaupt Zugang zu den Skripals bekommen hat, gab es genug Zeit, Proben zu manipulieren, bevor dem OPWC etwas ausgehändigt wurde, was es untersuchen durfte.
Im Januar gab es zudem in England Meldungen, die die offizielle Chronologie des ganzen Falles in Zweifel ziehen. Hieß es zunächst, ein Polizist hätte die Skripals auf der Parkbank gefunden und sich dabei ebenfalls kontaminiert, so wurde im Januar bekannt, dass es in Wirklichkeit eine 16-Jährige war, die ihnen erste Hilfe leistete und dabei auf wundersame Weise nicht kontaminiert wurde. Übrigens hat sich auch kein Mitarbeiter des Restaurants, in dem die Skripals bedient wurden und gegessen haben, kontaminiert. Nur der arme Polizist, der, wie es aussah, nicht einmal der erste war, der die Skripals gefunden hat.
Und dass Großbritannien die Skripals seit über einem Jahr vor der Öffentlichkeit versteckt, weckt bei den Medien keinerlei Misstrauen. Es wäre doch ein Leichtes, die Skripals vor der Presse ihre Version der Dinge erzählen zu lassen, wenn alles so eindeutig ist. Stattdessen werden sie versteckt und praktischerweise stellt die westliche Presse dazu keinerlei Fragen.
Die bekannten Fakten zum Fall Skripal habe ich hier zusammengestellt.
Immer, wenn der Westen eine russische oder syrische Greueltat aufdecken muss, dann ist die sogenannte „neutrale Enthüllungsplattform“ Bellingcat zur Stelle. Bellingcat weiß, wer das Flugzeug über der Ukraine abgeschossen hat, Bellingcat weiß alles über Giftgas-Angriffe in Syrien und Bellingcat weiß alles über den Fall Skripal. Bellingcat hat sogar Passkopien der angeblichen Attentäter, dabei gibt es nur eine Möglichkeit, diese bekommen zu haben. Bei der Beantragung der Visa für Großbritannien mussten die Pässe bei der britischen Botschaft in Moskau vorgelegt werden. Die Kopien, die Bellingcat der Öffentlichkeit präsentiert hat, dürften also von der britischen Regierung, bzw. vom britischen Geheimdienst kommen. Eine andere Erklärung gibt es nicht, in Russland sind Passkopien nicht frei im Internet verfügbar und russische Behörden dürften die Kopien kaum an Bellingcat weitergegeben haben.
Dazu passt, dass der Gründer von Bellingcat, Elliott Higgins, inzwischen ein gut bezahlter „Experte“ beim Atlantic Council ist. Das Atlantic Council ist ein US-Thinktank, der in all seinen Publikationen und Handlungen dezidiert anti-russisch und anti-chinesich ist, dafür aber die Nato unterstützt und großen Einfluss auf die Außenpolitik der USA und damit des Westens hat.
Dort wird Higgins als „Nonresident Senior Fellow“ bezeichnet und seine Fachgebiete sind neben Europa auch Syrien und Russland, obwohl er selbst zugibt, nie in einem der Länder gewesen zu sein oder auch nur die Sprachen zu verstehen. Hier wird ein Experte geführt, der keine Expertise hat. Aber er bringt bei Bedarf genau die „Enthüllungen“, die die westliche Politik gerade braucht.
Und er ist vielseitig verwendbar: Die westliche Presse erwähnt seinen Namen nicht, sondern redet von Bellingcat, der „neutralen Enthüllungsplattform“, die in Wirklichkeit beste Verbindungen zu den Strippenziehern der westlichen Politik hat. Dafür kann man ihn anderen Publikationen als „Experten“ des Atlantic Council bezeichnen, wo er die Arbeit von Bellingcat positiv darstellen kann.
Ich will hier nicht zu sehr ins Detail gehen, über diese Masche habe ich hier einen gesonderten Beitrag geschrieben, in dem ich darauf genauer eingehe.
Im Fall Skripal hat Bellingcat wiederum mit einer anderen, angeblich neutralen, „Enthüllungsplattform“ zusammengearbeitet, dem russischen Portal „The Insider“. Auch diesem Portal wird vorgeworfen, nur eine weitere, vom Westen für die benötigte Propaganda, bezahlte Plattform zu sein. Und genau das bestätigt ausgerechnet Christina Hebel, die Moskau-Korrespondentin des Spiegel in ihrem aktuellen Artikel indirekt.
Der Artikel selbst bringt in der Sache nichts Neues. Er soll wohl die Zweifel zum Beispiel daran zerstreuen, wie denn Bellingcat an die Pässe der angeblichen russischen Attentäter gekommen ist, die sich dabei praktischerweise als russische Agenten entpuppten. All dies hat nämlich angeblich „The Insider“ beigesteuert. Im Spiegel heißt es dazu: „Die Rechercheure haben vor allem Flugpassagierdaten, Passdaten und Wohnadressen ausgewertet, manche sind mehr oder weniger frei zugänglich, andere wurden ihnen zugespielt.“
Klingt gut, lässt sich aber nicht überprüfen, man muss es blind glauben. Aber dass „The Insider“ Informanten in allen russischen Behörden haben soll, die sowohl Zugang zu Daten der Kfz-Zulassungsbehörden, der Passbehörden und noch anderer Behörden haben, ist doch sehr unwahrscheinlich. Aber genau das wird behauptet. Die wahrscheinlichere These, nämlich dass diese Informationen, egal ob sie echt oder gefälscht sind, von westlichen Geheimdiensten kommen, wird in den Medien dagegen nicht einmal erwähnt.
