Psiram: Der deutsche Ku Klux Klan des Internets

Bericht über eine kri­mi­nelle Ver­ei­nigung (§ 129 StGB)

Den Ku Klux Klan kennt jeder. Der KKK ist ein US-ame­ri­ka­ni­scher Geheimbund, der sich mit Kapuzen tarnt und Leute ermordet, die ihm nicht in den Kram passen, bevorzugt Schwarze. Das deutsche Pendant kennen nur wenige, es trägt den Namen Psiram. Auch Psiram ist eine Geheim­or­ga­ni­sation, die Leute, die ihr nicht passen, per Rufmord erledigt. Das ist nicht die einzige Par­allele: Beide Orga­ni­sa­tionen sind dezi­diert demo­kra­tie­feindlich und erfreuen sich der Unter­stützung von Geld­gebern, welche die Orga­ni­sa­tionen als Instrument eigener Ziele benutzen. Die Frage von Ori­ginal und Kopie kann ein­deutig beant­wortet werden: KKK ist das Vorbild, Psiram das Abbild.

(von Helmut Roewer)

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Während es zum KKK mehr Infor­ma­tionen gibt, als man bei einem Geheimbund erwarten sollte – auf einer Breite von spin­nerten Dar­stel­lungen bis hin zu seriösen Unter­su­chungen –, gilt dieser Befund für Psiram nicht. Die Psiram-Plattform besitzt nicht einmal ein ord­nungs­ge­mäßes Impressum. In den fol­genden Zeilen werde ich mich mit einigen Details der Orga­ni­sation befassen.
Der Name: Psiram ist ein Akronym aus zwei anein­an­der­ge­fügten Teilen: psi und ram. Das psi kommt vom grie­chi­schen Buch­staben Ψ (psi). Er findet in viel­facher Weise in der Wis­sen­schafts­sprache Ver­wendung, zum Bei­spiel in der Medizin und in den Natur­wis­sen­schaften, aber auch fach­über­greifend zur Umschreibung des Begriffs pseudo. Pseudo ist das So-tun-als-ob. Nun zu ram: Hier ist nicht das gängige Kürzel aus der Com­pu­terwelt gemeint (random-access memory), sondern die eng­lisch Vokabel für rammen, to ram. Kom­bi­niert man pseudo mit rammen, so kommt heraus, dass die Namens­geber von Psiram den Anspruch ver­folgen, Pseudo-Wis­sen­schaften auf­laufen zu lassen. Das ist eine klare Ansage. Wir wollen sehen, ob sie das auch tun.
  1. Fest­stellung: Rammen stimmt, Wis­sen­schaft­lichkeit jedoch nicht. Die Frage, ob Psiram in wis­sen­schaftlich ver­tret­barer Weise die als Wis­sen­schaftsspuk bezeich­neten Lehren bekämpft, ist leicht zu beant­worten. Die Antwort heißt Nein. Unab­dingbare Vor­aus­setzung einer wis­sen­schaft­lichen Aus­ein­an­der­setzung ist es, dass auf Augenhöhe gefochten wird. Das ist bei Psiram nicht der Fall. Psiram ist vielmehr eine Orga­ni­sation der Hecken­schützen. Ihre einzige Stärke ist die Anony­mität ihrer Orga­ni­sation und von deren Mit­tätern. Dieses Prinzip wird gepflegt, um die Orga­ni­sation und deren Mit­täter davor zu bewahren, dass die Ver­leum­deten sich wirksam zur Wehr setzen können.
  2. Fest­stellung: Wis­sen­schaft­lichkeit wird durch Selbst- und Ring­zitate vor­ge­täuscht. Beide Quasi-Beweis-Formen finden wir bei Psiram vor. Ent­weder der anonyme Psiram-Autor ver­weist auf sich selbst, was man durch mühsame Recherche ent­tarnen kann, oder er ver­weist auf Wiki­pedia oder eine andere in deren Wind­schatten segelnde Plattform wie zum Bei­spiel die Ruhr­barone. Also: Psiram sagt, es steht so in Wiki­pedia, Wiki­pedia sagt: so steht es bei Psiram. Das nennt man ein Ring­zitat, das in Wirk­lichkeit kei­nerlei Aus­sa­gewert für den behaup­teten Gegen­stand hat.

