kschneider2991 / Pixabay

Die Armut geht zurück und mehr Umver­teilung träfe die Falschen

Eine Nach­richt, die so gar nicht in die mediale Land­schaft passt: Der Anteil der armen und armuts­ge­fähr­deten Men­schen in der Bun­des­re­publik war 2018 so niedrig wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Sage nicht ich, sondern sagt das Sta­tis­tische Bundesamt.
Hier bestellen!

Die WELT fasst zusammen. Die neuen Zahlen des Sta­tis­ti­schen Bun­des­amtes bringen eine gute Nach­richt: Die Armut und die Gefahr, in Armut abzu­gleiten, gehen in Deutschland weiter zurück. Die Sta­tis­tiker haben die Daten bis Ende des ver­gan­genen Jahres aus­ge­wertet und kommen zum Schluss:
  • „Nach der strengen Defi­nition der Euro­päi­schen Union waren im ver­gan­genen Jahr 18,7 Prozent der Bevöl­kerung von ‘Armut oder sozialer Aus­grenzung bedroht’, wie es im Amts­deutsch heißt. Das ent­spricht rund 15,3 Mil­lionen Men­schen.“ – Stelter: Das klingt zunächst dramatisch.
  • Jedoch gilt als „arm“, wer weniger als 60 Prozent des mitt­leren ver­dient. „Da es sich dabei um einen rela­tiven Wert handelt, kann die Zahl der Armuts­ge­fähr­deten auch dann steigen, wenn alle Men­schen mehr ver­dienen und der Wohl­stand ins­gesamt steigt. Für Jahr 2017 hatten die Sta­tis­tiker die Quote noch mit 19 Prozent der Bevöl­kerung ange­geben, was damals 15,5 Mil­lionen Men­schen ent­sprach.“ – Stelter: Vor allem geht es den hierher zuge­wan­derten Men­schen signi­fikant besser als in ihren Hei­mat­ländern, sie dürften sich also nicht als „arm“ empfinden.
  • „Haupt­motor dieser Ent­wicklung einer zurück­ge­drängten Armut ist der gute Arbeits­markt: Er erlaubt es mehr Men­schen als früher, eigenes Ein­kommen zu erwirt­schaften, mit dem sie ihren Lebens­un­terhalt bestreiten können. Im Sep­tember hat die Zahl der Erwerbs­tä­tigen mit 45,3 Mil­lionen ein Rekordhoch erreicht. Zugleich lag die Erwerbs­tä­ti­gen­quote bei hohen 68,6 Prozent. So viele Men­schen waren in Deutschland noch nie in Lohn und Brot.“ – Stelter: was übrigens der Schein­kon­junktur Mario Draghis und nicht der Brillanz hie­siger Wirt­schafts­po­litik geschuldet ist.
  • „Tra­di­tionell war Deutschland ein Land, in dem das Risiko, mate­rielle Ent­beh­rungen zu erfahren, die ältere Gene­ration weniger heim­sucht. Auch heute noch ist es so, dass Armut vor allem bei den 18- bis 24-Jäh­rigen zuschlägt: Fast ein Viertel aller Men­schen (23,9 Prozent) dieser Alters­gruppe hat zu wenig Ein­kommen (…) Bei Bun­des­bürgern im Alter von 65 oder mehr besteht aktuell bei weniger als jedem Fünften (19 Prozent) die Gefahr, dass das Geld nicht reicht.“ – Stelter: weshalb die Politik auch bei den Fal­schen ansetzt mit ihren Maßnahmen.
  • „Laut EU-Defi­nition liegt dann Depri­vation oder erheb­liche mate­rielle Ent­behrung vor, wenn der Haushalt etwa Pro­bleme hat, die Miete recht­zeitig zu zahlen, die Wohnung aus­rei­chend heizen zu können oder uner­wartete Aus­gaben wie den Kauf einer neuen Wasch­ma­schine mit eigenen Mitteln zu stemmen. Auch wer sich nicht einmal eine Woche Urlaub woanders als zu Hause leisten kann oder aus Geld­gründen auf ein Auto, ein Fern­seh­gerät oder ein Telefon ver­zichten muss, gilt als depri­viert.“ – Stelter: worüber man natürlich durchaus streiten könnte.
  • „Während der 2,4‑prozentige Anteil der von mate­ri­eller Ent­behrung betrof­fenen Senioren für sich genommen immer noch recht niedrig erscheint, geht die Reise bei den Älteren in die genau andere Richtung als bei den Jün­geren: Sowohl bei Kindern und Jugend­lichen als auch bei Men­schen mitt­leren Alters ist die Depri­vation auf dem Rückzug, wobei die eigent­lichen Quoten weiter höher sind als bei Ruhe­ständlern.“ – Stelter: Es gibt also einen stei­genden Anteil der Armen bei den Älteren. Genau das ist zu erwarten, einfach durch Zeit­ablauf und weil die Regierung das Ren­ten­system nicht schon vor Jahren saniert hat.
