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Zurück ins Mit­tel­alter: Rede­freiheit an Uni­ver­si­täten soll ein­ge­schränkt werden (+Video)

Das Zeit­alter der Auf­klärung brachte in Europa die Freiheit der Gedanken, der Rede, der Wis­sen­schaften, des mensch­lichen Geistes schlechthin. Es ermög­lichte nicht nur ein Auf­blühen der Geis­tes­wis­sen­schaften und Künste, der For­schung und Lehre, sondern befeuerte auch Erfin­dungen, tech­ni­schen Fort­schritt, ein bes­seres und län­geres Leben durch medi­zi­nische For­schung, bessere Ernährung und den Auf­stieg eines freien Bür­gertums – und damit auch der Errun­gen­schaft der Grund­rechte und Men­schen­rechte, die nur ein selbst­be­wusstes, frei den­kendes Bür­gertum erkämpfen konnte. Wie kann es sein, dass aus­ge­rechnet unter der Fahne der „Freiheit in For­schung und Lehre“ jetzt eine For­schungs­stelle der Uni­ver­sität Köln genau diese hart erkämpften Frei­heiten abschaffen will?

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Die For­schungs­stelle für inter­kul­tu­relle Studien der Kölner Albertus Magnus Uni­ver­sität publi­zierte vor Kurzem eine Stel­lung­nahme zur Wis­sen­schafts­freiheit unter dem Titel  „Für Freiheit in For­schung und Lehre“. Es ist aber nicht, wie ver­mutet, ein lei­den­schaft­liches Plä­doyer für die Freiheit der Wis­sen­schaft, der Lehre und des Dis­kurses der Hoch­schule. Wer begeistert erwartet hat, dass hier viel­leicht enga­gierte Hoch­schul­an­ge­hörige in Zeiten von Corona eine geschliffene Phil­ippika an die Ber­liner Regierung ver­fassten, in der sie nach­drücklich fordern, eine offene, fachlich-medi­zi­nische und staats­rechts­phi­lo­so­phische Dis­kussion um die Frage der Ver­hält­nis­mä­ßigkeit der Ein­schränkung von Bür­ger­rechten in Relation zur tat­säch­lichen Bedrohung durch die Pan­demie zuzu­lassen, wurde enttäuscht.

Von einer For­schungs­stelle für inter­kul­tu­relle Studien hätte man unter diesem Titel ein The­sen­papier erwarten müssen, das die Freiheit von ideo­lo­gi­schen, reli­giösen, welt­an­schau­lichen Begren­zungen im Umgang der ver­schie­denen Kul­turen und Reli­gionen in Deutschland fordert. Ein vor­ur­teils­freier Beitrag der Aka­de­mi­schen Hoch­schul­ge­sell­schaften, der klug und intel­ligent, gebildet und in Ver­ant­wortung vor der Geschichte einen Beitrag zur Schaffung einer gemein­samen Basis zum echten, respekt­vollen Zusam­men­leben ver­schie­dener Reli­gionen in Deutschland einen Beitrag leistet.

Aber nein. Man ergeht sich in zeit­geist­ge­rechten Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­floskeln und zählt die üblichen „vul­ner­ablen Gruppen“ mit Sternchen, Unter­strichen und poli­tisch kor­rektem Buch­sta­ben­salat auf: „… dis­kri­mi­nie­renden bzw. men­schen­ver­ach­tenden Äuße­rungen im Hörsaal, die Zuge­wan­derte, Geflüchtete, Muslim*innen, Sinti*zze und Rom*nja, Juden und Jüdinnen u.a. belei­digen und angreifen.“

Um dann zu postulieren:

„1. Mei­nungs­freiheit bedeutet nicht, alles unwi­der­sprochen sagen zu können.“

Wie hin­ter­listig. Das behauptet ja auch niemand. Mei­nungs­freiheit bedeutet zwar, alles sagen zu können, aber auch gleich­zeitig, allem wider­sprechen zu können. Das nenn man eine Dis­kussion oder Disput, und genau darum geht es. Das muss in einer freien Gesell­schaft aus­ge­halten werden. Echte Belei­di­gungen kann man vor Gericht bringen und aus gutem Grund muss eine Belei­digung „ad per­sonam“ sein – und nicht nur irgendeine uner­wünschte Behauptung, die einem nicht passt.

