Zu Zeiten der Sowjetunion gruselte man sich hier im freien Westen davor, was die Machthaber dort, wie auch in der DDR mit Unbotmäßigen machten. Ob Inhaftierung in das Arbeitslager Gulag oder Psychiatrisierung, der unmenschliche Umgang mit Kritikern löste Schaudern und Gänsehaut aus. Wie entsetzlich, einfach verhaftet und verschleppt zu werden und hinter Gefängnismauern, in Irrenanstalten oder Arbeitslagern zu verschwinden – ohne Rechtsmittel dagegen, ohne Aufschrei der freien Presse, ohne Menschenrechtsanwälte. Und wie tröstlich zu wissen, dass uns so etwas hier, im freien Westen, nicht passieren kann.
Nicht passieren konnte, muss man wohl heute sagen. Noch ist es den Behörden und Politikern irgendwie unangenehm, wenn es doch seinen Weg in die Öffentlichkeit nimmt. Und noch wird so etwas doch berichtet.
So schrieb die „Welt“ am 10. April: „Sachsen will Quarantäne-Verweigerer in die Psychiatrie sperren“ und setzt im ersten Absatz noch eins drauf:
„Wer in Sachsen in Quarantäne muss und sich nicht daran hält, muss nun mit harten Strafen rechnen. Das Bundesland hat knapp zwei Dutzend Zimmer in psychiatrischen Kliniken freigeräumt, in denen Unbelehrbare von der Polizei bewacht werden sollen.“
(Kommt das irgendwie bekannt vor?)
Das Sozialministerium hatte auf Anfrage des mdr mitgeteilt, dass man zu diesem Behufe bereits in den psychiatrischen Anstalten Altscherbitz, Arnsdorf, Großschweidnitz und Rodewisch zusammen 22 Räume für die neue Psychiatrisierung Aufmüpfiger bereits fertig gemacht habe. „Dort sollen Menschen eingeschlossen werden, die sich einer Quarantäneanordnung widersetzen. Die Überwachung soll die Polizei übernehmen“, erläutert der mdr seiner staunenden Leserschaft. Und „Es ist für unser aller Gesundheit und Leben wichtig, dass die Menschen sich an die Quarantäneanordnungen der Gesundheitsämter halten. Falls es im Einzelfall dazu kommen sollte, dass sich Menschen den Anordnungen widersetzen, ist es aber notwendig, die von den Gesundheitsämtern angeordneten Maßnahmen mit Zwang durchzusetzen. Dazu ist es möglich, diese Menschen mit einem richterlichen Beschluss in einem geschlossenen Teil eines Krankenhauses unterzubringen.“
Und – Finger hoch, wen das überrascht – der Grünen-Politiker und Rechtsanwalt Jürgen Kasek findet das auch vollkommen in Ordnung.
Für einen solchen Feldversuch hatte man aber mit Sachsen genau das falsche Testgelände ausgesucht. Den unbeugsamen Sachsen ist diese Praxis aus der DDR noch durchaus im Gedächtnis, und so hagelte es harsche Kritik und aufgebrachte Kommentare.
Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping musste, wie man es in der Journalistenjargon-Modulschreibweise ausdrückt, „zurückrudern“. Der Erlass wurde zurückgenommen. Diese Pläne hätten „bei vielen Menschen falsche Sorgen geweckt“, hieß es nun von Ministerpräsident Kretschmer. Nein, sie haben genau die richtigen Sorgen geweckt, man hat es wohl einfach mal ausprobiert. Na, schön, hat halt nicht gleich geklappt.
Weniger souverän reagierte Gesundheitsministerin Petra Köpping, sprach gar von einer Verleumdungskampagne: „Ich verwahre mich gegen Vorwürfe, wir wollten Menschen, die sich den Quarantäneanordnungen widersetzen, in die Psychiatrie einweisen. Diese Diskussion ist falsch und verleumderisch“, gab sich die Dame beleidigt.
Ach ja? Inwiefern denn?
