Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt nimmt NetzDG-Klage von Bever­foerde u.a. nicht zur Ent­scheidung an

Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt (BVerfG) hat die vor acht Monaten ein­ge­reichte Ver­fas­sungs­be­schwerde gegen das Netz­werk­durch­set­zungs­gesetz (NetzDG) als unzu­lässig ein­ge­stuft und die drei Beschwer­de­führer, Hedwig von Bever­foerde u.a., auf den fach­ge­richt­lichen Rechtsweg verwiesen. 
Der ent­spre­chende Nicht­an­nah­me­be­schluss des BVerfG erging bereits am 23.04.2019 (Az. 1 BvR 2314/18), wurde jedoch dem Anwalt der drei Beschwer­de­führer erst Wochen später zuge­stellt. Bever­foerde und Mit­streiter sehen sich durch das NetzDG sowohl in ihrer Mei­nungs­freiheit als auch in ihrer Infor­ma­ti­ons­freiheit ver­fas­sungs­widrig beeinträchtigt.
NetzDG ist Ein­griff in das Grund­recht auf Freiheit der Meinungsäußerung
In seiner drei­sei­tigen Begründung bejahte das Gericht zwar einen Ein­griff in das Grund­recht auf Freiheit der Mei­nungs­äu­ßerung (Art. 5 I 1, 1. Alt. GG), verwies die Beschwer­de­führer jedoch auf den fach­ge­richt­lichen Instan­zenweg, der mit­unter jah­relang dauern könnte. Im Ergebnis hat das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt damit auch eine Aus­nahme vom grund­sätz­lichen Erfor­dernis der fach­ge­richt­lichen Rechts­weg­er­schöpfung wegen grund­sätz­licher Bedeutung – diese Aus­nahme lässt das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts­gesetz aus­drücklich zu – abge­lehnt, worauf sich die Beschwer­de­führer ins­be­sondere berufen hatten.
Rechts­anwalt Dr. Lipinski: »Die Ent­scheidung ist schwer ver­ständlich. Bei einer derart wich­tigen ver­fas­sungs­recht­lichen Streit­frage, die Mei­nungs- und Infor­ma­ti­ons­freiheit von vielen Mil­lionen namentlich Facebook- und Twitter-Nutzern betrifft, ist es nicht nach­voll­ziehbar, die Beschwer­de­führer auf einen jah­re­langen fach­ge­richt­lichen Instan­zenzug zu ver­weisen, während täglich viele Videos, Bei­träge u.Ä. wei­terhin gelöscht bzw. gesperrt werden.«
Die Beschwer­de­führer prüfen und erwägen jetzt die Mög­lich­keiten, die Sache vor anderen Gerichten weiter zu verfolgen.
Hedwig v. Bever­foerde: „Wir sind sehr enttäuscht“
Die Mei­nungs- und Infor­ma­ti­ons­freiheit, ins­be­sondere in den Sozialen Medien, sind auch Vor­aus­setzung für die Arbeit des Akti­ons­bünd­nisses Demo­FürAlle, das zwei Deutsch­land­touren mit dem „Bus der Mei­nungs­freiheit“ durch­ge­führt hat.
Beschwer­de­füh­rerin und Demo­FürAlle-Spre­cherin, Hedwig v. Bever­foerde: »Wir sind sehr ent­täuscht, dass das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die für Mil­lionen Bürger drän­gende Prüfung des NetzDG auf Ver­fas­sungs­mä­ßigkeit ver­weigert. Mir als Beschwer­de­füh­rerin ging es darum, dieses Zen­sur­gesetz an der Wurzel zu fassen. Wir haben deshalb diese einzige Chance zur Ver­fas­sungs­klage innerhalb der Jah­res­frist nach Inkraft­treten des Gesetzes genutzt und damit der All­ge­meinheit – ganz unab­hängig vom Ausgang – einen Dienst erwiesen.
Immerhin haben wir das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ver­an­lasst, die Zurück­weisung ordentlich zu begründen, während es mehr als 90% aller Beschwerden ohne ein Wort der Begründung zurück­weist. Dabei sah sich das Gericht genötigt, fest­zu­stellen, dass ein Ein­griff in die Mei­nungs­freiheit vor­liegt. Dass Karlsruhe sich mit keinem Wort zur Sache geäußert hat, ist kein „Frei­spruch“ für das NetzDG.«


David Berger — Erst­ver­öf­fent­li­chung auf dem Blog des Autors www.philosophia-perennis.com