Kli­ma­wandel — Die größte Sorge der Deut­schen oder eine Medienkampagne?

Seit Monaten beherrscht der Kli­ma­wandel die Schlag­zeilen in Deutschland. Greta, Schü­ler­streiks und nun Rezo und die Ergeb­nisse der Euro­pawahl. Aber handelt es sich dabei um ein Thema, das plötzlich für die Deut­schen so wichtig wurde oder ist es eine groß­an­ge­legte Medienkampgane?
Seit Monaten ist der Kli­ma­schutz Thema Nummer eins in den deut­schen Medien. Gerade so, als würden sich plötzlich alle Deut­schen nur noch dafür inter­es­sieren. Aber ist das so? Ein Blick auf aktuelle Umfragen hilft da weiter.
Die R+V Ver­si­cherung ver­öf­fent­licht jedes Jahr eine große Studie zu dem Thema „Ängste der Deut­schen„, ich habe im Sep­tember einen Artikel über die aktuelle Umfrage geschrieben. Und wenn man den Medien glaubt, dann müsste das Thema „Umwelt und Klima“ dort an erster Stelle stehen. Tat­sächlich standen auf den Plätzen ein bis drei aber die Ängste vor einer „gefähr­li­cheren Welt durch Trump-Politik“ mit 69%, die Angst vor der „Über­for­derung der Deutschen/Behörden durch Flücht­linge“ und die Angst vor „Span­nungen durch Zuzug von Aus­ländern“ mit jeweils 63%. Die Angst vor dem Kli­ma­wandel kam erst auf Platz 12 mit 48%.

Der Hype um Greta begann im August 2018. Ein kleines Mädchen hatte einen Schreib­wett­bewerb in Schweden gewonnen und plötzlich war sie euro­paweit in den Medien und wurde zu allen mög­lichen Kon­fe­renzen ein­ge­laden. Die Medien haben den Hype um sie massiv gepusht und Schüler durften sich freuen, dass Schu­le­schwänzen an Frei­tagen pro­pa­giert wurde.
Ich habe davon hier in Russland, wo ich lebe, kaum etwas mit­be­kommen und dem Unsinn über ein kleines Mädchen kaum Bedeutung geschenkt. Die Geschichte ist einfach zu offen­sichtlich orches­triert worden, denn keine 16-jährige schafft es im großen Stil in die Medien, bloß weil sie sich vor einer Schule mit einem Plakat auf­stellt und zum Streik aufruft.
Und sie ist auch keine Expertin, sie besucht die 9. Klasse. Trotzdem wurde sie auf die Welt­kli­ma­kon­ferenz und zum Wirt­schafts­treffen in Davos ein­ge­laden und bekam Schlag­zeilen, weil sich angeblich die großen Ent­schei­dungs­träger der Welt für sie inter­es­sierten. Nur was konnte sie denen als 16-jährige Schü­lerin inter­es­santes erzählen? Nichts, es ging um PR und um schöne Bilder. Die­je­nigen, die den Hype um Greta ins Leben gerufen haben, hatten Stoff für neue Berichte und die Poli­tiker hofften auf Sym­pa­thie­punkte, wenn sie sich mit dem Mädchen foto­gra­fieren lassen konnten. Es war reine PR ohne jeden prak­ti­schen Nutzen.
Wie gesagt ging das ganze an mir hier in Russland spurlos vorbei und erst durch eine Leser­frage wurde ich auf das Thema auf­merksam. Ein Leser fragte mich per Email, wie in Russland über Greta berichtet wird. Und mein Artikel dazu wurde einer meiner meist­ge­le­senen Artikel, denn die Antwort ist einfach: Greta ist in Russland kein Thema, es gab nicht eine Schlag­zeile über sie und selbst die Ergeb­nisse eine Google-Suche auf Rus­sisch sind über­schaubar. Das Thema Greta inter­es­siert die Medien vor allem in Deutschland und anderen west­eu­ro­päi­schen Ländern, aber im Rest der Welt findet es gar nicht statt. 
