WORLD ECONOMIC FORUM/swiss-image.ch/Photo Michele Limina - CC BY-NC-SA 2.0

Macron und der Phar­ma­riese Sanofi: Ein Skandal, über den in Deutschland nicht berichtet wird

Heute gab es im rus­si­schen Fern­sehen einen Beitrag, der zeigt, warum die rus­si­schen Medien im Westen ver­teufelt werden: Sie legen ihre Finger in Wunden, die wirklich schmerzen. Der Bericht des rus­si­schen Fern­sehens hat einen Sumpf aus Kor­ruption und Vet­tern­wirt­schaft auf­ge­zeigt, von dem in deut­schen Medien kein Wort berichtet wurde. Dabei ist das alles recht leicht nachprüfbar.

Beim Spiegel gab es am 14. Mai zwei Artikel, in denen gemeldet wurde, dass der fran­zö­sische Phar­ma­konzern Sanofi die USA mit einem mög­lichen Corona-Impf­stoff bevorzugt ver­sorgen würde. Und erst danach wären die Fran­zosen und andere an der Reihe. Ans Licht gekommen ist das, weil der Sanofi-Chef Paul Hudson so blöd war, das in einem Bloomberg-Interview offen zu erzählen.

In einem zweiten Artikel legte der Spiegel einige Stunden später nach und gab Ent­warnung, denn Sanofi hätte eingelenkt:

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„Bereits am Don­nerstag lenkte der Konzern ein. „Wenn Sanofi einen Durch­bruch bei einem Covid-19-Impf­stoff erzielt und dieser wirksam ist, werden wir ihn allen zur Ver­fügung stellen“, sagte der Leiter des Frank­reich-Geschäfts des Kon­zerns, Olivier Bogillot, dem Fern­seh­sender BFMTV. Es stimme zwar, dass der Phar­ma­konzern eine Zusam­men­arbeit mit der US-Regierung begonnen habe. Die EU müsse nun ebenso „wirksam“ dabei helfen, den Impf­stoff ver­fügbar zu machen. Dann werde das Unter­nehmen auch nicht vor­rangig die USA versorgen.“

Das, was der Spiegel ein „Ein­lenken“ nennt, war also in Wirk­lichkeit eine recht unver­hohlene Erpressung: „Wenn es kein Geld aus Brüssel gibt, stellt Euch gefäl­ligst hinten an!“

Erst im letzten Absatz des zweiten Spiegel-Artikels zu dem Thema wurde beschämt berichtet, warum die Sache in Frank­reich so hohe Wellen schlägt:

„Die Äuße­rungen des Sanofi-Chefs lösten in Frank­reich auch deshalb Empörung aus, weil der Konzern in den ver­gan­genen Jahren For­schungs­kredite in zwei­stel­liger Mil­lio­nenhöhe vom fran­zö­si­schen Staat erhalten hatte.“

Das wäre für sich genommen eigentlich schon schlimm genug.

Aber die Spiegel hat alles Wichtige unter­schlagen. Sanofi hat keine Kredite in „zweistel­liger Mil­lio­nenhöhe“ bekommen, sondern offenbar staat­liche För­de­rungen in dreistel­liger Mil­lio­nenhöhe. Und die Ver­bin­dungen, die es zwi­schen Macron und Sanofi gibt, hat der Spiegel ganz ver­schwiegen. Dabei sind sie bekannt und für jeden nach­prüfbar. Ver­ein­facht gesagt: Ohne Sanofi wäre Macron heute ein Niemand.

Über die Details hat das rus­sische Fern­sehen am Sonntag in der Sendung „Nach­richten der Woche“ berichtet und jeder, der Interesse hat, kann die vom rus­si­schen Fern­sehen in Wort und Bild gezeigten Ver­bin­dungen gerne über­prüfen. Warum wohl wurde darüber in Deutschland nicht berichtet? Die Frage kann sich jeder selbst beant­worten. Darum habe ich den Bericht des rus­si­schen Fern­sehens übersetzt.

Beginn der Über­setzung:

In Europa pas­sieren gerade inter­es­sante Dinge. Am Euro­patag, der in der EU am 9. Mai gefeiert wird, hat Marine Le Pen einen Artikel ver­öf­fent­licht, der uns letzte Woche irgendwie durch­ge­rutscht ist, wir haben ihn erst jetzt genauer gelesen. Die Haupt­these: Die Euro­päische Union hat sich überlebt. Die EU sei nicht Europa, sondern eine abscheu­liche Fäl­schung Europas. Es brauche ein „Europa der Nationen“:

„Die Gesund­heits­krise hat Wörtern wieder Bedeutung und Legi­ti­mität gegeben, die auf­grund der Schwäche unserer Führung ver­schwunden waren: „Sou­ve­rä­nität“, „Grenzen“, „staat­liche Stra­tegie“, „nationale Inter­essen“. Hinter diesen seman­ti­schen Ver­schie­bungen sehen wir einen ideo­lo­gi­schen Sieg, der zwei­fellos poli­tische Ver­än­de­rungen für die Zukunft ver­spricht“, heißt es in dem Artikel.

