Mos­kauer Nächte — Im „Mas­sengrab mit nicht abge­holter Asche“ ver­schwanden Stalins letzte Opfer aus Öster­reich und Deutschland

Unlängst beging der weit über die Grenzen Öster­reichs hinaus bekannte und an zahl­reichen inter­na­tio­nalen Opern­bühnen wir­kende Tenor Adolf Dall­apozza seinen 80. Geburtstag. Kam­mer­sänger Dall­apozza, Ehren­mit­glied der Wiener Volksoper, ent­stammt einer Süd­ti­roler Familie. Vater Vir­ginius war kunst­ge­werb­licher Maler aus Bozen, die musisch begabte Mutter Gisela, eine gebürtige Bar­to­lotti, aus Branzoll im Süd­ti­roler Unterland. Aus der am 21. Juni 1921 geschlos­senen Ehe gingen neun Kinder hervor. Adolf Dall­apozza, der jüngste Sohn, war, wie seine Geschwister, noch in Süd­tirol geboren worden. Er kam, noch in seinem Geburtsjahr 1940, mit der gesamten Familie infolge des zwi­schen Hitler und Mus­solini geschlos­senen Opti­ons­ab­kommens, zufolge dessen sich die Süd­ti­roler ent­scheiden mussten, ent­weder ihre Heimat zu ver­lassen und ins Reich umzu­siedeln, oder in Italien zu bleiben und damit durch erzwungene Assi­mi­lation letztlich ihre national-kul­tu­relle Iden­tität an die Ita­lianità zu ver­lieren, schließlich nach Wien, wo seine inter­na­tionale Kar­riere ihren Anfang nahm, und wo er als gefei­ertes Ehren­mit­glied der Volksoper seinen Lebens­abend verbringt.

Anders sein um 15 Jahre älterer Bruder: Emil Dall­apozza, am 19. Sep­tember 1925 noch in Branzoll geboren, ereilte elf Jahre nach der Umsiedlung ein besonders tra­gi­sches Schicksal, über dessen nähere Umstände die Eltern – der Vater ver­starb 1964, die Mutter 1980 – niemals etwas, die Geschwister, soweit sie noch lebten, erst nahezu 60 Jahre später die Wahrheit erfuhren. Zwar hatte die Familie neun Jahre nach seinem plötz­lichen Ver­schwinden über Nach­for­schungen des Roten Kreuzes die Mit­teilung erhalten, dass er in der Sowjet­union ver­storben sei. Nähere Aus­künfte waren aber auf­grund des apo­dik­ti­schen Hin­weises, weitere Nach­for­schungen seien zwecklos, unterblieben.

Emil Dall­apozza · Foto: BIK Graz

Mit Bit­terkeit in der Stimme hatte sich Anna-Maria Melichar, eine Schwester, sei­nerzeit gegenüber His­to­rikern des in Graz ansäs­sigen „Ludwig Boltzmann-Instituts für Kriegs­fol­gen­for­schung“ (BIK), die anhand von Akten aus rus­si­schen Archiven den ver­häng­nis­vollen Weg nach­zeich­neten, der für ihren Bruder in einem Mos­kauer Mas­sengrab endete, und damit den Ange­hö­rigen die Augen über das Schicksal des Bruders öff­neten, jenes Tages erinnert, da sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte: „Er ist in der Früh weg­ge­gangen und nie mehr wie­der­ge­kommen. Meine Mutter hat immer wieder ver­zweifelt nach­ge­fragt, aber erst 1960 erfahren, dass er gestorben ist – mehr nicht.“ Es war der 11. Juni 1951, als Emil Dall­apozza spurlos ver­schwand. Er war in die Fänge von Häschern der sowje­ti­schen Spio­na­ge­abwehr-Son­der­einheit SmerSch (Смерш) – das Akronym steht über­setzt für „Tod den Spionen“ – und damit in die töd­liche Mühle von Stalins erbar­mungs­loser Justiz geraten. Grund seiner Fest­nahme: „Spionage für den fran­zö­si­schen Geheimdienst“.