Dass es um inop­portune Mei­nungen geht, wird gleich zu Anfang im ersten Absatz erkennbar. „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ und das „Kopftuch ist ein Zeichen der Unter­drü­ckung“ seien Dis­kri­mi­nie­rungen sozialer Gruppen und eine men­schen­ver­ach­tende und men­schen­feind­liche Äußerung.

Wirklich? Wie steht denn diese inter­kul­tu­relle For­scher­gruppe zum Bei­spiel (nur eins von vielen) zu der Geschichte von Shohreh Bayat? Das geschah im Januar 2020. Die Schach-Seite „Chessbase“ berichtet:

„Im Januar leitete die Ira­nerin Shohreh Bayat, Gene­ral­se­kre­tärin des ira­ni­schen Schach­ver­bands, den Frauen-WM-Kampf zwi­schen Ju Wenjun und Alek­sandra Gor­yachkina als Schieds­rich­terin, doch danach kehrte sie nicht in ihre Heimat zurück. Statt­dessen floh sie nach London. Während des WM-Kampfs hatte Bayat den Zorn ira­ni­scher Geist­licher auf sich gezogen, denen die Art nicht gefiel, in der sie ihr Kopftuch trug. In einem Interview mit der BBC sprach die Ira­nerin jetzt über das Kopf­tuch­gebot im Iran, reli­giöse Unter­drü­ckung und warum sie Angst hat, zu ihrem Mann und ihrer Familie in den Iran zurückzukehren.“

Während des Schach-Wett­kampfes hagelte es auf offi­zi­ellen, ira­ni­schen Web­seiten Anfein­dungen gegen Shohreh Bayat. Sie habe während der Wett­kampf­leitung angeblich zeit­weise kein Kopftuch getragen, oder aber das Kopftuch so pro­vo­zierend getragen, dass man es als Protest gegen das Kopf­tuch­gebot ver­stehen müsse. Die junge Frau zeigt sich in einem Interview mit BBC voll­kommen fas­sungslos und weint bit­terlich. Sie sagt:

„Im Iran sind die Strafen dra­ko­nisch, wenn man das Kopftuch nicht trägt: man kann ins Gefängnis kommen oder der Pass wird ein­be­halten … Ich war scho­ckiert, und wusste nicht, wie mir geschah, denn das Risiko, in den Iran zurück­zu­kehren und ver­haftet zu werden, konnte ich nicht ein­gehen.“ 

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Das ist bei­leibe kein Ein­zelfall. Das ist im Iran Alltag. Ich zitiere aus Nahost.News: Gewalt gegen Frauen im Iran gesetzlich gedeckt:

„Die Durch­setzung der Zwangs­ver­schleierung durch mehr als 27 Insti­tu­tionen, die für ‚Durch­setzung des Guten und das Verbot des Bösen‘ auf Irans Straßen ver­ant­wortlich sind, ist einer der Aspekte der Gewalt gegen Frauen im Iran.

Bezüglich der Durch­setzung des obli­ga­to­ri­schen Hid­schab für ira­nische Frauen kün­digte der stell­ver­tre­tende Kom­mandeur der Staats­si­cher­heits­kräfte kürzlich die Planung und Umsetzung von vier repres­siven Ver­ord­nungen an und sagte: ‚Die Staats­si­cher­heits­kräfte haben vier Hid­schab- und Keusch­heits­ver­ord­nungen geplant und umge­setzt. Plan Nazer 1 befasst sich mit Per­sonen, die in ihren Autos gegen den Ver­schleie­rungscode ver­stoßen. Im Plan Nazer 2 geht es um Frauen, die in Ein­kaufs­zentren und grö­ßeren Geschäften ihren Schleier ent­fernen oder ihn nicht vor­schrifts­gemäß tragen. Die Pläne Nazer 3 und 4 kon­zen­trieren sich auf Frauen, die sich in Erho­lungs­ge­bieten, bei Spa­zier­gängen und im Cyber­space nicht an das Ver­schleie­rungs­gebot halten.‘ (Die staat­liche Nach­rich­ten­agentur Fars, 20. Sep­tember 2020)

