So würden die Deut­schen 103 Wochen nach der Bun­des­tagswahl wählen

Heute vor 103 Wochen fanden die letzten Bun­des­tags­wahlen statt. Bei diesen musste die SPD herbe Ver­luste von 5,2 Punkten, die Union sogar von 8,6 Punkten hin­nehmen, während die AfD fast 8 Pro­zent­punkte zulegen konnte. Gleichwohl bil­deten die beiden Wahl­ver­lierer zum dritten Mal innerhalb von vier Legis­la­tur­pe­rioden eine schwarz-rote Koalition, da die FDP sich im letzten Moment wei­gerte, mit Union und den Grünen eine Jamaika-Koalition zu bilden. So würden die Bun­des­bürger nun nach Ablauf von fast zwei Jahren wählen.
Grüne fallen seit über drei Monaten kon­ti­nu­ierlich, SPD kann sich aktuell erholen

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Wie würden die Deut­schen wählen, wären heute Bun­des­tags­wahlen? Aktuell liegen von sieben ver­schie­denen Insti­tuten Umfra­ge­er­geb­nisse vor, die bezogen auf den mitt­leren Tag der Befragung in den letzten zwölf Tagen durch­ge­führt wurden, so dass wir eine recht gute Daten­basis zur Ver­fügung haben, um diese Frage natürlich nicht ganz exakt, aber doch eini­ger­maßen genau beant­worten zu können. Nehmen wir alle sieben Institute zusammen (For­schungs­gruppe Wahlen, Infratest dimap, INSA, YouGov, Emnid, GMS und Forsa), so können wir konstatieren:
1. Die Union hat ihren abso­luten Tief­punkt von Mitte Juni, als sie bei ca. 25 bis 26 Prozent stand, zwar über­wunden, über 27,5 Prozent kommt sie aber seither nicht hinaus und scheint jetzt sogar wieder leicht zu fallen. 2. Die Grünen können ihren Höhe­punkt von nach der EU-Wahl, als sie schlag­artig von 18 auf 26 Prozent empor­ge­schossen sind, nicht halten. Sie fallen seit gut drei Monaten zwar nur leicht, aber kon­ti­nu­ierlich auf jetzt ca. 22,4 Prozent. Damit liegen sie nun, nachdem sie kurz­fristig sogar CDU und CSU zusammen überholt hatten, wieder fünf Punkte hinter diesen zurück. 3. Die SPD kann sich in den letzten Wochen, bedingt wohl durch ihren Kan­di­da­ten­wett­bewerb für den Par­tei­vorsitz, von ihrem abso­luten his­to­ri­schen Tief­punkt von ca. 12,5 Prozent erholen und steigt nun Richtung 15 Prozent.
4. Ins­be­sondere sehen wir derzeit also eine leichte Wan­derung vor allem von Grünen-Anhängern zur SPD. Hierbei dürfte es sich aller­dings um einen Stroh­feu­er­effekt handeln. Diese Ein­schätzung teilt auch INSA-Chef Hermann Binkert:
„Die unter­schied­lichen Bewerber um den SPD-Par­tei­vorsitz machen die SPD wieder popu­lärer. Poten­tielle Wähler setzen auf den Sieg des von ihnen favo­ri­sierten Kan­di­daten-Duos. Sobald die Vor­sit­zenden-Frage ent­schieden ist, ver­schwindet dieser Vorteil aber wieder. Dann gibt es auch wieder Enttäuschte.“
5. Die AfD steigt in den letzten Wochen eben­falls, aber nur ganz leicht. Die phä­no­me­nalen Wahl­er­geb­nisse aus Bran­denburg und Sachsen ver­leihen der Partei bun­desweit keinen spür­baren zusätz­lichen Auf­schwung, aber sie klet­terte seit Ende July immerhin von ca. 13 auf jetzt über 14 Prozent. 6. Eine klar negative Ent­wicklung sehen wir dagegen schon seit ein bis zwei Jahren bei der Links­partei und der FDP, die beide kon­ti­nu­ierlich leicht ver­lieren und inzwi­schen unter 7,5 Prozent gefallen sind. Die FDP, die bei der Bun­des­tagswahl vor zwei Jahren noch auf  über 10,7 Prozent kam, droht nun sogar unter 7 Prozent zu fallen. 7. Die Klein­par­teien zusammen (Sonstige) stiegen dagegen seither von 5 auf jetzt fast 7 Prozent.