Aus den Akten geht hervor, dass Emil Dall­apozza in St. Pölten die Kenn­zeichen zweier sowje­ti­scher Kraft­fahr­zeuge notiert sowie Notizen über eine dort sta­tio­nierte Mili­tär­einheit gemacht hatte und auf „fri­scher Tat“ beim „Sammeln von Infor­ma­tionen“ ertappt und fest­ge­nommen worden war. Laut Pro­tokoll des Mili­tär­tri­bunals bekannte er sich im Verhör in Baden bei Wien, wohin man ihn schaffte, zu seiner Schuld. Am 25. August 1951 ver­ur­teilte es ihn zur Höchst­strafe, zum Tode durch Erschießen; Grundlage war der berüch­tigte Para­graph 58 Absatz 6 des Straf­ge­setz­buchs der UdSSR. Man ver­brachte ihn ins Butyrka-Gefängnis nach Moskau, eine wegen vor­herr­schender Bru­ta­lität und ent­wür­di­gender Haft­be­din­gungen berüch­tigte Anstalt. Dort schrieb er ein Gna­den­gesuch, in welchem er dar­legte, dass er nicht aus poli­ti­schen Motiven gehandelt habe: „Der erge­benst Gefer­tigte Emil Dall­apozza […] macht von der sowje­ti­schen Rechts­wohltat Gebrauch und bittet um Umwandlung der Todes­strafe in eine Frei­heits­strafe. Zur Bekräf­tigung seiner Bitte weist er noch auf seine Unbe­schol­tenheit und seine Par­tei­lo­sigkeit hin, wodurch erwiesen ist, dass seine Straftat keinem poli­ti­schen Hass­gefühl ent­sprungen ist.“ Am 29. Sep­tember 1951 lehnte das Oberste Gericht der UdSSR, am 23. Oktober das Prä­sidium des Obersten Sowjets sein Gna­den­gesuch ab. Emil Dall­apozza wurde am 10. November 1951 erschossen, sein Leichnam ein­ge­äschert und die Asche auf den Donskoje-Friedhof verbracht.

Donskoje Friedhof Moskau · Foto: BIK Graz

Wie dem Öster­reicher aus Süd­tirol, den die rus­sische Haupt­mi­li­tär­staats­an­walt­schaft (GVP) am 15.Mai 1998, zehn Jahre, bevor seine Ange­hö­rigen durch die Grazer For­scher davon Kenntnis erhielten, förmlich reha­bi­li­tierte, erging es auch dem 1923 gebo­renen Deut­schen Herbert Killian. Der 1946 aus ame­ri­ka­ni­scher Gefan­gen­schaft ent­lassene vor­malige Wehr­machts-Leutnant wurde am 12. April 1950 in Radebeul ver­haftet, am 28. Sep­tember wegen Spionage zum Tode ver­ur­teilt und am 12. Februar 1951 in Moskau erschossen. In seinem Gna­den­gesuch beteuerte er, „nur unter Zwang“ gehandelt zu haben. Dreimal sei er für seinen Auf­trag­geber in die SBZ (Sowje­tische Besat­zungszone des geteilten Deutschland, später DDR) gereist. Wegen „Spionage für den ame­ri­ka­ni­schen Nach­rich­ten­dienst“ – dem Sammeln von Datenüber sowje­tische Ein­heiten und Flug­plätze in Berlin, Chemnitz, Cottbus, Bautzen und Berlin – ver­ur­teilte ihn ein Mili­tär­tri­bunal in Berlin zum „Tode durch Erschießen“. Zusammen mit Killian wurden zwei weitere Deutsche, Erich Reinhold und Felix Müller, zum Tode ver­ur­teilt; gegen 21 weitere Deutsche wurden hin­gegen „nur“ 25 Jahre Arbeits­lager im sibi­ri­schen GULag als Strafmaß ver­hängt. 1994 erklärte die GVP Herbert Killian für rehabilitiert.

