Greta Thunberg - Bild: Screenshot Youtube

82 Prozent der Deut­schen dachten, Clinton würde die Wahl gegen Trump gewinnen – Wie ist das zu erklären?

In einer Face­book­gruppe habe ich heute etwas erlebt, was mir Gele­genheit gibt, zu ver­deut­lichen, womit Auf­klä­rungs­arbeit und sach­liche, unpar­tei­ische Infor­mation ange­sichts der immensen ideo­lo­gi­schen Ver­blen­dungen auf nahezu allen Seiten inzwi­schen massiv zu kämpfen haben.
Den US-Prä­si­denten wählen nicht Deutsche, sondern US-Amerikaner
Kurz vor der US-Prä­si­dent­schaftswahl hat Infratest dimap für die ARD die deutsche Bevöl­kerung in Deutschland gefragt, was sie glaubt, wer die Wahl in den USA gewinnen werde, Clinton oder Trump. 82 Prozent der Befragten in Deutschland meinten, Clinton würde die Wahl gewinnen, nur 9 Prozent tippten auf Trump (siehe Titelbild). Es kam genau umge­kehrt wie wir alle wissen. An diesem Bei­spiel lassen sich nun gleich mehrere Dinge aufzeigen:
1. Wie sehr die deutsche Bevöl­kerung nach links ver­rutscht ist. Hätten die Deut­schen den US-Prä­si­denten wählen dürfen, hätte Trump sogar noch weniger als 9 Prozent bekommen, nämlich nur ca. 4 Prozent.
2. Nun wählen aber nicht die Deut­schen den US-Prä­si­denten, sondern die wahl­be­rech­tigten US-Bürger. Soweit dürfte jeder noch folgen können. Insofern ist eine Befragung unter Deut­schen, was sie glauben, was die US-Ame­ri­kaner wählen werden, etwas voll­kommen anderes als eine Befragung der US-Wähler, was sie beab­sich­tigen zu wählen. An der Stelle dürften etliche bereits aus­steigen: „Es sind doch beides nur Umfragen.“ Selbst diesen ele­men­taren Unter­schied klar zu machen, wird nicht mehr bei allen gelingen. Offen­sichtlich stößt man hier schon an Grenzen.
3. Das Ganze zeigt natürlich auch, wie ein­seitig die Bericht­erstattung gerade der deut­schen Mas­sen­medien ist, die hier in der freien, demo­kra­ti­schen Welt womöglich sogar das Schluss­licht sein könnten. Objektive, sach­liche, faire Bericht­erstattung und Beur­teilung findet nicht nur in der ARD (wahr­scheinlich die Schlimmsten von allen) und im ZDF, sondern auch in den deut­schen Pres­se­or­ganen kaum noch statt. Das erkennen und spüren sehr viele.

Der Augen­öffner! Hier bestellen!