  • „Betroffen von Alters­armut sind vor allem Frauen, nicht zuletzt solche, die ihre Arbeit auf­ge­geben haben, um kranke Ange­hörige zu pflegen. (…) Komme es zu einem Pfle­gefall in der Familie, seien es in 70 Prozent der Fälle Frauen, die sich kümmern und unbe­zahlte Sor­ge­arbeit leisten. Häufig zögen sie sich kom­plett aus dem Berufs­leben zurück. Das habe weit­rei­chende Kon­se­quenzen für das Alters­ein­kommen.“ – Stelter: Das ist natürlich bedau­erlich und es stellt sich die Frage, wie darauf zu reagieren ist.
  • Ein besonders hohes Armuts­risiko haben den Sta­tis­tiken zufolge auch Zuwan­derer und ihre hier­zu­lande gebo­renen Kinder. So stellen Men­schen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund in der Bun­des­re­publik 45 Prozent aller Armuts­ge­fähr­deten. Der Anteil der Men­schen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund an der Gesamt­be­völ­kerung liegt bei gut einem Viertel (25,5 Prozent).“ – Stelter: geringere Erwerbs­be­tei­ligung (vor allem der Frauen), geringere Ein­kommen in Folge von man­gelnder Bildung, Sprach­kennt­nissen und Inte­gration. Schon vor Jahren habe ich mit einem ein­fachen Dreisatz nach­ge­wiesen, dass sich der gesamte (damalige) Anstieg der Armuts­quote mit der Zuwan­derung erklären lässt.
  • Quelle: Info­grafik WELT 
  • „Das heißt: Wer selbst zuge­wandert ist oder min­destens einen Elternteil hat, der bei Geburt nicht die deutsche Staats­an­ge­hö­rigkeit hatte, droht aus mate­ri­ellen Gründen viel schneller ins soziale Aus zu geraten als Men­schen ohne Migra­ti­ons­hin­ter­grund. Besonders groß ist der Anteil der Zuwan­derer erster und zweiter Gene­ration an den Armuts­ge­fähr­deten in den großen Städten: In Hamburg und Bremen stellen Men­schen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund mehr als 60 Prozent aller Armuts­ge­fähr­deten. In Berlin sind es immerhin 53 Prozent.“ – Stelter: Dass dies das Klima in einer Stadt prägt, ist offen­sichtlich. Die Frage ist nur, ob die richtige Antwort wirklich mehr Umver­teilung in diese Bevöl­ke­rungs­gruppe ist.
  • „Kri­tiker sehen daran ein grund­le­gendes Problem der deut­schen Inte­gra­ti­ons­po­litik. Offenbar haben Zuwan­derer in der Bun­des­re­publik größere Schwie­rig­keiten, eine Anstellung zu finden und sich finan­ziell über Wasser zu halten, als in klas­si­schen Ein­wan­de­rungs­ländern wie zu Bei­spiel Kanada. Vielfach hat das mit dem Qua­li­fi­ka­ti­ons­profil der Migranten zu tun und damit, dass hier­zu­lande Arbeits­mi­gration und Flucht­mi­gration ver­mengt werden.“ – Stelter: Es ist eine Folge der Migra­ti­ons­po­litik, die über­pro­por­tional un- und niedrig qua­li­fi­zierte anlockt. Das kann sich nicht rechnen, wie eine Studie im Auftrag der Ber­telsmann Stiftung schon 2014 zeigte. Schon damals wurde gefordert, dass sich eine Zuwan­derung wie bei den Gast­ar­beitern nicht wie­der­holen dürfe.

Hier bestellen!

Die gute Nach­richt ist: Die Armut unter den Men­schen ohne Migra­ti­ons­hin­ter­grund ist stark rück­läufig. Die weitere gute Nach­richt ist, dass sich die Migranten kei­neswegs arm fühlen dürften, liegt ihr Ein­kommen hier­zu­lande doch selbst bei Arbeits­lo­sigkeit deutlich über dem BIP/Kopf ihrer Herkunftsländer.
Die schlechte Nach­richt ist, dass, wie von mir immer wieder kri­ti­siert, die Umver­tei­lungs­be­für­worter die immer noch gege­benen Ungleich­heiten dazu nutzen, um noch mehr Umver­teilung zu fordern. So hier:
„Erst Migration, dann Sozialismus“ 
Vor­der­gründig, um damit den Popu­listen das Wasser abzu­graben. Doch könnte es sein, dass eine zuneh­mende Belastung der Mit­tel­schicht (denn die zahlt am Ende immer) zugunsten einer stetig wach­senden Gruppe von Men­schen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund genau das Gegenteil bewirkt.

Dr. Daniel Stelter –www. think-beyondtheobvious.com