Von Joachim Seidler, photog_at from Austria - 20150904 174, CC BY 2.0, Link

Der Spiegel meldet Erfolge bei der Inte­gration von Flücht­lingen — Was sagen die Zahlen wirklich?

Die Frage der Flücht­linge in Deutschland ist medial in den Hin­ter­grund getreten, heute beherrscht die Kli­ma­de­batte die Medien. Am Dienstag gab es eine Meldung, die die Argu­mente der Kri­tiker der Migra­ti­ons­welle bestätigt. Also musste der Spiegel sie anders darstellen.

Neben Ängsten in der Bevöl­kerung, dass die mas­sen­hafte Ein­wan­derung zu einer „Über­fremdung“ oder auch zur „Isla­mi­sierung“ Deutsch­lands führen könnte, gab es noch andere, kri­tische Stimmen. Die Fragen der „Über­fremdung“ oder „Isla­mi­sierung“ zu dis­ku­tieren, ist schwierig, weil es sich dabei nicht um objektiv messbare Dinge handelt, sondern um das sub­jektive Emp­finden. Das kann man aber nicht messen. Was einer als „Über­fremdung“ ablehnt, findet ein anderer als „multi-kulti“ super.

Aber was sich objektiv messen lässt, ist die Inte­gration der Migranten. Sicher, auch dafür gibt es keinen all­um­fas­senden Maßstab, aber man kann den Grad der Inte­gration zum Bei­spiel daran erkennen, ob sie einen Job haben. Wenn die Arbeits­lo­sigkeit unter Migranten auf dem gleichen Niveau der deut­schen Arbeit­nehmer wäre, dann wären sie auf diesem Gebiet voll­ständig integriert.

Das ist natürlich unrea­lis­tisch. Daher freuen sich die Medien schon, wenn sie auch nur melden können, dass zumindest die Hälfte der Migranten einen Job haben. Aller­dings ist auch das kein Maßstab, schließlich wurde uns von Medien und Politik erzählt, dass wir die Migranten ganz dringend brauchen, weil nur sie unsere Sozi­al­systeme retten können, die unter dem demo­gra­fi­schen Wandel irgendwann kol­la­bieren sollen.

Daher ist die Frage nicht, ob die Migranten einen Job haben, sondern die Frage ist, ob sie einen Job haben, von dem sie leben können, damit sie keine staat­lichen Leis­tungen mehr brauchen und statt­dessen selbst in die Sozi­al­systeme einzahlen.

Beim Spiegel erschien am Dienstag ein Artikel mit der Über­schrift „Arbeits­markt – Jeder zweite Geflüchtete hat fünf Jahre nach der Ankunft einen Job„, in dem man in der Ein­leitung lesen konnte:

„Wie geht es Geflüch­teten, die seit fünf Jahren in Deutschland leben? Eine Studie zeigt: 49 Prozent ver­dienen ihr eigenes Geld. Der Wert liegt höher als in den Neunzigerjahren.“

Man hätte auch titeln können: „Auch nach fünf Jahren ist jeder zweite Flüchtling noch ohne Job„, was die gleiche Infor­mation ver­mittelt hätte. Aber es ist Aufgabe der Medien in der Frage der Flücht­linge unge­bro­chenen Opti­mismus zu verbreiten.

Also schauen wir uns die „guten Nach­richten“ einmal näher an. Der Spiegel schreibt:

„Unter den Erwerbs­tä­tigen der seit 2013 ein­ge­trof­fenen Geflüch­teten gehen der Studie zufolge 68 Prozent einer Vollzeit- oder Teil­zeit­er­werbs­tä­tigkeit nach, 17 Prozent machen eine bezahlte Aus­bildung und drei Prozent ein bezahltes Prak­tikum. Zwölf Prozent sind demnach gering­fügig beschäftigt.“

Das klingt gut! 68 Prozent haben eine Vollzeit- oder Teil­zeit­stelle. Aber da ich Zahlen liebe, sehen wir uns den mathe­ma­ti­schen Trick einmal an.

