Italien bleibt auf Kurs – und die Bun­desbank räumt ein, dass TARGET2 doch ein Problem ist!

Italien bleibt auf Kurs. Es ent­wi­ckelt sich genauso, wie nüch­terne Beob­achter – zu denen ich mich zählen würde – seit Jahren vor­her­sagen. Das Spiel geht weiter und Italien wird – erfolg­reich – erpressen, um am Ende dann doch irgendwann aus dem Euro auszuscheiden.

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Nach der Euro­pawahl also die Fort­setzung der Geschichte. Zunächst die Meldung von SPIEGEL ONLINE, dass Italien „nun wirklich Ärger mit der EU bekommt“:
  • „Die Ent­scheidung wird vor­aus­sichtlich gegen Mittag im wöchent­lichen Treffen der EU-Kom­missare fallen. Deren Kabi­netts­chefs waren sich am Montag bereits einig, wie es aus Kom­mis­si­ons­kreisen heißt: Es sei ange­bracht, nun ein Ver­fahren wegen über­mä­ßigen Defizits gegen Italien auf den Weg zu bringen.“ – Stelter: Halten sich doch die bösen Ita­liener nicht an die Regeln.
  • „Laut den Regeln müsste Rom diesen Berg suk­zessive abbauen. Doch die Koalition aus rechts­na­tio­naler Lega und popu­lis­ti­scher Fünf-Sterne-Bewegung hat Gegen­tei­liges vor: Sie will Steuern senken, Sozi­al­aus­gaben erhöhen, Inves­ti­tionen tätigen – und zwar auf Pump. Das, so argu­men­tierte die Regierung in Rom noch Ende 2018, würde das Wirt­schafts­wachstum auf 1,5 Prozent jährlich steigern. Im ersten Quartal 2019 lag es bei gerade einmal 0,1 Prozent.“ – Stelter: Kein Land hält dau­erhaft eine Sta­gnation aus. Japan ist da die Ausnahme.
  • „(…) Milde hat der EU-Kom­mission bisher wenig gebracht. Immer wieder hat sie sich gegenüber ita­lie­ni­schen Regie­rungen nach­sichtig gezeigt. Die for­derten mal Aus­nahmen von Schul­den­regeln, um den Haushalt sanieren zu können – was nicht geschah. Dann wollten sie mehr Freiraum, um eine Macht­über­nahme popu­lis­ti­scher Par­teien zu ver­hindern, die dann trotzdem an die Macht kamen. Noch Ende 2018 schreckte die Kom­mission wohl auch deshalb vor einem Ver­fahren gegen Italien zurück, weil sie Salvini kurz vor der Euro­pawahl keine weitere Munition liefern wollte. Das Ergebnis: Salvini holte satte 34 Prozent.“ – Stelter: Es gehört alles zum großen Spiel, das Italien sehr erfolg­reich spielt.
  • „Sollte es nun ein Defi­zit­ver­fahren geben, würde es für Italien womöglich noch teurer werden, sich an den Märkten Geld zu besorgen. Sollte die dritt­größte Volks­wirt­schaft der EU in eine Schul­den­krise oder gar den Bankrott schlittern, könnte das zwar die gesamte Eurozone gefährden, räumt ein rang­hoher EU-Diplomat ein.“ – Stelter: Und genau deshalb werden die Europäer sich erpressen lassen.
  • „Rückenwind bekommt die Kom­mission auch dadurch, dass sie einen gewissen Erfolg mit ihren Defizit-Ver­fahren vor­weisen kann. Noch im Jahr 2011 liefen sie gegen 24 der 28 EU-Staaten. Inzwi­schen ist nur noch Spanien übrig – und die Kom­mission, so heißt es, werde am Mittwoch dem Minis­terrat wahr­scheinlich emp­fehlen, auch dieses Ver­fahren zu beenden. Italien könnte bald das einzige Mit­glied im Klub der Defizit-Sünder sein.“ – Stelter: zur Erin­nerung: Frank­reich gehört seit Jahren auf die Liste und würde da auch bleiben. Ist aber gar nicht auf der Liste, „weil es Frank­reich ist“ wie Junker es so treffend sagt …

Auch der Tele­graph blickt bekanntlich nüchtern auf die Lage im Land:

  • „‘We’re not Greece,’ said Claudio Borghi, Lega chairman of Italy’s house budget com­mittee. ‘We are net con­tri­butors to the EU budget. We have a trade surplus and primary budget surplus. We don’t need any­thing from anybody. And we are in better shape than France.’ Lega strategy is to offer EU leaders a choice: reform the EU treaties to enable fiscal expansion and allow the European Central Bank to act as lender-of-last-resort; or face the con­se­quences.“ – Stelter: Welch einen bes­seren Moment kann man sich dafür aus­suchen, als eine geschwächte deutsche Regierung, wo zudem die Hoffnung besteht, dass die Nach­fol­ge­re­gierung in die gleiche Richtung zielen könnte? Ich bin bekanntlich für Tricks, über die EZB-Bilanz zur „Lösung“ des Pro­blems zu kommen, aber dann bitte richtig und nicht nur zugunsten ein­zelner Länder. Dann sollten auch wir etwas davon haben.
  • „Brussels (…) demands are macro-eco­nomic van­dalism. It is ordering a country already in slump to tighten budget policy vio­lently by 1.5pc of GDP. It is doing this after the with­drawal of monetary sti­mulus from the ECB. The pre­scription is futile even on its own crude terms. Italy’s nominal GDP will deflate. The public debt ratio will ratchet higher through the deno­mi­nator effect. But law is law – at least for Salvini’s Italy, if not for Macron’s France.“ – Stelter: Und so ist es. Erinnern wir uns, dass es bei dem Projekt um ein fran­zö­sisch domi­niertes Europa geht, wie hier vor einiger Zeit schon gezeigt. → „France calls for EU ‚empire‘ and warns of euro break-up in next crisis“ 
  • „(…) risk spreads on 10-year Italian bonds (hit) a six-month high of 292 basis points on Wed­nesday. Stress begins at 300. The banking system spirals into crisis at 400. (…) The Inter­na­tional Monetary Fund says a ‘severe’ shock would drive down the Tier 1 capital ratios of Italy’s banks by 230 points, with a chain reaction quickly spre­ading through Por­tugal and Spain and mor­phing into a sys­temic threat to the eurozone.“ – Stelter: Und das gibt der Regierung in Italien so viel Macht und heimlich sind auch die meisten der anderen Länder dafür.

Doch es bleibt nicht bei den Schar­mützeln. Italien bereitet weitere „Argu­mente“ vor, wie mitt­ler­weile überall berichtet: die Par­al­lel­währung der Mini-BOTs, auch hier schon vor langer Zeit dis­ku­tiert, scheint kon­krete Formen anzu­nehmen. Am 28. Mai 2019 hat die ita­lie­nische Abge­ord­ne­ten­kammer für die Ein­führung von Mini-BOTs votiert. Mit den Mini-BOTs kann die Regierung nun die zwei­stel­ligen Mil­li­ar­den­schulden des ita­lie­ni­schen Staates gegenüber den ein­hei­mi­schen Unter­nehmen begleichen. Die Papiere dürfen aber auch vom Fiskus zur Beglei­chung von Steu­er­schulden ange­nommen werden. Damit haben wir fak­tisch eine Par­al­lel­währung und wir wissen, dass das schlechte Geld (hier die Mini-BOTs) das gute Geld ver­drängt. Schon sehr bald wird innerhalb Ita­liens mit zwei Wäh­rungen gear­beitet werden und damit ist die Grundlage für den Aus­stieg gelegt.
Hier wie es tech­nisch abläuft: → Usci­talia, so läuft er ab
Der Tele­graph dazu:

  • „Once these short-term notes trade on the open market they would become a de facto cur­rency, a new lira in waiting. Italy would have a split monetary system. The euro would unravel from within. (…) the ECB would first ration and then cut off Target2 support for the Bank of Italy.(…) Italy would have to impose capital con­trols within days. The country would wake up one morning to find that it was no longer in the euro. That, of course, is what Mr Salvini wants. Cur­rency sove­reignty is a pre-con­dition of national self-government. ‘The euro is a crime against humanity,’ he once said (…).“ – Stelter: Es ist in sich logisch, ich denke aber, es wird ihnen gelingen, den ganzen Euro zu drehen.
  • Germany and the nor­thern block have refused to rebuild the eurozone on viable foun­da­tions before the next global downturn hits. They have rebuffed all pro­posals for EMU fiscal union and debt sharing. (…)  EU leaders gua­ranteed the next Italian banking crisis at last year’s December summer when they cleared the way for easier sove­reign debt res­truc­turing. There can be no further rescues by the eurozone bail-out fund (ESM) unless debt is deemed sus­tainable. Other European countries are pre­paring for Italy’s default.“ – Stelter: Das wie­derum glaube ich nicht. Das würde ja lang­fris­tiges Denken vor­aus­setzen, was ich mir nicht vor­stellen kann.