Es ist ein Unter­schied, ob ich US-Ame­ri­kaner frage, was Sie wählen wollen, oder ob ich Deutsche frage, was Sie meinen, was US-Ame­ri­kaner wählen werden
4. Diese sind aber nicht selten unfähig, über­haupt noch zwi­schen a) sach­licher, unpar­tei­ischer, fairer und b) par­tei­ischer, ideo­lo­gisch ver­blen­deter Bericht­erstattung und Beur­teilung zu unter­scheiden. Was einem per­sönlich nicht gefällt, wird auto­ma­tisch in (b) rubri­ziert, um sich so selbst Ent­lastung zu ver­schaffen vor Fakten, die man nicht hören und nicht lesen will. Wir sehen hier also genau das gleiche Phä­nomen wie auf der Gegen­seite, es werden jeweils die Augen ver­schlossen vor allem, was einem nicht gefällt.
5. Ins­be­sondere bei Umfragen fällt es vielen zudem extrem schwer, über­haupt die Fra­ge­stel­lungen und den Infor­ma­ti­ons­gehalt der Ergeb­nisse zu ver­stehen. (Bei vielen Pos­tings fällt es vielen sogar schwer, über­haupt auch nur das Thema zu erfassen, um das es geht. Oft wird einfach nur ein Schlagwort erfasst und dann wild asso­ziiert, was einem eben gerade so ein­fällt. Manche kucken sogar nur das Bild an und lesen den Text schon gar nicht mehr. Das wird wohl auch bei diesem Artikel so sein.)
Man denkt, das müsste doch jedem klar sein, dass es ein Unter­schied ist, ob ich A frage, was er dem­nächst zu machen gedenkt, oder ob ich D frage, was er denkt, was A tun wird, wenn D zudem noch wenig Ahnung hat von A, diesen gar nicht per­sönlich kennt und nur von M Infor­ma­tionen über A bekommt, wobei M eigene Inter­essen ver­folgt. Das können tat­sächlich wohl viele nicht unter­scheiden und erzählen dann, die Umfragen bei der US-Wahl wären voll­kommen falsch gewesen.
Wenn viele auf A tippen, heißt das nicht, dass sie einen hohen Sieg über B erwarten
6. Zu diesen Umfragen ist zu sagen, dass das Wahl­recht in den USA ein anderes ist. Hier zählt zunächst jeder Bun­des­staat für sich aus. Gewinnen die Repu­bli­kaner einen Staat für sich und sei es nur mit 50,x Prozent der Stimmen, dann wählen in aller Regel alle Wahl­männer (100 Prozent) dieses Bun­des­staates den Repu­bliker-Kan­di­daten und umge­kehrt natürlich bei den Demo­kraten genauso. Daher kann es leicht pas­sieren, dass ein Kan­didat mehr als 50 Prozent der Stimmen aller US-Ame­ri­kaner erhält, aber dennoch ver­liert. So war es auch bei Hillary Clinton. Sie erhielt ca. 2,6 Mil­lionen mehr Stimmen als Trump, kam auf etwa 51 Prozent, Trump auf 49. Das half ihr aber nicht, weil Trump deutlich mehr Bun­des­staaten für sich ent­scheiden konnte und so mit 306 : 232 Stimmen der Wahl­männer klar gewann.
7. Die Grafik sug­ge­riert zudem, dass man einen haus­hochen Sieg von Clinton zu erwarten hätte. Auch das besagt die Grafik nicht. Wenn zwei Mann­schaften gegen­ein­ander spielen, zum Bei­spiel im Fußball Deutschland gegen Italien, dann kann es sein, dass 80 Prozent der Deut­schen auf einen knappen Sieg mit 1:0 oder 2:1 für Deutschland tippen (und 80 Prozent der Ita­liener für einen knappen Sieg für Italien). Das heißt aber nicht, dass sie tippen, ihre Mann­schaft würde 8:1 gewinnen.
Die Güte von deut­schen Umfragen und von Wahl-O-Matrix
Dass die US-Prä­si­dent­schafts­wahlen knapp ver­laufen würde, war eigentlich klar. Und so war es ja auch, Trump gewann mit 49 : 51 Prozent der Stimmen, weil er deutlich mehr Bun­des­staaten gewann und so 306 der 538 Wahl­männer für ihn stimmten. Das Ent­schei­dende bei dieser Umfrage von Infratest dimap war aber, wie in Punkt 5 schon beschrieben, dass dies keine Umfrage in den USA unter US-Wählern war, sondern eine in Deutschland unter Leuten, die gar nicht wahl­be­rechtigt waren in den USA und die zudem durch die deut­schen Mas­sen­medien völlig ein­seitig gegen Trump infor­miert wurden und noch immer werden, allen voran durch die ARD.
Insofern hat dies nichts mit deut­schen Umfragen zu tun, die sich auf Wahlen beziehen, in denen Deutsche wahl­be­rechtigt sind und nicht gefragt werden, was sei denken, was andere machen werden, sondern in denen Sie zum Bei­spiel gefragt werden: „Wenn jetzt am Sonntag Bun­des­tags­wahlen (oder Land­tags­wahlen oder EU-Wahl) wäre, wem würden Sie dann ihre Stimme geben?“
Ich hoffe, dass ich den Unter­schied ein wenig ver­deut­lichen und die all­ge­meine Ver­wirrung etwas auf­lösen konnte. Hier können Sie im übrigen sehen, wie treff­sicher deutsche Umfragen, die sich auf deutsche Wahlen beziehen meist sind, und wie gut die Pro­gnosen von Wahl-O-Matrix, dem von mir gegrün­deten Meta-Analyse-Tool.
 

Dieser Beitrag wurde erst­ver­öf­fent­licht auf dem Blog von Jürgen Fritz — www.juergenfritz.com

Titelbild: YouTube-Screenshot