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Vera Lengsfeld: Wenn einer Deutsche Bahn fährt, dann kann er was erzählen!

Den Wün­schen unserer Kli­ma­hys­te­riker gemäß, sollen wir alle schleu­nigst auf das Auto und das Flugzeug ver­zichten und uns höchstens noch mit den Öffent­lichen Ver­kehrs­mitteln durch Deutschland bewegen. Das wird beim jäm­mer­lichen Zustand der­selben immer mehr zum Vaban­que­spiel. In Berlin fährt nur noch die U‑Bahn eini­ger­maßen zuver­lässig und pünktlich. Bei Bussen und Bahnen ist der Fahrplan längst eine unver­bind­liche Richt­linie geworden. All das wird von der DB weit in den Schatten gestellt.

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Diese Woche wollte ich von Nord­hausen nach Nürnberg fahren. Zum Glück schaute ich recht­zeitig vor Abfahrt des Zuges noch einmal in meine App und bekam die unver­ständ­liche Nach­richt, dass kein Zughalt am Startort vor­ge­sehen sei. Das betraf nicht nur den Zug, den ich mir aus­ge­sucht hatte, sondern alle Züge auf dieser Strecke.
Ein Anruf beim Service-Telefon der DB bestä­tigte meine schlimmsten Befürch­tungen: Bis zum 24.09. würden keine Züge zwi­schen Erfurt und Nord­hausen geben. Nach einem Böschungs­brand sei es zu Stell­werk­schäden gekommen. Es gäbe einen Ersatz­verkehr mit Bussen und Groß­raum­taxis, aber ob ich meinen Anschluss in Erfurt erreichen würde, sei sehr ungewiss. Man könne nicht vor­aus­sagen, wieviel Zeit der Ersatz­verkehr benötige.
Da ich in Nürnberg einen unauf­schieb­baren Termin hatte und das Hotel bereits gebucht war, fuhr ich mit dem Auto nach Erfurt, stellte es in der Tief­garage des Erfurter Haupt­bahnhofs ab und ver­suchte mein Glück erneut.
Aller­dings gab es weder am Fahr­kar­ten­au­to­maten, noch auf meiner DB-App eine Fahr­karte zu kaufen. Die App ver­tröstete mich immer wieder, es später noch einmal zu ver­suchen. Der Böschungs­brand schien auch die Bahn­server in Mit­lei­den­schaft gezogen zu haben. Das einzige, was mir mit­ge­teilt wurde war, dass alle Züge in Richtung Nürnberg und München min­destens 90 Minuten zu spät am Ankunftsort sein würden. Grund sei ein Böschungs­brand irgendwo bei Bamberg. Die Züge müssten deshalb umge­leitet werden.
Auf dem Bahn­steig wurde dann ange­zeigt, dass wegen der Umleitung der Zug nicht in Bamberg, Augsburg und München-Pasing halten würde. Rei­sende dorthin sollten den Regio­nalzug nach Würzburg benutzen und umsteigen.
Aller­dings bekamen das nicht alle Fahr­gäste mit. In meinem Abteil landete eine Mutter mit ihrer kleinen Tochter, die nach Augsburg wollte und die Leucht­schrift am Bahn­steig nicht stu­diert hatte. Merke: Steige nie einfach in einen Zug, ohne dich noch einmal zu ver­ge­wissern, dass er auch wirklich zu den Orten fährt, die auf dem Fahrplan ver­merkt sind.
Ich war ohne Ticket ein­ge­stiegen, konnte aber wenigstens pro­blemlos nach­lösen. Mit dem Fahr­schein bekam ich ein For­mular aus­ge­händigt, mit dem ich mir einen Teil des gezahlten Geldes zurück­holen kann. Das wird funk­tio­nieren, bis die Bahn pleite ist.
Wie einst in der DDR wird unser Land von der Politik auf Ver­schleiß gefahren.
Am Ende werden wir fest­stellen, dass unsere Infra­struktur rui­niert ist, aber wir die Welt dennoch nicht gerettet haben.

Vera Lengsfeld — Erst­ver­öf­fent­li­chung auf dem Blog der Autorin www.vera-lengsfeld.de