Waren die Zwangs-Quarantäne-Räume in Wirklichkeit in Hotels eingerichtet worden? Oder in Ferienhäusern? Es wäre doch recht einfach gewesen, in sowieso leerstehenden Ferienparks solche Fazilitäten anzumieten, das hätte diesen Einrichtungen wenigstens noch Geld gebracht. Solche Ferienparks sind meist leicht abzuschotten, weil oft von Zäunen und Mauern umgeben, um ungebetene Besucher abzuhalten. Sehr oft liegen sie auch entfernt von den nächsten Dörfern und Ansiedlungen in schöner Landschaft. Sie verfügen in der Regel über kleine Läden und Bäckereien. Die „Quarantäne-Insassen“ hätten sich selbst versorgen können und so eine Lösung hätte ihren Zweck durchaus erfüllt.
Aber nein, es wurden (ausschließlich!) psychiatrische Kliniken gewählt. Zufall? Wenn das wirklich alles gar nicht so gemeint gewesen sein sollte, dann muss man aber den Verantwortlichen das Feingefühl eines stockbesoffenen Trampeltieres attestieren.
Wenig glaubwürdig, das alles. Und überdies durchaus kein Einzelfall. Der nächste Vorfall:
Die Juristin und Anwältin Beate Bahner ist nicht nur fachkundig. Sie ist Expertin für Haftungsrecht in der Pflege:
Die Dame ist auch mutig und unerschrocken. Die bekannte Medizin-Juristin und Fachanwältin kündigte eine Normenkontrollklage gegen den Corona-Maßnahmenkatalog des Bundeslandes Baden-Württemberg an, da sie diese für unzweifelhaft verfassungswidrig hält. Diese Maßnahmen, so Anwältin Bahner, verletzten in einem „bisher nie gekannten Ausmaß“ einen ganzen Katalog von im Grundgesetz geschützten Grund- und Bürgerrechten. Die von ihr gerügten Maßnahmen seien auch nicht durch das Infektionsschutzgesetz gedeckt. Die hastigen Überarbeitungen dieses Gesetzes in den letzten Tagen seien rechtswidrig. „Wochenlange Ausgehbeschränkungen und Kontaktverbote auf Basis der düstersten Modellszenarien (ohne Berücksichtigung sachlich-kritischer Expertenmeinungen) sowie die vollständige Schließung von Unternehmen und Geschäften ohne jedweden Nachweis einer Infektionsgefahr durch diese Geschäfte und Unternehmen sind grob verfassungswidrig.“
Die Juristin kündigte auch gleichzeitig an, mit ihrer Klage bis zum Verfassungsgericht gehen zu wollen: „Denn die von der Regierung getroffenen radikalen Maßnahmen der Ausgangs- und Kontaktverbote für 83 Millionen Menschen und die Lahmlegung nahezu der gesamten Wirtschaft über viele Wochen sind weder durch die Entwicklung der Zahlen, noch durch Studien, noch durch bisherige Erfahrungswerte gerechtfertigt. Die wirklich notwendigen Maßnahmen hingegen sind noch immer nicht umgesetzt, wie die vielfältigen Klagen aus Kliniken, Altenheimen und Arztpraxen zeigen.“
Was geschah daraufhin?
Nicht nur wurde ihr Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht sofort abgewiesen. Ihre Internetseite war kurz darauf nicht mehr erreichbar, dann erfolgte plötzlich ihre Nachricht, sie wolle sich nun komplett aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Der Staatsschutz gab bekannt, man ermittle bereits gegen sie wegen öffentlicher Aufforderung zur Begehung von Straftaten, sie habe zu einer Demo gegen die Corona-Maßnahmen aufgerufen.
Am Ostersonntagabend, so berichtet sie selbst, wurde sie von der Polizei verhaftet, die Hände mit Handschellen auf den Rücken gefesselt, von der Polizei grob misshandelt worden und dann auf die Isolierstation einer psychiatrischen Klinik verbracht. Stundenlang ohne Toilette, ohne Versorgung. Hier ihre Sprachnachricht an ihre Schwester, nachdem sie von der Isolierstation in die Allgemeinpsychiatrie verlegt worden war und ihr Handy wieder erhielt. Frau Beate Bahner referiert hier den genauen Ablauf der Geschehnisse:
https://youtu.be/l8cYVPthUEQ
Was die Anwältin erlebte, war ein reiner Horror und steht in der besten Tradition von Diktaturen. Schockierend ist hier, dass die Polizei sich so bedenkenlos und mit brutaler Gewalt (Schläge gegen den Kopf) gegen eine unbescholtene Frau verhalten haben soll, wie wir aus ihren Schilderungen entnehmen können.