Hinzu kommt, dass die Ver­fasser der Ring­zitate häufig per­so­nen­iden­tisch sind. Also: die Autoren bei Psiram und Wiki­pedia sind ein und die selbe Person, wenn auch mit­unter unter ver­schie­denen Deck­namen han­delnd. Bei­spiel: Auf Wiki­pedia tummelt sich jmb1982, auf Psiram bmj1982. Wer jmb1982 ist, lässt sich ent­schlüsseln. Es handelt sich um den Han­no­ve­raner Ver­leger Jens Bolm, bzw. Jens M. Bolm. Dass er seinen eigenen Verlag auf Wiki­pedia bear­beitet und einige seiner Autoren, will ich wenigstens nicht uner­wähnt lassen – ein klarer, aber offenbar fol­gen­loser Verstoß gegen die Wikipedia-Richtlinien.
Damit aber nicht genug: Bolm ist auch Mit­glied der poli­ti­schen Partei Die Partei. Das finde ich insofern bemer­kenswert, weil diese angeblich Spaß- und Sati­re­truppe eine For­mation unterhält, die sehr stark nach einer Bür­ger­kriegs­armee aus­sieht. Sollte einer der Ex-Kol­legen aus dem Ver­fas­sungs­schutz einmal eine freie Minute beim auf­re­genden Kampf gegen rechts finden, wäre viel­leicht ein Blick in diese Richtung ange­zeigt. In meinem eigenen dienst­lichen Erleben gab in 1980-er Jahre ähn­liches, nämlich die Wehr­sport­gruppe Hoffmann (sie wurde als ver­fas­sungs­widrig ver­boten und auf­gelöst) und eine Kampf-For­mation innerhalb der links­extremen DKP (sie löste sich 1989/90 von selbst auf, als die SED-Mil­lionen wegblieben).

  1. Fest­stellung: Psiram-Autoren sind Partei und nicht, wie es vor allem Wiki­pedia in seinen selbst­ge­schnei­derten Richt­linien den Unbe­darften vor­gaukelt, neu­trale Beob­achter. Um diese Aussage zu treffen, genügt ein Blick auf das Gesamt­ta­bleau von Psiram. Zu dieser Plattform gehören zwi­schen 3.000 und 4.000 Artikel, ein Drittel davon sind Per­so­nen­ar­tikel. Die dort abge­bil­deten Per­sonen eint nach Auf­fassung der Psiram-Betreiber, dass sie ent­weder medi­zi­nische Spinner, Rechts­extre­misten (inclusive Holo­caust­leugner) oder Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker sind.