Kurz nach dem Erscheinen dieses Artikel brach in Frank­reich ein großer Skandal aus, in dessen Zentrum gerade die Begriffe „Sou­ve­rä­nität“, „staat­liche Stra­tegie“ und „nationale Inter­essen“ stehen. Es wurde bekannt, dass die USA dem fran­zö­si­schen Phar­ma­riesen Sanofi bereits 226 Mil­lionen gezahlt haben. Übrigens gehört das welt­be­rühmte Pasteur Institute dem Konzern Sanofi. Die Ame­ri­kaner haben einen Vor­schuss für die Her­stellung eines Coro­na­virus-Impf­stoffs gezahlt und erwarten im Gegenzug, dass sie die ersten sein werden, die ihn erhalten, also vor den Fran­zosen. Die Zahlung erfolgte am 18. Februar.

Wusste Prä­sident Macron davon? Er musste davon wissen, denn die Schlüs­sel­figur bei Sanofi ist Serge Weinberg. Er ist ein lang­jäh­riger enger Freund Macrons und ein alter För­derer, dessen Pro­tektion ihm einst den Job bei der Roth­schild-Bank ver­schaffte. Das heißt, ihre Beziehung ist mehr als vertrauensvoll.

Nun wird Macron in Frank­reich vor­ge­worfen, die natio­nalen Inter­essen ver­raten zu haben, nach dem Motto, der Impf­stoff eines fran­zö­si­schen Unter­nehmens soll zuerst Frank­reich schützen und erst dann, wenn über­haupt, die Ver­ei­nigten Staaten. Schnell hat Macron den Sanofi-Geschäfts­führer Paul Hudson zum Gespräch gerufen. Aber Hudson ist im Ver­gleich zu Weinberg nur ein Platzhalter.

Macron hat einen klaren Inter­es­sen­kon­flikt. So sehen es die Fran­zosen. Aus Sicht der USA ist es nichts Per­sön­liches, es geht nur um´s Geschäft. So wie man ein Flugzeug aus China mit Mil­lionen von Masken gestohlen hat, die für die Fran­zosen bestimmt waren. (Anm. d. Übers.: Die Details finden Sie hier) Das heißt, die trans­at­lan­tische Part­ner­schaft besteht darin, gemeinsam einen Baum im Garten des Weißen Hauses zu pflanzen und dem Fran­zosen Schuppen vom Anzug zu schnipsen. (Anm. d. Übers.: Es werden an der Stelle des Bei­trages Bilder von einem Treffen von Macron und Trump gezeigt, bei dem Trump genau das getan hat) Aber wenn es ernst wird, ist nimmt man sich einfach, was man braucht.

Aus Frank­reich berichtet unsere Kor­re­spon­dentin Ana­stasia Popova.

Sanofi-Prä­sident Serge Weinberg ent­deckte den jungen Macron, als der gerade 30 Jahre alt war. Er war es, der ihn in der Roth­schild-Bank unter­brachte, wo der uner­fahrene Invest­ment­banker Macron die Aufgabe hatte, sich um pro­fi­table Fusionen von Unter­nehmen zu kümmern. Schon nach dem ersten Deal war Macron Mil­lionär. Weinberg war es, der Macrons Auf­stieg auf der Kar­rie­re­leiter absi­cherte, er war es, der in seinen Prä­si­dent­schafts­wahl­kampf inves­tierte, ihm erzählte Macron als erstem von den Plänen, die Bewegung „La Répu­blique en Marche!“ zu gründen. Ihre Bezie­hungen sind seit langem eng und freund­schaftlich. Macron half Weinberg als Wirt­schafts­mi­nister, gewinn­bringend zu inves­tieren und überwies Mil­lionen Euro an Steu­er­feldern auf die Konten des Phar­ma­riesen, während dort Arbeits­plätze abgebaut wurden.

„Das sind 125 Mil­lionen Euro, min­destens, die jedes Jahr an die Firma über­wiesen wurden. Das Geld hat der Staat einem Unter­nehmen für For­schung über­wiesen, das gleich­zeitig Jobs in der For­schungs abgebaut hat. Das passt nicht zusammen“, sagte eine Repor­terin damals in einem Inteview mit Macron.

„Wenn wir der Firma das Geld nicht gegeben hätten, hätte sie ihre gesamte For­schung und sogar ihren Hauptsitz ins Ausland verlegt“, ant­wortete Macron.

Der Hauptsitz ist in Paris geblieben, aber die wich­tigsten Ein­rich­tungen, die für die Her­stellung des Coro­na­virus-Impf­stoffs genutzt werden, befinden sich in Kanada und den Ver­ei­nigten Staaten, die bereits 226 Mil­lionen Dollar auf die Konten des fran­zö­si­schen Unter­nehmens über­wiesen haben. Ver­zö­ge­rungen bei der Lie­ferung des Arz­nei­mittels sollte es also nicht geben.

