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Alles (?) spricht über Anti­se­mi­tismus, Medien befeuern ihn

Es gibt fast keinen Tag, an dem nicht vor der wach­senden Gefahr gewarnt wird — und den Medien scheint nichts zu schade zu sein, dies anzuheizen
(von Albrecht Künstle)
Fast täglich wird über den Anti­se­mi­tismus in unserem Land berichtet. Und fast jede Woche wird eine Umfrage ver­öf­fent­licht, wie dieser wieder zuge­nommen habe. Wundert man sich noch über solche Befra­gungs­er­geb­nisse, wenn den Men­schen nichts anderes vor­ge­setzt wird. Wenn man täglich über den Kli­ma­not­stand liest, dann glauben immer mehr daran, wenn sie einen schönen Spät­sommer erleben. Immer gleiche Indok­tri­nation führt schließlich zu einer Art Hys­terie, indem wir wirklich an das glauben, was uns pene­trant ein­ge­trichtert wird. Eine Hiobs­bot­schaft beflügelt die nächste und schaukelt sich hoch.

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Aber dieses Hoch­schaukeln nützt nie­manden, weil der tat­säch­liche Fokus auf den poten­zi­ellen Täter­kreis immer mehr ver­wa­schen wird und so schwe­rerer zu bekämpfen ist.
Dazu fiel mir fol­gendes ein:
„Es steht uns ein strenger Winter bevor“, sagt ein Kanadier zu seiner Frau, denn der Indianer gegenüber macht mehr Holz als andere Jahre. Eine Woche darauf sagt der Indianer zu seiner Squaw, „es gibt tat­sächlich einen strengen Winter, denn der weiße Mann/Nachbar hat einen grö­ßeren Tank­wagen kommen lassen als sonst“. Und macht noch mal ein paar Ster Holz mehr. „Schau mal zu Indianers rüber, die machen noch mal Holz; es gibt einen sehr strengen Winter. Da gebe ich am besten noch mal eine Lie­ferung Heizöl in Auftrag“. 
Dem Winter bleibt also gar nichts anderes übrig, als streng zu werden?
Ich hoffe, dieses Geschichtchen wird nicht als Ver­harm­losung des Pro­blems aus­gelegt. Aber ich denke auch nicht, dass sich der Anti­se­mi­tismus derart hoch­ge­schaukelt hat, wie man es uns aus welchen Gründen auch immer, weis­machen will.
Wenn er aber doch so erschre­ckend zuge­nommen hat, sind die Medien nicht unschuldig:
Am Mon­tag­abend 21.10. wurde im Ersten die Erst­fassung des Doku­men­tar­filmes „Die Unge­wollten – die Irr­fahrt der St. Louis“ aus­ge­strahlt. Ein bewe­gender Film, ich konnte danach kaum schlafen.
Es ging um die von Nazi-Stra­tegen ein­ge­fä­delte Über­führung von 900 Juden nach Kuba, die aber dort nicht an Land durften. Der Kapitän ver­suchte, mit den ver­zwei­felten Juden in den USA und schließlich Kanada anzu­landen, aber auch diese machten die Schotten dicht. Schließlich ging es wieder zurück nach Deutschland, als sich kurz vor dem sicheren Tod England und die Benelux-Staaten erbarmten, und die Juden aufnahmen.
Und ein Schelm, der Gutes dabei dachte. Am Ende des Films zeigte sich dessen Intention. Es wurde her­aus­ge­stellt, dass auch die ame­ri­ka­ni­schen Juden die deut­schen nicht wollten. Die Bot­schaft war also, dass die Juden nicht einmal sich selbst mögen und sogar ans Messer liefern. M.E. wird so zumindest die Ver­achtung von Juden befeuert.
In das gleiche Horn stößt die Badische Zeitung vom 26.10. mit der Reportage „Die Grei­ferin
https://www.badische-zeitung.de/suedwest‑1/die-greiferin–178700667.html, anlässlich des 25jährigen Todes­tages einer Stella Gold­schlag. Einer Jüdin, die andere Juden an die natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Schergen, die Gestapo, verriet – nachdem sie selbst von den Nazis gefasst und schwer miss­handelt worden war. Aber diese schlimme Sache wurde bereits 1995 in einem 43minütigen Doku­men­tarfilm vom SWF und ORF aus­ge­strahlt. Ein Buch dazu gibt es auch. M.E. wird mit dem Auf­wärmen dieses Verrats von Juden durch eine Jüdin die Ver­achtung von Juden befeuert.
Welcher Teufel ritt die Badische Zeitung, aus­ge­rechnet diesen Todestag zum Anlass zu nehmen, diesen anti­jü­di­schen Rück­blick anzu­stellen? Am 26. Oktober 1994 ereignete sich auch …
Ein Frie­dens­vertrag beendet den Kriegs­zu­stand zwi­schen Israel und Jor­danien. König Hussein I. und Yitzhak Rabin schließen nach 46 Jahren Kriegs­zu­stand einen Frie­dens­vertrag zwi­schen Jor­danien und Israel in Wadi Araba.
Oder
Kurt Beck (SPD) wird als Nach­folger von Rudolf Scharping zum Minis­ter­prä­si­denten von Rheinland-Pfalz gewählt. (hätte bestens zur Stimm­aus­zählung bei SPD gepasst)
Oder zum aktu­ellen Thema Franco, vor 75 Jahren am 26.10.1944
Im fran­zö­si­schen Tou­louse tagt das neu­ge­gründete “Spa­nische Befrei­ungs­ko­mitee”, um über eine Besei­tigung des Franco-Regimes in Spanien zu beraten.
Oder am 27. Oktober 1994, eben­falls vor 25 Jahren:
Als erster US-Prä­sident seit 1974 besucht Bill Clinton Syrien zu Frie­dens­ge­sprächen,
oder: Der Hur­rikan Mitch, mit Wind­ge­schwin­dig­keiten bis zu 285 km/h einer der stärksten Tro­pen­stürme des 20. Jahr­hun­derts, fegt über Mit­tel­amerika und kostet über 7000 Men­schen­leben. (und das, obwohl dieser Hur­rikan noch nichts von der Kli­ma­ka­ta­strophe des neuen Jahr­hun­derts wissen konnte – sorry, das war 1998, da durfte ja schon für das 21. Jahr­hundert geübt werden).
Also The­men­auswahl genug für jede Zeitung!
Ich werde diese Auf­listung von Anti­se­mi­tismus ver­brei­tenden Medi­en­sünden fort­setzen, bis die – anderen Hass unter­stel­lenden – Medien auf­hören, selbst Aver­sionen gegen Juden schüren. Um nicht miss­ver­standen zu werden: Juden sind nicht besser als unsereins – aber auch nicht schlechter – ins­be­sondere auf wis­sen­schaft­lichem Gebiet. Warum werden deren Ver­feh­lungen heute auf­ge­wärmt und mil­lio­nenfach verbreitet?