Heute gab es im russischen Fernsehen einen Beitrag, der zeigt, warum die russischen Medien im Westen verteufelt werden: Sie legen ihre Finger in Wunden, die wirklich schmerzen. Der Bericht des russischen Fernsehens hat einen Sumpf aus Korruption und Vetternwirtschaft aufgezeigt, von dem in deutschen Medien kein Wort berichtet wurde. Dabei ist das alles recht leicht nachprüfbar.
Beim Spiegel gab es am 14. Mai zwei Artikel, in denen gemeldet wurde, dass der französische Pharmakonzern Sanofi die USA mit einem möglichen Corona-Impfstoff bevorzugt versorgen würde. Und erst danach wären die Franzosen und andere an der Reihe. Ans Licht gekommen ist das, weil der Sanofi-Chef Paul Hudson so blöd war, das in einem Bloomberg-Interview offen zu erzählen.
In einem zweiten Artikel legte der Spiegel einige Stunden später nach und gab Entwarnung, denn Sanofi hätte eingelenkt:
„Bereits am Donnerstag lenkte der Konzern ein. „Wenn Sanofi einen Durchbruch bei einem Covid-19-Impfstoff erzielt und dieser wirksam ist, werden wir ihn allen zur Verfügung stellen“, sagte der Leiter des Frankreich-Geschäfts des Konzerns, Olivier Bogillot, dem Fernsehsender BFMTV. Es stimme zwar, dass der Pharmakonzern eine Zusammenarbeit mit der US-Regierung begonnen habe. Die EU müsse nun ebenso „wirksam“ dabei helfen, den Impfstoff verfügbar zu machen. Dann werde das Unternehmen auch nicht vorrangig die USA versorgen.“
Das, was der Spiegel ein „Einlenken“ nennt, war also in Wirklichkeit eine recht unverhohlene Erpressung: „Wenn es kein Geld aus Brüssel gibt, stellt Euch gefälligst hinten an!“
Erst im letzten Absatz des zweiten Spiegel-Artikels zu dem Thema wurde beschämt berichtet, warum die Sache in Frankreich so hohe Wellen schlägt:
„Die Äußerungen des Sanofi-Chefs lösten in Frankreich auch deshalb Empörung aus, weil der Konzern in den vergangenen Jahren Forschungskredite in zweistelliger Millionenhöhe vom französischen Staat erhalten hatte.“
Das wäre für sich genommen eigentlich schon schlimm genug.
Aber die Spiegel hat alles Wichtige unterschlagen. Sanofi hat keine Kredite in „zweistelliger Millionenhöhe“ bekommen, sondern offenbar staatliche Förderungen in dreistelliger Millionenhöhe. Und die Verbindungen, die es zwischen Macron und Sanofi gibt, hat der Spiegel ganz verschwiegen. Dabei sind sie bekannt und für jeden nachprüfbar. Vereinfacht gesagt: Ohne Sanofi wäre Macron heute ein Niemand.
Über die Details hat das russische Fernsehen am Sonntag in der Sendung „Nachrichten der Woche“ berichtet und jeder, der Interesse hat, kann die vom russischen Fernsehen in Wort und Bild gezeigten Verbindungen gerne überprüfen. Warum wohl wurde darüber in Deutschland nicht berichtet? Die Frage kann sich jeder selbst beantworten. Darum habe ich den Bericht des russischen Fernsehens übersetzt.
Beginn der Übersetzung:
In Europa passieren gerade interessante Dinge. Am Europatag, der in der EU am 9. Mai gefeiert wird, hat Marine Le Pen einen Artikel veröffentlicht, der uns letzte Woche irgendwie durchgerutscht ist, wir haben ihn erst jetzt genauer gelesen. Die Hauptthese: Die Europäische Union hat sich überlebt. Die EU sei nicht Europa, sondern eine abscheuliche Fälschung Europas. Es brauche ein „Europa der Nationen“:
„Die Gesundheitskrise hat Wörtern wieder Bedeutung und Legitimität gegeben, die aufgrund der Schwäche unserer Führung verschwunden waren: „Souveränität“, „Grenzen“, „staatliche Strategie“, „nationale Interessen“. Hinter diesen semantischen Verschiebungen sehen wir einen ideologischen Sieg, der zweifellos politische Veränderungen für die Zukunft verspricht“, heißt es in dem Artikel.