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Das tat­säch­liche Schicksal all derer, die kurz nach dem Zweiten Welt­krieg unter solchen oder ähn­lichen Umständen ums Leben kamen, war bis vor wenigen Jahren völlig unbe­kannt. Zwar hatten Ange­hörige der Ver­missten während der „Tau­wet­ter­pe­riode“ und „Ent­sta­li­ni­sierung“ unter Nikita Chruscht­schow 1956/57 offi­zielle Todes­mit­tei­lungen erhalten, doch die Todes­ur­sachen waren allesamt fin­giert: Lungen-Tbc, Nie­ren­ver­sagen, Gehirn­blutung. Der ent­schei­dende Hinweis auf ihr wahres Ende kam Jahr­zehnte später von Arsenij Rog­inskij, Chef der einst von Andrej Sacharow gegrün­deten Bür­ger­rechts­or­ga­ni­sation „Memorial“. Laut „Memorial“ wurden zwi­schen 1945 und Stalins Todesjahr 1953 ins­gesamt sie­ben­tausend Men­schen in der „Butyrka“ erschossen, unter ihnen mehr als tausend deutsche und 132 öster­rei­chische „Spione“. Rog­inskij nahm Kontakt zu Stefan Karner auf, dem dama­ligen Leiter des BIK in Graz. Dank „Ent­ge­gen­kommens des Mos­kauer Staats­ar­chivs auf­grund jah­re­langer ver­trau­ens­voller Zusam­men­arbeit“ sei es dann, so Karner, „möglich geworden, die Schicksale dieser beson­deren Gruppe unter den letzten Opfern Stalins zu rekon­stru­ieren. Wir haben die Gna­den­ge­suche der zum Tode Ver­ur­teilten und die Ant­worten – sie wurden alle mit einer unvor­stell­baren Bru­ta­lität abgelehnt.“

Die 24 Jahre alten Buch­hal­terin Hermine Rotter aus Wien schrieb in ihrem Gna­den­gesuch: „Ich flehe zu Ihnen, ohne Eltern, ohne Heimat, da ich sonst niemand mehr habe, mein nacktes Leben zu retten und mich von dem gräss­lichen Tode frei­zu­sprechen. Ich schwöre dem rus­si­schen Staat meinen hei­ligen Eid, sollte das Hohe Gericht mir diese Gnade des Lebens erteilen, meine ganze Kraft, Arbeit, Fleiß und guten Willen zu geben und Ihnen in der Sowjet­union zu beweisen, dass ein junges Wiener Mädchen einen großen Fehler begangen hatte, aber als Wie­der­gut­ma­chung Ihnen ihr Leben durch Arbeit und ein gutes Herz schenkt. Ich zünde für jeden Sol­daten Ihres Landes, welcher im Kriege starb, abends in meinem Herzen ein Lichtlein an und denke dabei als Wie­nerin, alles gut­zu­machen, was ich an Ihnen ver­brochen habe.“ Es half nichts: Am 9. Oktober 1951 wurde Hermine Rotter im Keller der „Butyrka“ erschossen – wegen „anti­so­wje­ti­scher Spionage“. In der­selben Nacht wurde ihr noch nicht erkal­teter Leichnam im Kre­ma­torium auf dem Friedhof des ehe­ma­ligen Klosters Donskoje ver­brannt. Ihre Asche schüttete man ins wenige Schritte ent­fernte Grab Nr. 3, das „Mas­sengrab mit nicht abge­holter Asche aus den Jahren von 1945 bis 1989“, als das es heute offi­ziell bekannt ist. Ihre Ange­hö­rigen erhielten nach dem Abschluss des Staats­ver­trages und dem Abzug der sowje­ti­schen Besat­zungs­truppen aus Öster­reich 1955 eine Todes­nach­richt mit fin­gierter „natür­licher“ Todesursache.

Von 2201 Zivi­listen, die sowje­tische Organe bis 1955 in Öster­reich ver­haf­teten, erhielten mehr als tausend hohe Haft- und Lagerstrafen.132 Per­sonen ver­ur­teilte das Mili­tär­tri­bunal zum Tode: 39 in den Jahren 1945 bis 1947; 93 zwi­schen 1950 und Stalins Tod am 5. Februar 1953.1947 hatte Stalin die Todes­strafe vor­über­gehend aus­ge­setzt; drei Jahre später führte er sie wieder ein. Niemand in Öster­reich wusste, dass im Kurort Baden bei Wien der­artige „Pro­zesse“ statt­fanden, bei denen die Beschul­digten keine Chance hatten, sich zu ver­tei­digen. Die Anklage war stets die­selbe: Spionage; ebenso das Urteil: Tod durch Erschießen.