Wir haben es also ganz klar mit einer Medi­en­kam­pagne zu tun, die vor allem in Deutschland massiv vor­an­ge­trieben wird und man muss sich fragen, warum. Dazu gleich mehr. Zuerst müssen wir uns die Frage anschauen, ob vor dem Hin­ter­grund des medialen Dau­er­feuers über Greta, „Fridays for Future“ und so weiter das Thema Kli­ma­wandel nun in Deutschland tat­sächlich zum Thema Nummer eins für die Men­schen geworden ist. Denn alle deut­schen Par­teien reden bei der Analyse der Wahl­er­geb­nisse der Euro­pawahl über nichts anderes.
Sta­tista zeigt eine Sta­tistik von 2019, leider ohne genaues Datum: „Welche drei der fol­genden Themen bereiten Ihnen in Deutschland am meisten Sorgen?“. Die Plätze eins bis drei belegen die Themen „Armut und soziale Unge­rech­tigkeit“ mit 48%, „Arbeits­lo­sigkeit“ mit 34% und „Gesund­heits­vor­sorge“ mit 32%. Das Thema „Kli­ma­wandel“ kommt mit 14% erst auf Platz 10. 
Nun hat diese Sta­tistik kein Datum und man muss annehmen, dass das mediale Dau­er­feuer das Thema Kli­ma­wandel in den letzten Monaten in den Vor­der­grund gerückt hat. Also schauen wir uns die Umfragen der For­schungs­gruppe Wahlen einmal an, die fragen ja monatlich nach den Themen, bei denen die Deustchen der Schuh drückt. Die aktuelle Umfrage mit Datum 10. Mai zeigt auf Platz eins der Sorgen der Deut­schen das Thema „Ausländer/Integration/Flüchtlinge“, auf den Plätzen zwei und drei park­tisch gleichauf die Themen „Mieten“ und „Renten“. Das Thema „Umwelt/Energiewende“ schafft es nicht einmal auf die Grafik der „wich­tigen Pro­bleme in Deust­chland“, sondern nur auf die Grafik „weitere wichtige Pro­bleme in Deutschland“.

Und diese zweite Grafik ist inter­essant, denn man kann dort den Ein­fluss der Medi­en­kam­pagne gut sehen. Als Greta sich im August 2018 vor ihrer Schule auf­stellte und zum Schü­ler­streik aufrief und die Medien das im großen Stil in die Schlag­zeilen gebracht hatten, begann das Thema rasch zu wachsen. Vorher war es unwichtig, innerhalb eines halben Jahres schaffte es dann aber den Sprung auf Platz eins der Grafik „weitere wichtige Pro­bleme in Deutschland“. Man sieht also den Ein­fluss der Medien auf die öffent­liche Meinung ganz ein­deutig an dieser Grafik.
Und auch das Interesse der Medien an dem Thema wird nun deutlich. Die tat­säch­lichen Sorgen der Deut­schen betreffen bei allen Umfragen das Thema „Flücht­linge“ und den The­men­komplex „soziale Sicherheit“. Von diesen Themen wird mit der Kli­ma­dis­kussion abge­lenkt. Das bei Politik und Medien unge­liebte Thema „Flücht­linge“ ist aus den Medien fast ver­schwunden, obwohl es bei der For­schungs­gruppe Wahlen noch das domi­nie­rende Thema ist und die Themen rund um Alters­armut und soziale Sicherheit werden nach dem Motto „da kann man nichts machen“ abge­handelt. Die Rente muss angeblich wegen der demo­gra­fi­schen Ent­wicklung gesenkt werden, obwohl es das Problem auch in Öster­reich und der Schweiz gibt, die sich aber trotzdem höhere Renten leisten können, als Deutschland.
