By Gage Skidmore, CC BY-SA 2.0, Link

“Seine Dienste werden nicht mehr benötigt” — Trump feuert Sicher­heits­be­rater Bolton, was nun?

John Bolton, Natio­naler Sicher­heits­be­rater des US-Prä­si­denten, ist seinen Job los. Ob er zurück­ge­treten ist oder ent­lassen wurde, ist nicht ganz klar. Wie kam es dazu und was kann es für die Zukunft bedeuten.
Es gab reichlich offene Kon­flikte zwi­schen Trump und seinem Sicher­heits­be­rater, über die auch ich immer wieder berichtet habe. Bolton ist ein abso­luter Falke, Trump hin­gegen ist trotz seiner Twitter-Rhe­torik eher eine Taube. Im Gegensatz zu allen seinen Vor­gängern im Amt des US-Prä­si­denten hat Trump bis heute noch keinen Krieg ange­fangen. Das sollte man bei all der nega­tiven Bericht­erstattung über Trump und seine raue Rhe­torik nie vergessen.
Ich habe nie ver­standen, warum Trump Bolton den Posten gegeben hat. Bei so ziemlich allen außen­po­li­ti­schen Themen waren ihre Pos­tionen völlig unter­schiedlich.
Trump hat im Wahl­kampf und auch danach immer wieder gesagt, dass er die Bezie­hungen zu Russland nor­ma­li­sieren möchte. Das wurde schon im Wahl­kampf durch das soge­nannte Rus­siagate mit der angeb­lichen rus­si­schen Ein­mi­schung in die US-Wahlen kon­ter­ka­riert. Auch wenn da am Ende nichts dran war und Mueller in seinem Bericht nichts in der Sache vor­legen konnte, konnte Trump keinen Schritt in Richtung Russland machen, ohne dass die Medien ihn als Agenten des Kreml bezeichnet hätten. Im Ergebnis gab es keine Nor­ma­li­sierung der Bezie­hungen, sondern eine Welle anti-rus­si­scher Sank­tionen nach der anderen.
Bolton war gegen jede Annä­herung an Russland und hat schon seit über zehn Jahren dafür gekämpft, alle Abrüs­tungs­ver­träge mit Russland zu kün­digen, was ihm als Sicher­heits­be­rater mit der Kün­digung des INF-Ver­trages auch gelungen ist.
Eine weitere Her­zens­an­ge­le­genheit ist für Trump die Ent­spannung auf der korea­ni­schen Halb­insel. Warum ihm das so wichtig ist, weiß kein Mensch, aber es ist offen­sichtlich. Auch hier war Bolton gegen Trump und bekam dabei auch Unter­stützung von Außen­mi­nister Pompeo. Nord­korea hatte zwi­schen­zeitlich sogar Gespräche abge­lehnt, wenn einer der beiden Herren mit am Tisch sitzen sollte.
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Auch Vene­zuela ist ein solches Bei­spiel. Trump wollte keinen wei­teren Krieg, er hat den US-Wählern vielmehr ver­sprochen, die US-Sol­daten nach Hause zu holen und sie nicht in weitere Kriege zu schicken. Aber trotzdem pro­vo­zierte Bolton, in dem er demons­trativ vor der Presse mit einer Mappe stand, auf der für alle gut sichtbar zu lesen war, dass weitere US-Sol­daten in Vene­zuelas Nach­bar­schaft geschickt werden sollten. Sicher, auch Trump hätte lieber eine andere Regierung in Vene­zuela, aber er will keinen Krieg, den Bolton wohl bereit gewesen wäre, zu führen.
Auch beim Thema Iran waren es Bolton und Pompeo, die ver­sucht haben, Trump in einen Krieg zu treiben. Das ging so weit, dass Trump sogar kur­zerhand erklärte, die USA hätten keine Inter­essen im Zusam­menhang mit der Durch­fahrt von Tankern durch die Straße von Hormus. Damals war es gerade zu Anschlägen auf Tanker gekommen und die Falken wollten sie dem Iran anhängen und sprachen von wich­tigen US-Inter­essen, die zu schützen wären. Trump nahm dem mit seiner Aussage den Wind aus den Segeln, indem er darauf hin­ge­wiesen hat, dass die USA dank Fracking selbst genug Öl pro­du­zieren, weshalb dort kein US-Interesse sei. Darum sollten sich die EU, China und Japan kümmern, die von dort Öl erhielten.