Nur 49 Prozent der Flücht­linge haben nach fünf Jahren in Deutschland einen Job. Davon haben 68 Prozent einen Vollzeit- oder Teil­zeitjob, der Rest macht Aus­bil­dungen oder Praktika.

Das bedeutet für Flücht­linge, die im fünften Jahr in Deutschland sind, dass 51 Prozent von ihnen keinen Job haben und dass nur 34 Prozent von ihnen arbeiten. Die rest­lichen 17 Prozent machen irgend­welche Aus­bil­dungen, Praktika und ähn­liches. Und da viele der 34 Prozent arbei­tenden Flücht­linge nur Teilzeit arbeiten, können sich nur die wenigsten davon auch tat­sächlich ohne staat­liche Hilfe selbst versorgen.

Das ist nicht einfach nur meine Ver­mutung, das kann man der Studie ent­nehmen. Die Studie sagt zwar nicht, wie viele Flücht­linge Vollzeit und wie viele Teilzeit arbeiten, aber sie gibt die Durch­schnitts­löhne der Flücht­linge an.

Ein Vollzeit arbei­tender Flüchtling ver­dient im Schnitt 1.863 Euro brutto. Damit müsste er sich selbst ver­sorgen können. Aber: Das durch­schnitt­liche Ein­kommen aller arbei­tenden Flücht­linge liegt bei nur 1,282 Euro. Das bedeutet, dass sehr viele derer, die arbeiten, erstens nicht Vollzeit arbeiten und zweitens wei­terhin staatlich ali­men­tiert werden müssen. Anders ist die große Dif­ferenz nicht zu erklären. Die Mehrheit der Flücht­linge sitzt wahr­scheinlich auf 400-Euro-Jobs, was sie sicher nicht glücklich macht und was den Steu­er­zahler viel Geld kostet, weil sie wei­terhin staat­liche Leis­tungen beziehen.

Eine andere Zahl aus der Studie ist folgende:

„Im zweiten Halbjahr 2018 haben im Durch­schnitt 35 Prozent der seit 2013 zuge­zo­genen Geflüch­teten eine Erwerbs­tä­tigkeit ausgeübt“

Der Spiegel hat sich also aus all den Zahlen, die die Studie hergibt, die schönste Zahl aus­ge­sucht und in die Über­schrift gepackt. Und dass selbst von den Flücht­lingen, die einen Job haben, nur die wenigsten in der Lage sind, ohne staat­liche Hilfe über die Runden zu kommen, steht in dem Artikel gar nicht. Das muss sich der auf­merksame Leser selbst erschließen, indem er nach der Studie googelt, denn der Spiegel hat sie vor­sichts­halber nicht verlinkt.

Die Legende, dass die Flücht­linge unsere Sozi­al­systeme retten, ist auch wei­terhin reines Wunsch­denken. Ob das je der Fall sein wird, muss jeder für sich selbst ent­scheiden. Die heu­tigen Zahlen zeigen jeden­falls, dass die Flücht­linge den Sozi­al­sys­temen bisher nicht den ver­spro­chenen Mehrwert gebracht haben, sondern im Gegenteil die Sozi­al­systeme (oder den Steu­er­zahler) stark belasten.

Das kann man (auch aus mora­li­schen Erwä­gungen) gut oder schlecht finden. Mir geht es nur um die Frage, ob die Flücht­linge den Sozi­al­sys­temen nutzen und sie retten, wie uns ver­sprochen wurde, oder nicht. Bisher ist die Antwort ein­deutig: Die Flücht­linge belasten die Sozi­al­systeme und die­je­nigen unter ihnen, die arbeiten und keine Leis­tungen brauchen, sondern etwas ein­zahlen, sind eine ver­schwindend geringe Minderheit.


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru

Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“