Zu dem Thema habe ich schon viel geschrieben. So wären die Pro­bleme des Sozi­al­staates auf einen Schlag lösbar, wenn man es poli­tisch nur wollte. Und wenn Studien erscheinen, die auf­zeigen, wie arm die Deut­schen inzwi­schen geworden sind, dann geben sich die Medien alle Mühe, dies als falsch dar­zu­stellen. Und es ist kein Scherz: Die deut­schen Renten sind inzwi­schen so niedrig, dass einem durch­schnitt­lichen deut­schen Rentner nicht mehr zum Leben bleibt, als einem rus­si­schen Rentner.
Von all diesen Themen wird in den Medien abge­lenkt und statt­dessen wird Deutschland mit einer Kli­ma­de­batte beschäftigt. Dabei kann man beim Klima gar nichts machen in Deutschland. China und Indien haben im Pariser Kli­ma­schutz­ab­kommen die Erlaubnis bekommen, den Ausstoß von CO2 zu erhöhen, weil sie indus­triell auf­holen wollen. Selbst wenn Deutschland den CO2-Ausstoß auf Null fährt, wird der Effekt von der Erhöhung des Aus­stoßes der beiden Länder über­troffen. Und Deutschland kann den Ausstoß auch gar nicht wirklich senken. Wenn wir alle Kohle- und Atom­kraft­werke in Deutschland abschalten, dann brauchen wir trotzdem wei­terhin Strom und den würden wir aus aus­län­di­schen Kohle- und Atom­kraft­werken beziehen. Wir würden das CO2 andere aus­stoßen lassen, um unser Smart­phone auf­zu­laden, aber es würde nicht weniger CO2-Ausstoß geben.
Und auch die Debatte um Elek­tro­autos zeigt nur eins: Der Strom­ver­brauch in Deutschland wird steigen, wenn wir plötzlich alle unsere Autos an der Steckdose auf­laden wollen, anstatt Benzin zu tanken.
Ich sage es immer wieder: Ich bin kein Experte in Sachen Kli­ma­wandel, mir geht es nur darum, wie Politik und Medien dieses Thema benutzen, um von den tat­sächlich wich­tigen Themen, bei denen man schnell etwas für die Men­schen ver­bessern kann, abzu­lenken. Die Medien lenken die Öffent­lichkeit von Themen ab, die ihr wichtig sind und bei denen sich etwas tun ließe und lenken die Auf­merk­samkeit statt­dessen auf ein Thema, bei dem man kurz­fristig und vor allem im deut­schen Alleingang nichts aus­richten kann.
Aber trotz meines geringen Wissens über den Kli­ma­wandel weiß ich eines: Ich bin mitte 40 und erinnere mich noch an die Pro­gnosen von vor 30 Jahren. Demnach müsste sich im Jahr 2020, also heute, die Sahara nach Spanien aus­ge­breitet haben und Nord­deutschland teil­weise unter Wasser stehen. Das ist nicht pas­siert, was mich bei Kli­ma­pro­gnosen irgendwie skep­tisch macht. Die Pro­gnosen sind immer noch die gleichen, wie früher und immer noch soll es in 20 Jahren so weit sein.
Aber bei Themen, bei denen es tat­sächlich Pro­bleme gibt, wird nichts getan. Es war lange absehbar, dass die indus­trielle Land­wirt­schaft dazu führen wird, dass wir Anti­biotika aus der Mas­sen­tier­haltung in unserem Essen haben werden und dass die Über­düngung der Böden zu einem Anstieg von Nitraten im Grund­wasser führen wird. Diese Dinge sind ein­ge­troffen und niemand geht des­wegen auf die Straße. Auch der Plas­tikmüll ist schon lange ein Thema und dabei sind die schlimmsten Pro­gnosen sogar über­troffen worden. Wale haben heute kilo­weise Plastik im Magen, in den Ozeanen drehen sich gigan­tische Wirbel aus Plas­tikmüll und in unseren Lebens­mitteln kann man Mikro­plastik nach­weisen. Trotzdem wurden Ver­pa­ckungen aus Plastik, Plas­tik­tüten usw. nicht ver­boten. Der Ver­pa­ckungs­wahnsinn geht munter weiter.