So würden die Deut­schen heute in etwa wählen
Hier nun die Wahl-O-Matrix-Werte gewonnen aus den Daten der sieben genannten Institute, die bezogen auf den mitt­leren Tag der Befragung in den letzten zwei Wochen eine aktuelle Umfrage durch­führten. Ange­geben ist für jede Partei die jeweilige Band­breite der Umfra­ge­re­sultate sowie jeweils das arith­me­tische Mittel:

  1. CDU/CSU: 27 – 28 % ==> 27,3 %
  2. GRÜNE: 21 – 24 % ==> 22,4 %
  3. SPD: 13,5 – 16 % ==> 14,9 %
  4. AfD: 12 – 15,5 % ==> 14,1 %
  5. LINKE: 7 – 8 % ==> 7,4 %
  6. FDP: 6 – 8 % ==> 7,1 %
  7. Sonstige: 5 – 8 % ==> 6,8 %
2019-09-15

© JFB

Ver­än­de­rungen gegenüber der Bun­des­tagswahl vom Sep­tember 2017
Die Bun­des­tagswahl vom 24.09.2017 liegt nun fast zwei Jahre zurück. Welche Partei konnte seither in der Wäh­ler­gunst zulegen, welche hat verloren?

  1. GRÜNE: + 13,5 %
  2. Sonstige: + 1,8 %
  3. AfD: + 1,5 %
  4. LINKE: – 1,8 %
  5. FDP: – 3,6 %
  6. CDU/CSU: – 5,6 %
  7. SPD: – 5,6 %

Womit der der­zeitige große Erfolg der Grünen zusam­men­hängt, können Sie hier sehr schön sehen:

Zukunft

Civey-Screenshot

Fast 30 Prozent der Deut­schen sind der Auf­fassung, dass die Grünen die besten Ant­worten auf die Fragen der Zukunft hätten. Damit liegen sie in dieser Frage in der Ein­schätzung der Bürger weit vor allen anderen. Auf Platz zwei folgt mit über 10 Punkten Abstand die Union, dann auf Platz drei die AfD. Weit abge­schlagen sind die SPD, die FDP und die Links­partei, alle mit weit unter 10 Prozent. Fast ein Viertel der Bun­des­bürger denkt, dass keine der zur Wahl gestellten Par­teien die besten Ant­worten auf die Zukunfts­fragen hat. Auf­fällig dabei: Bei lei­tenden Ange­stellten ist das Ver­trauen in die Grünen besonders groß (35,6 %), während Arbeiter ten­den­ziell für keine der großen Par­teien stimmen (25,4 %).
Nach vor­ge­zo­genen Neu­wahlen gäbe es höchst­wahr­scheinlich Schwarz-Grün

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Ins­gesamt können wir ganz klar kon­sta­tieren: Von vor­ge­zo­genen Neu­wahlen würde vor allen Dingen eine Partei ganz enorm pro­fi­tieren, die ihr 2017er-Ergebnis derzeit womöglich auf das 2,5‑fache steigern könnte: Die Grünen. Leicht pro­fi­tieren könnten even­tuell auch die Klein­par­teien sowie die AfD. Alle anderen müssten mit zum Teil erheb­lichen Ein­bußen rechnen. Die Links­partei würde nach aktu­ellem Stand ein Fünftel, die FDP sogar ein Drittel ihrer Wähler ver­lieren. Union und SPD müssten mit fünf bis sechs Punkten Ver­lusten rechnen und würden wohl his­to­rische Pleiten ein­fahren. Damit stecken sowohl CDU/CSU als auch SPD in einem Dilemma. Die Moti­vation, die schwarz-rote Koalition wei­ter­zu­führen, scheint bei beiden aus­ge­sprochen gering. Irgendwie hat man das Gefühl, das wird nichts mehr. Ande­rer­seits wissen beide: „Gehen wir in vor­ge­zo­genen Neu­wahlen, werden wir aus diesen noch mehr geschwächt her­vor­gehen, als wir dies nach unseren mise­rablen 2017er-Ergeb­nissen ohnehin schon sind.“
Würde man in den nächsten Monaten die schwarz-rote Koalition gleichwohl auf­kün­digen und sich für Neu­wahlen ent­scheiden, so käme es mit sehr hoher Wahr­schein­lichkeit zu Schwarz-Grün. Union und Grüne kämen derzeit zusammen auf fast 50 Prozent (ca. 49,7), was wegen der fast sieben Prozent für Klein­par­teien klar für eine Mehrheit der Sitze im Bun­destag reichen würde. Dazu reichten wahr­scheinlich schon ca. 46 bis 47 Prozent der Zweit­stimmen aus. Aber selbst die Grünen scheinen gar kein so großes Interesse an vor­ge­zo­genen Neu­wahlen und einer schnellen Regie­rungs­be­tei­ligung zu haben. Viel­leicht ja weil sie wissen, dass es manchmal leichter ist, die Regierung aus der Oppo­sition heraus mit For­de­rungen vor sich her zu treiben, als selbst zu regieren und die Ver­ant­wortung für die Folgen der Umsetzung dieser For­de­rungen über­nehmen zu müssen.
Soweit die Wahl-O-Matrix-Ergeb­nisse. Im nächsten Artikel sollen einige inter­es­sante Punkten aus dem letzten ARD-Deutsch­land­trend näher beleuchtet werden, da auch hier einige recht auf­schluss­reiche Dinge fest­stellbar sind.

Jürgen Fritz — Erst­ver­öf­fent­li­chung auf dem Blog des Autors www.juergenfritz.com