Vor ein paar Jahren wollte die EU-Kommission Anwälte, Banker und Wirtschaftsprüfer dazu verpflichten, sich am Kampf gegen Steuerflucht umfassend zu beteiligen. Doch schon im Fall „Luxemburg Leaks“ ist nicht ein einziger Politiker, Finanzbeamter oder führender Manager der beteiligten Firmen und Unternehmensberater zurückgetreten, geschweige denn juristisch belangt worden. Jean-Claude Juncker, der die Steueroase Luxemburg erst mit ermöglichte, wurde trotz allem Kommissionspräsident der EU.
Die meisten Menschen würden wahrscheinlich sagen, dass es die größten Staaten im globalen System sind, die die größte Macht haben. Sie können diese Macht aber auch anhand der „Steuergeschenke“ erkennen. Erst kürzlich sind zahlreiche EU-Regierungen bekannt geworden, weil sie “ Liebesgeschäfte “ anbieten , die die Steuerbelastung für bestimmte multinationale Konzerne in erstaunlichem Maße reduzieren. Stellen Sie sich vor, was die EU mit jährlich 170 Mrd. Euro Steuer-Einnahmen, die jährlich verloren gehen, alles machen könnte. Unglaublich, oder?
Wie Konzerne Europas Kassen plündern!
Bei den vielen Skandalen um die Offshore-Steuerparadiese wird nie erwähnt, dass sich dank hervorragender rechtlicher und steuerlicher Rahmenbedingungen das Großherzogtum Luxemburg in den letzten Jahren zum wichtigsten Fondsplatz Europas entwickelt hat. Davon profitieren Fondsgesellschaften aus der ganzen Welt. Der Finanzplatz Luxemburg ist heute Europas führendes Zentrum für Investmentfonds und steht weltweit auf Platz 2 nach den USA. Ein Drittel des weltweiten Fondsvermögens, rund zwei Billionen Euro, wird in Luxemburg verwaltet. Bereits am 30. September 2015 waren in Luxemburg 143 Banken aus 27 verschiedenen Ländern registriert. Hiervon kommen insgesamt 26 aus Deutschland; Damit sind die deutschen Banken auf dem Luxemburger Bankenmarkt mit Abstand am zahlreichsten vertreten. Der Whistleblower von „Luxleaks“ wurde sogar bestraft und der Mitverantwortlicher Jean-Claude Juncker blieb weiterhin Präsident der EU-Kommission.
Gerade erst mit dem Geld der Steuerzahler gerettet, erarbeiten die Banken neue Strategien, um ihren reichen Kunden die Steuerhinterziehung zu ermöglichen. Die Entlarvung von Steuerflüchtlingen wie Amazon und Total macht begreiflich, wie die tiefen Löcher in Europas Staatskassen entstehen konnten.
Beispiel IKEA – Allein dieses Geflecht:
Während die meisten IKEA-Filialen unter der direkten Einschränkung der Ingka Holding und der Ingka-Stiftung tätig sind, gehört die IKEA-Marke und das Konzept zu einem völlig separaten niederländischen Unternehmen: Inter IKEA Systems. Jeder IKEA-Shop, einschließlich der von Ingka Holding geführten, zahlt eine Franchise-Gebühr von 3% des Umsatzes an Inter IKEA Systems. Das Eigentum an Inter IKEA Systems ist äußerst kompliziert und letztlich ungewiss. Inter IKEA Systems befindet sich im Besitz der in Luxemburg registrierten Inter IKEA Holding. Inter IKEA Holding wiederum gehört zu einer identisch benannten Firma in den Niederländischen Antillen, die von einer Treuhandgesellschaft mit Sitz in Curaçao geführt wird. Die Besitzer dieses Treuhandunternehmens sind unbekannt (IKEA weigert sich, sie zu nennen.), werden aber als Mitglieder der Kamprad-Familie angenommen.
Da die INGKA Holding im Besitz der gemeinnützigen INGKA-Stiftung ist, wird keiner dieser Gewinne besteuert. Der gemeinnützige Status der Stiftung bedeutet auch, dass die Kamprad-Familie diese Gewinne nicht direkt ernten kann, aber die Kamprads sammeln einen Teil der IKEA-Umsatzgewinne durch die Franchising-Beziehung zwischen INGKA Holding und Inter IKEA Systems. Siehe In Rumäniens Wäldern geht es zu wie in einem Krimi und das mit einer absoluten Starbesetzung! Der letzte Urwald Europas in den Händen von Ikea
Wie bei der Mafia – die Deutsche Bank
Die Geschichte der Deutschen Bank liest sich wie ein spannender Kriminalroman. Zu einem spannenden Krimi gehört: ein Kasino in Las Vegas, Geschäfte mit Waffen, Geldwäsche und Verbrecher. Alles das findet man bei der Deutschen Bank und dazu reichlich Skandale. Ein Krimi über die italienische Mafia könnte nicht spannender sein.
