Der Tod der 33jährigen Geschäftsführerin eines App-Entwicklungsunternehmens, Erin Valenti, wirft viele Fragen auf. Mitte Oktober 2019 wurde die junge Frau tot auf der Rückbank ihres Mietwagens in einer Seitenstraße in San Jose gefunden. Zuletzt gesehen wurde sie, als sie auf dem Weg zum Flughafen war. Zuvor besuchte Valenti einen Workshop und eine Technikkonferenz. Anschließend traf sich die CEO mit alten Freunden und Kollegen. Ihre Eltern Whitey und Joseph Valenti stellen sich seit dem Tod ihrer Tochter viele Fragen. Die wichtigsten lauten: Wie starb Erin Valentin und warum?
(von Frank Schwede)
Als Erin Valentin am 7. Oktober 2019 ihre Eltern in New York anrief, redete sie wirres Zeug. Ihre Worte überschlugen sich förmlich. Das machte bei dieser sonst so kontrollierten Person keinen Sinn. Ihre Mutter Whitey Valenti gegenüber Mercury News:
„Sie sagte, ich komme zum Erntedankfest nach Hause und in der nächsten Minute sagte sie, sie sei in der Matrix.“
Offenbar redete sich Erin Valenti so in Ekstase, dass sie Raum und Zeit darüber völlig vergaß und schließlich ihren Rückflug nach Salt Lake City verpasste. Nach diesem unheimlichen Telefonat hörten die besorgten Eltern kein Sterbenswörtchen mehr von ihrer Tochter.
Schließlich gingen Whitey und Joseph Valenti zur Polizei und erstatteten Vermisstenanzeige. Sie gaben den Beamten alles, was sie wissen mussten. Aufenthaltsort, Marke, Modell und Kennzeichen des Mietwagens und sie betonten, dass sie in ernsthafter Sorge seien, wegen des seltsamen Anrufs.
Und dann gab es eine Panne nach der anderen. Die Polizei von San Jose setzte den Fall nicht auf die Prioritätenliste, der Mietwagen hatte kein Ortungsgerät an Bord und auch der Versuch der Eltern, ihre Tochter mithilfe einer Handy-App zu orten, lief ins Leere.
Allerdings gelang es Valentis Eltern, den Anruf Erins zurückverfolgen, der aus Almaden, einem Stadtteil von San Jose kam. Trotz dass sie den Ermittlungsbehörden diese wichtige Information weiterreichten, geschah zunächst nichts.
Erst viele Tage später wird die Vermisstenanzeige bearbeitet. Joseph Valenti erhebt daraufhin schwere Vorwürfe gegen die Polizei, weil die Beamten seiner Meinung nach die Sache nicht ernst genommen hätten.
Parallel zu den Ermittlungen der Polizei starten Erins Eltern auf Facebook eine Suchanzeige, in der Hoffnung, dass sich irgendjemand findet, der ihre Tochter in jener fraglichen Nacht gesehen hat.
Tatsächlich meldet sich wenige Tage später ein Zeuge auf die Facebook-Anzeige, der Erins grauen Geländewagen zusammen mit ihrer Leiche auf der Rückbank in einer Seitenstraße im Stadtteil Almaden in unmittelbarer der Nähe zur Bibliothek und zum Gemeindezentrum entdeckt hat.
Bis heute wissen weder die Eltern noch ihr Ehemann Harrison Weinstein, auf welch tragische Weise Erin Valenti gestorben ist. Was in der Woche ihres Verschwindens geschah und vor allem, wie sie auf die Rückbank des Mietwagens kam. Ob sie dort starb oder möglicherweise nur abgelegt wurde.
Valentis Eltern äußerten gegenüber Mercury News die Befürchtung, dass ihre Tochter möglicherweise unter einer unentdeckt gebliebenen manischen Depression litt. Valentis Ehemann Harrison sagte gegenüber Mercury News:
„Es gab nie eine Vorgeschichte, keine psychische Vorerkrankung, keinen Krankenhausaufenthalt, keinen Drogenkonsum, keine Verhaftungen. Sie war eine äußerst starke und erfolgreiche Person.“
Freunde der 33jährigen wussten allerdings, dass etwas nicht stimmte, spätestens als Erin nicht zum jährlichen Women Tech Awards in Salt Lake City erschien, wo sie eine Auszeichnung in Empfang nehmen sollte.
