Von Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0, Link

Vera Lengsfeld: Der Koali­ti­ons­aus­schuss ermächtigt sich

Koali­ti­ons­ver­träge, man kann es nicht oft genug wie­der­holen, sind eine Erfindung der Merkel-Ära. Die Regie­rungen von Ade­nauer bis Helmut Kohl kamen mit lockeren Koali­ti­ons­ver­ein­ba­rungen aus. Die erste Merkel-GroKo, die für alle Betei­ligten, vor allem die SPD, noch sehr unge­wohntes Terrain war, kam nur mit­hilfe eines Ver­trags zustande. Doch allzu bald stellte sich heraus, dass Koali­ti­ons­ver­träge abar­beiten wesentlich bequemer war, als tat­sächlich zu regieren, d. h. Pro­bleme zu lösen. Die Medien, statt solche Ver­träge kri­tisch zu hin­ter­fragen und sie als hem­mungslose Kli­en­tel­po­litik zu ent­larven, spe­zia­li­sierten sich darauf, an der Abar­beitung dieser Ver­träge die Qua­lität einer Regierung zu bewerten.

Ein Punkt des GroKo-Koali­ti­ons­ver­trags ist die Instal­lierung eines Koali­ti­ons­aus­schusses, der von den Vor­sit­zenden der betei­ligten Par­teien gebildet wird und eigentlich über die Ein­haltung des Koali­ti­ons­ver­trages wachen soll. Die Pro­ble­matik, dass ein nicht gewähltes Gremium über die Regie­rungs­po­litik bestimmte, wurde einfach ausgeblendet.

Mit der letzten Sitzung des Koali­ti­ons­aus­schusses ist jedoch ein ganz neues Kapitel auf­ge­schlagen worden. Auf der Tages­ordnung stand kein Problem der Bun­des­po­litik, sondern die Minis­ter­prä­si­den­tenwahl in Thü­ringen und ihre Folgen. Damit hat sich der Koali­ti­ons­aus­schuss zur Schat­ten­re­gierung eines Bun­des­landes ermächtigt. Alex­ander Wendt hat in einem Beitrag für Tichys Ein­blick dar­gelegt, warum nach seiner Kenntnis der Geset­zeslage hier ein mehr­facher, schwerer Ver­fas­sungs­bruch von Seiten der Regierung und ins­be­sondere der Kanz­lerin vor­liegt. (“Merkels Iden des Februar“)

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„Der gleich dop­pelte Ver­fas­sungs­bruch liegt auf der Hand: Erstens gegen Artikel 45 der thü­rin­gi­schen Lan­des­ver­fassung, der Staats­fun­da­men­talnorm des Landes:

‘Alle Staats­gewalt geht vom Volk aus. Es ver­wirk­licht seinen Willen durch Wahlen, Volks­be­gehren und Volks­ent­scheid. Es handelt mit­telbar durch die ver­fas­sungs­gemäß bestellten Organe der Gesetz­gebung, der voll­zie­henden Gewalt und der Rechtsprechung.’

Und zweitens gegen den sehr ähnlich gefassten Artikel 20 (3) des Grundgesetzes:

‘Die Gesetz­gebung ist an die ver­fas­sungs­mäßige Ordnung, die voll­zie­hende Gewalt und die Recht­spre­chung sind an Gesetz und Recht gebunden…’

Ein nicht ver­fas­sungs­mäßig bestelltes Gremium hebt also erstens das freie Mandat von Abge­ord­neten weit­gehend auf – nicht nur in Thü­ringen. Und ein Gremium auf Bun­des­ebene unter Ein­schluss der Kanz­lerin greift tief in die Belange eines Bun­des­landes ein, es schiebt also die föderale Ordnung in einem wich­tigen Punkt – Her­bei­führung von Neu­wahlen – kur­zerhand beiseite.

Ihr kol­lu­sives Zusam­men­wirken mit Gewalt­tätern ent­kernt das Recht von Abge­ord­neten, hebt die Gewal­ten­teilung zwi­schen Exe­kutive und Legis­lative auf und begründet die Merkel-Doktrin von der ein­ge­schränkten Sou­ve­rä­nität der Bun­des­länder in poli­ti­schen Kern­fragen. Nach ihrer Defi­nition und ange­sichts der realen Gewalt­ku­lisse sind in Deutschland auf absehbare Zeit nur noch ent­weder ganz linke oder halb­linke Regie­rungen möglich.“

Das ist gelenkte Demo­kratie pur, die jetzt von den anti­fa­schis­ti­schen Boden­truppen von Merkels und Ramelows Gnaden allen Anders­den­kenden auf den Straßen in ganz Deutschland gewalt­tätig ein­ge­hämmert wird. Die Antifa, früher einmal eine Ver­ei­nigung, die sich gegen Regie­rungs­willkür richtete, hat sich end­gültig zum Büttel der Regierung gemacht. Wes Brot ich eß, des Lied ich sing, ist ein Sprichwort, dass voll und ganz auf die mit Steu­ergeld finan­zierte Antifa zutrifft.

Wie dankbar die SED-Linke die hin­ge­haltene Hand ergreift, hat sie schon öffentlich demons­triert. Nachdem Ex-Minis­ter­prä­sident Ramelow auf Initiative von Merkel tele­fo­nisch an den Bera­tungen des Koali­ti­ons­aus­schusses beteiligt wurde, ver­langt die SED-Linke nun öffentlich für Ramelows Wie­derwahl „Garantien“, dass ihr Kan­didat im ersten Durchgang mit Leih­stimmen der CDU gewählt wird.

Merkel hat sich also nicht nur des dop­pelten Ver­fas­sungs­bruchs schuldig gemacht, sie hat die einstige Erfolgs­partei der alten Bun­des­re­publik, die Partei Konrad Ade­nauers, Ludwig Erhards und Helmut Kohls zur Befehls­emp­fän­gerin der Partei Walter Ulb­richts und Erich Hon­eckers degra­diert. Ulb­richts Motto: Es muss demo­kra­tisch aus­sehen, aber wir müssen alles in der Hand haben, ist im 30. Jahr der Wie­der­ver­ei­nigung der beiden deut­schen Teil­staaten dank Merkel wieder Staats­doktrin geworden.


Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog der Autorin Vera Lengsfeld — www.vera-lengsfeld.de