Die Hid­schab-Pflicht wird seit einigen Jahren auch durch Mit­glieder extra-legaler Gruppen mit orga­ni­sierten Säu­re­an­griffen oder gar Morden an schlecht- bzw. unver­schlei­erten Frauen durch­zu­setzen ver­sucht. Das Ver­säumnis des Regimes, diese Kri­mi­nellen straf­rechtlich zu ver­folgen, hat diese nur weiter ermutigt, so dass Säu­re­an­griffe auf Frauen inzwi­schen auf der Tages­ordnung stehen.“

Auch in vielen anderen mus­li­mi­schen Ländern ist das nicht viel anders. Darum bemühen sich weltweit arbei­tende Orga­ni­sa­tionen, wie „Terre des Femmes“ darum, Frauen und Mädchen vor Zwangs­ver­hei­ra­tungen, Kin­derehen, Geni­tal­ver­stüm­me­lungen, Mäd­chen­handel usw. usf. zu beschützen, was nur sehr bedingt gelingt.

Was die — über­wiegend — Damen und einige Herren Ver­fasser des Kölner Uni­ver­si­täts­pa­pieres empört als eine men­schen­feind­liche Dis­kri­mi­nierung dar­stellen, ist dagegen ein Luxus­problem hier in Deutschland. Es wäre ihrem sicher unzwei­felhaft auf­rich­tigen Enga­gement für Men­schen­rechte und Frau­en­rechte ange­mes­sener, sich gegen die tat­sächlich men­schen­feind­liche, brutale Unter­drü­ckung von Frauen und Mädchen ein­zu­setzen und zu helfen, sie vor Ver­stüm­melung, Zwangs­heirat, Zwangs­ver­schleierung, Ver­ge­wal­tigung, Sex­handel und dra­ko­ni­schen Strafen zu schützen.

Dass solche „Umgangs­formen“ mit Kindern und Frauen hier in Deutschland kei­nes­falls Fuß fassen dürfen, sollte ja wohl eine gemeinsame Haltung quer durch alle Gesell­schafts­gruppen sein. Man soll, kann und muss dieses Thema des Islam in Deutschland auch durchaus in der Gesell­schaft dis­ku­tieren. Selbst­ver­ständlich offen und mit dem gebo­tenen gegen­sei­tigen Respekt.

Der Ein­druck, den das Kölner Uni-Papier erweckt, ist fatal. Es scheint, dass die Ver­fasser sich vor­ein­ge­nommen und im Bemühen, sich dem poli­tisch-kor­rekten Zeit­geist anzu­biedern, gar nicht darüber im Klaren sind, dass sie aus Anpassung an welt­an­schau­liche Zeit­geist­dogmen die aka­de­mische Freiheit abschaffen und ideo­lo­gi­scher Blindheit den Weg bahnen. Sie kon­stru­ieren spitz­findig Men­schen­ver­achtung herbei, wo keine ist. Sie wollen die Freiheit der Rede abschaffen, um die Argu­mente ihrer Kri­tiker zu kri­mi­na­li­sieren und zu ersticken. Sie ver­raten jene, die wirklich men­schen­ver­achtend behandelt werden und eher ihrer Hilfe bedürften. Sie maßen sich an, ihre mora­li­schen Grund­sätze als Maulkorb der Freiheit der Rede, Lehre und For­schung anzu­legen. Sie schwingen sich zur einer neuen Inqui­sition auf, die bestreitet, dass die Erde rund ist und sich um die Sonne dreht, weil das ihrem Dogma widerspricht.

Will­kommen zurück im Mittelalter.