3. Fall in 11 Monaten: Wis­sen­schaft­licher Dienst des Bun­des­tages wirft Regierung erneut Unter­stützung von Völ­ker­rechts­bruch vor

Der Bun­des­re­gierung ist das Völ­ker­recht anscheinend völlig egal. Der Wis­sen­schaft­liche Dienst des Bun­destage hat schon im dritten Fall in weniger als zwölf Monaten fest­ge­stellt, dass die Bun­des­re­gierung völ­ker­rechts­widrig handelt, bzw. völ­ker­rechts­widrige Hand­lungen der „Ver­bün­deten“ unter­stützt. Kon­se­quenzen? Keine!
Als es im Sep­tember 2018 darum ging, ob Deutschland sich an mög­lichen Angriffen der USA auf Syrien betei­ligen solle, wollte die Bun­des­kanz­lerin das nicht völlig aus­schließen und andere füh­rende Poli­tiker der Regie­rungs­par­teien haben sich sogar explizit dafür aus­ge­sprochen. Dabei hatte der Wis­sen­schaft­liche Dient des ein­deutig fest­ge­stellt, dass das gegen das Völ­ker­recht, das Grund­gesetz und deutsche Straf­ge­setze ver­stoßen würde. Das hat bei diesen Poli­tikern aber nicht zu einem Umdenken geführt. Dass es schließlich nicht dazu kam, liegt nur daran, dass die USA schließlich von solchen Angriffen abge­sehen haben.
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Und als sich Anfang 2019 in Vene­zuela der Put­schist Guaido zum „Über­gangs­prä­si­denten“ ernannt hat, hat sich Deutschland den USA ange­schlossen und Guaido aner­kannt und ihn unter­stützt und sich auch an völ­ker­rechts­wid­rigen Sank­tionen gegen das Land und seine legitime Regierung beteiligt. Dass der Wis­sen­schaft­liche Dienst des Bun­des­tages diese Schritte als Ver­stöße gegen das Völ­ker­recht ein­ge­stuft hat, hatte kei­nerlei Kon­se­quenzen. Die Bun­des­re­gierung hält an dieser völ­ker­rechts­wid­rigen Politik fest.
Nun geht es um den Iran. Ich habe schon vor sechs Wochen in einer Analyse fest­ge­stellt, dass die Kaperung eines ira­ni­schen Tankers vor Gibraltar durch Groß­bri­tannien ein Bruch des Völ­ker­rechts und damit ein Akt der Pira­terie war. Ich habe das mit Quellen und Zitaten aus dem Völ­ker­recht unter­mauert. Aber man kann mir natürlich vor­halten, dass ich kein Völ­ker­rechtler bin und daher falsch liege, weil ich irgendeine Bestimmung des Völ­ker­recht außer Acht lasse, die diese These wider­legen würde.
Aber im Wis­sen­schaft­lichen Dienst des Bun­des­tages sitzen sehr gute Spe­zia­listen für das Völ­ker­recht und die haben nun das gleiche mit­ge­teilt und das auch mit den gleichen Argu­menten begründet, wie ich auch. Der Wis­sen­schaft­liche Dienst des Bun­des­tages hat fest­ge­stellt, dass hier das Völ­ker­recht gebrochen wurde. Die Zei­tungen des „Redak­ti­ons­netz­werks Deutschland“ und auch Poli­tiker der Linken melden das über­ein­stimmend. Man kann in den Zei­tungen lesen:
„Die wochen­lange Fest­setzung des ira­ni­schen Tankers „Grace 1“ vor Gibraltar war völ­ker­rechts­widrig. Die Beschlag­nahmung des Schiffes am 4. Juli durch bri­tische Mari­ne­kom­mandos in der Straße von Gibraltar finde „keine Rechts­grundlage im See­völ­ker­recht“, heißt es in einem Gut­achten des Wis­sen­schaft­lichen Dienstes des Bun­des­tages (…) „Maß­nahmen auf der Grundlage des EU-Sank­ti­ons­re­gimes sind insofern nur statthaft, als sie auch mit den ein­schlä­gigen völ­ker­recht­lichen Rah­men­vor­gaben ver­einbar sind“, heißt es in dem Rechts­gut­achten. (…) „Die Fest­setzung des ira­ni­schen Öltankers „Grace 1″ durch Gibraltar war mit dem See­völ­ker­recht nicht ver­einbar und rechts­widrig. Die Linke begrüßt daher die Freigabe des beschlag­nahmten Schiffes“, erklärten die Linken-Außen­ex­pertin Sevim Dagdelen sowie Andrej Hunko, euro­pa­po­li­ti­scher Sprecher der Linken-Bun­des­tags­fraktion. Das Gut­achten zeige, „dass es seitens der Bun­des­re­gierung grob fahr­lässig war, der bri­ti­schen Rechts­auf­fassung hin­sichtlich einer angeblich legalen Fest­setzung des ira­ni­schen Tankers zu folgen. Die Freigabe des Tankers ist eine Bekräf­tigung des Völ­ker­rechts und hof­fentlich auch ein Beitrag zur Dees­ka­lation gegenüber dem Iran“, sagte Dagdelen den Zei­tungen des „Redak­ti­ons­netz­werks Deutschland“.“
Die Bun­des­re­gierung hatte nämlich vorher die Position der Briten geteilt und unter­stützt und damit einen offen­sicht­lichen Völ­ker­rechts­bruch gut geheißen.
Aktuell ist die Situation um den ira­ni­schen Tanker „Grace 1“ so, dass das oberste Gericht von Gibraltar die Fest­setzung des Schiffes für illegal erklärt hat und der Tanker nun jederzeit aus­laufen kann. Die USA finden das gar nicht gut und obwohl sie sich in dem Fall bisher im Hin­ter­grund gehalten und die völ­ker­rechts­widrige „Drecks­arbeit“ den Briten über­lassen haben, haben sie nun reagiert: Ein US-Gericht hat die Fest­setzung des Tankers gefordert, aber Gibraltar hat sich dem (bisher) nicht gebeugt. Die USA haben darüber hinaus allen, die mit dem Tanker zu tun haben, mit Strafen in Form von Sank­tionen und Ein­rei­se­verbote in die USA gedroht.
Der Tanker selbst wird even­tuell umbe­nannt und unter einem anderen Namen aus­laufen, wie man auch dem Iran hören konnte und außerdem überlegt der Iran, ein Kriegs­schiff als Eskorte zu dem Tanker zu schicken.
Nachdem heute bekannt wurde, dass der Wis­sen­schaft­liche Dienst des Bun­des­tages die Fest­setzung des Tankers als völ­ker­rechts­widrig ein­ge­stuft hat, einen Artikel ver­öf­fent­licht, in dem er mit­teilt, dass sich Gibraltar nicht dem Willen der USA beugt und sich weigert, den Tanker wieder fest­zu­setzen. Aber der Spiegel erwähnt das Gut­achten des Wis­sen­schaft­lichen Dienstes mit keinem Wort.
Der Spiegel hat eine Zeit lang mit dem Slogan „Spiegel-Leser wissen mehr“ geworben. Man sieht aber an diesem und vielen anderen Bei­spielen, dass es heißen müsste „Spiegel-Leser wissen weniger„, weil der Spiegel seinen Lesern viele Infor­ma­tionen vor­enthält. „Qua­li­täts­jour­na­lismus“ eben.

Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“