Beispiel
Nur ein Beispiel: Im Jahr 2007 stieg Stephen Feinberg bei der Bawag-Bank in Österreich ein. Seit Mitte 2017 ist er nach dem Bund mit fünf Prozent auch zweitgrößter Aktionär bei der Commerzbank und nur ein paar Monate später wurde er mit 3 Prozent einer der größten Aktionäre bei der Deutschen Bank. Gekauft hat das Paket die Investmentbank Morgan Stanley, die ihren Anteil an der Deutschen Bank von 0,47 auf 6,86 Prozent aufgestockt hat. Im Februar 2018 kaufte er die HSH Nordbank. Die Skandalbank HSH-Nordbank besitzt etwa 100 Tochterunternehmen in Steueroasen. Schon da schrieben wir, dass der neue Käufer nicht nur eine „Heuschrecke“ ist, sondern auch Geschäfte mit Waffen, Munition und Personenschutz betreibt. Doch nicht nur in Europa kauft er Banken auf oder investiert in Banken, sondern auch zum Beispiel in Australien.
Seit 2006 ist der frühere US-Finanzminister John W. Snow CEO des Finanzfonds. Zum Vorstand gehört außerdem der ehemalige US-Vizepräsident Dan Quayle. Wie sie sehen, alles ehemalige US-Politiker – Hand in Hand mit „Heuschrecken“. Siehe auch Wie bei der Mafia – die Deutsche Bank ihr „Casino“!
20 bis 30 Billionen Dollar Finanzvermögen liegen weltweit in Steueroasen.
Die fehlenden Steuereinnahmen daraus bringen mittlerweile ganze Staaten an den Rand des Ruins. Auch in Deutschland werden Milliarden erwirtschaftet, ohne dass darauf Steuern gezahlt werden. Dazu ein Schaubild aus 2014 – und noch immer wird nichts unternommen, denn eine aktuelle Studie aus 2020 zeigt, dass Deutschland 18 Mrd. EUR entgehen.
Internetriesen wie Amazon und Google senken Ihre Steuerlast durch komplizierte Unternehmenskonstrukte über Irland und Holland – und das mit Erfolg. Doch in den allermeisten Fällen lohnt sich das kostspielige Erzeugen eines solchen Konstrukts für ein Unternehmen nicht, wenn es nicht gerade mehrere Milliarden Euro Umsatz jährlich erzielt. Daher haben einige Unternehmen eine Alternative gesucht und diese in Malta mit seiner Malta Limited gefunden. Dazu zählen unter anderem Geobra Brandstätter (Playmobil), Tipico und XXXLutz aus Österreich.
Offshore-Leaks und die sehr geringen Steuerzahlungen großer multinationaler Konzerne
Wenn Konzerne Steuersatzunterschiede zwischen verschiedenen Ländern ausnutzen, kann Steuergestaltung durchaus legal sein. Werden aber steuerpflichtige Einkommen von Privatpersonen nicht deklariert, ist das illegal.
„Die Niederlande sind die neuen Bermudas“
Starbucks, Microsoft, Apple, BASF, ja sogar Popstars wie Elton John und die Rolling Stones residieren zwischen Amsterdam, Den Haag und dem Ijsselmeer. Die Niederlande sind „in“. Rund 12 000 ausländische Firmen – darunter 800 deutsche – wanderten bereits aus, 85 Prozent betreiben mitarbeiterfrei nicht mehr als einen Briefkasten. Einer Studie der Stiftung für wirtschaftliche Forschung zufolge bis zu 30 Milliarden Euro im Jahr.
Wussten Sie, dass multinationale Konzerne bereits große Teile unserer Finanzsysteme durch Steueroptimierung oder, um es treffender zu sagen, durch „Steuerbetrug“ zerstört haben?
Die meisten Menschen würden wahrscheinlich sagen, dass es die größten Staaten im globalen System sind, die die größte Macht haben. Sie können diese Macht aber auch anhand der „Steuergeschenke“ erkennen. Erst kürzlich sind zahlreiche EU-Regierungen bekannt geworden, weil sie “ Liebesgeschäfte “ anbieten , die die Steuerbelastung für bestimmte multinationale Konzerne in erstaunlichem Maße reduzieren. Die CORPNET- Forschungsgruppe an der Universität von Amsterdam hat fünf Länder identifiziert , die eine wichtige zusätzliche Rolle bei der Erleichterung der Steuervermeidung spielen: das Vereinigte Königreich, die Niederlande, die Schweiz, Irland und Singapur. Jedes ermöglicht multinationalen Unternehmen, Investitionen zu minimalen Kosten zwischen Steueroasen und Landstaaten zu verlagern. Siehe auch: Die mächtigsten Unternehmen der Welt!
Steueroasen: EU verliert jährlich 170 Mrd. Euro Steuer-Einnahmen
»Reicher Mann und armer Mann standen da und sah’n sich an. Und der Arme sagte bleich: Wär’ ich nicht arm, wärst Du nicht reich.« (Bertolt Brecht)
Eine der zahlreichen Studien, die im Rahmen des Weltwirtschaftsforums in Davos vorgestellt wurden, beleuchtet die nach wie vor ungelösten Probleme milliardenschwerer Steuerhinterziehung in der EU und dass einige Länder diesen sogar durch eine Art „Niedrigsteuer-Wettbewerb“ forcieren statt bekämpfen würden.
Multinationale Unternehmen verlagern ihre Gewinne ungehemmt und mittels simpler Steuertricks aus den jeweiligen Erwerbsländern in solche mit niedrigeren Steuern. Ein erschreckender Verlust an öffentlichen Einnahmen, der durch andere Finanzierungsquellen und auf dem Rücken der „Normalverdiener“ ausgeglichen werden muss.
Dem Bericht des Polish Economic Institute zufolge verliert die Europäische Union jährlich 170 Milliarden Euro durch grenzüberschreitende Steuerumgehung, davon entfallen laut den Daten für 2016 rund 60 Milliarden auf Großunternehmen und 46 Milliarden auf vermögende Privatpersonen, wobei von Letzteren etwa 75% des Vermögens noch nicht einmal an die Steuerbehörden gemeldet werden.
Weitere jährliche Verluste in Höhe von rund 64 Milliarden entstehen durch grenzüberschreitende Transaktionen von Unternehmen und kriminellen Vereinigungen zur vorsätzlichen Erpressung der Mehrwertsteuer, was zu einer Mehrwertsteuerlücke von durchschnittlich 12% der diesbezüglichen Einnahmen führt. Und all dies, obwohl in den letzten zwei Jahrzehnten die effektive Körperschaftsteuer (Gewinnbesteuerung) EU-weit für Unternehmen gesunken ist – um 8 Prozentpunkte (von 24% auf 16%).
Gewinner und Verlierer – in jedem Fall der kleine Steuerzahler
Die höchsten Verluste durch diesen „Geldtransport“ erleiden der Studie zufolge Deutschland (18 Mrd. EUR), Großbritannien (14 Mrd. EUR) und Frankreich (11 Mrd. EUR) – aber auch Österreich gehöre zu den Verlierern.
Sechs EU-Mitgliedstaaten profitieren hingegen von diesem Steuerwettbewerb: Belgien, Zypern, Irland, Luxemburg, Malta und die Niederlande sind in der Europäischen Kommission bereits als interne Steueroasen bekannt. Darüber hinaus fungieren dort lokalisierte Scheinfirmen oft auch als Vermittler für weitere Überweisungen in Steueroasen außerhalb der EU, wie die Kaimaninseln oder die Britischen Jungferninseln.
Sofern die EU keine wirksamen Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Steueroasen ergreift, wird die Situation das Vertrauen und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten untergraben, warnt der Bericht „Steuerliche Ungerechtigkeit in der Europäischen Union„.
Piotr Arak, Direktor des Polnischen Wirtschaftsinstituts, betont in einem Begleit-Statement: „Die Analyse der Daten zur Steuervermeidung in Europa kann zu der traurigen Schlussfolgerung führen, dass Solidarität in der Europäischen Union nur ein erklärter aber kein verfolgter Wert ist.
Die Union sollte integrierte Maßnahmen zur Abschottung des Steuersystems ergreifen, um eine zusätzliche Finanzierungsquelle für den neuen Haushalt zu haben, der nun auch ohne einen bisherigen Hauptzahler, Großbritannien, auskommen muss.“
Endlich Gegenmaßnahmen ergreifen
Zu den in der Studie vorgeschlagenen Lösungen des Steuervermeidungs-Problems gehört eine „schwarze Liste“ der als Steueroasen ausgewiesenen EU-Mitgliedstaaten und die Befugnis der Europäischen Kommission, Sanktionen gegen Länder zu verhängen, die als „nichtkooperative“ Steuerhoheitsgebiete eingestuft sind.
Ein weiteres Mittel könnte die Festlegung eines EU-weiten Mindestzinssatzes für Unternehmenseinkommen sein, der auf der Grundlage einer Steuerbemessungsgrundlage berechnet wird, die den Abzug von Zahlungen, die am häufigsten zur Steuervermeidung verwendet werden (etwa Zinsen und Lizenzgebühren), nicht zulässt.
Wichtigste Gegenmaßnahme sei es jedenfalls, gemeinschaftlich darauf hinzuwirken, dass Gewinne dort besteuert werden, wo sie anfallen, und dass die Steuerflüsse EU-weit transparent werden, so die Studien-Autoren des Polish Economic Institute und der Bank Gospodarstwa Krajowego.
Hier passend etwas Musikalisches zur Auflockerung: „Money on an Island“ – Geld auf einer Insel
Die Ungerechtigkeit nimmt immer mehr zu, weil es keine internationalen Regeln gibt, um Steuerbetrug zu unterbinden.
Der Finanzminister von Franklin Roosevelt meinte einst:
„Steuern sind der Preis, den wir für eine zivilisierte Gesellschaft bezahlen müssen.“
Robert Manoutschehri und Netzfrau Doro Schreier
Quelle: netzfrauen.org
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