„Es stimmt, dass wir sehr früh mit der ame­ri­ka­ni­schen Regierung zusam­men­ge­ar­beitet haben, die uns mehrere hundert Mil­lionen Euro gezahlt hat. Die USA waren schneller, als alle anderen“, sagte Olivier Bogillot, Chef der fran­zö­si­schen Division von Sanofi.

Sie inves­tierten also in ein Unter­nehmen, das in Skandale ver­wi­ckelt ist. Die phil­ip­pi­ni­schen Behörden werfen Sanofi vor, zehn Babys mit seinem Dengue-Fie­ber­impf­stoff getötet zu haben. Und die Epi­lepsie-Behandlung, die Schwan­geren ver­schrieben wurde, ver­ur­sachte in Frank­reich die Geburt von etwa 30.500 Kindern mit Behin­de­rungen. Der Schaden wurde auf viele Mil­lionen Euro geschätzt, doch Sanofi wei­gerte sich, sie zu erstatten. (Anm. d. Übers.: Es geht um das Sanofi-Medi­kament Depakine, das zwi­schen 2007 und 2014 knapp 15.000 Frauen während der Schwan­ger­schaft ein­ge­nommen haben)

„Der Staat zahlt und hilft diesen Familien. Sanofi hat keinen Cent über­wiesen. Die machen, was sie wollen, und wir dürfen es nicht wagen, mit der Faust auf den Tisch zu schlagen und ihnen irgend etwas zu sagen. Sie genießen Pri­vi­legien und jeden Cent, den sie vom Fiskus bekommen können, nehmen sie auch“, sagte Caro Fiat, Mit­glied der Nationalversammlung.

Im Januar dieses Jahres verlieh Macron Serge Weinberg die höchste staat­liche Aus­zeichnung, den Orden der Ehren­legion. Wein­bergs Phar­ma­un­ter­nehmen arbeitet nach den Gesetzen des glo­balen Wirt­schaft, die der Prä­sident sehr gut kennt. Noch als Minister ver­kaufte Macron die Rechte zur Wartung von 58 fran­zö­si­schen Atom­kraft­werken für 13 Mil­li­arden US-Dollar an die USA. Die Staats­an­walt­schaft inter­es­sierte sich für den Fall wegen mög­li­cher­weiser kor­rupter Absprachen.

„Das bedeutet, dass Frank­reich wegen Herrn Macron im Nukle­ar­be­reich heute nicht mehr unab­hängig ist. Das ist ein Mann, der mit den Roth­schilds auf­ge­wachsen ist, es spielt für ihn keine Rolle, ob es sich um eine fran­zö­sische, deutsche oder rus­sische Firma handelt. Wichtig ist nur, welche Geschäfte man mit ihnen machen kann“, sagte Thierry Mariani, Mit­glied der Fraktion „Iden­tität und Demo­kratie“ im EU-Parlament.

Nachdem die Meldung, dass das fran­zö­sische Unter­nehmen die ersten Impf­stoffe in die USA schicken wird, bekannt geworden war, konnte Macron nicht schweigen. Macron war gezwungen zu reagieren und er lud den Geschäfts­führer zu einem Gespräch hinter ver­schlos­senen Türen in seinen Palast ein, um den Skandal irgendwie zu beruhigen.

Natürlich ist nicht sicher, dass das fran­zö­sische Unter­nehmen als erstes einen Impf­stoff ent­wi­ckeln wird, mehr als hundert weltweit füh­rende Labo­ra­torien arbeiten daran. Sicher ist, dass ein Impf­stoff erst im nächsten Jahr erscheinen wird. Der Chef von Sanofi ver­si­chert: Er wird allen zur Ver­fügung stehen, aber die USA waren die ersten, die vor­be­stellt haben. Danach gelten die Gesetze des Marktes, die dieses Mal – ein Jahr vor den fran­zö­si­schen Prä­si­dent­schafts­wahlen – gegen Emmanuel Macron arbeiten könnten.

Ende der Übersetzung

Wichtige Ergänzung: Erinnern Sie sich? Es ist gerade zehn Tage her, dass die EU unter großem medialem Tam-Tam bei einer Geber­kon­ferenz über 7 Mil­li­arden Euro für einen Impf­stoff ein­ge­sammelt hat. Das Geld bekommt die Phar­ma­in­dustrie, also wohl auch Sanofi. Mit dem Geld soll – so hieß es offi­ziell – nicht nur ein Impf­stoff ent­wi­ckelt werden, sondern auch eine gerechte Ver­teilung sicher­ge­stellt werden, damit auch arme Länder ihn bekommen können, die Details finden Sie hier.

Wenn Sanofi jetzt so ein­deutig gegen diese bei der Geber­kon­ferenz ver­kün­deten Maß­nahmen ver­stößt und von den „Gesetzen des Marktes“ spricht, dürfte Sanofi eigentlich kon­se­quen­ter­weise keinen Cent aus dem Topf der Geber­kon­ferenz bekommen.

Ab sofort werden Wetten ange­nommen: Bekommt Sanofi Geld aus dem Topf oder nicht, was meinen Sie?

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Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru