Vera Lengsfeld: Die SED und Nazis – eine enge Beziehung

Nachdem Bodo Ramelows Stratege Ben­jamin Hoff ganz tief in die Nazi­trick­kiste gegriffen hat und sich zu der Behauptung ver­stieg, der frisch gewählte Minis­ter­prä­sident Thomas Kem­merich wäre von Gnaden derer, die Mil­lionen Men­schen in Buchenwald gemordet hätten, gewählt worden, und Ramelow das mit einem Hit­ler­zitat sekun­dierte, ist es an der Zeit, an das Ver­hältnis von SED, die sich heute Linke nennt, und Nazi­tätern zu erinnern.

Im Jahr 1946 war die SED die erste Partei, die sich nicht nur Nazi­funk­tio­nären öffnete, sondern aktiv um sie warb. 
Beim Kreis­verband der SED Son­neberg las sich das in einem Rund­schreiben so: „Nomi­neller Pg…die SED ruft Dich zur Mit­hilfe am Neu­aufbau Deutschlands!…Wenn Du Hitler gefolgt bist, um Deutschland zu dienen, dann bist Du unser Mann…“ Wer es nicht glauben will: Sci­ence­files hat das dokumentiert.

Dem freund­lichen Aufruf folgten viele ehe­malige NSDAP-Mit­glieder, nicht nur im Kreis Son­neberg. Anfang der 50er Jahre waren Zehn­tau­sende Mit­glied der SED geworden. Außerdem wurde mit der NDPD auch noch eine eigene Partei für Ex-Nazis gegründet.

NEU!!! Hier bestellen!

Im phi­lo­so­phi­schen Institut der Aka­demie der Wis­sen­schaften bin ich selbst min­destens drei ehe­ma­ligen Nazi­funk­tio­nären in lei­tenden Stellen begegnet. Einem HJ-Führer, einer BDM-Füh­rerin und einem Orts­grup­pen­vor­sit­zenden der NSDAP Breslau. Letz­terer, Pro­fessor Hermann Klenner, ist heute noch Mit­glied des Ältes­ten­rates der SED-Linken. Damals in der Aka­demie hat er uns junge wis­sen­schaft­liche Mit­ar­beiter nach seinen West­reisen, zum Bei­spiel nach New York, zusam­men­ge­rufen, um von seinen lebens­ge­fähr­lichen Aben­teuern zu berichten und uns zu sagen, wie froh wir sein könnten, zu Hause bleiben zu dürfen. Als Ältes­ten­rats­mit­glied wollte er eine junge Bun­des­tags­ab­ge­ordnete der Linken aus der Partei werfen, die meine Ver­ur­teilung wegen „ver­suchter Zusam­men­rottung“, weil ich 1988 mit einem Plakat, das den ersten Satz von Art. 27 der DDR-Ver­fassung zeigte – Jeder Bürger der DDR hat das Recht, seine Meinung frei und öffentlich zu äußern – demons­trieren wollte, ein Unrechts­urteil genannt hatte.

Trotzdem gelang es der DDR, sich als „anti­fa­schis­tisch“ zu dekla­rieren, im Gegensatz zur Bun­des­re­publik, die sie in ihrer Pro­pa­ganda als Zufluchtsort aller Ex-Nazis bezeichnete, in der die braune Pest das Sagen hatte. Um die Pro­pa­ganda zu unter­streichen, ließ die Staats­si­cherheit jüdische Friedhöfe in West­deutschland schänden, was sie anschließend wirksam anpran­gerte, oder Nazi­akten fäl­schen, um west­deutsche Poli­tiker wie Hans Globke und Theodor Ober­länder als tief in die Nazi­dik­tatur ver­strickt hin­zu­stellen. Diese Kam­pagnen hatten inter­na­tional großen Erfolg.

Während die DDR-Pro­pa­ganda auf Hoch­touren lief, wirkten im „anti­fa­schis­ti­schen“ Staat tau­sende Nazi­funk­tionäre unbe­helligt in hohen Funktionen.
Das „Braunbuch der DDR“ von Olaf Kappelt zählt mehr als 1000 hohe Funk­tionäre mit Nazi­ver­gan­genheit auf. Bis 1989 waren acht Minister und zwei stell­ver­tre­tende Minis­ter­prä­si­denten einst über­zeugte Natio­nal­so­zia­listen. Dazu gehörte Kurt Nier, der von 1973 bis 1989! Vize-Außen­mi­nister war, eben­falls Herbert Weiz, der von 1967 bis zum Ende der DDR als Vize des Minis­terrats wirkte. Als die Mauer fiel, saßen noch 14 ehe­malige Mit­glieder der NSDAP im SED-Zentralkomitee.

Was Thü­ringen betrifft, so hat eine Studie einer Sozio­lo­gen­gruppe von der Friedrich-Schiller Uni­ver­sität Jena um Heinrich Best fest­ge­stellt, dass 13,6 Prozent der thü­rin­gi­schen SED-Spit­zen­funk­tionäre NSDAP-Mit­glieder waren – mehr als im Durch­schnitt der Bevölkerung.

Nazi­ge­neräle wie Vincenz Müller bauten die nationale Volks­armee auf. Ein besonders krasses Bei­spiel ist Arno von Lenski, der von 1939 bis 1942 am berüch­tigten Volks­ge­richtshof tätig war und seit Mitte der 50er Jahre die Pan­zer­truppen der natio­nalen Volks­armee aufbaute.

Was den Aufbau der Volks­wirt­schaft betrifft, so waren auch hier Nazis führend beteiligt. Ernst Großmann ist ein kei­neswegs unty­pi­sches Bei­spiel. Er war Ange­hö­riger der 5. SS-Totenkopf-Stan­darte im Kon­zen­tra­ti­ons­lager Sach­sen­hausen. Dort hatte er offen­sichtlich orga­ni­sieren gelernt. Deshalb wurde er zum Gründer der ersten land­wirt­schaft­lichen Pro­duk­ti­ons­ge­nos­sen­schaft (LPG) in der DDR und leitete damit die Zwangs­kol­lek­ti­vierung ein. Das brachte ihm den Titel „Held der Arbeit“ ein. Er saß fünf Jahre im Zen­tral­ko­mitee der SED.

Das ist die Partei, für die Bodo Ramelow mit dem per­fiden Nazi­vorwurf an die AfD, die im Gegensatz zur Linken keinen ein­zigen NSDAP-Kader in ihren Reihen hat, sich wieder an die Macht drängen will. Dafür sollen, wie seine Frak­ti­ons­vor­sit­zende Hennig-Wellsow bereits öffentlich gefordert hat, die freien und geheimen Wahlen abge­schafft werden, indem die CDU vor der Wahl garan­tieren soll, dass Ramelow von ihr im ersten Wahlgang gewählt wird.
Mit dieser For­derung hat die Linke deutlich gemacht, dass der tota­litäre Geist der SED in ihr fortlebt. Zu ihrer Nazi­ver­stri­ckung hat sie sich nie geäußert, also auch nicht distanziert.