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Mitt­ler­weile wird das Erpres­sungs­risiko scheinbar auch offi­ziell gesehen, so der Tele­graph heute. Inter­es­san­ter­weise sieht demnach die Bun­desbank Risiken, obwohl sie kürzlich die TARGET2-Dis­kussion als „Fake-News“ abge­kanzelt hat:
  • The German Bun­desbank has warned that it could face heavy losses if a major country leaves the euro and defaults on debts to the European Central Bank system, but warned that any attempt to prepare for such a crisis could backfire by trig­gering a spe­cu­lative attack.“ – Stelter: Das ist in der Tat eine Kehrtwende!
  • „While the Bun­desbank text sticks to the standard line that a euro break-up is hypo­the­tical it nevert­heless admits – after years of obfus­cation – that the ECB’s internal Target2 sett­lement system entails ine­s­ca­pable costs for Germany and other EMU member states should it ever happen. It also gives the impression that the monetary aut­ho­rities have no clear strategy for handling such a crisis. The con­clu­sions will be pre­sented to the finance com­mittee of the German par­liament on Wed­nesday by Burkhard Balz, the institution’s head of pay­ments.“ – Stelter: Im Kern ist es so, dass wir zins- und til­gungsfrei Kredit geben. Dumm.
  • „Pro­fessor Philip Turner, a former monetary official at the Bank for Inter­na­tional Sett­le­ments, said the politics of Target2 are poi­sonous. This is lending on a huge scale that no government has approved. It is covering fun­da­mental imba­lances at the heart of the eurozone system, and it can’t go on inde­fi­nitely,’ he said. The Inter­na­tional Monetary Fund says it would be hard to prevent a sove­reign debt crisis in Italy engulfing Spain and Por­tugal. The ECB could the­r­efore face a Target2 crisis approa­ching €1 trillion if Italy’s rebel government sets off a chain reaction with its ‘minibot’ notes.“ – Stelter: Natürlich wird es eine Kapi­tal­flucht aus Italien geben und wohin wird das Geld fliehen? Zu uns … und wir finan­zieren das sogar noch. Kümmert unsere Poli­tiker nicht, die sich derweil darauf kon­zen­trieren, alleine das Welt­klima zu retten.
  • „Con­tracts are subject to the prin­ciple of Lex Monetae.  Pro­fessor Minenna, an expert on Target2 from his days at Bocconi Uni­versity, says the Bank of Italy is legally entitled to repay the money in ‘lira’ at the pre­vailing market exchange rate. ‘In the case of ›Italexit‹ the ECB would face a cur­rency haircut of 60pc on its Italian Target2 credits. There would be an enormous deva­luation against new euro, which would no longer be the same old euro without Italy. There is always an over­shoot in these situa­tions,’ he said.“ – Stelter: Und unsere Poli­tiker haben uns in diese Situation wis­sentlich manövriert.
  • „(…) the Target2 system com­bined with QE has dege­ne­rated into a racket allowing private banks and investment funds to exit posi­tions and switch lia­bi­lities (…) In the end Italy’s cre­ditors will be faced with a choice: either accept the dis­or­derly default of Italexit; or put the country’s debt on a ‘sus­tainable path’ by stret­ching matu­rities, or by an interest rate haircut, or both.“ – Stelter: Ich erinnere daran, dass die ita­lie­ni­schen Pri­vat­haus­halte deutlich reicher sind als die deut­schen. Umver­teilung von arm zu reich ist also das Programm.
  • „For the cre­ditors there is an issue of demo­cratic accoun­ta­bility. The Target2 credits entail mounting risks for German tax­payers yet there is no vote to approve this in the German par­liament. The Bun­desbank hands over the money auto­ma­ti­cally. (…) the Target2 regime is a sys­te­matic deception of the German people. The imba­lances are not self-cor­recting – con­trary to the long-asserted claims of the Bun­desbank – and the existing credits will never be reco­vered. (…) If that happens, there is going to an awkward reckoning when German voters realize what has been done to them.“ – Stelter: Aber wir sind doch so ein „reiches Land“. Wahnsinn.

Dr. Daniel Stelter – www.think-beyondtheobvious.com