Khashoggi-Mord, war da was? Bun­des­re­gierung macht “Business as usual” mit Saudi-Arabien

Vor etwas weniger als einem Jahr hat der Mord an dem Jour­na­listen Khashoggi in einem sau­di­schen Kon­sulat in der Türkei Schlag­zeilen gemacht. Nachdem sie zunächst Empörung geheu­chelt hat, gilt für die Bun­des­re­gierung nun wieder „Business as usual“ mit Saudi-Arabien. Und in den Medien stört sich niemand daran. 
Wenn irgendwo auf der Welt Jour­na­listen etwas zustößt, sorgt das völlig zu Recht für Empörung bei Politik und Medien in Deutschland. Vor allem, wenn es um Russland oder China geht. Im letzten Oktober stand man daher vor dem Problem, wegen der Ermordung des sau­di­schen Jour­na­listen Khashoggi im sau­di­schen Kon­sulat in der Türkei Empörung heu­cheln zu müssen, aber gleich­zeitig den „Freund und Partner“ Saudi-Arabien nicht über­mäßig zu ver­ärgern.
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Das wurde elegant gelöst: Medi­en­wirksam wurde Bestürzung geheu­chelt und die mili­tä­rische Zusam­men­arbeit mit Saudi-Arabien offi­ziell ein­ge­stellt. Das betraf in erster Linie Waf­fen­lie­fe­rungen und Aus­bil­dungs­mis­sionen der deut­schen Polizei in Saudi-Arabien. Das Schlüs­selwort ist „offi­ziell“, denn tat­sächlich wurden fröhlich weiter Waffen an Saudi-Arabien geliefert, obwohl es nicht nur den Jour­na­listen kalt­blütig ermordet hatte, sondern auch noch einen völ­ker­rechts­wid­rigen Krieg im Jemen führt, bei dem viele Zivi­listen sterben. Eigentlich liefert Deutschland ja keine Waffen in Krisenregionen.
Eigentlich, es sei denn, es betrifft den „Freund und Partner“ Saudi-Arabien.
Und man stellt sich in Berlin auch gerne dumm. Kürzlich war es sogar dem Spiegel zu viel, wie die Bun­des­re­gierung sich aus der Sache her­aus­winden will und es erschien dort ein Bericht, der kri­ti­sierte, dass die Bun­des­re­gierung angeblich nicht einmal weiß, welche Länder an dem Krieg im Jemen beteiligt sind. Und da sie es nicht weiß, liefert sie eben wei­terhin Waffen an die Länder.
Die Bun­des­re­gierung weiß ohnehin wohl nur das, was sie wissen will. Nachdem die USA kürzlich in Syrien bei einem Bom­ben­an­griff min­destens 40 Men­schen getötet haben und man das in allen Medien und auf den Inter­net­seiten der US-Regierung lesen konnte, hatte die Bun­des­re­gierung dazu angeblich auch keine Infor­ma­tionen und konnte daher auch nicht sagen, welche Meinung sie über diesem US-Angriff hatte.
In Fällen, in denen alles offen liegt, hat die Bun­des­re­gierung angeblich keine Infor­ma­tionen, aber in Fällen, wie dem Anschlag auf die Skripals, wo es kei­nerlei Infor­ma­tionen gibt, außer natürlich unbe­legten bri­ti­schen Anschul­di­gungen, da hat die Bun­des­re­gierung genug Infor­ma­tionen, um zum Bei­spiel rus­sische Diplo­maten aus­zu­weisen oder Sank­tionen gegen Russland zu unterstützen.
Nun ist seit dem Mord an Khashoggi fast ein Jahr ver­gangen und der Fall ist längst ver­gessen. Daher hat die Bun­des­re­gierung nun still und leise auch die Aus­bil­dungs­mis­sionen in Saudi-Arabien wieder auf­ge­nommen. Das war sogar den Main­stream-Jour­na­listen zu viel, wie man auf der Bun­des­pres­se­kon­ferenz sehen konnte. Aber die Regierung hat – wie üblich – außer Sprech­blasen nichts zu sagen gehabt.
Die Ant­worten der Bun­des­re­gierung auf die Fragen der Jour­na­listen sind Real­satire und wären eigentlich lustig. Aber leider sind es diese Men­schen, die Deutschland regieren und bei dem Gedanken bleibt einem das Lachen im Halse stecken.

Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“