Kurz nach dem Erscheinen dieses Artikel brach in Frankreich ein großer Skandal aus, in dessen Zentrum gerade die Begriffe „Souveränität“, „staatliche Strategie“ und „nationale Interessen“ stehen. Es wurde bekannt, dass die USA dem französischen Pharmariesen Sanofi bereits 226 Millionen gezahlt haben. Übrigens gehört das weltberühmte Pasteur Institute dem Konzern Sanofi. Die Amerikaner haben einen Vorschuss für die Herstellung eines Coronavirus-Impfstoffs gezahlt und erwarten im Gegenzug, dass sie die ersten sein werden, die ihn erhalten, also vor den Franzosen. Die Zahlung erfolgte am 18. Februar.
Wusste Präsident Macron davon? Er musste davon wissen, denn die Schlüsselfigur bei Sanofi ist Serge Weinberg. Er ist ein langjähriger enger Freund Macrons und ein alter Förderer, dessen Protektion ihm einst den Job bei der Rothschild-Bank verschaffte. Das heißt, ihre Beziehung ist mehr als vertrauensvoll.
Nun wird Macron in Frankreich vorgeworfen, die nationalen Interessen verraten zu haben, nach dem Motto, der Impfstoff eines französischen Unternehmens soll zuerst Frankreich schützen und erst dann, wenn überhaupt, die Vereinigten Staaten. Schnell hat Macron den Sanofi-Geschäftsführer Paul Hudson zum Gespräch gerufen. Aber Hudson ist im Vergleich zu Weinberg nur ein Platzhalter.
Macron hat einen klaren Interessenkonflikt. So sehen es die Franzosen. Aus Sicht der USA ist es nichts Persönliches, es geht nur um´s Geschäft. So wie man ein Flugzeug aus China mit Millionen von Masken gestohlen hat, die für die Franzosen bestimmt waren. (Anm. d. Übers.: Die Details finden Sie hier) Das heißt, die transatlantische Partnerschaft besteht darin, gemeinsam einen Baum im Garten des Weißen Hauses zu pflanzen und dem Franzosen Schuppen vom Anzug zu schnipsen. (Anm. d. Übers.: Es werden an der Stelle des Beitrages Bilder von einem Treffen von Macron und Trump gezeigt, bei dem Trump genau das getan hat) Aber wenn es ernst wird, ist nimmt man sich einfach, was man braucht.
Aus Frankreich berichtet unsere Korrespondentin Anastasia Popova.
Sanofi-Präsident Serge Weinberg entdeckte den jungen Macron, als der gerade 30 Jahre alt war. Er war es, der ihn in der Rothschild-Bank unterbrachte, wo der unerfahrene Investmentbanker Macron die Aufgabe hatte, sich um profitable Fusionen von Unternehmen zu kümmern. Schon nach dem ersten Deal war Macron Millionär. Weinberg war es, der Macrons Aufstieg auf der Karriereleiter absicherte, er war es, der in seinen Präsidentschaftswahlkampf investierte, ihm erzählte Macron als erstem von den Plänen, die Bewegung „La République en Marche!“ zu gründen. Ihre Beziehungen sind seit langem eng und freundschaftlich. Macron half Weinberg als Wirtschaftsminister, gewinnbringend zu investieren und überwies Millionen Euro an Steuerfeldern auf die Konten des Pharmariesen, während dort Arbeitsplätze abgebaut wurden.
„Das sind 125 Millionen Euro, mindestens, die jedes Jahr an die Firma überwiesen wurden. Das Geld hat der Staat einem Unternehmen für Forschung überwiesen, das gleichzeitig Jobs in der Forschungs abgebaut hat. Das passt nicht zusammen“, sagte eine Reporterin damals in einem Inteview mit Macron.
„Wenn wir der Firma das Geld nicht gegeben hätten, hätte sie ihre gesamte Forschung und sogar ihren Hauptsitz ins Ausland verlegt“, antwortete Macron.
Der Hauptsitz ist in Paris geblieben, aber die wichtigsten Einrichtungen, die für die Herstellung des Coronavirus-Impfstoffs genutzt werden, befinden sich in Kanada und den Vereinigten Staaten, die bereits 226 Millionen Dollar auf die Konten des französischen Unternehmens überwiesen haben. Verzögerungen bei der Lieferung des Arzneimittels sollte es also nicht geben.