Auch beim Umwelt­schutz gibt es also viel akutere Themen, als das CO2, aber die finden in den Medien kaum statt. Und Greta fährt CO2-sparend mit dem Zug durch Europa und isst ihr Essen aus Plastikverpackungen.

Ein wei­teres Bei­spiel dafür, wie die Medien von den wich­tigen Themen ablenken, war das Rezo-Video. Das Video war das Produkt des Medi­en­kon­zerns Ströer. Aber Rezo hatte trotzdem mit fast allem, was er gesagt hat, Recht. Spannend ist, dass er dem Thema Kriegs­ver­brechen und Völ­ker­rechts­brüche durch die USA und die Bun­des­re­gierung in seinem Video sogar mehr Zeit gewidmet hatte, als dem Kli­ma­wandel. Dem Kli­ma­wandel widmete er am Anfang des Videos knapp 20 Minuten, ab Minute 30 aber ging es fast eine halbe Stunde um Kriegs­ver­brechen, Völ­ker­rechts­brüche, illegale Kriege und so weiter. Es war fas­zi­nierend, wie die Medien darüber hin­weg­ge­gangen sind und sich statt­dessen wieder nur auf das Thema Kli­ma­wandel beschränkt haben.
Die Medien lenken also immer von den eigentlich wich­tigen Themen ab und pro­pa­gieren statt­dessen das Thema Kli­ma­wandel. Man beschäftigt die Öffent­lichkeit mit einem Thema, bei wir in Deutschland nichts aus­richten können. Selbst wenn wir in Deutschland morgen allen Strom abschalten und wieder in die Steinzeit zurück­kehren würden, würde der welt­weite CO2-Ausstoß weiter steigen.
Auf dieser Welle fahren nun die Grünen einen Wahlsieg nach dem anderen ein. Hier scheint also der Grund zu liegen: Man will die Grünen pushen. Aber warum? Wohl kaum, weil sie dann den Umwelt­schutz vor­an­bringen und die Welt retten würden. Man muss sich also ihre Meinung zu anderen Themen anschauen. Und da wird es offen­sichtlich: Sie sind die anti-rus­sischste Partei in Deutschland, sie sind gegen Nord Stream 2 und sie sagen kein Wort gegen die Kriege der USA „für Freiheit und Demo­kratie“. In der Wirt­schafts­po­litik haben sie die Posi­tionen der FDP weit­gehend über­nommen und stehen den großen Kon­zernen wohl­wollend gegenüber. Viele füh­rende grüne Poli­tiker sind heute bereits für Kon­zerne als Lob­by­isten tätig.
2011 konnte man das noch im Spiegel lesen. Damals gab es einen Bericht, in dem viele Grüne namentlich auf­ge­zählt wurden, die als Lob­by­isten gut dotierte Jobs an Land gezogen haben, während die Grüne Partei sich gleich­zeitig als schärfster Kri­tiker des Lob­by­ismus auf­spielte. Aber man muss gar nicht so weit zurück­gehen. Anfang 2019 wurde bekannt, dass ein Grüner, der immerhin unter Rot-Grün Staats­se­kretär war und vier Legis­la­tur­pe­rioden im Bun­destag saß, nun bei Bayer Lob­byist für Gly­phosat ist. Offi­ziell sind die Grünen aber gegen Lob­by­ismus und gegen Gly­phosat.
Bei keiner anderen Partei in Deutschland weichen die offi­zi­ellen Posi­tionen der Partei so weit von dem ab, was sie poli­tisch tat­sächlich tut, wie bei den Grünen.
Apropos Lob­by­ismus: Kürzlich konnte man für einen Tag in der Presse lesen, dass 82% der Deut­schen den Ein­fluss der Lob­by­isten beschränken wollen. Warum bloß hängen die Medien das Thema nicht an eine so große Glocke, wie den Kli­ma­wandel? Könnte das damit zusammen hängen, dass die Medi­en­kon­zerne selbst von Lob­by­ismus profitieren?


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“