Es ist kaum vorstellbar, dass eine Hillary Clinton, ein Barrack Obama oder ein Joe Biden die Kriege der USA im Nahen Osten kritisieren würden. Es ist allgemein bekannt, dass die Kriege gegen das Völkerrecht verstoßen haben, dass sie brutale Angriffskriege waren und dass sie Millionen zivile Opfer gefordert haben. Und diese US-Kriege zu kritisieren, würde keinem hochgestellten Politiker in den USA einfallen. Nur würde das kein Politiker in der USA so offen sagen.
Außer Trump.
Trump hat am Mittwoch getweetet: „Die Vereinigten Staaten haben ACHT BILLIONEN DOLLAR für Kämpfe und Polizeiarbeit im Nahen Osten ausgegeben. Tausende unserer großartigen Soldaten sind gestorben oder schwer verwundet worden. Millionen von Menschen sind auf der anderen Seite gestorben. IN DEN NAHEN OSTEN ZU GEHEN IST DIE SCHLECHTESTE ENTSCHEIDUNG, DIE JEMALS IN DER GESCHICHTE UNSERES LANDES GETROFFEN WURDE! Wir sind unter einer falschen & jetzt widerlegt Prämisse in den Krieg gezogen, MASSENVERNICHTUNGSWAFFEN. Es gab KEINE! Jetzt bringen wir langsam und vorsichtig unsere großartigen Soldaten & Militärs nach Hause. Unser Fokus liegt auf dem GROßEN BILD! DIE USA SIND GROßARTIGER ALS JE ZUVOR!“
Ja, Trump wäre nicht Trump, wenn in seinem Tweet die USA nicht großartig (great) wären. Und ja, Trump hat kein Wort vom Völkerrecht geschrieben, vielleicht weiß er nicht einmal, dass es das gibt.
Aber er hat angekündigt, die illegalen US-Kriege beenden zu wollen. Und er hat zugegeben, dass die US-Kriege Millionen von Opfern gekostet haben.
Das hätte man nie von Clinton, Obama oder Biden gehört, man muss sich also auch schon über so unvollständige Kritik an den US-Kriegen freuen, wenn sie aus Washington kommt.
Leider befürchte ich, dass Trump sich mit seiner Idee nicht wird durchsetzen können. Aber man wird ja mal träumen dürfen…
Trump kritisierte außerdem am Mittwoch vor der Presse den militärisch-industriellen Komplex, von dem in Washington viele sehr gut leben würden und sagte:
„Schauen Sie sich den 34. Präsidenten der Vereinigten Staaten, Dwight Eisenhower, an. Er hat das vor vielen Jahren verstanden. Der militärisch-industrielle Komplex hat eine große Macht. Er mag militärische Aktionen. Er verdient viel Geld, wenn wir kämpfen. Es ist jedoch an der Zeit, unsere Soldaten nach Hause zu bringen. (…) Diese endlosen Kriege enden einfach nie. Aber alles hat seine Zeit. Und es ist an der Zeit, die US-Militäroperationen im Ausland zu stoppen (…) Wir müssen aus den endlosen Kriegen heraus kommen (…) Ich muss das tun. Am Ende muss irgendjemand diese Entscheidung treffen. (…) Ich habe den Wahlkampf mit dem Versprechen geführt, die endlosen Kriege auf der ganzen Welt zu beenden. (…) Ich denke, wir tun das Richtige. Ich denke, das Land denkt genauso. Wir haben enorme Unterstützung außerhalb des kleinen Washington. Und selbst in Washington sagen die Leute, dass wir das Richtige tun. Das muss nun getan werden, oder es wird nie getan.“
Ich bin kein Freund von Trump und kritisiere ihn sehr deutlich für seine Politik gegenüber dem Iran oder Venezuela, um nur zwei Beispiele zu nennen. Aber man darf nicht nur schwarz-weiß denken und muss auch anerkennen, dass Trump als erster US-Präsident seit 70 Jahren keinen neuen Krieg angefangen hat.
Übrigens: Wer bei dem Wort „militärisch-industrieller Komplex“ an das Wort „Verschwörungstheorie“ denkt, dem sei die Abschiedsrede von US-Präsident Eisenhower empfohlen, denn das Wort hat er in dieser Rede geprägt. Es ist nur ein anderer Ausdruck für „Rüstungslobby“. In der Rede hatte Eisenhower vor der wachsenden Macht des militärisch-industriellen Komplexes gewarnt.
Was würde Eisenhower wohl sagen, wenn er wüsste, wie die Situation heute ist?
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“
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