Immerhin lebt sie (relativ unbeschadet) und nachdem der Fall derartig viel Aufmerksamkeit erzeugt hat, wird es sicher unmöglich sein, sie irgendwie „verschwinden“ zu lassen. Als Fachanwältin im Bereich Medizin und Haftung könnte das juristische Nachspiel für die Verantwortlichen recht unangenehm werden. Frau Bahner wirkt nicht wie jemand, der sich das alles gefallen lässt.
Für uns alle heißt es jetzt, genau hin zu sehen, was hier vorbereitet wird. Warum entartet das dermaßen? Warum werden wir durch Drohungen mit Psychiatrisierung eingeschüchtert? Warum reden weltweit Politiker und Mächtige dauernd davon, dass die „Welt nach Corona“ eine andere sein wird? Was für ein Plan läuft da?
Denn die (hoffentlich nur versuchte) Psychiatrisierung der Frau Bahner ist ebenfalls kein Einzelfall: Im schweizerischen Aargau stürmte ein Spezialkommando der Polizei das Haus eines Arztes, der „coronakritische Tweets“ gepostet hatte. Das Spezialkommando rückte mit Großaufgebot an, errichtete Straßen- und Bahnhofssperren und war mit Maschinenpistolen bewaffnet. Das alles gegen den 58jährigen Arzt Dr. Thomas Binder, der sich „coronakritisch“ geäußert haben soll.
Es wurde behördlicherseits verlautbart, der Verhaftete und in die Psychiatrie gebrachte Arzt habe „Drohungen gegen die Behörde“ und verwirrende Aussagen zu Corona“ auf Twitter verbreitet und habe eine – Achtung! — „mutmaßlich labile“ Psyche. So etwas genügt, um einem unbescholtenen Familienvater wie bei einem Schwerverbrecher durch ein martialisches Sonderkommando die Haustür aufzubrechen, ihn herauszuzerren und in die Psychiatrie zu verschleppen?
„Wer Thomas Binder auf seinen Social-Media-Kanälen folgt, weiß, dass der Arzt ein für Regierende unbequemer und kritischer Zeitgeist ist. Immer wieder appelliert er an die Eigenverantwortung des Menschen und das kritische Hinterfragen aktueller Geschehnisse. Dafür wurde er immer wieder als ‚Verschwörungstheoretiker‘ gebrandmarkt. Im Zuge der Coronavirus-Krise, schrieb Binder auch dazu seine Gedanken öffentlich nieder. Als Arzt hatte er plausible Argumente hervorzubringen, die sich vor allem gegen die Panikmache und die Zwangsmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie richteten. Das reichte den Behörden scheinbar schon, um ihn als ‚Staatsfeind‘ und ‚Gefahr für die öffentliche Sicherheit‘ zu klassifizieren. Nicht näher genannte ‚Drohungen“, eine vermutete ‚labile Psyche‘ und der ebenfalls nur vermutete ‚Waffenbesitz‘ rechtfertigten dann scheinbar den Großeinsatz schwerbewaffneter Polizisten.“
Kurz zuvor hatte Thomas Binder noch auf Twitter gepostet, dass er „endlich“ wegen der angeblichen „Drohungen“ einvernommen worden war, man ihm aber keine seiner „Drohungen“ vorzeigen konnte.
All das ist dazu angetan, jedes Vertrauen der Bevölkerung in die Behörden, Regierungen und Polizeikräfte nachhaltig zu zerstören. Wenn jeder nicht 100prozentig angepasste und servile Bürger mit solchen brutalen Maßnahmen rechnen muss, wenn Bürgerrechte dermaßen brutal verletzt werden, dann bekommen die Ankündigungen einer „ganz anderen Welt“ nach Corona einen äußerst unguten Beigeschmack.
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