In den meisten Fällen waren es aber wohl Lap­palien, derer sich die Ver­haf­teten „schuldig“ gemacht hatten, getrieben oft aus schierer mate­ri­eller Not. So im Falle des Stefan Buger. Buger war Fahr­dienst­leiter bei der öster­rei­chi­schen Eisenbahn. Im Verhör vor dem Mili­tär­tri­bunal legte er seine „finan­zielle und mate­rielle Not“ dar, die ein Ange­hö­riger des fran­zö­si­schen Geheim­dienstes namens Fuczik „erbärmlich und schändlich aus­ge­nutzt“ habe: „Ich hatte einen Monatslohn von 690 Schilling, auf Lebens­mit­tel­karten nichts bekommen, alles nur am schwarzen Markt. 1 kg Schmalz 400 Schilling, Zucker 220 Schilling, Mehl 45 Schilling, ein Ei 230 Schilling, Fleisch 300–350 Schilling. Meine Familie unter­ernährt, Kinder hatten Hunger und nicht einmal das Not­wen­digste an Brot und Fett zuhause“, gab Buger zu Pro­tokoll. Als Gegen­leistung für Infor­ma­tionen über Fracht und Häu­figkeit des Ver­kehrs sowje­ti­scher Güterzüge soll Buger „4000–4500 Schilling an Geld oder Pro­dukten wie Schmalz, Mehl, Zucker“ erhalten haben. 1948, nach Fucziks „Ver­schwinden“, brach er jeg­lichen Kontakt zum Geheim­dienst ab. Was Buger nicht wusste: Fuczik war wegen Spionage zu 25 Jahren GULag ver­ur­teilt worden und hatte seinen Namen preis­ge­geben. Buger wurde am 11. Juli 1952 in Moskau hingerichtet.

Stefan Buger  . Foto: BIK Graz

Daheim rät­selte seine ahnungslose Familie jah­relang über die Gründe für sein plötz­liches Ver­schwinden: „Wir haben halt immer wieder spe­ku­liert, ob er als Fahr­dienst­leiter viel­leicht einen Zug mit Juden ins KZ gebracht hat“, sagte sein Sohn.

Ein anderer Fall, den die Grazer Wis­sen­schaftler klärend rekon­stru­ierten, ist der des Leo Thal­hammer. „Der Fabrik­ar­beiter Leo Thal­hammer wurde auf­ge­fordert, auf die Kom­man­dantur zu kommen und wurde seither nicht mehr gesehen“, hieß es in einer Meldung der „Arbei­ter­zeitung“ Ende Sep­tember 1951. Seine Frau Anna ahnte sogleich, dass etwas Schlimmes pas­siert sein musste: „Den Leo ham’s sicha daschossn.“ Sein Schwager Ernst Feicht­inger, laut KGB-Akten ein Agent des ame­ri­ka­ni­schen Geheim­dienstes CIC, hatte Thal­hammer als Infor­manten ange­worben. Er sollte berichten, was bei den Mes­ser­schmitt-Werken in Wiener Neu­stadt her­ge­stellt wurde. In seinem Gna­den­gesuch vom 6. Dezember 1951 bot Thal­hammer „ … mein „ganzes Können für den Aufbau von Russland an, um meine Tat gut­zu­machen“. Ver­geblich: Am 1.März 1952 wurde er zusammen mit seinem Schwager Feicht­inger in Moskau exe­ku­tiert. 1956 erhielt die Familie die Nach­richt, er sei infolge „Zer­reißens der Aorta“ ver­storben – eine vor­der­gründig zwar kor­rekte, aber doch zutiefst zynische Darstellung.