„Es stimmt, dass wir sehr früh mit der amerikanischen Regierung zusammengearbeitet haben, die uns mehrere hundert Millionen Euro gezahlt hat. Die USA waren schneller, als alle anderen“, sagte Olivier Bogillot, Chef der französischen Division von Sanofi.
Sie investierten also in ein Unternehmen, das in Skandale verwickelt ist. Die philippinischen Behörden werfen Sanofi vor, zehn Babys mit seinem Dengue-Fieberimpfstoff getötet zu haben. Und die Epilepsie-Behandlung, die Schwangeren verschrieben wurde, verursachte in Frankreich die Geburt von etwa 30.500 Kindern mit Behinderungen. Der Schaden wurde auf viele Millionen Euro geschätzt, doch Sanofi weigerte sich, sie zu erstatten. (Anm. d. Übers.: Es geht um das Sanofi-Medikament Depakine, das zwischen 2007 und 2014 knapp 15.000 Frauen während der Schwangerschaft eingenommen haben)
„Der Staat zahlt und hilft diesen Familien. Sanofi hat keinen Cent überwiesen. Die machen, was sie wollen, und wir dürfen es nicht wagen, mit der Faust auf den Tisch zu schlagen und ihnen irgend etwas zu sagen. Sie genießen Privilegien und jeden Cent, den sie vom Fiskus bekommen können, nehmen sie auch“, sagte Caro Fiat, Mitglied der Nationalversammlung.
Im Januar dieses Jahres verlieh Macron Serge Weinberg die höchste staatliche Auszeichnung, den Orden der Ehrenlegion. Weinbergs Pharmaunternehmen arbeitet nach den Gesetzen des globalen Wirtschaft, die der Präsident sehr gut kennt. Noch als Minister verkaufte Macron die Rechte zur Wartung von 58 französischen Atomkraftwerken für 13 Milliarden US-Dollar an die USA. Die Staatsanwaltschaft interessierte sich für den Fall wegen möglicherweiser korrupter Absprachen.
„Das bedeutet, dass Frankreich wegen Herrn Macron im Nuklearbereich heute nicht mehr unabhängig ist. Das ist ein Mann, der mit den Rothschilds aufgewachsen ist, es spielt für ihn keine Rolle, ob es sich um eine französische, deutsche oder russische Firma handelt. Wichtig ist nur, welche Geschäfte man mit ihnen machen kann“, sagte Thierry Mariani, Mitglied der Fraktion „Identität und Demokratie“ im EU-Parlament.
Nachdem die Meldung, dass das französische Unternehmen die ersten Impfstoffe in die USA schicken wird, bekannt geworden war, konnte Macron nicht schweigen. Macron war gezwungen zu reagieren und er lud den Geschäftsführer zu einem Gespräch hinter verschlossenen Türen in seinen Palast ein, um den Skandal irgendwie zu beruhigen.
Natürlich ist nicht sicher, dass das französische Unternehmen als erstes einen Impfstoff entwickeln wird, mehr als hundert weltweit führende Laboratorien arbeiten daran. Sicher ist, dass ein Impfstoff erst im nächsten Jahr erscheinen wird. Der Chef von Sanofi versichert: Er wird allen zur Verfügung stehen, aber die USA waren die ersten, die vorbestellt haben. Danach gelten die Gesetze des Marktes, die dieses Mal – ein Jahr vor den französischen Präsidentschaftswahlen – gegen Emmanuel Macron arbeiten könnten.
Ende der Übersetzung
Wichtige Ergänzung: Erinnern Sie sich? Es ist gerade zehn Tage her, dass die EU unter großem medialem Tam-Tam bei einer Geberkonferenz über 7 Milliarden Euro für einen Impfstoff eingesammelt hat. Das Geld bekommt die Pharmaindustrie, also wohl auch Sanofi. Mit dem Geld soll – so hieß es offiziell – nicht nur ein Impfstoff entwickelt werden, sondern auch eine gerechte Verteilung sichergestellt werden, damit auch arme Länder ihn bekommen können, die Details finden Sie hier.
Wenn Sanofi jetzt so eindeutig gegen diese bei der Geberkonferenz verkündeten Maßnahmen verstößt und von den „Gesetzen des Marktes“ spricht, dürfte Sanofi eigentlich konsequenterweise keinen Cent aus dem Topf der Geberkonferenz bekommen.
Ab sofort werden Wetten angenommen: Bekommt Sanofi Geld aus dem Topf oder nicht, was meinen Sie?
—————————-
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.