Bis heute ist auch nicht bekannt, wie lange Erin Valenti in dem Fahrzeug lag. Der Tatort wurde weiträumig mit schwarzgelbem Flatterband abgesperrt. In der Nähe wurde ein zerbrochenes Glas gefunden. Ob das im Zusammenhang mit dem Tod der jungen Frau steht, wissen die Ermittler nicht. Nahm sie hier möglicherweise einen tödlichen Giftcocktail aus Tabletten oder einer anderen tödlichen Substanz zu sich?
Niemand in dem bürgerlichen Viertel kann sich erklären, wieso der Leichnam der jungen Frau so spät entdeckt wurde. Ein Anwohner, der gleich um die Ecke wohnt, sagte gegenüber Mercury News, dass es geradezu bizarr sei, weil so etwas in Almaden normalerweise nicht vorkommt.
Am Ende bleiben auch in diesem Fall wieder mal mehr Fragen als Antworten und eine Menge wilde Theorien. Meiner Meinung spielt der Workshop die Hauptrolle in dem Drama. Das Seminar stand unter dem Titel Create Powerful und sollte den Teilnehmern zu mehr geistigem Wachstum verhelfen.
Bei dieser Veranstaltung handelte es sich um ein sogenanntes Large Group Awarness Training, bei der durch gruppendynamische Prozesse in kurzer Zeit eine nachhaltige Persönlichkeitsveränderung der Teilnehmer erzielt werden soll.
Geistiges Wachstum mit dem Holzhammer?
Diese Methode wurde bereits schon in den 1960er Jahren in den Vereinigten Staaten als Teil des Human Potential Movement entwickelt, das eng mit der humanistischen Psychologie verbunden ist.
In der Vergangenheit wurde von vielen Psychologen immer wieder darauf hingewiesen, dass ein LGA-Training auch zur Manipulation eingesetzt werden kann.
Auch zahlreiche religiöse Sekten arbeiten schon seit langem mit dieser Methode, wie Lorne Dawson in seinem Buch Cults and Religius Movements: A Reader schreibt. Ein weiterer Kritikpunkt sind die zum Teil unrealistischen Versprechungen, die mit LGAT in Verbindung stehen.
War Erin Valenti mit dem Training möglicherweise psychisch überfordert? Immer wieder gab es in der Vergangenheit Meldung, in denen zu lesen war, dass Teilnehmer solcher Veranstaltungen eine eher unkontrollierte Persönlichkeitsveränderung erlfuhren.
Möglicherweis litt Erin Valenti tatsächlich an einer manischen Phase, die durch das Training zusätzlich noch verstärkt wurde, möglicherweise aber kannte sie auch Leute, die in dunkle Geschäfte verwickelt waren, etwa einen gewissen Patrick Byrne, der behauptet hat in politische Spionage verwickelt zu sein und der ebenfalls kurze Zeit später tot aufgefunden wurde. Erin hat sich vor ihrem Tod mit ehemaligen Kollegen getroffen. Gibt es möglicherweise eine Verbindung zu Byrne, von der bis heute niemand etwas weiß.
Mysteriöse Todesumstände nähren immer schnell den Verdacht, dass böse Mächte ihre Finger im Spiel haben. Da ist dann von einer Verschwörung die Rede, jedes noch so kleine Detail kann dann in diese Richtung weisen. War das tatsächlich auch bei Erin Valentin der Fall? Ich denke nicht.
Für Erins Eltern ist der Fall bis heute nicht abgeschlossen. Auch wenn die Behörden den Aktendeckel längst zugeklappt haben. Mysteriös geblieben ist bis heute der letzte Anruf der jungen Frau.
Erin Valenti sagte ihrer Mutter, dass sie in der Matrix sei. Was wollte Erin damit sagen? Bezog sie sich auf den gleichnamigen Science Fiction Klassiker oder waren es mögliche Nach- oder Nebenwirkungen aus dem Seminar?
Das wäre durchaus denkbar, wenn wir davon ausgehen, dass hier tatsächlich mit perfiden und unsauberen psychologischen Tricks und Methoden gearbeitet wurde, die vor allem bei sensiblen und psychisch vorgeschädigten Teilnehmern unvorhersehbare Symptome auslösen können. Auch andere Teilnehmer des Seminars sprachen von Angstzuständen, die sie nach Ende erlitten hatten.
Anbieter dieser Seminare behaupten gerne, dass diese Art von Workshops das Selbstbewusstsein der Teilnehmer stärkt und sie versprechen auch persönliche Veränderungen herbeizuführen. Man schätzt, dass bisher ungefähr eine Million Amerikaner an LGAT-Seminaren teilgenommen haben.
Völlig die Kontrolle verloren
Tatsache aber ist, dass LGAT-Seminare einen sehr starken psychologischen Hintergrund haben. Mehr als vielen Teilnehmern bewusst ist. Das geht so auch aus dem Lehrbuch des Psychologen Dennis Coon, Psychology A Journey, hervor. Allerdins bleibt hier die Frage offen, ob sie möglicherweise für besonders sensible Gemüter oder Menschen mit entsprechender psychischer Vorerkrankung ungeeignet sind, vielleicht sogar gefährlich.
Die Techniken dieser Seminare umfassen unter anderem Meditation, Selbsthypnose, Entspannungstechniken, Visualisierung und Gedankenkontrolle. LGAT-Seminare werden als Marathonsitzungen beschrieben, in denen eine zunehmender Druck auf die Teilnehmer aufgebaut wird, indem etwa ein schlechtes Gefühl suggeriert wird, das plötzlich in überschwängliches Lob umgekehrt wird, womit erreicht werden soll, dass der Teilnehmer in Stresssituationen die Kontrolle über sich behält.
Erin Valenti sagte ihrer Mutter, dass alles nur ein Spiel gewesen sei. Ich denke, dass sich die 33jährige in diesem Punkt auf das Seminar bezog, insbesondere auf die teils perfiden Rollenspiele, die sie aufgrund ihrer möglichen Vorerkrankung nicht verkraftet hat, die sie emotional derart runtergezogen haben, dass sie schließlich suizidale Gedanken entwickelte, die sie irgendwann nicht mehr unter Kontrolle bekam und die sie in den nächsten Stunden in die Tat umgesetzt hat.
Erin Valenti wäre nicht die erste Teilnehmerin eines solchen Seminars, die die Kontrolle über sich verloren hat. Die Matrix, in der sich die 33jährige Geschäftsführerin befand, war in diesem Fall eine Matrix des Schreckens, die sie offenbar in tiefste seelische Abgründe führte.
Vor allem Selbsthypnose ohne ärztliche Aufsicht kann die unterschiedlichsten Reaktionen hervorrufen, die, wenn sie in den darauffolgenden Stunden unbehandelt bleiben, leicht in den Selbstmord führen können. Das mag auch einer von vielen Gründen sein, weshalb nicht alle professionellen Forscher LGATs positiv bewerten.
Forscher wie der Psychologe Philip Cushman fanden heraus, dass das Programm vor allem ein Angriff auf das eigene Ich ist. Eine Studie aus dem Jahre 1983 ergab, dass das Trainings zwar häufig ein geistiges Wohlbefinden auslösen kann, im Wesentlichen aber die Realität des Teilnehmers beeinträchtigt.
Eine Liebermann-Studie aus dem Jahre 1987, die in der Ausgabe 144 des American Journal of Psychiatry veröffentlicht wurde, kam zu dem Ergebnis, dass fünf von 289 Teilnehmern deutliche Stressreaktionen zeigten, darunter eine vorübergehende psychotische Episode.
Wer also nach Antworten im Fall Erin Valenti sucht, wird sie vermutlich im Workshop finden, hier laufen meiner Meinung nach die Fäden zusammen. Allerdings wäre es verfrüht, den Veranstalter für den Tod der jungen Frau verantwortlich zu machen, denn die Teilnahme ist in etwa gleichzusetzen mit der Einnahme bewusstseinserweiternder Substanzen. Die einen vertragen sie, die anderen flippen total aus, laufen Amok oder bringen sich um.
Das trifft im Wesentlich auch auf Erin Valenti zu, die laut Ermittlungsbehörden eines natürlichen Todes starb, ausgelöst durch eine bipolare Störung, die offenbar unerkannt blieb, unter die die 33jährige vermutlich schon eine ganze Weile litt und die durch das Seminar noch verstärkt wurde, so stark, dass sie das Leben in der Matrix nicht mehr aushielt.
Bleiben Sie aufmerksam!
Quelle: pravda-tv.com
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.