Psiram belegt seine Injurien nicht mit Eins-zu-eins-Fakten, sondern trak­tiert seine Leser mit mühsam zusam­men­ge­na­gelten Argu­men­ta­ti­ons­ketten. In etwa so: Wer gegen Imp­fungen ist, der ist auch ein Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker, und wer das ist, der leugnet auch den Holo­caust. Das erinnert an Sprüche aus meiner Stu­den­tenzeit: Wer Reval raucht, der frisst auch Fliegen, schupst kranke Hühner in den Graben und zeigt alten Omas den langen Weg. Doch Spaß bei­seite: die abwe­gigen Psiram-Denun­zia­tionen dienen in der Praxis dazu, unliebsame Per­sonen durch Rufmord zu erle­digen. Das geschieht zum Bei­spiel dadurch, dass Wiki­pedia-Artikel ohne Vor­be­halte auf Psiram als Quelle hin­weisen und Unbe­darfte sodann auf Wiki­pedia. Auf diese Weise ist Psiram der gehät­schelte Hen­kerarm der Wikipedia.
Bei­spiel: Besondere Hass­fi­guren sind Leute wie die beiden Autoren der Internet-Plattform Neues aus Wiki­hausen (zuletzt auf YouTube: https://youtu.be/Eb3k23HbG‑Y), Markus Fiedler und Dirk Pohlmann. Bei Pohlmann funk­tio­niert die Denun­ziation wie folgt: Er gestaltete vor Jahr und Tag eine Sendung, in der er die Funktion des Kampf­be­griffs der Ver­schwö­rungs­theorie beschrieb (vgl. https://www.youtube.com/watch?v=w0stF1Rld3Q). Er tat das anhand der Geschichte des Polen Jan Karski, der während des Zweiten Welt­kriegs in ein auf pol­ni­schem Gebiet gele­genes KZ ein­drang, um sich von den Ver­hält­nissen dort zu über­zeugen. Sein anschlie­ßender Bericht an US-Prä­sident Franklin Roo­sevelt fand kein Gehör. Man hielt seine Schil­derung für Propaganda.
Pohl­manns Schil­derung dieser Vor­gänge wurde nun bei Psiram so behandelt, als halte er selbst die Existenz von KZ für Pro­pa­ganda. Diese absicht­liche Falsch­dar­stellung dient nun als Begründung dafür, aus ihm einen Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker und Nazi zu machen. Seinem Co-Autoren Fiedler ging es nicht besser: Bei ihm war Aus­gangs­punkt, dass er sein Unver­ständnis über einen Judenmord-Rela­ti­vierer geäußert hatte. Aus dem Kri­tiker wurde durch Weg­lassen der kri­tik­übenden Wörter ein Mit-Rela­ti­vierer des Judenmords.

  1. Fest­stellung: Grund­bau­stein Anony­mität. Die Mög­lichkeit zum anonymen Agieren sichert den Übel­tätern Immu­nität. Niemand kann sich gegen ihre Infamien erfolg­reich wehren. Nur ab und an ent­tarnt sich einer selbst. Meist ist es die Eitelkeit der Täter, die es nicht erträgt, dass niemand ihr famoses Tun würdigt. So bezich­tigte sich ein Mann namens Knut Junker der Schöpfer des Logos von Psiram und der Inhaber der ein­schlä­gigen Files-Rechte zu sein. Das legt den Ver­dacht nahe, hier einen vor uns zu haben, der den Psiram-Admi­nis­tra­toren sehr nahe steht. Dieser Ver­dacht ver­stärkt sich, weil er mit anderen Psiram-Denun­zi­anten zusammenwirkt.psirm

Gemeinsam im Kampf gegen die Auf­klärung: Die Con­nection Knut Junker und Jens Bolm bei der Ad-per­sonam-Psiram-Attacke auf den Autor Markus Fiedler (Bild YouTube-Snapshot von Neues aus Wiki­hausen #31).
Ob man nun bei Junker ein wenig nach­bohrt, oder bei dem oben schon genannten Han­no­ve­raner Holm, man ent­deckt Bezüge zu einer wei­teren wun­der­samen Truppe, die sich Gesell­schaft zur wis­sen­schaft­lichen Unter­su­chung von Para­wis­sen­schaften (GWUP) nennt und in ihrem Netz­auf­tritt (vgl. https://www.gwup.org/) ganz unge­niert ihre Nähe zu Psiram doku­men­tiert. Auch hier finden wir ein ähn­liches Strick­muster vor: Man gibt sich besorgt um Wis­sen­schaft­lichkeit und kämpft – warum eigentlich? – gegen einen als unwis­sen­schaftlich ange­pran­gerten Feind. Das wirkt auf mich wie ein Krieg von Sekten um die Deu­tungs­hoheit. Wenig über­ra­schend, dass die sog. Skep­tiker (so nennen sich die GWUP’ler selbst gern) auch Wiki­pedia und Psiram mit Autoren ver­sorgen. Man kennt sich. Man stützt sich. Man ist unter sich.