Gna­den­gesuch Thal­hammer · Foto: BIK Graz

Isa­bella Maria Lederer wie­derum wurde die leib­liche Ver­wandt­schaft mit einem vor­ma­ligen SS-Offizier zum Ver­hängnis, der für den ame­ri­ka­ni­schen Geheim­dienst arbeitete. Die Gra­zerin wurde von ihrem Bruder ange­worben. Ob sie bloß an Geld kommen wollte, um ihre drei Kinder durch­zu­bringen oder tat­sächlich poli­tische Motive hatte, bleibt unge­klärt. Sie fuhr oft nach Wien, um Flug­blätter zu ver­teilen, auf denen namens eines „Natio­nalen Arbeits­kreises“, einer weiß­rus­si­schen Orga­ni­sation, dazu auf­ge­fordert wurde, die Fronten zu wechseln. Stets mit dabei waren ihr 17 Jahre alter Sohn Horst und ihre vier Jahre alte Tochter Ros­witha. Über ihre Fest­nahme berichtete im Mai 1952 sogar die „Austria Presse Agentur“. Am 18. Juli 1952 sah Horst Lederer seine Mutter zum letzten Mal im „Gerichtssaal“ des sowje­ti­schen Militärs in Baden. Als die Über­setzung des Urteils ver­lesen wurde, konnten beide das Gehörte kaum fassen: wegen „anti­so­wje­ti­scher Agi­tation“ Tod durch Erschießen für die 42 Jahre alte Sol­da­ten­witwe und Mutter dreier Halb­waisen; 25 Jahre „Arbeits­bes­se­rungs­lager“ für den min­der­jäh­rigen Sohn. „Sie war wie ver­steinert“, erin­nerte sich Lederer, „ich strei­chelte ihr die Hand und sagte ‚Es tut mir so leid‘.“

 Lederer Fami­li­enbild 1949 · Foto: BIK Graz

Drei Tage nach dem Urteils­spruch schrieb auch Isa­bella Lederer ein Gna­den­gesuch: „Ich bitte aus tiefstem Herzen das Prä­sidium die ver­zwei­felte Bitte einer Mutter zu erfüllen, das furchtbare Urteil zu ändern und mir die Mög­lichkeit zu geben, einmal wieder mein Leben bei meinen Kindern zu ver­bringen.“ Am 11. Sep­tember wurde die Bitte um Gnade abge­lehnt, vier Wochen später voll­streckte Was­silij Michai­lo­witsch Blochin im Keller der Mos­kauer „Butyrka“ das Urteil. Horst Lederer, sein Leben lang erfüllt vom Schmerz über das Schicksal seiner Mutter, hatte Glück: die Sowjet­macht ver­frachtete ihn „nur“ nach Alex­an­d­rowsk in Sibirien, im Juni 1955 schickte sie ihn nach Hause.

 Stalins Henker Blochin · Foto: BIK Graz

Wasilij Michai­lo­witsch Blochin war von 1924 bis 1953 für die Exe­kution von „Staats­feinden“ ver­ant­wortlich. Der Gebieter über das „Unter­su­chungs­ge­fängnis Nr. 2“ trat dabei stets auf, als wolle er die Delin­quenten eher köpfen denn ihnen den Genick­schuss zu ver­passen; er hatte die Kleidung eines Schlächters angelegt: braune Schirm­mütze, lange Leder­schürze und Hand­schuhe, die bis über die Ell­bogen reichten. Seine sorg­fältig gepflegte Ruhe­stätte befindet sich keinen Steinwurf ent­fernt vom Mas­sengrab seiner Opfer. Dank der For­schungen der Grazer His­to­riker bekamen sie wie der gebürtige Süd­ti­roler Emil Dall­apozza und seinesgleichen

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Grab Blochins · Foto: BIK Graz

zumindest ihre Namen zurück und die Ange­hö­rigen sowie die Nach­ge­bo­renen Ein­sichten über ihr gna­denlos-trau­riges und men­schen­ver­ach­tendes Schicksal. Tief­schür­fende, doku­men­tierte Befunde und Erkennt­nisse darüber bietet das von Stefan Karner und Barbara Stelzl-Marx her­aus­ge­gebene Buch „Stalins letzte Opfer. Ver­schleppte und erschossene Öster­reicher in Moskau 1950–1953“.