Und wie durch ein Wunder gab es danach keine Pro­bleme mehr mit Angriffen auf Tanker in der Region.
Oder die Ukraine. Die scheint Trump völlig egal zu sein, aber Bolton, als Geo­stratege der alten Schule, will die Ukraine weiter gegen Russland ein­setzen. Um die Ukraine ist es aus Sicht der USA merk­würdig ruhig geworden. Sie scheint kei­nerlei Prio­rität zu haben, es gab sogar schon Stimmen aus Trumps Umfeld, die Waf­fen­lie­fe­rungen an Kiew ein­zu­stellen, natürlich folgte dem sofort ein Pro­test­sturm. Aber Trump scheint die Ukraine nicht einmal wichtig genug zu sein, um ein Ende der Waf­fen­lie­fe­rungen durch­zu­setzen. Er spricht auch eigentlich nie über das Land. Obwohl die Ukraine für die Geo­stra­tegen in Washington sehr wichtig als Stachel im rus­si­schen Fleisch ist, inter­es­siert sie Trump offen­sichtlich gar nicht.+
Wenn man das in Kom­bi­nation setzt mit seinem Wunsch, sich mit Russland zu ver­tragen, dürften bei den US-Geo­stra­tegen alle roten Lampen angehen. Trump könnte die Ukraine in Ver­hand­lungen mit Russland ein­setzen, um woanders Zuge­ständ­nisse zu bekommen. Aber die Ukraine in die Freiheit zu ent­lassen und eine Aus­söhnung zwi­schen Kiew und Moskau ist für trans­at­lan­tische Geo­stra­tegen der Super-Gau.
Und zuletzt Afgha­nistan. Trump hatte schon im Wahl­kampf ver­sprochen, die US-Truppen aus Afgha­nistan abzu­ziehen. Bolton war davon alles andere als begeistert. Es gab seit langem Ver­hand­lungen mit den Taliban. Diese hat Trump nun für gescheitert erklärt. Damit ist seine Idee, aus Afgha­nistan abzu­ziehen, geplatzt. Die inter­es­sante Frage ist, was in dieser Sache hinter den Kulissen geschehen ist und ob das Scheitern Afgha­nistan-Ver­hand­lungen viel­leicht der Tropfen war, der das Fass zwi­schen den beiden zum Über­laufen gebracht hat.
Es gab also eigentlich bei allen Themen Mei­nungs­ver­schie­den­heiten zwi­schen Trump und Bolton. Ein Sicher­heits­be­rater muss aber per Defi­nition ein loyaler Mit­ar­beiter seines Chefs sein. Daher habe ich nie ver­standen, warum Trump ihm den Posten gegeben hat.
Am Diens­tag­abend hat Trump über Twitter mit­ge­teilt, er habe Bolton gebeten, seinen Rück­tritt ein­zu­reichen, was Bolton am Morgen auch getan habe. „Das Weiße Haus braucht seine Dienste nicht mehr“ hieß es knapp bei Trump. Und weiter bestä­tigte er das, was Beob­achter wie ich seit Monaten schreiben, nämlich dass es starke Mei­nungs­ver­schie­den­heiten zwi­schen ihnen gegeben habe. Trump teilte weiter mit, er werde einen Nach­folger nächste Woche ernennen.

Bolton sieht die Sache anders und schreibt eben­falls auf Twitter, er hätte seinen Rück­tritt ange­boten und Trump hätte das am nächsten Tag besprechen wollen.

Was auch immer wahr ist, Fakt ist Bolton ist weg und die Frage ist, wie geht es weiter?
Das werden wir in den nächsten Tagen sehen, jeden­falls ist es spannend, dass der Macht­kampf zwi­schen der „alten Garde“ der Falken und Trump nun anscheinend offen aus­ge­brochen ist. Ob dieser Macht­kampf eska­liert und ob diese Geschichte auch Pompeo das Amt kosten, oder seine Position stärken wird? Wer weiß.
Wer in dem Macht­kampf hinter den Kulissen in Washington Ober­wasser hat, werden wir viel­leicht erraten können, wenn Trump Boltons Nach­folger prä­sen­tiert. Wird es wieder ein Falke oder jemand, der Trumps außen­po­li­tische Ziele teilt?


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“