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Addiert man den ein­gangs zitierten Eigen­auftrag von Psiram, in dem davon die Rede ist, den Geld­beutel des Psiram-Kon­su­menten schonen zu helfen, so liegt der Ver­dacht nahe, dass es sich hier auch um eine ver­deckte Markt­stra­tegie handelt, mit unlau­teren Mitteln einer tat­säch­lichen oder auch nur her­bei­phan­ta­sierten Kon­kurrenz das Wasser mit Hilfe von dif­fa­mie­renden Behaup­tungen abzugraben.
  1. Fest­stellung: Unter­stützer und Geld­geber. Eine so auf­wendige Plattform wie Psiram ist nicht für nichts zu haben. Es gibt Kri­tiker, die behaupten, dass Psiram ein Kind der deut­schen Pharma-Industrie sei. Einen unwi­der­leg­baren Beweis habe ich hierfür nicht gefunden. Es gibt aber Indizien, die in diese Richtung deuten. Sie betreffen einen der drei Themen-Schwer­punkte von Psiram, nämlich den mili­tanten Kampf gegen die Nicht-Schul­me­dizin, an vor­derster Front gegen die Impf­gegner. Nun mag man davon halten, was man will, in keinem Fall macht das jedoch aus den Betrof­fenen auto­ma­tisch Irre oder so gar Nazis und Ver­schwö­rungs­phan­tasten. Eben­so­wenig wie es aus Leuten Nazis macht, die in einem Atemzug mit echten solchen genannt werden. Letztes wirkt schon des­wegen anrüchig, wenn man sich die Unter­stützer von Psiram ansieht. Dar­unter sind dann Mus­ter­de­nun­zi­anten wir die Amadeo-Avocado-Stiftung. Und wo diese nahe ist, sind staat­liche Funk­tionäre nicht fern, die der Demo­kratie und der offenen Gesell­schaft Lebewohl gesagt haben.
  2. Zur Straf­barkeit des Han­delns von Psiram. Der Blick fällt zwanglos auf eine weit­gehend unbe­kannte Strafnorm, § 129 Straf­ge­setzbuch, die Bildung kri­mi­neller Ver­ei­ni­gungen. Hiernach macht sich strafbar, wer sich an einer Ver­ei­nigung beteiligt, deren Zweck (auch) das Begehen von Straf­taten ist. Die bei Psiram ein­schlägige Straftat in der Straftat ist die Ver­leumdung (§ 187 StGB), denn genau hierum handelt es sich bei der wahr­heits­wid­rigen Bezich­tigung, ein Holo­caust­leugner zu sein. Und, nebenbei bemerkt, das Werben für solche Orga­ni­sa­tionen und ihre Unter­stützung sind eben­falls mit Strafe bedroht.

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*) Dr. Helmut Roewer wurde nach dem Abitur Pan­zer­of­fizier, zuletzt Ober­leutnant. Sodann Studium der Rechts­wis­sen­schaften, Volks­wirt­schaft und Geschichte. Nach dem zweiten juris­ti­schen Staats­examen Rechts­anwalt und Pro­motion zum Dr.iur. über ein rechts­ge­schicht­liches Thema. Später Beamter im Sicher­heits­be­reich des Bun­des­in­nen­mi­nis­te­riums in Bonn und Berlin, zuletzt Minis­te­ri­alrat. Frühjahr 1994 bis Herbst 2000 Prä­sident einer Ver­fas­sungs­schutz­be­hörde. Nach der Ver­setzung in den einst­wei­ligen Ruhe­stand frei­be­ruf­licher Schrift­steller und Autor bei con­servo. Er lebt und arbeitet in Weimar und Italien.


Dieser lesens­werte Beitrag erschien zuerst auf dem Blog von Peter Helmes – www.conservo.wordpress.com