In dem langen Spiegel-Artikel geht es ohne irgendwelche aktuellen Nachrichten auch nur darum, dem Leser ein sehr obskures Bild von Russlands Politik zu vermitteln und „The Insider“ als Kämpfer für Wahrheit und Gerechtigkeit zu präsentieren. Und der dafür verantwortliche Mann, Roman Dobrochotow, darf all dies ganz offen, legal und ungestört in Russland tun, ohne vom Staat belangt zu werden.
Man stelle sich einmal kurz vor, in Deutschland würde eine Internetplattform Passdaten und Daten der Kfz-Zulassungsbehörden im Netz veröffentlichen und damit die Identität von BND-Agenten enttarnen. Der Staatsanwalt würde sofort wegen Verstößen gegen mehrere Gesetze ermitteln, angefangen beim Datenschutzgesetz bis hin zum Verrat von Staatsgeheimnissen. Solche Gesetze gibt es auch in Russland, aber niemand ermittelt. Kein Staatsanwalt hat ein Verfahren eröffnet oder Roman Dobrochotow auch nur befragt. Dabei müsste der Staat das doch schon deshalb tun, um die undichten Stellen in den Behörden zu finden. Aber nichts dergleichen.
Auch darf Roman Dobrochotow weiterhin frei in Russland herumlaufen und seiner Tätigkeit nachgehen. Und das in einem Land, in dem doch angeblich jede Opposition unterdrückt und verhaftet wird. Aber jemand, der sich illegal Daten beschafft und diese auch noch beim „Feind“ veröffentlicht, der wird nicht angetastet, ja nicht einmal befragt. Wie überzeugend ist das?
Aber die Medien stellen diese Fragen nicht und auch Frau Hebel, die angblich kritische Korrespondentin des Spiegel in Moskau, kommt bei ihrem anscheinend ausführlichen Gespräch mit ihm nicht auf die Idee, diese Fragen zu stellen.
Und es kommt noch besser, denn mitten in diesem Artikel findet sich folgender Absatz zur Finanzierung von „The Insider“: „Er brauche etwa zehntausend Dollar im Monat, um die Arbeit zu finanzieren, sagt Dobrochotow. Er setzt auf Spenden und ausländische Stipendien. Gern würde er die Webseite vollständig über Crowdfunding finanzieren, also durch Hunderte Kleinspenden.”
Nun bin ich auch Blogger und ich kenne inzwischen viele Blogger und es gibt auch in Deutschland reichlich investigative Journalisten, die nicht bei großen Medien, sondern frei arbeiten. Ich wüsste aber nicht, dass irgendeiner von denen zehntausend Dollar monatlich für seine Arbeit bräuchte oder gar bekommen würde. Selbst die erfolgreichsten deutschen Portale kommen nicht einmal auf viertausend Dollar monatlich, unterhalten von diesem Geld aber sogar professionelle Fernsehstudios mit teurer Technik und teilweise sogar Mitarbeitern, die dort nicht des Geldes wegen, sondern aus Idealismus arbeiten.
Die meisten Blogger machen das dagegen als Hobby, weil man aus Spenden schwer auch nur hundert Euro pro Monat zusammenbekommt. Man braucht also eine gehörige Portion Idealismus, um täglich Stunden in diese Arbeit zu investieren.
Wozu braucht „The Insider“ so viel Geld? Und vor allem, woher bekommt er es? Die Antwort ist vielsagend: von „ausländischen Stipendien“.
Wer vergibt diese Stipendien? Wie hoch sind sie dotiert? Welche Bedingungen sind an diese Zahlungen aus dem Ausland geknüpft? All diese Fragen hätte ein kritischer Journalist sofort gestellt, aber bei Frau Hebel vom Spiegel ist das erfahrungsgemäß zu viel verlangt.
Dabei ist das die entscheidende Frage, wie wir im Fall Bellingcat sehen. Da ist die Verbindung und damit Finanzierung durch das Atlantic Council mit ein wenig Recherche zu finden. Und damit ist auch klar, wessen Interessen bedient werden. Von „neutraler Enthüllungsplattform“ kann keine Rede sein, Bellingcat ist ein Propaganda-Instrument westlicher Geopolitiker mit besten Verbindungen zu westliche Geheimdiensten.
Bei „The Insider“ ist das noch nicht belegt, denn von wem die ihre „Stipendien“ erhalten, wurde nicht erwähnt und ich habe dazu auch noch nichts belegbares gefunden. Da sie aber eng mit Bellingcat zusammenarbeiten, können wir ja mal alle zusammen raten, wer wohl dahinter steckt.
So wurde dieser Artikel von Frau Hebel, der eigentlich die anti-russische Medienkampagne in Sachen Skripal weiter befeuern soll, ungewollt zu einem durchaus interessanten Dokument. Und er zeigt erneut auf, dass der Spiegel seine Leser für recht dumm halten muss, wenn er so etwas schreibt und meint, dass es niemandem auffällt.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru